Muskelkraftantrieb

Muskelkraftantrieb
Manuell angetriebene Nähmaschine

Unter einem manuellen Antrieb oder auch Muskelkraftantrieb versteht man den Antrieb eines Werkzeugs, einer Maschine, eines Fahrzeugs oder einer sonstigen, technischen Einrichtung mittels Muskelkraft. Teilweise spricht man auch von Muskelkraftbetrieb, so zum Beispiel bei muskelkraftbetriebenen Fahrzeugen.

Das Wort manuell bedeutet von seiner ursprünglichen Wortherkunft (lat. manus = „Hand“) „mit der Hand“, „von Hand“ oder auch „händisch“. Im Laufe der Technikgeschichte wurde diese ursprüngliche Bedeutung des Wortes manuell allmählich erweitert, was zur Folge hat, dass heute praktisch jede Art von Antrieb, die unter Verwendung von Handkraft, Fußkraft oder einer sonstigen, von Mensch oder Tier erzeugten Antriebskraft, unter dem in der Antriebstechnik üblichen Oberbegriff manueller Antrieb zusammengefasst wird. Dem manuellen Antrieb gegenüber steht der maschinelle Antrieb.

Inhaltsverzeichnis

Voraussetzungen für den manuellen Antrieb

Schon Kinder sind Meister des manuellen Antriebs

Der manuelle Antrieb basiert zunächst einmal auf den naturgegebenen Möglichkeiten vieler Lebewesen, Dinge mit Hilfe ihrer Gliedmaßen zu bewegen. Diese natürliche Fähigkeit hat der Mensch zu einer Fertigkeit entwickelt, die ihm den manuellen Antrieb vieler Dinge ermöglicht.

So erlernen wir in unserer Kindheit spielerisch das manuelle antreiben vieler Dinge des Alltags. Jede Türe, jedes Fenster oder auch jede Schublade die wir öffnen oder schließen, treiben wir ganz selbstverständlich mit unseren Händen an. Der manuelle Antrieb eines Balls oder Steins beim spielen erfolgt durch einen Wurf oder Kick, wir heben etwas auf und treiben es dabei gegen die Erdanziehungskraft (Gravitation) an oder eine Murmel wird durch einen Schubs (schieben - Schub) mit der Hand manuell angetrieben und auch "per pedes" (zu Fuß) sind wir mit Bobbycar (Tretauto), Dreirad oder Kettcar schon früh mit dem manuellen Antrieb mit Hilfe unserer unteren Extremitäten - der Fuß- und Beinmuskulatur - vertraut.

Unterscheidung von Muskelkraftantrieben

handbetriebene Kaffeemühlen
Taschenlampe mit Handdynamo

Muskelkraftantrieben können wie folgt unterteilt werden:

  1. Antrieb durch Menschen
    1. per Hand durch
      1. direktes Verschieben oder Drehen
      2. mittels eines drehenden oder schiebenden Bedienelementes wie z. B.
        1. Türklinke, Fenstergriff oder eines anderen Handgriffs
        2. Handrad
        3. Handkurbel
          1. zum direktem Antrieb ohne Übersetzung
            (Beispiel: Haspel (Spule) für Drachenschnur)
          2. zum direktem Antrieb mit Übersetzung (Beispiel: Angelrolle)
    2. per Fuß durch
      1. direktes Verschieben oder Drehen
      2. Treten
        1. von Pedalen ohne Übersetzung (Beispiel: Kinderdreirad)
        2. einer Tretkurbel mit Pedalen (Pedalantrieb)
        3. in einer Tretmühle (auch Tretrad genannt) zum Antrieb einer technischen Einrichtung
    3. mit Hilfe anderer Körperteile
  2. Antrieb durch Zugtiere
    1. mit Hilfe eines Jochgeschirrs
      1. zur Fortbewegung einer Kutsche oder eines Wagens
      2. unter Einsatz eines Göpelwerks

Optimierung manueller Antriebe

Die Optimierung manueller Antriebe erfolgte im Laufe vieler Jahrtausende mit der Entdeckung und schrittweisen Vervollkommnung von Rad, Rolle, Hebel, etc. und den damit verbundenen, physikalischen Eigenschaften (Rollen, Abrollen, ...) und Gesetzen (Hebelgesetze, Schiefe Ebene, Newtonsche Axiome, ...).

Aufgrund des enormen Kraftaufwandes, der zum manuellen Antrieb erforderlich ist, haben sich Techniken wie der Flaschenzug, spezielle Handpumpen oder auch verschiedene Maschinenelemente entwickelt, die die Reibung und damit die zu verwendende Energie beim manuellen Antrieb reduzieren. So hat nicht nur das Rad seinen Ursprung darin, dass der Mensch den Kraftaufwand zur Fortbewegung seiner Selbst wie auch seines Hab und Guts optimieren wollte, sondern auch Maschinenelemente wie Getriebe, Lager und Führungen mit ihren verschiedenen Gleiteigenschaften bzw. Wälzkörpern wurden entwickelt, um den manuellen Antrieb zu erleichtern.

Manueller Antrieb von Geräten und Maschinen

Insbesondere in der Agrarwirtschaft waren manuell durch Zugtiere angetriebene Gerätschaften wie Egge oder Pflug bereits vor dem Mittelalter und bis hinein in die Neuzeit das, was wir heute als Stand der Technik bezeichnen und so manche Dreschmaschine oder Sämaschine mit manuellem Antrieb war zu ihrer Zeit eine Innovation.

Während in der Agrarwirtschaft frühzeitig eine Automatisierung der relativ schweren Arbeit einsetzte und manuelle Antriebe heute meist nur noch in sogenannten Entwicklungsländern vorzufinden sind, werden im Haushalt bis dato mechanische Handrührgeräte wie der Radschneeschläger, Salatschleudern und andere Küchengeräte mit manuellem Antrieb verwendet. Bis heute funktioniert kein Bügeleisen ohne den manuellen Handantrieb, historische Kaffeemühlen mit Handkurbel schmücken heute so manches Küchenregal und pedalgetriebene Nähmaschinen sind nicht nur in Museen, sondern auch in Privathaushalten keine Seltenheit.

Zweiseitige Handpumpe (Lueger Lexikon)
Brustleier

Während der Antrieb von historischen Maschinen wie Pumpen, Mühlen, Spinnrädern, Hebelpressen oder Webstühlen häufig manuell erfolgte, übernehmen heute oftmals Motoren diese Aufgabe. Moderne Motoren verfügen meinst über einen automatischen Starter, doch einige Verbrennungsmaschinen benötigten bis heute manuelle Starthilfe mittels eines muskelgetriebenen Antriebs in Form einer Handkurbel, eines Kickstarters oder eines Seilzugstarters. Letzterer ist beispielsweise bei Motorsägen, Motorsensen oder kleineren Stromgeneratoren (sogenannten Stromaggregaten) wie auch bei Rasenmähern üblich, die teilweise ebenfalls von Hand vorangetrieben werden.

Einfachere, manuelle Antriebseinheiten die wir bis heute recht unbewusst täglich bedienen sind z. B. Türfallen mit Riegeln, die Pedale unseres Fahrrads oder die zugehörigen Hand- oder Fußluftpumpe. Auch Handbohrmaschinen wie die Brustleier und viele andere Handwerkzeuge werden auf ähnliche Art und Weise manuell angetrieben.

Handbetriebenes Schienenfahrzeug. Pakistan Anfang des 20. Jh.

Manuell angetriebene Fahrzeuge

Das moderne Verkehrswesen in seiner heutigen Art wäre ohne die Erfindung des Rades in Verbindung mit dem manuellen Antrieb undenkbar, wären da nicht zunächst die von Mensch oder Tier manuell angetriebenen Transporthilfsmittel oder Fahrzeuge wie Karren, Leiterwagen oder Kutschen entstanden; man denke dabei beispielhaft an die Entwicklung von der ersten Postkutsche zum modernen Postwesen.

Zu den manuellen, mit Muskelkraft angetriebenen Fahrzeugen zählt nicht nur das Fahrrad in seinen vielen Varianten wie beispielsweise der Rikscha, dem Liegerad oder Liegedreirad, sondern auch verschiedene Wasserfahrzeuge, so z. B. das Ruderboot oder Tretboot. Mit Hilfe alternativer Antriebstechnik ist heute auch eine Kombination des manuellen Antriebs mit anderer Antriebstechniken üblich, so z. B. beim Velomobil. Derartige, alternative Antriebskonzepte setzten auf die gegenseitige Unterstützung von maschinellem und manuellem Antrieb.

Ein weiteres, typischerweise handgetriebenes Fahrzeug ist der Rollstuhl, dessen Alltagsmodell einfach mit den Händen direkt an den großen Hinterrädern angetrieben wird. Moderne Sportrollstühle für den Renneinsatz verfügen über einen speziellen, doppelten Handkurbelantrieb, der einem Pedalantrieb stark ähnelt. Eine Weiterentwicklung dieser Rennrollstühle sind die sogenannten Handbikes. Während der gewöhnliche Rollstuhl meist mit Hilfe zweier Handgriffe an seiner Rückseite rechts und links geschoben werden kann, verfügen heutige Kinderwagen über einen bügelförmigen Handgriff zum manuellen anschieben.

Auch auf der Schiene war einstmals Handarbeit gefragt, den eine Fortbewegung auf einer Handhebeldraisine wäre ohne den manuellen, schweißtreibenden Antrieb schlichtweg unvorstellbar. Erst viel später hat sich der moderne Freizeit-Tourismus auf dem Gleis entwickelt, bei dem heute meist Pedaldraisinen zum Einsatz kommen.

Manueller Antrieb von Flugmodellen

Etwas Fingerspitzengefühl benötigt man zum manuellen Starten eines Papierfliegers, einer Planophore oder eines anderen Segelflugmodells, wobei deren manueller Propellerantrieb (soweit vorhanden) oft mittels eines händisch vor dem Start zu verdrillenden Gummibandes, das mit dem Rumpf des Modells sowie dessen Propeller verbunden ist, erfolgt. Durch das manuelle Verdrillen des Bandes wird Energie im Gummiband gespeichert, die nach dem Start an den Propeller abgegeben wird.

Der Rotor eines Helikopterspielzeugs kann über eine Art Zahnstangenantrieb aus Kunststoff so beschleunigt werden, dass sich dieser aufgrund seiner Rotationsgeschwindigkeit von der Antriebseinheit trennt und alleine durch die Luft fliegt.

Andere, manuell angetriebene Objekte

Auch die Möbelindustrie rüstet viele ihrer Produkte zum manuellen Antrieb mit kleinen Rädern oder Rollen aus, so findet man z. B. Sessel, Bürostühle, kleinere Werkzeugschränke, Kommoden für Audio- und Fernsehgeräte oder auch Gartenmöbel, deren Transport auf diese Art und Weise erleichtert wird. Ähnlich ist auch so mancher Grill fahrbar und der Handantrieb seines Putzwagens erspart so manchem Gebäudereiniger den einen oder anderen Weg.

Handgetriebenen Garagentore und Rollladen sind zwei weitere Beispiele menschlichen Erfindungsreichtums, die der Reduzierung der einzusetzenden Muskelkraft dienen.

Fortbestand des manuellen Antriebs

Die Bedeutung des manuellen Antriebs hat zwar seit Beginn der Industrialisierung in vielen Bereichen stark an Bedeutung verloren, wird aber auch in Zukunft nicht aus dem Alltag des Menschen verschwinden, da sich für viele Antriebseinheiten ein automatisierter Antrieb aufgrund des technisch erforderlichen Aufwandes ökologisch wie auch ökonomisch nicht lohnen würde, oder schlichtweg nicht gewünscht wird.

Quellen


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