Mittwinter

Mittwinter

Eine Sonnenwende oder Sonnwende (lat. Solstitium, griech. ηλιοστάσιον Heliostásion, beides „Stillstand der Sonne“) stellt den Zeitpunkt dar, in dem die Sonne im Lauf eines Sonnenjahres den größten nördlichen oder südlichen Abstand vom Himmelsäquator erreicht. In diesem Augenblick kehrt die Sonne ihre durch die Schiefe der Ekliptik bewirkte Deklinationsbewegung um und nähert sich wieder dem Himmelsäquator.

Diese maximale Deklination erreicht sie jedes Jahr zweimal: einmal nördlich und einmal südlich des Himmelsäquators; je nach Hemisphäre (also Nord- oder Südhalbkugel der Erde) spricht man dabei jeweils von der Sommer- oder Wintersonnenwende. Zu diesen Zeiten hat sie auch ihre größte bzw. geringste Mittagshöhe über dem Horizont.

Die Verbindungslinie der beiden Sonnenwenden heißt Solstitiallinie.

Inhaltsverzeichnis

Astronomische Grundlagen

Redundanz Die Artikel Jahreszeiten, Sonnenwende und Äquinoktium überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zu vereinigen. Beteilige dich dazu an der Diskussion über diese Überschneidungen. Bitte entferne diesen Baustein erst nach vollständiger Abarbeitung der Redundanz. --W!B: 12:50, 30. Jun 2006 (CEST)

Definition

Die genaue Definition lautet: Die Sonnenwenden sind die Zeitpunkte, in denen die scheinbare geozentrische ekliptikale Länge der Sonne 90° oder 270° beträgt.

  • Scheinbar heißt: unter Berücksichtigung von Aberration und Nutation.
  • Geozentrisch heißt: von einem hypothetischen Beobachter im Erdmittelpunkt aus gesehen. Die Definition ist also unabhängig vom Standort eines realen Beobachters; die Sonnenwenden treten daher weltweit zum selben Zeitpunkt ein (der aber in verschiedenen Zeitzonen verschiedenen Uhrzeiten entspricht).

Die zwei Zeitpunkte fallen bis auf wenige Minuten mit jenen Zeitpunkten zusammen, in denen die Sonne ihre größte nördliche oder südliche Deklination – etwa 23° 26' 20" – und damit ihre nördlichste oder südlichste Stellung auf der Himmelskugel erreicht. Der geringe Zeitunterschied resultiert aus dem Umstand, dass es eigentlich das Baryzentrum des Erde/Mond-Systems ist, das sich gleichmäßig in der „Erd“bahnebene (Ekliptik) um die Sonne bewegt, während die Erde selbst diesen Schwerpunkt umkreist und sich in der Regel etwas oberhalb oder unterhalb dieser Ebene befindet. Vom geozentrischen Beobachter aus gesehen läuft die Sonne daher nicht exakt auf der Ekliptik (sie hat eine ekliptikale Breite ungleich null). Sie passiert deshalb zum einen nicht exakt durch den nördlichsten bzw. südlichsten Punkt der Ekliptik, zum anderen führt ihre veränderliche ekliptikale Breite dazu, dass die maximale Deklination in der Regel nicht genau an den Sonnwendpunkten angenommen wird.

Folgerungen

Die Sonnenwenden markieren den Beginn des astronomischen Sommers bzw. des astronomischen Winters. Wenn die Sonne ihre größte nördliche oder südliche Deklination von 23,4° erreicht, steht sie senkrecht über den so genannten Wendekreisen der Erde (nämlich den Breitenkreisen auf 23,4° nördlicher bzw. südlicher Breite). Sie steht also

  • am 21. Juni über dem nördlichen Wendekreis (Sommersonnenwende auf der Nordhalbkugel, Wintersonnenwende auf der Südhalbkugel),
  • am 21. oder 22. Dezember über dem südlichen Wendekreis (Wintersonnenwende auf der Nordhalbkugel, Sommersonnenwende auf der Südhalbkugel).

Für beide Erdhalbkugeln gilt jeweils: Zur Wintersonnenwende erreicht die Sonne im Jahreslauf ihren tiefsten Stand in Bezug auf den Meridiandurchgang. Zu diesem Zeitpunkt herrscht der kürzeste Tag und die längste Nacht, weil der größere Teil der täglichen Sonnenbahn unterhalb des Horizonts liegt. Umgekehrt erreicht die Sonne zur Sommersonnenwende ihren höchsten Stand. Zu diesem Zeitpunkt herrscht der längste Tag und die kürzeste Nacht, weil der größere Teil der täglichen Sonnenbahn oberhalb des Horizonts liegt.

Nahe den Polarkreisen gibt es zur Wintersonnenwende einen Tag ohne Sonnenaufgang sowie zur Sommersonnenwende einen Tag ohne Sonnenuntergang (Mitternachtssonne, „Weiße Nächte“). Weiter polwärts herrscht dann wochen- bis monatelang der Polartag, bzw. am anderen Pol die Polarnacht. Während dieser Zeiträume liegt die tägliche Sonnenbahn vollständig oberhalb bzw. unterhalb des Horizonts.

Zwischen den Sonnenwenden überschreitet die Sonne jeweils den Himmelsäquator und steht dann senkrecht über dem Äquator der Erde. Diese Zeitpunkte sind die Äquinoktien oder Tagundnachtgleichen. Äquinoktien und Sonnenwenden stellen den Beginn der jeweiligen astronomischen Jahreszeiten dar.

Obwohl der Tag der Wintersonnenwende der kürzeste Tag ist, tritt der früheste Sonnenuntergang bereits etwa zehn Tage früher und der späteste Sonnenaufgang erst etwa zehn Tage später ein. Ursache hierfür ist die Zeitgleichung. Zur Sommersonnenwende macht dieser Effekt analog etwa vier Tage aus.

Datum

Weil das Sonnenjahr knapp sechs Stunden länger ist als das kalendarische Gemeinjahr mit genau 365 Tagen, verschiebt sich der Zeitpunkt der Sonnenwenden in Jahren, die keine Schaltjahre sind, um etwa sechs Stunden zu späteren Uhrzeiten. In einem Schaltjahr (z. B. 2004, 2008; siehe Tabelle) springt der Termin zum Ausgleich wieder um etwa 18 Stunden zurück.

In der Mitteleuropäischen Zeitzone fällt die Sommersonnenwende gegenwärtig stets auf den 21. Juni. Im 20. Jahrhundert konnte sie auch am 22. Juni eintreten. Im 21. Jahrhundert wird sie manchmal am 20. Juni sein, weil die Schaltregel (365,2425 Tage) die tatsächliche Jahreslänge (365,2422 Tage) nur näherungsweise darstellen kann. Ohne die Gregorianische Kalenderreform würde sich ihr Datum pro Jahrtausend um sieben bis acht Tage verschieben. Diese Verkürzung erfolgte dadurch, dass – abweichend von der Schaltregel des Julianischen Kalenders – die Säkular-Jahre (das sind Jahre, deren Zahl durch 100 teilbar ist) keinen Schalttag mehr erhalten, es sei denn, die Jahreszahl ist durch 400 teilbar.

Die Wintersonnenwende fällt in der Mitteleuropäischen Zeitzone gegenwärtig etwa gleich häufig auf den 21. und 22. Dezember; der 21. wird künftig häufiger werden.

Jahr Sommersonnenwende Wintersonnenwende
2003 21. Juni 21:10 Uhr MESZ 22. Dezember 08:04 MEZ
2004 21. Juni 02:57 Uhr MESZ 21. Dezember 13:42 MEZ
2005 21. Juni 08:46 Uhr MESZ 21. Dezember 19:35 MEZ
2006 21. Juni 14:26 Uhr MESZ 22. Dezember 01:22 MEZ
2007 21. Juni 20:06 Uhr MESZ 22. Dezember 07:08 MEZ
2008 21. Juni 01:59 Uhr MESZ 21. Dezember 13:04 MEZ
2009 21. Juni 07:45 Uhr MESZ 21. Dezember 18:47 MEZ
2010 21. Juni 13:28 Uhr MESZ 22. Dezember 00:38 MEZ
2011 21. Juni 19:16 Uhr MESZ 22. Dezember 06:30 MEZ
2012 21. Juni 01:09 Uhr MESZ 21. Dezember 12:11 MEZ
2013 21. Juni 07:04 Uhr MESZ 21. Dezember 18:11 MEZ
2014 21. Juni 12:51 Uhr MESZ 22. Dezember 00:03 MEZ

Weitere Details hierzu siehe im Artikel Jahreszeiten.

Winterpunkt und Sommerpunkt

Im Moment der Wintersonnenwende steht die Sonne im Vergleich zu den Hintergrundsternen im sogenannten Winterpunkt – jenem Punkt der Ekliptik, der genau 90° vom Frühlingspunkt entfernt ist (Rektaszension = 270°). Er liegt derzeit im Sternbild Schütze (Sagittarius); etwa in dieser Richtung liegt auch das galaktische Zentrum.

Analog dazu steht die Sonne im Moment der Sommersonnenwende im sogenannten Sommerpunkt (Rektaszension = 90°).

Durch die Präzession der Erdachse wandern der Winterpunkt und der Sommerpunkt im Laufe von 25.780 Jahren einmal durch den gesamten Tierkreis. So lag der Winterpunkt in der Antike noch im Sternbild Steinbock (deshalb auch „Wendekreis des Steinbocks“) und wird sich in etwa 300 Jahren ins Sternbild Schlangenträger verschieben.

Der Sommerpunkt lag in der Antike im Sternbild Krebs (deshalb auch „Wendekreis des Krebses“), seine Wanderung ist in der folgenden Tabelle über einen ganzen Zyklus der Präzession dargestellt. Legt man die modernen Grenzen der Sternbilder zu Grunde, dann befindet er sich in folgenden Sternbildern:

  Sternbild Sektor Durchgangsdauer Eintritt Mitte Austritt
  Schütze 33,3° 2380 Jahre 13.030 v. Chr. 11.840 v. Chr. 10.650 v. Chr.
  Schlangenträger 18,6° 1340 Jahre 10.650 v. Chr. 9980 v. Chr. 9310 v. Chr.
  Skorpion 6,7° 480 Jahre 9310 v. Chr. 9070 v. Chr. 8830 v. Chr.
  Waage 23,0° 1650 Jahre 8830 v. Chr. 8005 v. Chr. 7180 v. Chr.
  Jungfrau 44,1° 3160 Jahre 7180 v. Chr. 5600 v. Chr. 4020 v. Chr.
  Löwe 35,7° 2570 Jahre 4020 v. Chr. 2735 v. Chr. 1450 v. Chr.
  Krebs 20,1° 1440 Jahre 1450 v. Chr. 740 v. Chr. 10 v. Chr.
  Zwillinge 27,9° 2000 Jahre 10 v. Chr. 990 n. Chr. 1990 n. Chr.
  Stier 36,7° 2620 Jahre 1990 n. Chr. (nahe am Orion) 3300 n. Chr. 4610 n. Chr.
  Widder 24,7° 1770 Jahre 4610 n. Chr. 5495 n. Chr. 6380 n. Chr.
  Fische 37,2° 2670 Jahre 6380 n. Chr. 7715 n. Chr. 9050 n. Chr.
  Wassermann 24,0° 1710 Jahre 9050 n. Chr. 9905 n. Chr. 10.760 n. Chr.
  Steinbock 28,0° 2010 Jahre 10.760 n. Chr. 11.765 n. Chr. 12.770 n. Chr.
  Schütze 33,3° 2380 Jahre 12.770 n. Chr. 13.960 n. Chr. 15.150 n. Chr.
dient dem Zeilenumbruch, bitte nicht entfernen

Im Winkel von 90° zum Sommerpunkt und Winterpunkt liegen jeweils der Frühlingspunkt (Rektaszension = 0°) und der Herbstpunkt (Rektaszension = 180°), in denen die Sonne beim Äquinoktium steht.

Geschichtliches und Kulturelles

Jahreszeiten

Die Sommersonnenwende ist in vielen Ländern, wie in Mitteleuropa und den USA, zugleich der Beginn der Jahreszeit Sommer. In Großbritannien und Irland hingegen beginnt die Jahreszeit Sommer am 1. Mai und endet am 31. Juli, die Sommersonnenwende liegt also etwa in der Mitte der Jahreszeit. In vielen Ländern, in denen heute der kalendarische Sommer am 20./21. Juni beginnt, wird der Tag der Sommersonnenwende dennoch als Mittsommer bezeichnet, was möglicherweise auf einen alten gemeinsamen steinzeitlichen Kalender zurückgeht.

Feste und Feiern

Da ab 21./22. Dezember die Tage wieder länger werden, war die Wintersonnenwende in vielen antiken und frühmittelalterlichen Kulturen ein wichtiges Fest, das allerdings oft auch ein paar Tage vor bzw. nach dem Datum der tatsächlichen Sonnenwende gefeiert wurde. Schon steinzeitliche Kultstätten wie Stonehenge oder Ales Stenar erfassten diesen Zeitpunkt, allerdings mittels der leichter feststellbaren Auf- und Untergangspunkte der Sonne, die zu Winterbeginn etwa im Südosten bzw. Südwesten liegen.

Die Germanen feierten um die Wintersonnenwende das Julfest, welches heutzutage von neuheidnischen Gruppen wieder begangen wird. Zur Zeit der Einführung des Julianischen Kalenders lagen die Sonnenwenden auf dem 25. Dezember und dem 25. Juni. Bei den Römern war der 25. Dezember daher einer der höchsten Feiertage zu Ehren des Gottes der unbesiegten Sonne Sol invictus, der an diesem Tag wiedergeboren wurde.

Das christliche Weihnachtsfest, mit dem symbolisch die Geburt Jesu gefeiert wird, liegt ebenfalls auf dem Datum der Wintersonnenwende des julianischen Kalenders, so dass es heute zeitlich kurz nach der tatsächlichen Wintersonnenwende liegt. Die Wintersonnenwende selbst fällt nach dem Heiligenkalender auf den Thomastag.

Der Tag der Sommersonnenwende wird seit je von den Menschen als mystischer Tag betrachtet, oft begleitet von weltlichen und religiösen Feierlichkeiten.

Je größer der Unterschied zwischen dem harten Winter und dem warmen Sommer, desto festlicher hat man von jeher diesen Tag gefeiert. Hoch im Norden Europas, wo in der sommerlichen Jahreszeit die Nächte gar nicht mehr dunkel werden (man spricht auch von den Weißen Nächten), haben Sonnenwendfeiern – als Mittsommerfest bezeichnet – wesentlich mehr Bedeutung als zum Beispiel am Mittelmeer.

Die Sonnenwendfeste haben vor allem in den germanischen, nordischen, baltischen, slawischen und keltischen Religionen einen festen Platz. In der keltischen Mystik heißt der Tag der Sommersonnenwende Alban Heffyn.

Seit der Christianisierung Europas werden diese Feiern oft mit dem 24. Juni, dem Tag Johannes des Täufers (Johannistag), verbunden, und einige der Sonnenwendbräuche, die sich bis heute erhalten haben, wie die Johannisfeuer, sind nach ihm benannt. Auch hier liegt das Datum kurz nach der tatsächlichen Sommersonnenwende, da noch das Datum des Julianischen Kalenders benutzt wurde.

Von der in Europa und den USA wachsenden Gemeinschaft von Angehörigen indigener Religionen wird dagegen der 21. gefeiert – meist auch mit einem entsprechenden Feuer. Bei den Anhängern des Neopaganismus wird dieses Fest als Litha bezeichnet. Unter Asatru ist das sogenannte Mittsommerfest, nach dem Julfest, dass zweit wichtigste Fest im Jahr. [1]

Bund Deutscher Mädel und Hitlerjugend mit Hakenkreuz-Flaggen bei einem Sonnwendfeuer (1933), Aufnahme aus dem Bundesarchiv

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden die wiederentdeckten altgermanischen Sonnenwendfeiern offizielle Feiertage und in die Symbolik von „Volk, Blut und Boden“ integriert. Dies schadet ihrem Ruf teilweise bis heute.

Als Neo- bis Pseudobrauchtum sind die Sonnenwend- und Walpurgisfeiern an den Externsteinen anzusehen.

Esoterik und Astrologie berufen sich auf verschiedene heidnische Traditionen und feiern teilweise die Sonnenwende als Sonnenkult.

Die südlichste Sommersonnenwendfeier findet seit 1929 in der spanischen Region Alicante statt.

Sonstiges

Eratosthenes bestimmte anhand einer Sommersonnenwende den Erdumfang.

William Shakespeares Komödie A Midsummer Night’s Dream (dt. Ein Sommernachtstraum) handelt während einer Sommersonnenwende in der klassischen Einheit von Zeit, Ort und Handlung des Geschlossenen Dramas. Neben den beiden anderen nimmt Richard Wagner „das schöne Fest, Johannistag“ (Bass-Arie) als klassische Einheit der Zeit in seiner heiteren Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“: Nürnberg sucht den Sängerstar, erster Preis eine Braut. Passend zum Bühnengeschehen fand die Uraufführung in München am Sonnwendtag 21. Juni 1868 statt. An die drei klassischen Einheiten hält sich auch Ingmar Bergman in seinem Film von 1955 „Das Lächeln einer Sommernacht (Sommarnattens leende)“.

Das typische Juni-Sommerwetter und die in mittleren Breiten der Nordhalbkugel noch frühlingshafte Wachstumsstimmung in der Natur ist ideal für Freiluftveranstaltungen aller Art. So ist die Sonnenwende, wenn nicht der bewusste Grund, so doch willkommener Anlass für zahlreiche Feste und Feiern in dieser Jahreszeit.

Die größte unorganisierte Sommersonnwendfeier in Europa findet in Stonehenge statt, die größte Deutschlands an den Externsteinen.

Einzelnachweise

  1. Steinbock, Fritz "Das Heilige Fest. Rituale des Traditionellen Germanischen Heidentums in Heutiger Zeit" Daniel Junker Verlag 2004, S.125

Weblinks


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