- Morbus Wegener
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Klassifikation nach ICD-10 M31.3 Wegener-Granulomatose
Nekrotisierende Granulomatose der AtemwegeICD-10 online (WHO-Version 2006) Die Wegener-Granulomatose ist gekennzeichnet durch eine nekrotisierende Entzündung der Gefäße, welche mit einer Granulombildung in den oberen (Nase, Nasennebenhöhlen, Mittelohr, Oropharynx) und den unteren Atemwegen (Lunge) einhergeht. In 80 Prozent der Fälle kommt es zu einer Glomerulonephritis (Pauci-Immun-Glomerulonephritis als pathohistologisches Korrelat) und zur Bildung von Mikroaneurysmen in der Niere. Durch die Entzündung der Gefäße kommt es zu einer mangelhaften Blutversorgung der betroffenen Organe. Grundsätzlich kann jegliches Gewebe betroffen sein.
Inhaltsverzeichnis
Andere Bezeichnungen
Allergische Angiitis und Granulomatose, Klinger-Wegener-Churg-Syndrom (oder in anderer Reihenfolge Wegener-Klinger-Churg-Syndrom), rhinogene Granulomatose, Riesenzellgranuloarteriitis Wegener-Klinger-Churg, Granulomatosis Wegener, Wegenersche Granulomatose, Morbus Wegener.
Epidemiologie
Die Wegener-Granulomatose ist eine seltene Erkrankung, die in etwa 5–7 Menschen pro 100.000 betrifft. Männer erkranken häufiger als Frauen, der Erkrankungsgipfel ist um das 50. Lebensjahr, es können aber auch Kinder erkranken.
Ätiologie
Die Entstehung der Erkrankung ist unbekannt. Vermutlich spielen Inhalationsallergene, ein Befall der Nasenschleimhäute mit Staphylokokkus aureus sowie eine genetische Disposition eine Rolle.
Pathogenese
Es handelt sich um eine generalisierte Vaskulitis, bei der weder zirkulierende Immunkomplexe noch eine zelluläre Immunreaktion vom Spättyp nachgewiesen werden können. Es handelt sich somit um eine pauci-immune Vaskulitis (lat. pauci=wenig). Man geht von einer Auslösung durch Autoantikörper aus. Pathognomonisch ist das Vorkommen von c-ANCA mit dem Zielantigen Proteinase 3 aus neutrophilen Granulozyten (s. u.),
Symptome
Die Symptomatik der Wegener-Granulomatose ist sehr uneinheitlich. In der Literatur werden folgende Häufigkeiten angegeben:[1]
Manifestation zu Krankheitsbeginn (in %) im Krankheitsverlauf (in %) Niere Glomerulonephritis 18 77 Hals/Nase/Ohren Summe: 73 92 Sinusitis 51 85 nasale Erkrankungen 36 68 Otitis media 25 44 Hörverlust 14 42 Subglottische Stenose 1 16 Ohrenschmerzen 9 14 orale Läsionen 3 10 Lunge Summe: 45 85 pulmonale Infiltrate 25 66 pulmonale Rundherde 24 58 Hämoptysen 12 30 Pleuritis 10 28 Augen Konjunktivitis 5 18 Dakrozystitis 1 18 Skleritis 6 16 Exophthalmus 2 15 Augenschmerzen 3 11 Visusverlust 0 8 Netzhautläsionen 0 4 Hornhautläsionen 0 1 Iritis 0 2 Andere Arthralgien/Arthritis 32 67 Fieber 23 50 Husten 19 46 Hautanomalien 13 46 Gewichtsverlust (>10%) 15 35 periphere Neuropathie 1 15 Beteiligung des ZNS 1 8 Perikarditis 2 6 Hyperthyreose 1 3 Diagnose
- Die Diagnostik basiert auf klinischen, laborchemischen und histopathologischen Befunden. Auf klinischer Ebene werden die ARA/ACR-Kriterien benutzt: Stimmen 2 von 4 Kriterien zu, so besteht ein hochgradiger Verdacht auf eine Morbus Wegener (Sensitivität 88%, Spezifität 92%).
- In den allermeisten Fällen kann eine Biopsie die Verdachtsdiagnose sichern
- Histopathologisch findet sich z. B. eine nekrotisierende, teilweise granulomatöse Vaskulitis kleiner Gefäße.
- Im Labor können CRP (C-reaktives Protein), Blutsenkungsgeschwindigkeit und Kreatinin erhöht sein. Es kann zur Leukozytose und Mikrohämaturie kommen. c-ANCA können bei typischem Verlauf mit Glomerulonephritis und granulomatöser Vaskulitis des Respirationstraktes in etwa 90 Prozent der Fälle nachgewiesen werden, bei etwa 10 Prozent auch p-ANCA. Die Höhe des Antikörpertiters von c-ANCA korreliert mit der Krankheitsaktivität.
- Im Röntgen sind oftmals Verschattungen in den Nasennebenhöhlen und Infiltrationen in der Lunge zu erkennen, Computertomographie-Scans (CT) des Thorax zeigen Granulome, Kavernen und Narben innerhalb des Lungengewebes. Im HNO-Bereich kann es durch die chronische Entzündung zu Knochendestruktionen und Ulzerationen kommen.
Differentialdiagnose
Goodpasture-Syndrom, Bronchialkarzinom mit Nekrosehöhle (typischerweise Plattenepithel)
Therapie
Im lokal begrenzten Initialstadium wird mit einer Kombination aus Trimethoprim und Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol) behandelt,[2] gegebenenfalls noch zusätzlich mit Prednisolon. In zwei Dritteln der Fälle lassen sich längerfristige Remissionen erreichen.[3]
Wenn eine lebens- oder organbedrohende Generalisation eingetreten ist, wird versucht, mit Immunsuppressiva eine Remission zu erzielen (Induktionstherapie): Prednisolon plus Cyclophosphamid oder bei leichteren Verläufen Methotrexat plus Prednisolon. Als Optionen für die Reserve stehen Mycophenolatmofetil, 15-Desoxyspergualin, Infliximab und Immunglobuline zur Verfügung.[3] Bei lebensbedrohenden Lungenblutungen oder dialysepflichtigem Nierenversagen kommt die Plasmapherese zum Einsatz.[4][5] Weitere eingesetzte Substanzen sind Etanercept, Ciclosporin, Leflunomid, Rituximab und Anti-Thymozyten Globulin (ATG).
Nach Erreichen einer Remission umfasst die Erhaltungstherapie Azathioprin und in absteigender Dosis Prednisolon. Zur Therapie beziehungsweise Prävention einer Besiedlung des Nasenraumes mit Staphylococcus aureus wird mit Cotrimoxazol behandelt.[3]
Bei 35–70 Prozent der Erkrankten kommt es nach erfolgreicher Therapie etwa 2 Jahre nach Absetzen der Therapie (bei vollständigem Ausbleiben jeglicher Krankheitsaktivität) zu einem Wiederauftreten (Relaps) der Erkrankung, typischerweise im selben Organ oder Organsystem wie zu Beginn. Dieser Relaps kann mit derselben Aussicht auf Heilung wie das erstmalige Auftreten therapiert werden.
Prognose
Ohne Therapie führt die Krankheit über eine rapid-progrediente Glomerulonephritis (RPGN) innerhalb von etwa 6 Monaten zum Tod (Immunkomplex-negative bzw. pauci-immune Glomerulonephritis)
Mit kombinierter Cyclophosphamid-Glukokortikoid Therapie wird bei 90 % der Patienten eine ausgeprägte Besserung erzielt, 75 % erreichen eine komplette Remission. Etwa 50 % der Remissionen sind später mit einem oder mehreren Rezidiven verbunden.
Einzelnachweise
- ↑ Hoffman GS et al: Wegener's granulomatosis: An analysis of 158 patients. Ann Intern Med 116:488, 1992, zitiert nach: Harrisons Innere Medizin - deutsche Ausgabe der 15. Auflage - Berlin 2003, ISBN 3-936072-10-8, S. 2146-2149
- ↑ Coen A. et al. TRIMETHOPRIM–SULFAMETHOXAZOLE (CO-TRIMOXAZOLE) FOR THE PREVENTION OF RELAPSES OF WEGENER’S GRANULOMATOSIS N Engl J Med 1996; 335:1769-1770, Dec 5, 1996 PMID 8637536 Full Text (PDF)
- ↑ a b c Gerd Herold, Innere Medizin, Köln 2005
- ↑ D.R.W Jayne et. al. on behalf of the European Vasculitis Study Group: Randomized Trial of Plasma Exchange or High-Dosage Methylprednisolone as Adjunctive Therapy for Severe Renal Vasculitis J Am Soc Nephrol 2007 18: 2180-2188
- ↑ R.A.F. de Lind van Wijngaarden et. al. for the European Vasculitis Study Group (EUVAS), Chances of Renal Recovery for Dialysis-Dependent ANCA-Associated Glomerulonephritis J Am Soc Nephrol 2007 18: 2189-2197
Literatur
- F. Wegener: Über generalisierte, septische Gefäßerkrankungen. Verh Dtsch Pathol Ges 29 (1937) 202
- F. Wegener: Über eine eigenartige rhinogene Granulomatose mit besonderer Beteiligung des Arteriensystems und der Nieren. Beitr Pathol Anat Allg Pathol 102 (1939) 36
- R. Socias, A. Pozniak: Translation of a classic paper: Friedrich Wegener: On generalised septic vessel disease. Thorax 42 : 918 (1987)
- L. Strauss L, K. V. Lieberman, J. Churg: Pulmonary Vasculitis. In: Fishman AP (ed.): Pulmonary Diseases and Disorders. 2nd ed. McGraw-Hill, New York 1988. 2 : 1128
- R.Y. Leavitt, A.S. Fauci, D.A. et al.: The American College of Rheumatology 1990 criteria for the classification of Wegener’s granulomatosis. Arthritis Rheum 33: 1101–1107 (1990)
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