Argumentum

Argumentum

Ein Argument (lateinisch „Beweisgrund, Beweismittel“) ist eine Aussage oder eine Folge von Aussagen, die zur Begründung oder zur Widerlegung einer Behauptung (These) angeführt wird. Die zusammenhängende Darlegung von Argumenten wird als Argumentation bezeichnet. Wenn die Argumente für und gegen eine These geprüft und gegeneinander abgewogen werden, spricht man von einer Erörterung. Wenn eine These durch gültige logische Schlüsse (Konklusionen) aus wahren Voraussetzungen (Prämissen) abgeleitet (deduziert) wird, bezeichnet man dies als Beweis.

Argumente dienen dazu, andere Menschen von der Richtigkeit oder Falschheit einer These zu überzeugen, und sie sind deshalb ein wesentliches Mittel im Bereich der Wissenschaft, der Kritik, der Diskussion und des Dialoges.

Inhaltsverzeichnis

Rationale wissenschaftliche Argumentation und Rhetorik

Eine Argumentation im Bereich der Wissenschaft ist zu unterscheiden von der Argumentation im Bereich der Rhetorik (Kunst der Rede). Zwar wird in beiden Bereichen auf Meinungen eingewirkt. Aber während es in der Wissenschaft um die Wahrheit von Behauptungen geht, dient die Rhetorik der Verbreitung beliebiger Meinungen.

Weil die Ziele in beiden Bereichen nicht dieselben sind, ist auch die Bewertung der eingesetzten Mittel unterschiedlich. So ist z. B. die Wiederholung derselben Aussage in der Rhetorik ein anerkanntes Mittel, während dies in der wissenschaftlichen Argumentation unerwünscht ist, weil durch Wiederholung eine These nicht richtiger wird.

Während es in der Wissenschaft um intersubjektiv nachvollziehbare, einsichtige und damit dauerhaft überzeugende Argumente geht, geht es der Rhetorik um möglichst wirksame Mittel der Überredung. So sind z. B. Schmeicheleien an das Publikum rhetorisch nützlich aber wissenschaftlich ohne Belang. Ein guter Redner schließt an die unterschiedlichen Vorurteile seines jeweiligen Publikums an, während der gute Wissenschaftler nach allgemein einsichtigen Argumenten sucht.

Zur Geschichte der Argumentationslehre

Platon

Die Argumentationslehre lässt sich in Europa auf Platon zurückführen. Er hat den Begriff der Dialektik geprägt. Die erste ausgearbeitete Argumentationstheorie finden sich in den Schriften Topik und Rhetorik seines Schülers Aristoteles.

In der späteren Antike waren Kenntnisse der Dialektik Grundvoraussetzung für die Zulassung zum Disput. Erst wenn ein Redner vor dem Plenum zunächst die Argumente des Gegners mit eigenen Worten wiedergegeben hatte, bis dieser die Zusammenfassung bejahte (siehe auch Paraphrasierung), war die Gegenrede gestattet. Bei Verstoß gegen diese Regel wurde der Disputant vom Plenum (ähnlich wie in der heutigen europäischen Verfahrensordnung vor Gericht) ausgeschlossen.

Heute noch gültige Argumentationsform im juristischen Bereich mit der Rede vor Gericht gehen auf antike Vorgaben zurück. Hier hat sich diese Form der Einbeziehung aller Verfahrensbeteiligten durch Einsicht in die Schriftsätze der jeweiligen Gegenseite zur Vorbereitung auf die Argumentation und Beweisführung im Verfahrensrecht mit dem Ziel etabliert, dass Staatsanwalt und Verteidigung in ihren Plädoyers die Argumente der jeweiligen Gegenseite paraphrasieren und selbst ausformulieren, bevor sie ihre eigenen Argumente einbringen.

Argumentationsaufbau

Linearer Aufbau

Bei einem linearen Aufbau der Argumentation fügen sich die einzelnen Argumente zu einer Argumentationskette zusammen, die dem Beweis der These (Behauptung, Kernaussage) des Redners/Autors dienen soll.

Der lineare Aufbau der Argumentation in Normalform:

Argument, ggf. mit Beispiel(en)
  1. Prämisse(n)
  2. Konklusion (Schlussfolgerung)
weitere Argumente.

Dabei können zuerst die Prämissen dargelegt werden, aus denen sich dann per Konklusion der Beweis der Behauptung ergibt. Die Argumentation kann aber auch in umgekehrter Reihenfolge ablaufen, d. h. zuerst wird die These vorgestellt, dann werden die Argumente dazu erläutert. Dies kann zur Steigerung der Dramatik oder aus taktischen Gründen nützlich sein.

In der Praxis werden im Unterschied zur so genannten Normalform nicht immer alle Prämissen explizit genannt, zum Beispiel wenn sie als bekannt und akzeptiert gelten.

Es existieren unterschiedliche Konzepte hinsichtlich der Reihenfolge, in der die Argumente vorgebracht werden: So kann das stärkste Argument am Anfang stehen, um die Aufmerksamkeit des Adressaten zu wecken (Primäreffekt), oder auch am Ende, um den bleibenderen Eindruck zu hinterlassen (Rezenzeffekt).

Dialektischer Aufbau

Ursprünglich von Platon und Aristoteles als die Kunst der Gesprächsführung bezeichnet, konkludiert die dialektische Argumentation nicht eine oder mehrere Prämissen in gleicher Richtung, sondern verbindet Rede und Gegenrede, also zwei gegensätzliche Sätze miteinander zu einer Synthese. Die aristotelische Theorie der Argumentation liegt in seiner Schrift Topik vor. Das achte Buch dieser Schrift gewährt zudem Einblicke in die dialektischen Argumentationsübungen in der platonischen Akademie.

So sollen kontroverse Themen durch den Vortrag derart behandelt werden können, dass der Gegner sehe, man habe ihn recht verstanden, sei bereit ihm zu folgen und böte sogar einen Kompromiss zu der eigenen, weit entgegengesetzten Stellung am Ende der Rede redlich an.

Praxis der Argumentation

Arthur Schopenhauer

Während in der Wissenschaft und in der (europäischen) Justiz eine streng logische Argumentation im Sinne von Beweisführung gefordert wird, werden in anderen Bereichen auch andere rhetorische Mittel eingesetzt, um bestimmte Ziele zu erreichen, wie Sophismen, also der absichtliche Gebrauch von Fehlschlüssen, Polemik und Eristik. Dies wird auch als Rabulistik bezeichnet.[1]

Arthur Schopenhauer hat 38 solcher rhetorischen Mittel zusammengestellt, die dazu dienen sollen, Recht zu behalten um des Recht behaltens willen. Sie sind geeignet, eine extrem unsachliche und herabwürdigende Argumentation mit Hilfe der Logik zu führen, wurden von ihm selbst jedoch zeitlebens nicht veröffentlicht. Die dort beschriebenen Argumentationsformen sollen den Redner dazu befähigen, selbst dann Recht zu behalten, wenn er die Unwahrheit sagt. Julius Frauenstädt publizierte 1864 in seinem Nachlassband aus Schopenhauers Notizen diese Eristische Dialektik. In der Politik, aber auch im US-amerikanischen Strafrechtssystem treten an die Stelle von schlüssigen Argumenten häufig überspitzte Formulierungen und/oder persönliche Angriffe, welche die Glaubwürdigkeit des Gegners unterminieren sollen.

Im Laufe der Entwicklung rhetorischer Figuren hat sich die Lehre von der Argumentation auf allgemeine Lebensbereiche erweitert. Da die Wirkung von Argumentation darauf gerichtet ist, andere von der eigenen These zu überzeugen, spielt vor allem in der täglichen Praxis die Auswahl und Formulierung der Argumente eine wichtige Rolle. In der Psychotherapie, der Sozialarbeit und im Verkaufsgespräch wird als entscheidend angesehen, dass die Argumente verständlich und glaubwürdig formuliert werden und den situativen Kontext sowie Motive, Erfahrungen, Erwartungen und Grundüberzeugungen des Gesprächspartners berücksichtigen.

Typen von Argumenten

Deduktive Argumente

Als Argumentum ad veritatem (Wahrheitsbeweis) werden deduktive (oder deduktiv gültige) Argumente bezeichnet, bei denen die Konklusion logisch aus den Prämissen folgt, die Konklusion also wahr ist, falls die Prämissen wahr sind.

  • Logisches Nutzwertargument

Das logische Nutzwertargument besteht aus zwei oder mehr Prämissen sowie der logischen Konklusion. Beispiel: „Dieses neue Auto verbraucht nur fünf Liter pro 100 Kilometer, und sein Tankinhalt beträgt 50 Liter. Das bedeutet, Sie können mit einer Tankfüllung 1.000 Kilometer reisen, ohne unterwegs tanken zu müssen.“

  • Vergrößerung

Sie stellt zwei Sätze mathematisch miteinander in Bezug. Aus dem rechnerischen Ergebnis wird die Plausibilität einer Ersparnis oder eines Gewinnes dargestellt. Beispiel: „Bei Einsparungen von nur 1,7 Cent pro Druckseite sparen Sie bei Ihrer Auflage bereits 20.000 x 0,017 = 340,- Euro im Monat.“

  • Verkleinerung

Sie dient der Relativierung möglicher Gegenargumente, z. B. Anschaffungskosten oder laufenden Belastungen. Beispiel: „Der Solarkollektor kostet zwar 24.000,- Euro, bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren sind das allerdings nur 100 Euro pro Monat.“

  • Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere

Das Argumentum a posteriori („im nachhinein“, „aus Erfahrung gewonnen“) arbeitet mit einem auf die Erfahrung gestützten Beweis. Diese Schlussfolgerung dient dazu, spezielle Erkenntnisse aus allgemeinen Theorien zu gewinnen. Beispiel: „Seit 6.000 Jahren ist Krieg eine der immer wiederkehrenden Strategien zur Sicherstellung knapper Ressourcen. Auch heute beobachten wir knapper werdende Ressourcen. Es wird wieder Krieg geben.“ Oder: „Alle Menschen, die ich kannte, sind gestorben. Also werde auch ich sterben müssen.“

  • Bilanzierung

Die Bilanzierung oder Nutzwertanalyse stellt die Pro-und-Contra-Argumente gegenüber und versieht sie mit einem Gewichtungsfaktor. Die Summation ergibt ein mathematisch eindeutiges Ergebnis.

Induktive Argumente

Induktive Argumente stützen sich auf empirische Beobachtungen und Erfahrungen. Dabei wird von Einzelfällen auf das Allgemeine geschlossen. Es ist zwar rational, die Konklusion für wahr zu halten, wenn alle Prämissen wahr sind, die Konklusion folgt jedoch nicht logisch zwingend, sondern ist nur in gewissem Grade wahrscheinlich (vgl. Induktionsschluss).

Beispiel: „Bei allen bisherigen Versuchen, die Rechtschreibung zu reformieren, zeigte sich, dass die Leistungen der Schüler nachließen. Also werden die Leistungen der Schüler bei Einführung der aktuellen Rechtschreibreform wieder nachlassen.“

Auch wenn die Aussage „Alle bisherigen Reformen führten zu schlechteren Leistungen“ durch empirische Studien ausnahmslos bestätigt sein sollte, gilt das Argument nur in einem statistisch abgesicherten Rahmen, da ein einziges Gegenbeispiel die Allgemeingültigkeit widerlegen würde.

Die Gültigkeit induktiver Argumente ist stark umstritten.[2]

Indirekte Argumente

Ein Umkehrschluss (Argumentum e contrario, „Beweis durch Widerspruch“) untermauert die eigene These mit der Falsifizierung des Gegenteils (indirekter Beweis). Beispiel: Euklids Beweis für Irrationalität von Wurzel 2 oder: „Die Gegner der Rechtschreibreform behaupten, dass die Schüler mit den neuen Regeln mehr Fehler machen würden. Neueste Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Fehlerquote seit Einführung um 20 Prozent gesunken ist.“

Fehlschlüsse

Dabei handelt es sich um Argumentationen, die bei korrekter Handhabung logisch einwandfrei sind, jedoch auch zu (absichtlichen) Fehlschlüssen verwendet werden können. Während deduktive sowie (bedingt) induktive und analogisierende Argumente tatsächlich zum Beweis einer These dienen, handelt es sich bei den sogenannten Fehlschlüssen (lat. fallacia, auch: Trugschluss) um keine gültigen Argumente. Es wird zwar aus den Prämissen eine Schlussfolgerung gezogen, diese erfolgt aber nicht nach den Gesetzen der Logik.

Ein logischer Irrtum, dem der Argumentierende erliegt, ist u. a. der falsch gebrauchte Paralogismus oder die nicht berücksichtigte Antinomie beim falschem Anspruch auf Absolutheit. Ein mit der Absicht, andere zu täuschen, herbeigeführter Fehlschluss wird als Sophismus bezeichnet. Unter einem Argumentum ad rem versteht man allgemein eine Beweisführung, die sich nur auf die zu diskutierende Sache selbst stützt und unabhängig von Gefühlen und Meinungen ist.

  • Autoritätsverweis oder Referenzargument

Das Argumentum ad verecundiam will unter Berufung auf eine Autorität überzeugen.

Da es unmöglich ist, alles selbst nachzuweisen, muss man sich auf Quellen anderer verlassen können. Also ist es notwendig, bekannte Fachleute auf dem Gebiet zu Rate zu ziehen und tatsächlich gesteht man einer Autorität auf dem Gebiet eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf Richtigkeit zu. Beispiel: „Hans H., der bekannte konservative Journalist, meint zu Recht, dass eine Reform der Groß- und Kleinschreibung letztlich den Analphabetismus fördere.“ Oder: „Prof. Dr. Fischer schreibt in seinem Buch, dass Fernsehen Gewalttätigkeit auslöst.“

Allerdings können auch Experten irren, ihre Ansichten können revidiert werden, und in einem Gebiet können mehrere unterschiedliche „Lager“ mit jeweils guten Gründen für ihre Positionen existieren. Oft arbeiten genannte Fachleute auch auf einem ganz anderen Fachgebiet, was die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit erheblich herabsetzt.

Dazu gehört auch das Argument (Name?), das sich auf die Negation der Autorität beruft, auf „Menschen wie du und ich“, die gerade als Nicht-Autoritäten besonders kompetent oder glaubwürdig sein sollen. Beispiel: „Der Taxifahrer / Die alte Bäuerin in unserem Dorf meint: Früher hatten wir auch keine Rechtschreibreform, und wir haben trotzdem alles richtig verstanden.“

  • Mitleidargument

Mit Hilfe des Argumentum ad misericordiam wird Mitleid genutzt, um weiteres Nachhaken zu unterbinden. Beispiel: „Niemand hat deinen Geldbeutel gestohlen, du hast ihn verloren. Warum verdächtigst du einen armen und missbrauchten Menschen?“

  • Gesellschaftliche Argumentation

Das Argumentum ad populum ist ein ähnlicher Versuch, durch den Verweis auf die wirkliche oder behauptete allgemeine Meinung zu überzeugen, und schließt aus der Anzahl der Anhänger einer Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt. Beispiel: „Im Mittelalter glaubten praktisch 100 Prozent der Leute daran, dass die Sonne und die Planeten um die Erde kreisen und die Erde unbeweglich im Raum hängt. Also kann das nicht ganz falsch gewesen sein.“

Wahrheit ist nicht demokratisch, aber wegen des Gruppendrucks und der damit verbundenen Angst vor einem Gesichtsverlust wird dieser Fehlschluss oft verwendet, um ungeliebte Meinungen zu unterdrücken.

Das Argumentum ad populum gilt jedoch zweiseitig: Oft neigen intellektuelle und wissenschaftliche Kritiker (die sich kritisch mit der Leichtgläubigkeit der Masse auseinandersetzen) dazu, bei von ihnen abgelehnten Theorien einen wirklichen oder behaupteten Konsens von Wissenschaftlern und Organisationen bezüglich der Falschheit der Theorie ohne weitere Erläuterung für diese Haltung ins Feld zu führen. Dies ist ebenfalls ein Fehlschluss.

  • Moralisches Argument

Das moralische Argument (auch ethisches oder normatives Argument) bezieht sich noch weiter verengend explizit auf allgemein anerkannte ethische oder gesellschaftliche Werte und versucht, eine Aussage in Übereinstimmung oder im Gegensatz befindlich darzustellen. Beispiel: „Wir sollten die geltende Groß- und Kleinschreibung nicht aufgeben, da sie einzigartig ist.“

  • Ideologisches Argument

Einzelinteressen werden hier unter Berufung auf Allgemeines (z. B. die Natur, gesellschaftliche Zwänge, das Allgemeinwohl) vollkommen verschleiert. Das ideologische Argument steht beinahe schon außerhalb der Fehlschlüsse, da es sich im Grunde um ein Postulat, eine Aussage handelt. Beispiel: „Es ist doch nur natürlich, wenn man möchte, dass alles beim alten Zustand bleibt.“

  • Hypothetisches Argument

Dieses Argument konkludiert angenommene Prämissen mit tatsächlichen. Die Konklusion ergibt kein (notwendig) wahres Urteil, da hierzu die Wahrheit der Prämissen erwiesen sein muss. Beispiel: „Wenn das jetzt Ihr Kind auf der Intensivstation wäre, Herr Doktor, was würden Sie alles unternehmen, um sein Leben zu retten? Sie würden alles versuchen!“

  • Argument aus Nichtwissen

Das Argumentum ad ignorantiam nutzt Nichtwissen als Beweis beziehungsweise in Form des Argumentum e silentio das Schweigen. Der Fehlschluss, dass das Fehlen oder die Unkenntnis von Tatsachen, die eine Aussage unterstützen, die Aussage widerlegen bzw. der Fehlschluss, dass eine Aussage wahr ist, weil ihre Unwahrheit nicht bewiesen ist (oder vice versa) ist oft mit dem Glauben verbunden, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses immer umgekehrt proportional zu der Anzahl der Möglichkeiten ist. Beispiel: „Niemand hat gezeigt, dass es keinen Gott gibt; also muss Gott existieren.“ Oder: „Niemand hat je ein UFO gesehen, also gibt es keine UFOs.“ Auch: „Da Wissenschaftler das Auftreten einer globalen Erwärmung nicht beweisen können, wird es eine solche auch nicht geben.“

Im Falle des Fehlens von Tatsachen: Es ist umso schwieriger, etwas nachzuweisen, je seltener es vorkommt (Quastenflosser), je schwieriger deren Untersuchung ist (extraterrestrische Planeten, Tiefsee) und wenn deren Existenz geheimgehalten werden soll (militärische Forschungslabore). Noch problematischer sieht es bei der Nicht-Existenz von etwas aus: Zum Nachweis, insbesondere zur Falsifizierung strittiger, grundsätzlicher Aussagen müsste man das gesamte Universum absuchen. Für eine Aussage muss man sich also daran halten, was bekannt ist (oder falls die Aussage unbekannt ist, was man vernünftigerweise erwarten würde, wenn sie wahr wäre. Niemand glaubt an einen Atombombenanschlag in London, wenn dies nicht in den Nachrichten käme). Ein Argumentum ad ignorantiam bringt letztlich nur den Glauben an etwas als eigene irrelevante Unkenntnis in die Argumentation.

  • Scheinkausalität

Hierbei fungieren zwei Ereignisse als Prämissen, aus deren Gleichzeitigkeit (Cum hoc ergo propter hoc: gleichzeitig, also deswegen) bzw. zeitlichen Abfolge (Post hoc ergo propter hoc: danach, also deswegen) ein unbewiesener Kausalzusammenhang konkludiert wird. Zum Beispiel: Eisverkäufe korrelieren stark (und robust) mit Verbrechensraten. Daher verursacht Speiseeis Verbrechen. Dieses Argument ist fehlerhaft, weil es die tatsächliche Erklärung außer Acht lässt, dass es eben die hohen Temperaturen sind, die sowohl die Verbrechensraten als auch die Speiseeisverkäufe unabhängig voneinander erhöhen. Siehe auch Cum hoc ergo propter hoc.

  • Grundannahme

Mit dem Argumentum a priori wird ein Beweis mittels rein logischer Schlussfolgerungen geführt, der ohne Erfahrungswissen auskommt. Diese Annahme ist jedoch nicht falsifizierbar. Beispiel: „Wenn man annimmt, dass alle Menschen sterblich sind, und Sokrates ein Mensch ist, so folgt daraus, dass Sokrates sterblich sein muss.“

  • Argument der goldenen Mitte

Das Argumentum ad temperantiam ist ein Fehlschluss, der die Mitte zweier Positionen unabhängig von der argumentativen Untermauerung der einzelnen Positionen bevorzugt. Beispiel: „Da die Gewerkschaften 10 % mehr Lohn verlangen und die Arbeitgeber 2 % zugestehen, sollten wir uns auf 6 Prozent einigen.“

Auch wenn die Erfahrung zeigt, dass Extrempositionen oft Nachteile nach sich ziehen und Kompromisse leichter durchzusetzen sind, ist das Argumentum ad temperantiam als Maßstab der Richtigkeit generell zu verwerfen. Einmal ist es kulturell sehr abhängig, was eine Gesellschaft noch als akzeptable Extremposition zulässt (man vergleiche die Extrempositionen bezüglich der Homosexualität heute in der westlichen Gesellschaft und zu anderen Zeiten und in anderen Kulturen). Dann ist es verlockend (z. B. beim Feilschen), die eigene Position zum Extremen hin zu steigern, damit man sich auf eine „faire“ Position einigt, die einen dann selbst bevorzugt. Dann gibt es Situationen, in denen Extremmaßnahmen gemäß vorherrschender Meinung nahezu unumgänglich sind (Massenschlachtungen bei einer extrem ansteckenden Seuche).

  • Zirkelschluss

Das Argumentum in circulo (Circulus vitiosus, Petitio principii, Zirkelschluss) begründet eine These mit sich selbst und verstößt damit gegen einen Hauptsatz der klassischen Logik, wonach jede These durch Prämissen begründet sein muss, deren Wahrheit bereits bewiesen ist. Die zu folgernde Aussage steckt implizit in den Bedingungen. Beispiel: „Der Apfel fällt vom Baum, weil die Schwerkraft wirkt. Somit erkennt man leicht die Existenz der Schwerkraft, sobald ein Apfel vom Baum gefallen ist.“ Auch: „Die Gerechtigkeit erfordert höhere Löhne für alle, weil es nur gerecht ist, wenn jeder mehr verdient.“ Oder: „Sie sagen, Sie hätten jetzt keine Zeit. Genau deshalb rufe ich ja an: Es geht darum, in Zukunft so zu rationalisieren, dass Sie wieder Zeit für das Wesentliche haben.“

Siehe hierzu auch: Pleonasmus und Tautologie

  • Doppeldeutigkeit

Ein Argumentum ambiguum, d. h. zweischneidiges Argument, bei dem die genaue Bedeutung unklar bleibt und damit eine Rückzugsmöglichkeit auf eine andere Interpretation offen lässt. Bill Clinton über Monica Lewinsky: „I did not have sexual relations with that woman“ („Ich hatte keine sexuelle Beziehung mit dieser Frau“). Im Sinne des Wortes „sexuell“ mit der Konnotation zum Geschlechtsverkehr ist Clintons Aussage korrekt, im umgangssprachlichen und juristischen Sinne jedoch nicht.

  • Erfahrungsbeweis

Das Argumentum ad lapidem (lapidem = Stein) ist ein Gegenargument, mit dessen Hilfe eine ausgeklügelte und spitzfindige These durch einen scheinbar einfachen Widerspruch zur Erfahrung widerlegt werden soll. Benannt durch Dr. Samuel Johnson, der Bischof George Berkeleys Behauptung, dass Materie nicht separat von ihrer Wahrnehmung existieren kann, damit „widerlegte“, dass er einen Stein mit der Bemerkung „I refute it thus“ („Damit widerlege ich es“) wegtrat.

Befürworter dieses Argumentes glauben oft, dass sich theoretische geistige Konstrukte durch eine eklatante Realitätsferne auszeichnen, und verweisen oft spöttisch auf die völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen, die man daraus besonders in der Philosophie ableiten kann. Kritiker des Arguments weisen darauf hin, dass das weniger eine Widerlegung als eine bequeme Ignorierung der Position ist (Der Stein wird auch durch noch so beiläufiges Wegtreten durch Tastsinn, Gehör und Sehen wahrgenommen).

  • Traditionsverweis

Das Argumentum ad antiquitatem arbeitet mit dem Beharren darauf, dass eine Aussage durch ihr Alter oder ihre Bewährtheit wahr sein müsse. Beispiel: „Siderische Astrologie ist wahr. Wenn Sie falsch wäre, hätte sie nicht mehrere tausend Jahre überdauert.“

Schon bei Glaubenssätzen trifft man sehr alte Systeme an (Hinduismus, Judentum), die noch heute praktiziert werden und einander ausschließen. Aber auch in den Wissenschaften kann man aus vorher gemachten Beobachtungen nicht letztendlich schließen, dass eine bewährte Regel allgemeingültig bleibt (Induktionsproblem). Beispiele für Widerlegungen von lange Zeit für wahr gehaltenen Auffassungen sind Paradigmenwechsel wie das Vorkommen schwarzer Schwäne („Alle Schwäne sind weiß“) oder der Wechsel vom geozentrischen zum heliozentrischem Weltbild.

  • Beweis durch Augenschein

Das Argumentum ad oculos will durch schlagenden Widerspruch zur Wahrnehmung oder Aufdeckung eines kritischen Widerspruches überzeugen. Die eine Sache hat jedoch mit der anderen kausal nichts zu tun. „Ich habe nie behauptet, dass mein politischer Gegner Schmiergelder annimmt.“ (Im Hintergrund läuft ein Video, das genau das Gegenteil zeigt). Beispiel: „Angeklagter, Sie haben unter Eid geschworen, dass Sie sich zum Tatzeitpunkt am Orte X aufgehalten haben. Hier habe ich nun eine zweite eidesstattliche Erklärung Ihrer Versicherung, in der Sie behaupten, Sie hätten sich am Tatzeitpunkt am Orte Y, 1.000 km vom Ort X entfernt, aufgehalten. Wie erklären Sie sich das?“

  • Überhöhung

Das Argumentum a fortiori zeigt auf, dass die bestehende Behauptung noch sicherer ist als eine bereits mit hinlänglicher Sicherheit bewiesene. „Es ist mittels Untersuchungsreihen zweifelsfrei erwiesen, dass eine Konzentration von 10 mg/kg des fraglichen Mittels gesundheitsschädlich wirkt. Mein Mandant wurde jedoch einer wesentlich höheren Konzentration erheblich länger ausgesetzt, so dass der gesundheitliche Schaden meines Mandanten außer Frage steht.“

  • Der Erfolg gibt recht

Das Argumentum ad crumenam versucht, glauben zu machen, dass aus Reichtum oder Erfolg die Wahrheit der zugrunde liegenden Ansichten folgt. Beispiel: „Wer heilt, hat recht.“ Oder: „Ein Schneeballsystem gibt jedem gleiche Chancen. Schließlich ist Herr Marschmüller damit auch reich geworden.“

Dies ist ein Schema, das oftmals hemmungslos von Betrügern ausgenutzt wird, indem sie ihre Ansicht durch den scheinbaren oder tatsächlichen (auf Kosten vorheriger Opfer) Erfolg untermauern wollen. Selbst bei Aussagen über das Geldverdienen und wirtschaftlichen Erfolg oder Spontanheilungen ist es oft unklar, inwieweit der Erfolg von investierter Arbeit, unbekannten Randbedingungen oder scheinbaren Zufällen abhing.

  • Argument des weisen Asketen

Mit dem Argumentum ad lazarum wird, im Gegensatz zum ad crumenam mit dem Glauben argumentiert, dass aus Armut und Schlichtheit die Wahrheit der vertretenen Ansicht folgt. Beispiel: „Mein geistiger Lehrer lebt seit über 20 Jahren praktisch nur von Wasser und Brot. Nur ein von der Wahrheit Erleuchteter ist dazu imstande.“ Auch Asketen und einfache Leute sind Menschen und können trotz ihrer oft großen Lebenserfahrung irren.

  • Beschwichtigung

Das Argumentum a tuto nutzt die Ansicht, dass eine Position auf jeden Fall ungefährlich und unschädlich ist. Beispiel: „Ein Atomstromfilter hält Radioaktivität aus Atomkraftwerken fern. Es kann auf jeden Fall nicht schaden, wenn Sie den Atomstromfilter installieren, ich gebe ihn Ihnen sogar verbilligt.“

Während die Anwendung dieses Scheinargumentes in aussichtslos erscheinenden Situationen tröstend und Hoffnung spendend sein mag, gibt es jedoch oft versteckte Kosten und Nachteile an Zeit, Geld, Aufwand, Gesundheit und dem eigenen Ruf.

  • Explizite Weiterführung

Das Argumentum ex consesso beruht auf einer bereits als wahr zugestandenen Aussage. „Sie haben zugegeben, zur fraglichen Zeit am Tatort gewesen zu sein. Da es nun wegen des Aufbaus des Tatortes unumgänglich ist, den Blutfleck zu sehen, wenn man die Wohnung betritt, stellt sich die Frage, warum Sie behaupten, nichts gesehen zu haben.“

  • Angstargument

Das Argumentum ad metum arbeitet mit dem Erwecken von Ängsten und Befürchtungen, die mit einer Position verbunden werden (sollen). Beispiel: „Nur eigene Bewaffnung senkt die Kriminalitätsrate. Oder willst Du, dass Du und Deine Familie von Mördern, Räubern und Vergewaltigern ermordet und missbraucht werden?“

  • Neidargument

Das Argumentum ad invidiam appelliert an Neid, Bosheit und Rache. Beispiel: „Dein Kollege behauptet, wir bräuchten zur besseren Effizienz eine neue Datenbank. Schau mal, der bekommt viel mehr Gehalt als du, obwohl du genauso viel arbeitest. Willst du wirklich dessen Position unterstützen?“

  • Hassargument

Argumentum ad odium: „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg. Sie sind an allem schuld, was in diesem Staat schiefläuft, lasst euch das nicht länger gefallen.“

  • Nazi-Vergleich

Das Argumentum ad nazium lehnt eine Position mit dem Hinweis ab, dass sie von ethisch fragwürdigen Personen (insbesondere Hitler) geteilt wurde. Beispiel: „Jeder Todkranke, der sterben will, ist nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Jeder, der anderweitiges behauptet und damit Selbstmord oder sogenannte aktive Sterbehilfe unterstützt, hätte von Hitler Beifall bekommen.“ (Siehe auch: Godwins Gesetz).

  • Wiederholung

Mit dem Argumentum ad nauseam (wtl. lat. zur Übelkeit / Brechreiz) wird ein Fehlschluss bezeichnet, nach dem eine Aussage durch ständiges Wiederholen scheinbar richtiger wird.
„Ich war es nicht!“
„Man hat Sie zum Tatzeitpunkt am Ort gesehen.“
„Ich war es nicht!“
„Sie hatten eine Pistole in der Hand.“
„Ich war es nicht!“
„Sie haben gestern Abend dem Opfer gedroht.“
„Ich war es nicht!“
etc.

Abgesehen davon, dass man den anderen Diskutanten zum Aufgeben bewegt oder, trickreicher, so tut, als hätte man die Einwände durch Abwandlung der Wiederholung widerlegt, verlässt man damit den Rahmen rationaler Diskussion, da es nur noch auf das Beharren der eigenen Meinung ankommt. Eine Abwandlung davon: Es kommt oft vor, dass Proponenten einer Meinung unredlicherweise längst widerlegte Argumente gegenüber Leuten wiederholen, von denen sie glauben, dass diese die Widerlegung noch nicht kennen.

  • Innovationsargument

Mit dem Argumentum ad novitam wird der Glaube genutzt, dass einer neueren Ansicht oder Innovation automatisch ein höherer Wahrheitsgehalt zukommt. Beispiel: „Die neu entdeckte XYZ-Diät reduziert das Gewicht ohne Hungern.“

In der wissenschaftlichen Praxis ist es jedoch meistens der Fall, dass aufgrund der Entwicklung des Fachgebietes Zugriff auf neuere Literatur zur Wahrheitsfindung erforderlich ist. Dennoch gibt es auch in der Wissenschaft immer wieder Nichtbestätigungen oder Widerlegungen vorher geäußerter Ansichten.

  • Argument aus Eitelkeit

Das Argumentum ad superbium arbeitet mit der Ablehnung gegnerischer Positionen aus Stolz und Überlegenheit. Beispiel: „Universität XYZ behauptet, ein Mittel gegen Krebs gefunden zu haben? Das ist unmöglich; wir haben viel mehr Mittel, und alles, was die bisher herausgefunden haben, wussten wir schon längst.“

Scheinargumente

Während bei Fehlschlüssen noch versucht wird, rational (wenn auch fehlerhaft) zu argumentieren, benötigt ein Scheinargument keinen logischen Aufbau. Dennoch können Scheinargumentationen oft sehr wirkungsvoll sein.

  • Persönlicher Angriff

Mit dem Argumentum ad personam unterstellt man dem Gegner allgemein, dass ihm die Fähigkeit zum korrekten Argumentieren bzw. das Fachwissen fehlt und dass damit seine Schlüsse allgemein ungültig sind, und versucht die Zuhörer zu dem Fehlschluss zu verleiten, dass irrelevante, aber allgemein negativ besetzte Eigenschaften der Person (Geschlecht, Profession, politische Orientierung etc.) etwas mit dem Wahrheitsgehalt der Argumentation zu tun haben („kriminell“, „Sozialist/Nazi“ usw.).

Dies nimmt oft die Form von Beleidigungen („Idiot“, „Dummkopf“, „Amateur“) und Werturteilen über die Argumentation an („Schwachsinn“, „Geschwätz“, „naiv“, „Ausrede“). Da die Wahrheit einer Aussage jedoch nur von der Wahrheit der Prämissen abhängt, kann die Validität einer Aussage unabhängig von der Person getroffen werden. Die Fähigkeit einer Person zum logischen Schließen ist ohne Belang und die Anwendung ein logischer Fehlschluss.

  • Killerphrase

Als Killerphrasen (umgangssprachlich auch Totschlagargumente) werden Argumente bezeichnet, die nach Charles Clark nahezu inhaltslose Aussagen sind, von denen der Disputant annimmt, dass die meisten Diskussionsteilnehmer mit ihnen in der Bewertung übereinstimmen und die vor allem der Ablehnung oder Herabsetzung des Gegenübers dienen. Beispiel: „Das haben wir gerne; frisch von der Schule und dann hier den großen Max markieren. Da könnte ja jeder kommen!“

  • Drohung

Mit dem Argumentum ad baculum wird das Ende rationaler Diskussion mittels Überreden und Einschüchtern durch Macht und Stärke eingeleitet. „Herr Dorn hat Hochverrat begangen, aber natürlich können Sie weiterhin versuchen, eine anderslautende Meinung an die Öffentlichkeit zu bringen. Machen Sie sich um Ihre Familie keine Sorgen? In der heutigen Zeit kann soviel Schlimmes passieren.“

Dies kann vielfältige Formen annehmen: Gewalt, Erpressung, das Überschreien oder Ächten der gegnerischen Position.

  • Ethisches Argument

Das Argumentum e consentu/consensu gentium zielt gerade bei ethischen Debatten die Aufmerksamkeit auf Prinzipien, die praktisch von allen Menschen geteilt werden und hier von der Zuhörerschaft übernommen werden sollen. Beispiel: „Bei allen Kulturen dieser Welt gilt der Mord an einem gleichberechtigten Menschen als schweres Verbrechen. Auch hier unter uns ist Mord immer ethisch verwerflich.“

Auch manipulierend als das Herausstellen einer Position als eine so allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Widerspruch absolute Unwissenheit und Weltfremdheit suggeriert.
„Jeder (Schuljunge) weiß doch, dass jede Verbrennung Flammen erzeugt.“
Mittels dieser typischen Einleitung versucht der Argumentierende kritisches Nachfragen seiner Position zu verhindern, indem er Angst und Scham vor der eigenen Unwissenheit erzeugt.

  • Scheinrationalität

Das Argumentum ad judicium beruft sich auf den gesunden Menschenverstand im Allgemeinen bzw. den der Zuhörerschaft. Beispiel: „Die Relativitätstheorie stimmt nicht, das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. Wenn eine Zeitverschiebung nur von der Relativgeschwindigkeit abhängt, dann müssten zwei Zwillinge, einer auf einem schnellen Raumschiff, einer auf der Erde, immer gleich alt bleiben. Schließlich kann jeder behaupten, der andere bewegt sich von ihm fort.“ (Zwillingsparadoxon)

Als Widerlegung kann man darauf hinweisen, dass sich Diskutanten oft darüber uneinig sind, was für sie eine überzeugende Demonstration des gesunden Menschenverstandes ist. Aber auch bei Einigkeit der Diskutanten untereinander versagt der gesunde Menschenverstand oft bei abstrakten oder nur extrem genau zu definierenden Problemen (Wahrscheinlichkeitsrechnung, Ziegenproblem) und setzt oft unterbewusst kulturell abhängige Bedingungen voraus, die falsch sein können.

  • Schweigen als Argument

Mit dem Argumentum ex silentio wird das Weglassen von Informationen für einen gewünschten, aber irreführenden Eindruck genutzt. Beispiel: „Nachdem ich nun nacheinander mehrere Argumente des Herrn X vernommen und widerlegt habe, dürfte klar sein, dass von seiner These nicht viel zu halten ist. Ich sage dazu nichts mehr.“

Der Eindruck der Zuhörerschaft würde jedoch ein ganz anderer sein, wenn man hinzufügen würde:
„Die These umfasst mehrere hundert Seiten an Material und Dutzende von Argumenten, die ich trotz mehrwöchiger Recherche nicht widerlegen konnte. Das einzige, was ich finden konnte, befand sich in einer sehr alten Ausgabe; nur dort waren noch die fehlerhaften Argumente zu finden.“

  • Übertreibung

Mit dem Argumentum ad consequentiam wird aus einer richtigen Schlussfolgerung, aus deren Wahrheit der Aussage unangenehme oder scheinbar unerträgliche Konsequenzen folgen würden, die Falschheit, Unwichtigkeit oder Belanglosigkeit der Aussage durch Übertreibung unterstellt, um den Gegner lächerlich zu machen. Beispiel: „Wenn die Erde sich tatsächlich durch den von uns verursachten Kohlendioxid-Ausstoß erwärmen würde und dies unabsehbare Folgen hätte, dann müssten wir den Energieverbrauch durch fossile Brennstoffe in der Tat drastisch einschränken. Da dies aber unsere Industrie, unsere Autos und Haushalte sowie das ganze wirtschaftliche Leben aller hier Anwesenden vollkommen ruinieren würde, brauchen wir nicht weiter darüber zu diskutieren.“

Argumentationstheorie

Aristoteles

Die Argumentationstheorie beschäftigt sich u.a. mit der Definition und Struktur von Argumenten, der Frage nach deren Gültigkeit und Schlüssigkeit, dem Aufbau der Argumentation sowie der Untersuchung von Argumentationsmodellen.

Gültigkeit und Schlüssigkeit von Argumenten

Ein Argument ist genau dann gültig, wenn die Wahrheit der Prämissen die Wahrheit der Konklusion mit Notwendigkeit nach sich zieht, das heißt wenn unter der Voraussetzung, dass die Prämissen wahr sind oder wären, auch die Konklusion wahr ist oder wäre. Für die Gültigkeit eines Arguments ist es nicht ausschlaggebend, ob die Prämissen tatsächlich wahr sind (zum Beispiel ist das Argument „Wenn es regnet, dann wird die Straße nass. Es regnet. Also wird die Straße nass“ auch dann gültig, wenn es momentan nicht regnet).

In der Philosophie und Argumentationstheorie nennt man ein Argument genau dann schlüssig, wenn es gültig ist und wenn all seine Prämissen tatsächlich wahr sind.

Die Gültigkeit von Argumenten wird von der Logik untersucht.

Wahrheitstheorien

Bei der Überprüfung einer Argumentation auf Plausibilität wird geklärt, ob die Prämissen wahr oder falsch sind. Eine Wahrheitstheorie legt die Kriterien fest, nach denen eine Aussage als wahr oder falsch oder als unentscheidbar zu klassifizieren ist.

Wichtige Wahrheitstheorien sind die

  • Korrespondenztheorie: eine Aussage ist wahr, wenn sie mit der Realität übereinstimmt.
  • Kohärenztheorie: eine Aussage ist wahr, wenn sie sich widerspruchsfrei in ein System von bereits als wahr akzeptierten Aussagen einbauen lässt.
  • Konsenstheorie: eine Aussage ist wahr, wenn ihr (potenziell unendlich) viele Menschen unter idealen Kommunikationsbedingungen zustimmen würden.
  • pragmatische Wahrheitstheorie: eine Aussage ist wahr, wenn sie nützlich ist für das Erreichen von Zielen.

Das Argumentieren

Argumente sind Äußerungen, die durch überprüfbare Tatsachen bewiesen oder durch Berufung auf Autorität belegt werden. (Bsp: Wissenschaftliche Tests, Untersuchungen oder Ähnliches). Beispiele machen ein Argument schlagkräftiger und anschaulicher.

  • Indem Gründe (pro – contra) abgewogen werden, wird erörtert.
  • Besonders überzeugend wird die Argumentation, wenn durch satzverknüpfende Ausdrücke ein gedanklicher Zusammenhang ersichtlich ist.

Bsp: deshalb, darum, folglich, und damit, außerdem, im Übrigen; dazu kommt, dass…; darüber hinaus ist wichtig, dass; ein weiteres Beispiel; aus den genannten Beispielen ergibt sich, dass; es ist nämlich so, dass…; andererseits; aber; allerdings…,

Diese und ähnliche Wendungen dienen dazu, den Lesern oder Zuhörern den Zusammenhang des Gedankens zu verdeutlichen. Oft stehen diese Begriffe am Beginn eines Absatzes.

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Bayer: Argument und Argumentation. Logische Grundlagen der Argumentationsanalyse. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen ²2007, ISBN 978-3-525-26547-5.
  • Axel Bühler: Einführung in die Logik. Argumentation und Folgerung, ISBN 3-495-47905-8.
  • Chaim Perelman, Lucie Olbrechts-Tyteca: Die neue Rhetorik. Eine Abhandlung über das Argumentieren. Hrsg. von Josef Kopperschmidt. Stuttgart-Bad Cannstatt 2004.
  • Christof Rapp, Tim Wagner: Aristoteles, Topik. Übersetzung, Einleitung und Kommentar. Stuttgart 2004[3].
  • Arno Ros: Begründung und Begriff. Wandlungen des Verständnisses begrifflicher Argumentationen. Meiner, Hamburg 1989/1990, 3 Bde, ISBN 3-7873-0962-4.
  • Eike von Savigny: Grundkurs im logischen Schließen. Übungen zum Selbststudium. ISBN 3-525-33502-4.
  • Hubert Schleichert: Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren. Anleitung zum subversiven Denken. Beck, München 2001, ISBN 3-406-51124-4 (online).
  • Holm Tetens: Philosophisches Argumentieren. München 2004, ISBN 3-406-51114-7.
  • Anne Thomson: Argumentieren. ISBN 3-608-94202-5.
  • Stephen Toulmin: Der Gebrauch von Argumenten. Beltz Athenäum 1996², ISBN 3-89547-096-1.
  • Harald Wohlrapp (Hrsg.): Wege der Argumentationsforschung. Frommann-Holzboog, Stuttgart 1995, ISBN 3-7728-1660-6.

Quellen

  1. z. B. in Rupert Lay (2003): Dialektik für Manager. Methoden des erfolgreichen Angriffs und der Abwehr
  2. Einzelnachweise:
    • Karl R. Popper, David W. Miller: A proof of the impossibility of inductive probability. Nature 302 (1983), 687–688
    • R. C. Jeffrey: Letter concerning Popper and Miller. Nature 310 (1984), S. 433–434.
    • I. Levi: The impossibility of inductive probability. Nature 310 (1984), S. 433–434.
    • I. J. Good: The impossibility of inductive probability. Nature 310 (1984), S. 433–434.
    • Karl R. Popper, David W. Miller: The impossibility of inductive probability. Nature 310 (1984), S. 433–434.
    • G. Blandino: Critical Remarks on an Argumentation by K. Popper and D. Miller. Discussion about Induction. Epistemologia 7 (1984), S. 183–206.
    • I. Levi: Probabilistic Pettifoggery. Erkenntnis 25 (1986), S. 133–140.
    • J. Wise, P. T. Landsberg: Has inductive probability been proved impossible? Nature 315 (1985), S. 461.
    • Karl R. Popper, David W. Miller: Has inductive probability been proved impossible? Nature 315 (1985), S. 461.
    • J. Wise, P. T. Landsberg: On the possibility of inductive probability. Nature 316 (1985), S. 22.
    • M. L. G. Redhead: On the Impossibility of Inductive Probability. The British Journal for the Philosophy of Science 36 (1985), S. 185–191.
    • I. J. Good: Probabilistic Induction Is Inevitable. Journal of Statistical Computation and Simulation 20 (1985), 323–324, C216.
    • H. Gaifman: On Inductive Support and Some Recent Tricks. Erkenntnis 22 (1985), S. 5–21.
    • D. Gillies: In Defense of the Popper-Miller Argument. Philosophy of Science 53 (1986), S. 110–113.
    • J. M. Dunn, G. Hellman: Dualling: A Critique of an Argument of Popper and Miller. The British Journal for the Philosophy of Science 37 (1986), 220–223.
    • Karl R. Popper, David W. Miller: Why probabilistic support is not inductive. Philosophical Transactions of the Royal Society 321A (1987), S. 569–591.
    • A. Rivadulla: On Popper-Miller's Proof of the Impossibility of Inductive Probability. Erkenntnis 27 (1987), 353–357.
    • I. J. Good: A Restatement, in Response to Gillies, of Redhead's Argument in Support of Induction. Philosophy of Science 54 (1987), S. 470–472.
    • E. Eells: On the alleged impossibility of inductive probability. British Journal for the Philosophy of Science 39 (1988), S. 111–116.
    • N. C. A. da Costa, S. French: Pragmatic Probability, Logical Omniscience and the Popper-Miller Argument. Fundamenta Scientiae 9 (1988), 43–53.
    • C. S. Chihara, D. A. Gillies: An Interchange on the Popper-Miller Argument. Philosophical Studies 54 (1988), 1–8.
    • C. Howson: On a Recent Objection to Popper and Miller’s 'Disproof' of Probabilistic Induction. Philosophy of Science 56 (1989), 675-680.
    • D. Zwirn, H. Zwirn: L'argument de Popper et Miller contre la justification probabiliste de l'induction, L'âge de la science 2 (Paris: Éditions Odile Jacob, 1989), S. 59–81.
    • C. Howson: Some Further Relections on the Popper-Miller Disproof of Probabilistic Induction. Australasian Journal of Philosophy 68 (1990), 221-28.
    • I. J. Good: Discussion: A Suspicious Feature of the Popper/Miller Argument. Philosophy of Science 57 (1990): 535–536.
    • David W. Miller: Reply to Zwirn & Zwirn. Cahiers du CREA 14 (1990), S. 149–153.
    • A. Mura: When Probabilistic Support is Inductive. Philosophy of Science 57 (1990), S. 278–289.
    • A. Boyer: Une logique inductive probabiliste est-elle seulement possible? Cahiers du CREA 14 (1990): 123–145.
    • G. Dorn: Popper's Laws of the Excess of the Probability of the Conditional over the Conditional Probability. Conceptus 26 (1992/1993): S. 3-61.
    • Andrew Elby: Contentious contents: For inductive probablitiy. Brit. J. Phil. Sci 45 (1994), 193–200.
    • Karl R. Popper, David Miller: On Excess Content: A Reply to Elby. Hoover Institution Archives Box 583:23 (August 26, 1994).
    • G. Dorn: Inductive Countersupport. Journal for General Philosophy of Science 26 (1995), 187–189.
    • J. Cussens: Deduction, Induction and Probalistic Support. Synthese 108 (1996): S. 1–10.
    • E. Eells: Popper and Miller, and Induction and Deduction. Proceedings of the Seventh Asian Logic Conference (1999)
  3. Aristoteles liefert hier die erste und sehr einflussreiche Theorie der Argumentation

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