Motivational interviewing

Motivational interviewing

Motivierende Gesprächsführung (Motivational Interviewing, MI) wird definiert als ein direktiver, klientenzentrierter Beratungsstil mit dem Ziel, intrinsische Motivation zur Verhaltensänderung durch Explorieren und Auflösen von Ambivalenz aufzubauen, das Konzept wurde ursprünglich zur Beratung für Menschen mit Suchtproblemen entwickelt. (William Miller und Stephen Rollnick, 2002).

Inhaltsverzeichnis

Anwendung

MI richtet sich vor allem an Personen mit zunächst geringer oder ambivalenter Änderungsbereitschaft und kann daher am Beginn einer Suchtbehandlung stehen. Inzwischen wird MI aber auch im Bereich der psychotherapeutischen Arbeit, in allgemeiner medizinischer Behandlung, in der Gesundheitsförderung, der Sozialarbeit und im Vollzugswesen angewandt.

Vorgehen

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass es bei jedem Süchtigen gute Gründe für und gegen den Konsum sowie Vorteile und Nachteile einer Veränderung des Konsumverhaltens gibt. So kann ein Raucher beispielsweise die Annahmen vertreten, dass Rauchen einerseits zwar die Geselligkeit fördere, andererseits jedoch ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko berge. In der ersten Phase des MI ist es Aufgabe des Beraters, die Bewusstmachung beider Seiten zu fördern, was zu einer gewissen Ambivalenz und einem Konflikt beim Konsumenten führt. Es wird davon ausgegangen, dass ein direktes Drängen, Konfrontieren und Argumentieren in Richtung einer Veränderung des Konsums, wie es oft von Angehörigen und Laien praktiziert wird, kontraproduktiv sei, da es beim Klienten vorrangig Widerstand hervorrufe. Beim MI geht es also in erster Linie darum, durch die Reflexion des eigenen Konsumverhaltens mittels der Beleuchtung aller pro und contra- Standpunkte zunächst Klarheit zu schaffen. Dies soll dem Klienten dazu dienen, im nächsten Schritt seine Ambivalenz bezüglich seines Konsums und dessen Veränderung zu überwinden. Wesentlich ist dabei, dass der Klient alle Argumente selbst liefert, anstatt von Außenstehenden zu einer Verhaltensänderung überredet zu werden. In der zweiten Phase des MI sollen dann konkrete Ziele und Wege zur Zielerreichung herausgearbeitet werden.

Techniken

Die vier grundlegenden Prinzipien des MI sind:

  1. Empathie zeigen, indem die Situation aus der Sicht des Klienten betrachtet und verstanden wird
  2. Selbstwirksamkeit stärken, indem der Klient in der Annahme bestärkt wird, Veränderungen erreichen zu können
  3. flexibler Umgang mit Widerstand: das Finden eigener Lösungswege unterstützen, neue Sichtweisen anbieten statt Argumente des Widerstands wegzudiskutieren
  4. Diskrepanz erzeugen: Wenn dem Klienten deutlich wird, dass sein momentanes Verhalten im Widerspruch zu wichtigen Zielen und Vorstellungen für seine Zukunft steht, kann dies die Veränderungsbereitschaft stärken

Spezielle trainierbare therapeutische Prinzipien beim MI sind:

  1. aufrichtiges Interesse am Klienten und seiner Situation vor allem durch aktives Zuhören signalisieren
  2. Akzeptanz und Bestätigung vermitteln
  3. selbstmotivierende Haltungen des Klienten hinsichtlich Problemeinsicht, Bedenken und Veränderungsbereitschaft hervorlocken und selektiv verstärken
  4. dem Klienten mit der Haltung begegnen, dass er stets die frei Wahl hat und selbst entscheiden kann, was er möchte

Theoretischer Hintergrund

Ursprünglich ist die motivierende Gesprächsführung nicht theoretisch abgeleitet, sondern sie entstand durch Beobachtung und Spezifizierung der Wirkfaktoren intuitiver klinischer Praxis. Nachträglich wird jedoch versucht, sie in einen theoretischen Kontext einzubetten. MI basiert auf Rogers’ Ansatz der non-direktiven, klientenzentrierten Gesprächsführung (Carl Rogers, 1946). Demnach strebt ein Individuum nach Eigenverantwortung und Entfaltung. Die Prinzipien, um einen Klienten darin zu unterstützen sind laut Rogers Echtheit, Empathie und Akzeptanz. Die motivierende Gesprächsführung ist jedoch direktiv auf ein Zielverhalten (z.B. Rauchen) gerichtet.

Des Weiteren baut MI auf der Theorie der Selbstwahrnehmung von Daryl J. Bem (1972) auf. Dessen Grundpostulat nimmt an, dass Attributionen und Einstellungen offenem Verhalten folgen. Demzufolge erkennen Menschen ihre Identität, Einstellungen, Gefühle und andere interne Vorgänge dadurch, dass sie sich selbst unter bestimmten Umständen beobachten bzw. beim Äußern relevanter Inhalte zuhören und daraus Schlussfolgerungen ziehen. Darüber hinaus steht MI der Theorie der kognitiven Dissonanz konzeptuell nahe (Leon Festinger, 1957). In MI werden Personen dazu angeregt, änderungsbezogene Aussagen zu machen, die (noch) im Kontrast zum gegenwärtigen Problemverhalten stehen. Die so erzeugte kognitive Dissonanz erzeugt nun das Bedürfnis, das Verhalten auch tatsächlich zu ändern und seinen Äußerungen anzupassen.

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