Männerhass

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Misandrie (griech. μισανδρεία misandreia (Männerhass), aus μισεῖν misein (hassen) und ἀνήρ anēr (Mann), Genitiv: ἀνδρός andrós; als Begriff dem älteren der Misogynie nachgebildet) ist eine feindselige Haltung gegenüber Männern.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsverwendung

Im Gegensatz zur Misogynie gibt es zur Misandrie kaum explorative Studien.

Studien wie Judith Levines My Enemy, My Love. Men-Hating and Ambivalence in Women’s Lives befassen sich mit Männerhass bei Frauen. Levine wiederum wird kritisiert, weil sie Männerhass teilweise als verständliche Reaktion auf Misshandlungen durch Männer rechtfertige. Einige Autoren, die Misandrie als kollektives Problem in der Gesellschaft bewerten, sehen vor allen im Feminismus die Ursache. Dieser wird als „kollektives kulturelles Phänomen“ (Levine) bezeichnet, welches Kulturen so wirksam durchdringe, dass es kaum wahrnehmbar sei und zu Verdrängung sowie unkritischer Reflexion führe (Nathanson/Young).

Medienwissenschaften

2001 gaben Paul Nathanson und Katherine K. Young die Untersuchung „Spreading Misandry: Teaching Contempt for Men in Popular Culture“ heraus. Sie konstatierten darin eine in den Medien verbreitete Misandrie. Den Autoren wurde von feministisch orientierten Soziologen wie beispielsweise Michael Kimmel vorgeworfen, aufgrund ihrer anti-feministischen Grundhaltung wesentliche Erkenntnisse der Geschlechts- oder Genderforschung vernachlässigt zu haben. Die beiden Religionswissenschaftler wendeten ein, dass ihre Untersuchung ausdrücklich nicht den Anspruch einer methodisch fundierten empirischen Studie erhoben habe, sie hätten vielmehr gefordert, dass eine umfangreiche Studie mit der Fragestellung von Misandrie in den Medien durchgeführt werden müsse.

Jim R. Macnamara legte 2006 eine solche Studie vor.[1]

Vorurteilsforschung

Psychologische Forschungen ergaben, dass auf der Vorurteilsebene Zuschreibungen existieren, die von Männern erwartet werden. Eine Studie im Jahre 2001, die vom alltäglichen modernen Sexismus ausging, untersuchte sowohl Frauen als auch Männer als Betroffene von zwischenmenschlichem Sexismus. Es zeigte sich, dass Männer vor allem von Rollenzuschreibungen betroffen sind, jedoch keiner der in der Studie befragten Männer gab an (im Gegensatz zu Frauen), sich ernsthaft davon betroffen zu fühlen, auf einen (geschlechtsspezifschen) Objektstatus reduziert zu werden. [2]

Thesen und Stellungnahmen

Der deutsche Kultur-Soziologe Rainer Paris konstatiert in seinem ideologiekritischen Essay Doing Gender eine alles durchdringende Kultur des Misstrauens, die das Verhältnis zwischen Männern und Frauen nachhaltig vergiftet habe. Nach dem Motto, Frauen seien grundsätzlich die besseren Menschen, sei aus dem berechtigten Anspruch nach gleichen Chancen schlicht Rassismus geworden. Behindert durch feministische Scheuklappen würden die unterschiedlichsten männlichen Verhaltensformen (Höflichkeit, Flirt etc.) zu männlichen Angriffen und Unterwerfungsstrategien uminterpretiert, was eine emotionale Verwüstung im Privat- und Intimleben erzeuge.[3]

Die Literaturnobelpreisträgerin Doris Lessing sprach von „Männern als den neuen geheimen Opfern im Krieg der Geschlechter“ als sie im August 2001 in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Guardian“ eine „denkfaule und heimtückische Kultur“, die sich im Feminismus breit gemacht hätte und die darauf hinauslaufe, auf Männer einzudreschen, kritisierte: „Ich bin zunehmend schockiert über die gedankenlose Abwertung von Männern, die so sehr Teil unserer Kultur geworden ist, dass sie kaum noch wahrgenommen wird. Es ist Zeit, dass wir uns fragen, wer eigentlich diese Frauen sind, die ständig die Männer abwerten. [...] Die Männer scheinen so eingeschüchtert zu sein, dass sie sich nicht wehren. Aber sie sollten es tun.“[4]

Kritik und Alternativerklärungen

Alternativerklärungen

Jürgen Budde führt die Schlechterstellung von Männern auf hegemoniale Männlichkeitskonzepte zurück, die beispielsweise bewirkten, dass Jungen schulische Leistungen negativ betrachteten.[5]

Auch Jean-Claude St-Amant führt die Situation der Männer auf die Orientierung an Männlichkeitsnormen, sowie soziale Benachteiligung zurück.[6] Es „erfahren Männer keine systematische Diskriminierung allein aufgrund der Tatsache, dass sie Männer sind“, so der kanadische Bildungsforscher Jean-Claude St-Amant, in einem umstrittenen[7] Dokumentarfilm des Fernsehsenders ARTE. Er kritisierte damit den seiner Meinung nach simplen Umkehrschluss einiger Männerrechtsgruppen, dass, wenn Frauen in der Gesellschaft systematisch benachteiligt würden, dies auch automatisch auf Männer zutreffen müsse.[8] In diesem Zusammenhang ist es nach seiner Auffassung wichtig, zwischen schulischer Leistung, Bildungserfolg und sozialem Erfolg zu unterscheiden, die schulischen Leistungen von Mädchen spiegelten sich nicht in sozialem Erfolg von Frauen wieder.[9] Nach Auffassung vieler feministisch orientierter Soziologen zielt der Diskurs um die Benachteiligung von Jungen und Männern in Wahrheit darauf ab, den Feminismus zu bekämpfen und für Frauen erreichte Fortschritte rückgängig zu machen (Backlash).[10]

Prinzipielle Kritik des Ansatzes

In Teilbereichen der Soziologie wird auf Grundlage des Konzepts der „hegemonialen Männlichkeit“ (Raewyn Connell) davon ausgegangen, dass es nicht den Mann oder die Männlichkeit gibt, sondern verschiedene Männlichkeiten. Diese verschiedenen, zum Teil in Machtbeziehung zueinander stehenden Typen von Männlichkeit verkörpern in ihrer Gesamtheit zugleich das Patriarchat. Nach Ansätzen, die wie Connell von der Herrschaft eines Patriarchats ausgehen, kann es schon von den paradigmatischen Forschungsprämissen her gar keine Diskriminierung von Männern geben, weil Männer (bzw. Typen von Männlichkeit) definitorisch die Macht besitzen. Nach Connell profitieren in jeder patriarchalen Gesellschaft Männer von der sozialen Ordnung, auch Männer mit einer marginalisierten oder untergeordneten Männlichkeit. Als einzige Ausnahme benennt Connell obdachlose Männer. Diese sind so weit „unten“, dass sie nicht von der „patriarchalen Dividende“ profitieren könnten.

Literatur

  • R. Howard Bloch; Frances Ferguson (eds.): Misogyny, Misandry, and Misanthropy (University of California Press, 1989)
  • Jürgen Budde: Bildungs(miss)erfolge von Jungen und Berufswahlverhalten bei Jungen/männlichen Jugendlichen (BMBF) Berlin, Bonn 2008
  • Martin van Creveld: Das bevorzugte Geschlecht (Gerling Akademie Verlag, 2003)
  • Warren Farrell: Women Can’t Hear What Men Don’t Say. Destroying Myths, Creating Love (Jeremy P. Tarcher, 2000)
  • Judith Levine: My Enemy, My Love. Men-Hating and Ambivalence in Women’s Lives (Doubleday, 1992)
  • Paul Nathanson; Katherine K. Young: Spreading Misandry: Teaching Contempt for Men in Popular Culture (McGill-Queen’s University Press, 2001)
  • Paul Nathanson; Katherine K. Young: Legalizing Misandry: From Public Shame to Systemic Discrimination Against Men (McGill-Queen’s University Press, 2006)
  • Ann Phoenix / Stephen Frosh (2005): Hegemoniale Männlichkeiten. Männlichkeitsvorstellungen und -ideale in der Adoleszenz. In Vera King / Karin Flaake (Hrsg.): Männliche Adoleszenz. Frankfurt/Main.
  • Jean-Claude St-Amant:Les garçons et l’école, Les éditions Sisyphe 2007

Weblinks

Einzelnachweise

  1. J. R. Mcnamara (2006): Media and Male Identity. The Making and Remaking of Men
  2. Janet K. Swim / Lauri L. Hyers / Laurie L. Cohen / Melissa J. Ferguson: Everyday Sexism: Evidence for Its Incidence, Nature, and Psychological Impact From Three Daily Diary Studies - Statistical Data Included, in: Journal of Social Issues, 2001 (Frühjahrsheft) [1]
  3. Rainer Paris, Doing Gender, in: Merkur 649, 2003 [2]
  4. [3](„[...] Doris Lessing claimed that men were the new silent victims in the sex war, "continually demeaned and insulted" by women without a whimper of protest. Lessing, who became a feminist icon with the books ´The Grass is Singing´ and The Golden Notebook´´, said a "lazy and insidious" culture had taken hold within feminism that revelled in flailing men [...].“ ([4])
  5. "Es existieren wichtige Hinweise aus Großbritannien, dass Jungen aufgrund von Männlichkeitsnormen dazu tendieren, schulischen Erfolg und schulische Leistung eher negativ zu werten und dementsprechend als unmännlich und weiblich anzusehen", Jürgen Budde: Bildungs(miss)erfolge von Jungen und Berufswahlverhalten bei Jungen/männlichen Jugendlichen (BMBF) Berlin, Bonn 2008, S.43 [5] verwiesen wird auf Ann Phoenix / Stephen Frosh (2005): Hegemoniale Männlichkeiten. Männlichkeitsvorstellungen und -ideale in der Adoleszenz. In King, Vera/Flaake; Karin (Hrsg.): Männliche Adoleszenz. Frankfurt/Main.
  6. Jean-Claude St-Amant:Les garçons et l’écoleLes éditions Sisyphe 2007[6]
  7. taz vom 22.03.2005 [7]
  8. Jean-Claude St-Amant, zitiert nach: « Masculinisme » : petit historique, /Quand_20des_20p_C3_A8res_20se_20vengent/Le_20masculinisme/813720.html, zitiert nach: Marie-Noël Arsenault et Émilie Saint-Pierre: "Le masculinisme, ou comment faire reculer les femmes" in Á babord. Revue sociale et politique, [8]
  9. Pierrette Bouchard et Jean-Claude Saint-Amant: "La réussite scolaire des filles et l’abandon des garçons : un enjeu à portée politique pour les femmes", Recherches féministes, vol. 6, n° 2, 1993, p. 21-37 [9]
  10. z.B. Pierrette Bouchard et al, 2003 in School Success by Gender: A Catalyst for the Masculinist Discourse [10]

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