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Die mitochondriale DNA (kurz mtDNA) ist ein zirkuläres, doppelsträngiges DNA-Molekül im Inneren (Matrix) der Mitochondrien. Die mtDNA wurde 1963 von Margit M. K. Nass und Sylvan Nass[1] mit elektronenmikroskopischen Methoden[2] und 1964 von Ellen Haslbrunner, Hans Tuppy und Gottfried Schatz[3] aufgrund biochemischer Messungen entdeckt[4].
Die humane mtDNA besteht aus 16.569 Basenpaaren[5] mit 37 Genen (13 Proteine (Untereinheiten der Atmungsketten-Komplexe), 22 tRNAs und zwei rRNAs) und besitzt 100-10.000 Kopien pro Zelle (10-15 Moleküle pro Mitochondrium).
Inhaltsverzeichnis
Eigenschaften
Obwohl eine mtDNA-spezifische DNA-Polymerase vorhanden ist[6], erlaubt das Vorhandensein einer eigenen mtDNA den Mitochondrien nicht, sich unabhängig von der Zelle, in der sie sich befinden, zu teilen und zu vermehren. Allerdings ist die Teilungsfrequenz der Mitochondrien nur indirekt von der der Zelle abhängig. Auf der mtDNA befinden sich einige, wenn auch nicht alle, Gene für die Enzyme der Atmungskette sowie Gene, die für die Struktur und Reproduktion der Mitochondrien verantwortlich sind. Jedoch sind die Gene von mehr als 90% der Proteine, aus denen ein Mitochondrium besteht, im Zellkern lokalisiert und werden im Cytoplasma der Zelle synthetisiert. Die fertigen Proteine werden im Anschluss an die Transkription und Translation mit Hilfe einer komplexen Translokationsmaschinerie über die beiden mitochondrialen Membranen ins Innere der Mitochondrien importiert, wo sie dann ihren Platz einnehmen können (vgl. hierzu besonders diverse Veröffentlichungen von Pfanner et al. und Neupert et al.).
Die mtDNA ist innerhalb der Matrix in sogenannten Nucleoiden organisiert, einem Zellkernäquivalent, wie es auch bei Prokaryoten zu finden ist. Diese enthalten sowohl die Nukleinsäure als auch Proteine.
Ursprung
Das Vorhandensein einer eigenen DNA ist einzigartig unter den Zellorganellen der Tiere, bei den Pflanzen besitzen die Chloroplasten dieselbe Eigenschaft. Dies ist Ausgangspunkt für die Endosymbiontentheorie, die besagt, dass Mitochondrien und Chloroplasten ursprünglich eigenständige Organismen waren, die im Laufe der Evolution in tierische bzw. pflanzliche Vorläuferzellen inkorporiert wurden und nun bestimmte Aufgaben für diese Zellen übernehmen. Weitere Indizien hierfür sind, dass Mitochondrien in etwa die gleiche Größe wie kleine Bakterien haben, eine zirkuläre DNA besitzen und von zwei Membranen umgeben sind. Auch ist die Proteinsynthesemaschinerie (z. B. Ribosomen) der Mitochondrien der von Prokaryoten sehr ähnlich.
Vererbung
In der Genealogie und Anthropologie spielt die Vererbung der mtDNA eine große Rolle. Dies hat einerseits damit zu tun, dass Mitochondrien bei vielen Organismen nur maternal, also nur von der Mutter, an die Nachkommen weitergegeben werden. Die Mitochondrien des Spermiums befinden sich in dessen Hals, der nur teilweise an der Verschmelzung des Spermienkopfes mit der Eizelle teilnimmt. Außerdem sendet die Eizelle Stoffe aus, die die Mitochondrien des Spermiums auflösen (genauer gesagt, Ubiquitin, ein Proteine auflösendes Molekül). Zudem mutiert mtDNA mit einer sehr konstanten Rate, sodass man relativ genau sagen kann, wie nah (zeitlich gesehen) zwei Volksstämme verwandt sind, d.h. wann sich die Vorläufer dieser Stämme trennten. In der Anthropologie konnte so gezeigt werden, dass die amerikanische Urbevölkerung am engsten mit der Urbevölkerung Eurasiens verwandt ist (also von einem gemeinsamen Vorläufer abstammt); außerdem konnten Hypothesen über die Ursprünge des Jetztmenschen (Mitochondriale Eva) bestätigt werden. Das 2005 gestartete Genographic-Projekt, welches Erbgut von Menschen auf allen Kontinenten mit dem Ziel untersucht, genauere Erkenntnisse über die Verwandtschaftsbeziehungen der verschiedenen Bevölkerungen sowie den Ablauf der Besiedlung der Erde durch den Homo sapiens zu gewinnen, macht sich diese Eigenschaften der mtDNA zu Nutze.
Vor einigen Jahren wurde die sogenannte paternale Vererbung von mtDNA bei etlichen Tierarten und in einem Fall beim Menschen entdeckt. Sie scheint offenbar relativ selten zu sein (bei Mäusen beträgt die Rate 1:10.000) und sorgt dafür, dass auch männliche mtDNA auf die Nachkommen übertragen wird. Die genauen Vorgänge sind noch nicht geklärt; es fehlen auch noch verlässliche Zahlen, wie häufig diese Form der Vererbung beim Menschen vorkommt. Seit 2002 ist ein einziger Fall bekannt, dass eine besondere Eigenheit/Mutation der mtDNA vom Vater auf seinen Sohn vererbt wurde: Während die Blut-mtDNA von der Mutter geerbt war, wurden 90 % der Muskel-mtDNA vom Vater geerbt.[7] Nach weiteren Untersuchungen wird allgemein bisher (Stand 2007) davon ausgegangen, dass dieser spezielle Befund der Annahme, dass Mitochondrien beim Menschen nur mütterlicherseits vererbt werden können, nicht widerspricht.[8][9][10]
Quellen
- ↑ Wenner-Gren Institute for Experimental Biology, Stockholm University, Stockholm, Sweden.
- ↑ Nass, M.M. & Nass, S. (1963): Intramitochondrial Fibers with DNA characteristics. In: J. Cell. Biol. Bd. 19, S. 593–629. PMID 14086138 PDF
- ↑ Institut für Biochemie an der medizinischen Fakultät der Universität Wien.
- ↑ Haslbrunner, E. et al. (1964): Deoxyribonucleic Acid associated with Yeast Mitochondria. In: Biochem. Biophys. Res. Commun. Bd. 15, S. 127-132. PDF
- ↑ MITOMAP: Humane Mitochondriale DNA Sequenz
- ↑ Hoppins, S. et al. (2007): The Machines that Fuse and Divide Mitochondria. In: Ann. Rev. Biochem. Bd.76, S. 751-80. PMID 17362197
- ↑ Schwartz, M. & Vissing, J. (2002): Paternal inheritance of mitochondrial DNA. In: N. Engl. J. Med. Bd. 347, S. 576-580. PMID 12192017 PDF
- ↑ Taylor, R.W. et al. (2003): Genotypes from patients indicate no paternal mitochondrial DNA contribution. In: Ann. Neurol. Bd. 54, S. 521-524. PMID 14520666
- ↑ Filosto, M. et al. (2003): Lack of paternal inheritance of muscle mitochondrial DNA in sporadic mitochondrial myopathies. In: Ann. Neurol. Bd. 54, S. 524-526. PMID 14520667
- ↑ Schwartz, M. & Vissing, J. (2004): No evidence for paternal inheritance of mtDNA in patients with sporadic mtDNA mutations. In: J. Neurol. Sci. Bd. 218, S. 99-101. PMID 14759640
Literatur
- Bryan Sykes: Die sieben Töchter Evas. Bergisch Gladbach, 2001, ISBN 3-7857-2060-2
- Jürgen Groth: Das Mitochondriengenom. In: Meine Moleküle, Deine Moleküle. Von der molekularen Individualität. Berlin, 2007 (Online-Buch)
Weblinks
Mitochondriale DNA (mtDNA) Haplogruppen
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