Musonius Rufus

Musonius Rufus

Gaius Musonius Rufus (* vor 30 im etruskischen Volsinii novi, dem heutigen Bolsena, † um 100) war ein römischer Philosoph. Er zählt zu den Vertretern der späten Stoa.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Über das Leben des Musonius ist nur wenig bekannt. Um das Jahr 30 im heutigen Bolsena geboren, entstammte Musonius einer Familie des ordo equester. Aufgrund seines Kontaktes zu stoisch gesinnten Senatoren wurde Musonius 65/66 nach der Pisonischen Verschwörung von Kaiser Nero auf die Kykladeninsel Gyaros verbannt. Nach dem Tod Neros kehrte Musonius nach Rom zurück, wo er als Lehrer stoischer Lebensweisheit großen Ruhm erlangte. Laut Tacitus gehörte Musonius im Vierkaiserjahr einer Gesandtschaft des Vitellius an, die zum siegreichen Vespasian entsandt worden war; seine Rede vor den Truppen Vespasians über den Segen des Friedens und die Gefahren des Krieges soll lediglich den Spott und die Wut der Soldaten erregt haben.[1] Von der Vertreibung stoischer und kynischer Philosophen unter Kaiser Vespasian im Jahr 71 scheint Musonius explizit ausgenommen gewesen zu sein, wurde jedoch zu einem unbekannten späteren Zeitpunkt erneut verbannt und unter Titus wieder zurückgerufen. Um das Jahr 100 verstarb Musonius.

Werk und Lehre

Musonius selbst verfasste keine Schriften. Spärliche Angaben zu Musonius’ Lehre bieten die Vorlesungsnotizen einiger Schüler, die nach dessen Tod veröffentlicht wurden. Ursprünglich existierten zwei derartige Sammlungen: Sein Schüler Lukios fertigte eine Zusammenstellung von Lehrgesprächen an, die jedoch verloren ist; 21 Auszüge davon sind bei Johannes Stobaios (5. Jahrhundert) erhalten, einer auf Papyrus. Ein gewisser Pollio verfasste die so genannten Erinnerungen an Musonius, eine Sammlung von Anekdoten und Aussprüchen des Musonius, die ebenfalls verloren gegangen ist, jedoch von späteren Autoren verwendet wurde und daher zumindest in einigen Fragmenten vorliegt. Insgesamt sind 32 Fragmente erhalten, die 1822 von dem niederländischen Gelehrten Petrus Hoffman Peerlkamp gesammelt wurden. Teils stammen diese Anekdoten und Aussprüche aus der Sammlung des Pollio, teils sind es Erwähnungen bei anderen Autoren wie seinem berühmtesten Schüler Epiktet – seinerseits nur durch die Schriften Arrians überliefert –, Plutarch, Aulus Gellius oder Aelius Aristides, teils handelt es sich lediglich um Bezüge auf Musonius.

Der einzige Zweck der Philosophie ist für ihn die Erlangung der Tugend, die eher durch Übung als durch Belehrung erlangt wird. Musonius empfiehlt dazu das Landleben, die Arbeit, Mäßigkeit, Keuschheit und größte Einfachheit des Lebens.

Bemerkenswert für seine Zeit trat Musonius für die Rechte von Sklaven und gegen Blutvergießen und Gewalt ein. Er sprach den Frauen die gleiche Befähigung zur Philosophie wie den Männern zu.

Zu seinen Schüler werden Epiktet und Plinius der Jüngere gezählt. Von seinen Werken sind nur einige Reden in Nachschriften sowie eine Reihe von Anekdoten erhalten.

Ausgaben und Übersetzungen

  • C. Musonii Rufi Reliquiae, hrsg. Otto Hense, Teubner, Leipzig 1905 (Neudruck der Originalausgabe 1990), ISBN 3-322-00747-2. (kritische Ausgabe)
  • Epiktet, Teles und Musonius. Wege zu glückseligem Leben (= Stoa und Stoiker, Bd. 3), hrsg. von Wilhelm Capelle, Zürich 1948, S. 235-302.
  • Musonius Rufus. Entretiens et fragments. Introduction, traduction et commentaire (= Studien und Materialien zur Geschichte der Philosophie, Kleine Reihe, Bd. 5), übers. und hrsg. von Amand Jagu, Olms, Hildesheim/New York 1979, ISBN 3-487-06628-9. (mit französischer Übersetzung)
  • Isabella Andorlini und Renato Laurenti (Hrsg.), Corpus dei papiri filosofici Greci e Latini, Bd. 1, Olschki, Florenz 1992, S. 480-492. (Edition der Papyri-Fragmente)

Literatur

  • J.T. Dillon: Musonius Rufus and Education in the Good Life. A Model of Teaching and Living Virtue. University Press of America, Dallas 2004, ISBN 0-761-82902-4.
  • Anton C. van Geytenbeek: Musonius Rufus and Greek diatribe. Van Gorcum, Assen 1963.
  • Pieter Willem Van Der Horst: Musonius Rufus and the New Testament. A Contribution to the Corpus Hellenisticum. In: Novum Testamentum Nr. 16 (1974), S. 306-315.
  • Renato Laurenti: Musonio, maestro di Epitteto. In: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. II 36.3, de Gruyter, Berlin/New York 1989, ISBN 3-11-010393-1, S. 2105–2146.
  • Cora Elisabeth Lutz: Musonius Rufus, “the Roman Socrates”. In: Yale Classical Studies, Nr. 10 (New Haven 1947), S. 3-147. (samt Originaltext der bei Stobaios erhaltenen Auszüge, englischer Übersetzung und Einführung)

Weblinks

Anmerkungen

  1. Tacitus, Historien, 3,81.

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