Mori Ôgai

Mori Ôgai
Mori Ōgai

Mori Ōgai (jap. 森 鷗外 Mori Ōgai; * 17. Februar 1862 in Tsuwano; † 9. Juli 1922 in Tokio), japanischer Arzt und Militär, Dichter und Übersetzer. Ōgai ist sein Schriftstellername, den er in den Jahren 1885 bis 1913 gebrauchte. Sein Familienname ist Mori, sein persönlicher Name Rintarō (林太郎).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Mori Ōgai (Okt. 1911)

Mori Ōgai (Mori Rintarō) wurde in der Burgstadt Tsuwano, Hauptstadt des gleichnamigen Lehens, in der südwestjapanischen Provinz Iwami (heute Präfektur Shimane) als erster Sohn der Mori Mineko und des fürstlichen Leibarztes Mori Shizuo geboren und studierte an der dortigen Lehenshochschule Akademie zur Pflege der Alten (養老館, Yōrō-kan). Im Sommer 1872 ging der Vater mit ihm nach Tokio, um ihm eine Ausbildung nach den modernsten Standards der westlichen Medizin zu ermöglichen. In diesen Jahren wohnte Rintarō bei seinem Onkel Nishi Amane, der als Begründer der modernen japanischen Philosophie gilt. Ab 1874 besuchte er den Vorbereitungskurs der späteren Medizinhochschule in Tokio, aus welcher die Medizinische Fakultät der heutigen Staatlichen Universität Tokio hervorging, und studierte zugleich weiterhin die klassische Literatur Chinas und Japans, aber auch europäische Literatur, die er zunächst über das Deutsche kennenlernte.

Zu seinen Lehrern gehören die Begründer der westlichen Heilkunde in Japan, wie die Chirurgen Leopold Müller und Wilhelm Schultze oder der Internist Erwin von Baelz. Er schloss sein Studium 1881 mit 19 Jahren ab und diente anschließend als Militärarzt.

Von 1884 bis 1888 studierte er als Stipendiat des Japanischen Kaiserreichs Hygiene und Heeressanitätswesen in Leipzig, Dresden, München und Berlin unter anderem bei Robert Koch. Daneben beschäftigte er sich intensiv mit europäischer Literatur, Musik, Kunst und Philosophie. Einen lebendigen Eindruck dieser Zeit vermittelt sein Deutschlandtagebuch (独逸日記 Doitsu nikki), das in deutscher Übersetzung vorliegt.

Militärdienst

In Japan anvancierte er in den folgenden beiden Jahrzehnten zum Medizinischen Generalinspekteur des Heeres, dem ranghöchsten Arzt des kaiserlichen Heeres. Zum Beginn des Ersten Japanisch-Chinesischen Krieges von 1894–1895, war Mori in der Mandschurei und im Folgejahr in Taiwan eingesetzt. 1899 diente er in Kokura, Kyūshū und ab 1902 wieder in Tokio.

Im Russisch-Japanischen Krieg von 1904–1905 kam er wieder in die Mandschurei. Sein durch das Studium in Deutschland mit beeinflußter Unwillen, Beriberi als Nahrungsmangelkrankheit anstatt einer Infektion anzuerkennen, was der britisch geprägte Takaki Kanehiro, der oberste japanische Marinearzt bereits belegt hatte, führte im Krieg gegen Rußland zu 27,000 Todesfällen durch Beriberi im japanischen Heer.

Literarische Einflüsse

Nach seinem Abschied vom Militärdienst wurde er 1917 Generaldirektor der Kaiserlichen Bibliotheken und Museen. Seinen Einstand in das geistige Leben seines Heimatlandes gab Mori mit seinen „drei deutschen Novellen“, in denen er Begebenheiten des Studienaufenthalts verarbeitet. Berühmt wurde vor allem die Erzählung Die Tänzerin (舞姫 Maihime, 1890). Er beschreibt darin die scheiternde Liebesbeziehung eines Japaners in Berlin. In Japan ebenfalls sehr beliebt und bekannt ist die Novelle Wellenschaum (Utakata no ki, 1890) - noch heute suchen viele japanische Touristen Orte am Starnberger See eigens wegen dieser Novelle auf.

Mori Ōgai in Kokura, Kitakyūshū

Die 38-bändige Gesamtausgabe seines Werks umfasst neben Tagebüchern und Briefen sowie medizinischen, historischen, kulturkritischen und eigenen literarischen Arbeiten (darunter Dramen) Übersetzungen von Clausewitz, Goethe, Heine, E.T.A. Hoffmann, Ibsen, Kleist, Knigge, Camille Lemonnier, Lessing, Schiller, Strindberg und vielen anderen. Als erster übersetzte er Faust I und Faust II von Goethe.

Mori starb am 9. Juli 1922. Er hinterließ vier Kinder: aus erster Ehe Mori Otto (森 於菟 Mori Oto; Arzt), aus zweiter Ehe mit Mori Shigeko (geb. Araki, 1880-1936) die Töchter Marie (森 茉莉 Mori Mari; Schriftstellerin) und Kobori Anne (小堀 杏奴 Kobori Annu; Malerin, Schriftstellerin) sowie den Sohn Mori Louis (森 類 Mori Rui; Maler).

Aufgrund seiner Fähigkeit, japanische und chinesische mit europäischer Bildung zu vereinen und vor diesem Hintergrund - als Staatsbeamter und als Literat - dem zu entsprechen, was Goethe in Maximen und Reflexionen „Forderung des Tages“ nennt, gilt er als eine der beispielhaften Persönlichkeiten Japans am Beginn der Moderne. Bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts gehörte eine gewisse Kenntnis seines Werks zur Pflichtlektüre in den Schulen.

Die Berliner Gedenkstätte
Berliner Gedenktafel in der Luisenstraße

Ehrung

In Berlin-Mitte, Luisen- Ecke Marienstraße, gibt es seit 1989 in der Nähe seines einjährigen Berlin-Aufenthalts die Mori-Ôgai-Gedenkstätte, die 1984 als Gedenkzimmer durch die Humboldt-Universität, unterstützt durch staatliche Stellen, ihren Anfang nahm. Hier können sich deutsche Interessenten nach Anmeldung mit dem Werk des japanischen Arztes und Schriftstellers vertraut machen.

Werke

  • Deutschlandtagebuch 1884-1888. ISBN 3-88769-063-X
  • Im Umbau. ISBN 3-45816-015-9
  • Utakata no ki (うたかたの記, 1890), dt. Wellenschaum
  • Maihime (舞姫, 1890), dt. Die Tänzerin. ISBN 3-51822-159-0 bzw. Das Ballettmädchen. Eine Berliner Novelle. ISBN 3-86124-185-4
  • Fumizukai (1891, 文づかひ The Courier)
  • Wita sekusuarisu (ヰタ・セクスアリス, 1909, Erzählung), dt. Vita sexualis. ISBN 3-51801-813-2
  • Seinen (1910, 青年 Young Men)
  • Gan (, 1911–13), dt. Die Wildgans. ISBN 3-51801-862-0
  • Okitsu Yagoemon no isho (1912, 興津弥五右衛門の遺書 The Last Testament of Okitsu Yagoemon)
  • Abe Ichizoku (1913, 阿部一族), dt. Der Untergang des Hauses Abe
  • Sanshō Dayū (1915, 山椒大夫 Sanshō the Steward)
  • Takasebune (1916, 高瀬舟 The Boat on the Takase River, dt. Das Geleitschiff)
  • Shibue Chūsai (1916, 渋江抽斎 Shibue Chusai)

Bibliographie

Weblinks


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