Ministerpräsidentin

Ministerpräsidentin

Als Ministerpräsidenten oder Premierminister bezeichnet man allgemein das politische Amt des Regierungschefs in parlamentarischen oder semi-präsidentiellen Staaten. In Deutschland ist der Ministerpräsident der Regierungschef eines Bundeslandes, eine Funktion, die in Österreich Landeshauptmann genannt wird. Andere Bezeichnungen für den Regierungschef sind Staatsminister und Bundeskanzler.

Anders als in dieser Bedeutung des Regierungschefs mit seinen weit reichenden Kompetenzen wird der Titel Premierminister in manchen präsidentiellen Regierungssystemen (Beispiele: Peru oder Republik China) zur Bezeichnung eines Regierungsbeamten verwendet. Dessen Pflichten bestehen dann ausschließlich in der Umsetzung der Direktiven des Präsidenten sowie in der Administration der öffentlichen Verwaltung.

Eine „Zwischenform“ zwischen präsidentiellen und parlamentarischen Systemen ist das Semipräsidentielle Regierungssystem, in dem Staatsoberhaupt und „Regierungschef“ beide einen Anteil an der Regierungsführung haben.

Eine Situation in einem semi-präsidentiellen Regierungssystem, in der der Präsident und der Premierminister unterschiedlichen politischen Richtungen angehören, wird als Kohabitation bezeichnet.

Die weibliche Form ist Ministerpräsidentin und Premierministerin. Die Anredeformel für Frauen ist „Frau Ministerpräsidentin“ beziehungsweise für Männer „Herr Ministerpräsident“.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Für kurze Zeit hieß 1919 der deutsche Regierungschef Reichsministerpräsident; in der Weimarer Verfassung wurde allerdings wieder die Bezeichnung Reichskanzler verwendet.

In der föderalen Bundesrepublik Deutschland sind die Länder als eigenständige, teilsouveräne Gliedstaaten mit parlamentarischem Regierungssystem verfasst. In den Flächenstaaten heißen ihre Regierungschefs Ministerpräsident. In den Stadtstaaten gibt es andere Bezeichnungen: Der Bremer und der Hamburger Regierungschef heißen offiziell „Präsident des Senats“, in Bremen trägt er, zusammen mit einem weiteren Mitglied des Bremer Senats, den Titel „Bürgermeister“, in Hamburg den Titel „Erster Bürgermeister“; der Regierungschef des Landes Berlin ist der „Regierende Bürgermeister“.

Der Regierungschef wird vom Landesparlament (Landtag) (in Berlin durch das Abgeordnetenhaus und in Bremen sowie Hamburg durch die Bürgerschaft) für die Dauer einer Wahlperiode gewählt. Er bestimmt die Minister seines Kabinetts (in den Stadtstaaten: Senatoren), das in einigen Ländern anschließend vom Landtag bestätigt werden muss, und bestimmt in den meisten Ländern die Leitlinien der Regierungsarbeit. Neben dieser eigentlichen Regierungstätigkeit nimmt er regelmäßig die Vertretung seines Landes im Bundesrat wahr und übt dadurch starken Einfluss auf die Bundespolitik in Deutschland aus.

Das dem Ministerpräsidenten auf Bundesebene entsprechende Amt ist das des Bundeskanzlers, obgleich der Ministerpräsident gleichzeitig repräsentative Aufgaben wahrzunehmen hat, die auf der Bundesebene zum Amtsbereich des Bundespräsidenten gehören.

Siehe auch: Liste der Ministerpräsidenten der deutschen Länder

Bezeichnungen

Die Bezeichnungen Ministerpräsident und Premierminister werden als Übersetzung für die entsprechenden Ämter in nicht deutschsprachigen Ländern in der Regel synonym verwendet, wobei Premierminister eher dann vorherrscht, wenn bereits die Ausgangssprache eine entsprechende Wortbildung verwendet.

  • Der britische Prime Minister wird in der Regel im Deutschen als „Premierminister“ bezeichnet.
  • Die Regierungschefs Spaniens (presidente del gobierno = „Präsident der Regierung“) und Italiens (Presidente del Consiglio [dei Ministri] = „Präsident des Ministerrates“) werden in der Regel als „Ministerpräsidenten“ bezeichnet.
  • Im französischen Falle (premier ministre) halten sich im Deutschen beide Formen in der Verwendung die Waage.
  • In Ungarn heißt der jeweilige Regierungschef miniszterelnök, was wörtlich übersetzt „Ministerpräsident“ ist.
  • In Finnland sind die einheimischen Bezeichnungen statsminister, wörtlich „Staatsminister“, bzw. pääministeri, wörtlich „Hauptminister“; ins Deutsche wird die Amtsbezeichnung sowohl als „Premierminister“ als auch als „Ministerpräsident“ übersetzt.
  • Das irische Wort Taoiseach, das auch im irischen Englisch für den eigenen Premierminister verwendet wird, bedeutet eigentlich „Häuptling“; die Ministerpräsidenten anderer Länder heißen auf Irisch príomh-aire, das heißt „Premierminister“.
  • In der Geschichte von Trinidad und Tobago gab es nur von 1959 bis 1961 einen Premier. Davor hieß der Regierungschef von 1956 bis 1959 Chief Minister und seit 1961 amtiert ein Prime Minister.

Geschichte

Der erste britische König aus dem Haus Hannover, Georg I. (1714–1727), hatte nur geringe Englischkenntnisse und verstand so die Kabinettsitzungen nicht. Daher überließ er seinem Ersten Minister, Sir Robert Walpole, mit dem er Französisch sprach, die Ausübung der Regierungsgeschäfte. Der Begriff Prime Minister wurde zwar nie verwendet, doch Walpole hatte sich während Georgs Amtszeit die Macht eines Regierungschefs angeeignet. Die Macht des Premierministers stieg unter den folgenden Monarchen weiter. Georg III. versuchte vergeblich, sie einzuschränken; gegen seinen Willen musste er vom Premierminister designierte Minister ernennen. Unter Königin Viktoria verfügte der Premier über ähnliche Kompetenzen wie heute.

Parlamentarische Demokratien

In verschiedenen parlamentarischen Systemen, insbesondere dem Westminster-Modell, ist der Premierminister Regierungschef, während der Staatschef im Wesentlichen zeremonielle Aufgaben innehat.

Parlamentarische Monarchien

Premierminister gibt es auch in konstitutionellen und parlamentarischen Monarchien (wie zum Beispiel im Vereinigten Königreich und Australien), und in Republiken, in denen der Staatschef ein gewählter oder ernannter Beamter mit mehr oder weniger Machtbefugnissen ist. In einem präsidentiellen System hingegen steht der Präsident (oder seine Entsprechung) sowohl dem Staat als auch der Regierung vor.

Bestellung des Ministerpräsidenten

In parlamentarischen Demokratien wird der Ministerpräsident durch das Parlament gewählt (z. B. in den deutschen Ländern, im Vereinigten Königreich, in Spanien, Italien), in semi-präsidentiellen Demokratien wie Frankreich oder Russland wird er durch den Präsidenten bestimmt.

In den einzelnen Staaten gibt es mehrere Möglichkeiten, Premierminister zu werden:

  • Ernennung durch das Staatsoberhaupt ohne parlamentarische Bestätigung (Beispiele: Vereinigtes Königreich, Neuseeland)
  • Ernennung durch das Staatsoberhaupt nach Nominierung eines Kandidaten durch das Parlament (Beispiel: Irland)
  • Ernennung durch das Staatsoberhaupt nach Nominierung eines Kandidaten durch die größte Fraktion im Parlament (Beispiele: Australien, Kanada, Indien; in Neuseeland stellt die größte Fraktion den Premierminister)
  • Nominierung durch das Staatsoberhaupt, bevor das Parlament zustimmt und das Staatsoberhaupt den Premierminister ernennt (Beispiele: Spanien; in Deutschland kann der Bundestag auch einen anderen Kandidaten wählen, der zum Bundeskanzler ernannt wird)
  • Nominierung durch das Staatsoberhaupt für eine bestimmte Zeit, in der der Premierminister eine Vertrauensabstimmung gewinnen muss (Beispiel: Italien)
  • Direkte Wahl durch das Parlament (Beispiele: die kanadischen Provinzen Nordwestterritorien und Nunavut)
  • Direkte Wahl durch das Volk (Beispiele: Israel 1996–2001)
  • Ernennung durch einen staatlichen Amtsträger, der nicht das Staatsoberhaupt oder sein Vertreter ist (Beispiel: Schweden)

Siehe auch


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