Ministerrat der Sowjetunion

Ministerrat der Sowjetunion

Der Ministerrat der UdSSR (russisch Совет Министров [Sowjet Ministrow], kurz Совмин [Sowmin]) war die Regierung der Sowjetunion. Die Regierung hieß ab den 8. Oktober 1917 Rat der Volkskommissare, russisch Совет Народных Комиссаров,СНК [Sowjet Narodnych Komissarow], kurz СовНарКом [SowNarKom] und wurde von Stalin zum 16. März 1946 in Ministerrat umbenannt.

Inhaltsverzeichnis

Aufgabe und Bedeutung

Gemäß der Verfassung der UdSSR von 1977 war der Ministerrat das höchste vollziehende und verfügende Organ der Staatsgewalt der UdSSR. Er war die Regierung des Landes.

Formell gewählt wurde der Ministerrat vom Obersten Sowjet der UdSSR. Er war ihm und seinem Präsidium rechenschaftspflichtig. Die tatsächliche Macht in der Union und in den Unionsländer lag in den Händen der einzig zugelassenen kommunistischen Partei, der KPdSU (1917: Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands, ab 1918 bis 1925 Kommunistische Partei Russlands (B)). Die Entscheidungen des Politbüros der KPdSU als politisches Kollektivorgan oder die des Generalsekretärs der Partei sowie aus dem Sekretariat des Zentralkomitees hatten für das Kabinett oder für einen einzelnen Minister die entscheidende politische Bedeutung.

Die Verfassung der UdSSR vom 5. Dezember 1936 sah ursprünglich lediglich acht Volkskommissariate für die gesamte UdSSR und 10 zusammengeschlossene Volkskommissariate für die Union und einzelnen Unionsländer vor. 1951 gab es 32 Minister für die Union und 21 für die Unionsstaaten. Später gab es sogar über 80 Kabinettsmitglieder.

Die Kontrolle durch die Partei, die Sicherheitspolizei, den Plan (u.a. durch Gosplan, Gosekomsowjet, Volkswirtschaftsrat) und den Finanzplan sowie im Bereich der juristischen und personellen Kontrolle hatte im System der Regierung eine bedeutsame Rolle.

Jede Unionsrepublik hatte ihren eigenen Ministerrat mit ihren Republik-Ministerien sowie Zweigstellen der Staatskomitees und der anderen Zentralbehörden. Unterhalb der Ebene der Republik gab es noch die Verwaltungsstufen der Autonomen Republiken, Oblasts oder Krais, dann die Großstädte und die ländlichen Rayons und schließlich die kleineren Städte und Gemeinden. Alle hatten ihre Verwaltungsstrukturen, die der nächst höheren Verwaltungs- oder Regierungsebene und schließlich der Partei der Unionsrepubliken oder der UdSSR unterstellt waren.

Insgesamt war das Regierungssystem ein schier undurchdringliches Geflecht von Ministerien, Kommissionen, Komitees, Kontrollen mit differenzierten fachlichen und gebietsbezogenen Zuständigkeiten mit der schließlich obersten politischen Entscheidung durch die Partei. Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Ministerien, den Volkswirtschaftsräten, den Verwaltungsstellen und den Sowjets waren üblich.

1990 wurde der Ministerrat als „Ministerkabinett“ dem Staatspräsidenten Michael Gorbatschow direkt unterstellt.

Zusammensetzung

Der Ministerrat bestand aus

  • Dem Vorsitzenden (Allgemein und in den Medien auch als Ministerpräsident benannt). Von 1917 bis 1924, 1941 bis 1953 und von 1958 bis 1964 lagen die Aufgabe des Parteiführers und des Regierungschefs in einer Hand.
  • Dem oder den Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden (zeitweise bis zu 5, insgesamt ca. 30), die für bestimmte Aufgabenfelder wie Außenpolitik, Handel etc. zuständig waren.
  • Den Stellvertretenden Vorsitzenden (zeitweise bis zu 9, insgesamt über 80), die ebenfalls für bestimmte Aufgabenfelder zuständig waren.
  • Den Ministern (zeitweise bis zu 60), die für oft sehr differenzierte Aufgaben (z.B. Elektrotechnische Industrie oder Hoch- und Tiefbaumaschinen) verantwortlich waren. Es wurde unterschieden zwischen Unionsminister und Unions- und Republikministern. Zu den wichtigsten Ministern zählten die Minister für Angelegenheiten des Äußeren, des Inneren (aufgelöst zwischen 1960 bis 1968), der Verteidigung, der Finanzen, des Außenhandels.
  • Den Vorsitzenden von Kommissionen, Komitees oder Leitern von Ämtern (1965 waren das 41 Vertreter) für die Staatskontrolle, für die Staatssicherheit (KGB, NKWD oder NKWS), für die Staatsbank, für die Statistik, für Produktion oder für einzelne Aufgabenfelder (z. B. für Verteidigungstechnik etc.).
  • Die Funktionäre der Staatsplanung und der Volkswirtschaftsräte (zeitweise um 15 Vertreter) z. B. für den Staatsplan (seit 1929 auch Gosplan genannt) und für die Volkswirtschaftsplanung.
  • Die Vorsitzenden der Ministerräte der 15 Unionsrepubliken

Zeitweise hatten auch andere Vertreter des Staates Kabinettsrang wie zum Beispiel der Sekretär des Obersten Sowjets.


Die Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare, ab 1946 Ministerrats der UdSSR

Die Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats

Die Außenminister (vor dem 16. März 1946 Volkskommissar)

Die Innenminister (vor dem 16. März 1946 Volkskommissare) und die Chef der Sicherheitorgane

Hinweis: Siehe auch bei KGB (Komitee für Staatssicherheit), der sowjetische Geheimdienst.

Die Verteidigungsminister (vor dem 16. März 1946 Volkskommissare)

Die Finanzminister (vor dem 16. März 1946 Volkskommissare)

Die Vorsitzenden von Gosplan

Gosplan war das Komitee für die Wirtschaftsplanung der Sowjetunion. Die Hauptaufgaben lagen in der Schaffung des Fünfjahrplanes der UdSSR. Die Vorsitzenden von Gosplan waren Mitglieder der jeweiligen Regierung der UdSSR und ihrer Bedeutung wegen seit 1938 fast Ausnahmslos auch Stellvertretende oder Erste Stellvertretende Vorsitzende des Rats der Volkskommissare oder des Ministerrats. Die Liste der Vorsitzenden siehe unter Gosplan.

Literatur

  • Spuler: Regenten und Regierungen der Welt, Minister-Ploetz, Bd. 4 u. 5, 1964 und 1972, ISBN 3-87640-026-0.
  • Merle Fainsod: Wie Russland regiert wird, Kiepenheuer & Witsch, 1965.
  • Michail Gorbatschow: Erinnerungen, Siedler, Berlin 1995, ISBN 3-88680-524-7.
  • Presseagentur Nowosti (APN), Moskau (Hrsg.): UdSSR – Fragen und Antworten, 1. Aufl., Karl-Marx-Werk Pößneck V 15/30, Dietz Verlag, Ost-Berlin 1967.

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