Mission (Siedlung)

Mission (Siedlung)


Die Spanischen Missionen in Nordamerika waren eine Einrichtung an der Besiedlungsgrenze (engl. frontier), die dazu dienen sollte, dass sich die indianischen Ureinwohner in das spanische Kolonialreich integrierten. Die katholische Religion und bestimmte Aspekte der spanischen Kultur sollten unter der Aufsicht von Missionaren vermittelt werden, wobei der Staat für ausreichenden Schutz sorgte. Überreste der teilweise noch intakten Anlagen findet man heute im Süden Kaliforniens, in Arizona, New Mexico, Texas und im Norden Mexikos.

Die zahlreichen spanischen Missionen gewährten Zuflucht für die vertriebene und vom Aussterben bedrohte indianische Urbevölkerung. Die frühen Missionen wurden an der Besiedlungsgrenze errichtet, doch als diese sich verschob, verlegte man auch die Missionen. Weil sie vom Ackerbau lebten, konnten sie nur existieren, wenn genügend indianische Arbeitskräfte verfügbar waren. Die Missionen waren ungleichmäßig verteilt. Einige waren weit entfernt voneinander, während andere in Gruppen, oft von zwei bis fünf an der Zahl, zusammen lagen. Eine größere Zahl von vertriebenen Indianern sammelte sich in diesen Missions-Gruppen, auch weil diese generell eine Garnison (span. Presidio) als Schutz hatten. Einige Missionen bestanden weniger als eine Dekade, andere überdauerten ein Jahrhundert.

Die Zahl verschiedener indianischer Gruppen variierte von weniger als zwanzig bis zu mehr als hundert Gruppen und viele von ihnen bestanden aus weniger als zehn Personen. In den älteren Missionen, besonders im Norden, waren allgemein mehr Gruppen anzutreffen. In den Dörfer der Missions-Indianer wohnten im Durchschnitt etwa 100 Angehörige verschiedener Ethnien, die aus einem großen Umkreis um die Mission kamen, einige stammten auch aus weit entfernten Gegenden. Obwohl die Überlebenden einer Gruppe meist geschlossen zu einer Mission kamen, gab es auch einzelne Personen oder Familien einer Ethnie, die sich auf mehrere Missionen verteilten.

Die spanischen Missionen in den damaligen nördlichen Provinzen Mexikos wurden von der katholischen Kirche überwiegend von den Franziskanern betrieben. Die Padres gingen davon aus, dass zwischen der Gründung einer Mission und der Bekehrung der Indianer zu christlichen Arbeitern mindestens 10 Jahre vergehen würden. Als Starthilfe erhielt jede neue Mission einen Geldbetrag für den Ankauf von Glocken, Kleidung, Saatgut, Werkzeugen und anderen notwendigen Dingen. Wenn alles nach Plan lief, entwickelte sich die Mission nach und nach zu einem blühenden Unternehmen. Zunächst errichtete man eine provisorische Kapelle und ein paar primitive Unterkünfte. Sobald diese behelfsmäßigen Gebäude standen, begannen die Franziskaner das Evangelium unter den Indianern in der Nähe zu verbreiten, wobei sie mit Glasperlen, Kleidung, Decken und Lebensmitteln nachhalfen. Dann mussten die Schützlinge der Padres die Felder bestellen und die provisorischen Gebäude durch bleibende ersetzen. Im Laufe der Jahre erweiterten die Bewohner das umzäunte, viereckige Grundstück zu einer autarken kleinen Welt aus Wohnungen, Werkstätten, Viehställen und Lagerräumen. Über all diesen Bauten erhob sich die Missionskirche, die oft als letztes fertiggestellt wurde.

Die Indianer kamen entweder freiwillig oder wurden von Soldaten, notfalls mit Gewalt, in die Mission gebracht. Die Padres duldeten keine andere Religion neben dem Christentum. Das spirituelle Leben der Indianer war in ihren Augen überhaupt keine Religion, sondern heidnischer Aberglaube und Hexerei. In der Mission wurden die Neuankömmlinge überwacht und bei Übertretung der strengen Regeln oder Widersetzlichkeiten schwer bestraft. Man bekehrte sie, brachte ihnen handwerkliche Fertigkeiten bei und wies ihnen nach einer gewissen Zeit schließlich ein Stück Land in der Nähe der Mission zu. Sie sollten christliche Bauern und Arbeiter werden, was aber tatsächlich nichts anderes als ein Sklavendasein in den spanischen Missionen darstellte.

Waren die Neulinge oder Neophyten, wie sie genannt wurden, erst einmal bekehrt und getauft, durften sie nicht nach Belieben die Mission wieder verlassen. Wenn sie es dennoch taten, nannte man es desertieren und sie wurden von Soldaten verfolgt und hart bestraft, falls man sie wieder einfing. Die Neophyten bekamen spanische Namen, blaue Uniformen und arbeiteten auf den Feldern oder in Ställen und Werkstätten der Mission. Sie kümmerten sich um das Vieh, gerbten Häute und stellten Kerzen, Seife, Ziegel, Fliesen, Schuhe, Sättel und andere Artikel des täglichen Bedarfs her.

Jedes Vergehen aber wurde hart bestraft. Sie wurden mit Peitschen geschlagen, in Halseisen gelegt, gebrandmarkt, verstümmelt und sogar hingerichtet. Indianische Männer und Frauen, auch Ehepaare, mussten in den Missionen getrennt leben, und unverheiratete junge Frauen, denen Soldaten und männliches Missionspersonal oft nachstellten, wurden in konventartigen Kasernen separiert. Unzureichendes und fremdartiges Essen, an das die Indianer nicht gewöhnt waren, mangelhafte Unterkünfte und Hygiene, verheerende Ausbrüche von Malaria, Pocken und anderen Epidemien, Demoralisation, Verzweiflung und Verlust ihrer Kultur und Identität waren Ursachen für eine Todesrate, die einem Genozid gleichkam.

Einige Male kam es zu verzweifelten, letztlich aber erfolglosen Revolten gegen die Spanier und ihre Missions-Politik. Der erste Aufstand erfolgte 1680 bei den Puebloindianern. Im Jahre 1775 verbündeten sich etwa 800 Ipai und Tipai aus neun Dörfern, um die Mission im kalifornischen San Diego niederzubrennen. Weitere Revolten brachen unter den Costanoan in den kalifornischen Missions-Stationen San José, San Juan Bautista und Santa Cruz aus; am spektakulärsten war der Aufstand der Chumash im Jahre 1824, der die kalifornischen Missionen Santa Ynez, Santa Barbara, San Fernando und La Purisima zum Ziel hatte.

1821 gewann Mexiko seine Unabhängigkeit von Spanien und in den ersten Jahren der neuen mexikanischen Republik, zwischen 1824 und 1834, wurden fast alle spanischen Missionen offiziell säkularisiert. Die Missions-Indianer waren frei und konnten gehen. Die Rückkehr der Überlebenden in ihre alte Welt war eine Illusion. Da den ehemaligen Neophyten kaum eine andere Wahl blieb, wurden die meisten Tagelöhner (span. peónes) auf den mexikanischen Gutshöfen.

Literatur

  • William C. Sturtevant (Hrsg.): Handbook of North American Indians, Smithsonian Institution Press, Washington D.C.
    • Alfonso Ortiz (Hrsg.): Southwest Vol. 9, 1979 ISBN 0-16004-577-0
    • Alfonso Ortiz (Hrsg.): Southwest Vol.10, 1983 ISBN 0-16004-579-7
  • Redaktion Time-Life Bücher: Der spanische Westen, Time-Life Books Inc., 1976
  • Alvin M. Josephy jr.: 500 Nations, Frederking & Thaler GmbH, München 1996 ISBN 3-89405-356-9
  • Alvin M. Josephy jr.: Die Welt der Indianer, Frederking & Thaler GmbH, München 1994 ISBN 3-89405-331-3

Weblinks


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