- Männerstammtisch
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Ein Stammtisch ist sowohl eine Gruppe von mehreren Personen, die sich regelmäßig in einem Lokal trifft, als auch der (meist größere und oft runde) Tisch, um den sich diese Gruppe versammelt. Stammtische sind nicht organisierte Treffen und daher nur ein freiwilliger, aber doch verbindlicher Zusammenschluss von Teilnehmern.
Der Tisch wird traditionell durch ein mehr oder weniger aufwendig geformtes Schild gekennzeichnet und ist damit für die Stammtischrunde reserviert, die sich in regelmäßigen Abständen dort trifft. Im Mittelpunkt einer solchen Stammtischrunde stehen das gesellige Zusammensein, Kartenspiel und oft auch politische oder philosophische Diskussionen. Für die dem Stammtisch unterstellten, vereinfachenden Argumentationen haben sich Begriffe wie Stammtischparole, Stammtischpolitik und Stammtischniveau etabliert, die metaphorisch auch für politische und gesellschaftliche Diskussionen außerhalb realer Stammtische verwendet werden.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vergangenheit
Vor allem in ländlichen Regionen und kleinen Gemeinden war die Zugehörigkeit zum Stammtisch an einen höheren Sozialstatus gebunden. So setzte sich ein Dorfstammtisch bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem aus örtlichen Honoratioren wie dem Bürgermeister, Arzt, Apotheker, Lehrer, Förster oder wohlhabenden Bauern zusammen. Die Einladung an einen Ortsfremden, am Stammtisch Platz zu nehmen, galt als nicht selbstverständlicher Wertschätzungsbeweis.
Gegenwärtige Bedeutung
Heute sind Stammtische nicht mehr an einen Sozialstatus gebunden. Bei heutigen Stammtischen steht vor allem die Zusammengehörigkeit, Vertrautheit und das Ausleben gemeinsamer Interessen im Vordergrund.
Soziokulturelle Aspekte
Der Stammtisch auf dem Land
Der Stammtisch ist auf dem Land nach wie vor einer der wichtigsten sozialen Treffpunkte. Vor allem die dünne Konzentration von Freizeitangeboten und das geringere Angebot lokaler Medien auf dem Land tragen dazu bei, dass der Stammtisch zu einem sozialen Zentrum wird: Hier werden soziale Beziehungen gepflegt und lokale Neuigkeiten ausgetauscht. Stammtische finden auf dem Land nicht nur abends, sondern oft auch nach der sonntäglichen Messe unter der Bezeichnung Frühschoppen statt. Einige Stammtische organisieren auch Dorffeste (wie z. B. Maifeiern) oder sonstige Veranstaltungen. Sie übernehmen damit ähnliche Aufgaben wie Burschenvereine.
Der Stammtisch in der Stadt
Im städtischen Bereich haben sich seit den späten 1990er-Jahren auch Stammtischrunden zu speziellen engeren Themenbereichen gebildet, die oft wie lose zusammenhängende Vereine geführt werden und ebenso dem geselligen Beisammensein wie dem Erfahrungsaustausch und teilweise auch der Vernetzung dienen (z. B. Elternstammtische).
Berühmte Stammtische
- E. T. A. Hoffmanns Literarischer Stammtisch bei Lutter und Wegner in Berlin.
- Die Brille, ein Künstlerstammtisch in einem Berliner Vorstadtlokal, führte 1901 zur Gründung des Kabaretts „Schall und Rauch“.
- Beim literarischen Stammtisch im Düsseldorfer Rosenkränzchen schloss Hermann Harry Schmitz Freundschaft mit Hanns Heinz Ewers und Herbert Eulenberg, die seine Arbeit förderten.
- Am Verbrechertisch traf sich die Elite Leipzigs, die als Überlebende der Revolution von 1848 demokratischer und fortschrittlicher Gesinnung waren.
Stammtische in der Literatur
Im der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts galt der Stammtisch als Rückzugsrevier des räsonnierenden Kleinstadtbürgertums – vgl. in den zeitgenössischen realistischen Romanen etwa Wilhelm Raabes Das Horn von Wanza. Den Abstieg in die Harmlosigkeit teilte der Stammtisch mit – zum Beispiel – der Gartenlaube und dem Kränzchen. Auch Wilhelm Busch setzte sich in seinen Bildergeschichten mit dem Stammtisch auseinander, zum Beispiel in der Geschichte Der Geburtstag oder Die Partikularisten.
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