Märchenkönig

Märchenkönig
Ludwig II. von Bayern nach einem Gemälde von Gabriel Schachinger, posthum vollendet 1887. Es zeigt den König im Gewand des Großmeisters des Ordens des heiligen Georgs und hängt im Museum von Schloss Herrenchiemsee.

Ludwig II. Otto Friedrich Wilhelm von Bayern (* 25. August 1845 in München, Schloss Nymphenburg; † 13. Juni 1886 im Würmsee, dem heutigen Starnberger See, bei Schloss Berg), aus dem deutschen Fürstenhaus Wittelsbach stammend, war vom 10. März 1864 an bis zu seinem Tod König von Bayern. Nach seiner Entmündigung am 10. Juni 1886 übernahm sein Onkel Luitpold als Prinzregent die Regierungsgeschäfte. Er hat sich in der bayerischen Geschichte vor allem als leidenschaftlicher Schlossbauherr, unter anderem von Neuschwanstein, ein Denkmal gesetzt, weshalb er volkstümlich auch als Märchenkönig bezeichnet wird.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Ludwigs Geburtszimmer auf Schloss Nymphenburg

Herkunft

Ludwig II. wurde am 25. August 1845 in München um 0.30 Uhr als ältester Sohn von Kronprinz Maximilian und Kronprinzessin Marie Friederike geboren. Er wurde auf den Namen Otto Friedrich Wilhelm Ludwig getauft, Rufname sollte jedoch auf Drängen des gleichnamigen Großvaters Ludwig sein, der ebenfalls an einem 25. August geboren wurde (1786). Drei Jahre später (1848) wurde sein Bruder Otto geboren.

Kindheit und Jugend

Ihre Kindheit und Jugend verbrachten die Brüder vor allem auf Schloss Hohenschwangau, in der Umgebung ihrer Erzieher.

Nachdem sein Großvater, König Ludwig I. von Bayern, 1848 abgedankt hatte, wurde sein Vater Maximilian König und Ludwig zum Kronprinzen. 1861 erlebte Ludwig zum ersten Mal Richard Wagners Opern Tannhäuser und Lohengrin. Daraus entstand vermutlich seine besondere Vorliebe für Wagners Opern und die darin verarbeitete Sagen- und Märchenwelt.

Thronbesteigung

Der junge König

Ludwigs Vater Maximilian starb am 10. März 1864, Ludwig wurde am selben Tag im Alter von 18 Jahren als Ludwig II. zum König von Bayern proklamiert („Ludwig, von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bey Rhein, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben“). Am 11. März um 10 Uhr leistete er im Sitzungssaal der Staatsratszimmer seinen Eid auf die bayerische Verfassung. Bei den Trauerfeiern für den verstorbenen Vater am 14. März sah man den 1,93 Meter großen neuen König erstmals in der Öffentlichkeit.

Von Anfang an engagierte er sich für die Förderung der Kultur, insbesondere des Komponisten Richard Wagner, den er am 4. Mai 1864 erstmals persönlich traf. Zwischen 1864 und 1865 ließ er Wagner 170.000 Gulden zukommen. Er finanzierte damit dessen Musikdrama Der Ring des Nibelungen, das dieser in drei Jahren fertigstellen sollte. Im Dezember 1865 musste sich Ludwig II. allerdings dem Widerstand der Staatsregierung, der Münchner Bürger und seiner eigenen Familie beugen und den unbeliebten Wagner auffordern, Bayern zu verlassen. Die enge Freundschaft der beiden blieb zunächst bestehen. Die Wagner-Opern Tristan und Isolde (10. Juni 1865), Die Meistersinger von Nürnberg (21. Juni 1868), Das Rheingold (22. September 1869) und Die Walküre (26. Juni 1870) erlebten im Nationaltheater ihre Uraufführung. Seit 1872 ließ er sich ohne Publikum vollständige Wagner-Opern vorführen. Er finanzierte auch das Richard-Wagner-Festspielhaus und förderte den von Marie von Schleinitz ins Leben gerufenen Bayreuther Patronatsverein.

Krieg gegen Preußen

Am 11. Mai 1866 unterschrieb Ludwig den Mobilmachungsbefehl, womit Bayern an der Seite des Deutschen Bundes und damit Österreichs in den Krieg zwischen Österreich und Preußen eintrat. Der von Kindheit an wenig militärisch gesinnte Ludwig überließ die Kriegspolitik seinen Ministern und fuhr in die Schweiz, um Richard Wagner zu treffen. Im Friedensvertrag nach der Niederlage musste Bayern seine Truppen dem preußischen Oberbefehl unterstellen und 30 Millionen Gulden Kriegsentschädigung an Preußen zahlen, sowie das Bezirksamt Gersfeld und den Landgerichtsbezirk Orb an Preußen abtreten. Ludwig unternahm in dieser Zeit seine einzige Bereisung des Landes, eine Frankenreise vom 10. November bis zum 10. Dezember 1866. Danach widmete er sich vor allem seinen romantischen Ideen und zog sich auf seine Schlösser zurück, von wo er die Regierungsgeschäfte durch Gesandte führte.

Leben

Herzogin Sophie Charlotte

Ludwig war nie verheiratet, verlobte sich aber aus einem spontanen Entschluss heraus am 22. Januar 1867 mit der um ein Jahr jüngeren Sophie in Bayern, der jüngeren Schwester der Kaiserin Elisabeth von Österreich, einer Tochter des Herzogs Max in Bayern. Die beiden kannten sich seit ihrer Kinder- und Jugendzeit und hatten sich am 21. Januar bei einem Hofball wiedergesehen.

Der zukünftige Bräutigam sprach seine Verlobte stets mit Elsa an. Bezeichnenderweise fühlte er sich jedoch nicht als liebender Lohengrin, denn seine Briefe an die Braut Elsa unterschrieb Ludwig mit Heinrich. Ein Beleg dafür, dass es sich hier um eine Liebe ganz nach des Königs Art handelte, „schwärmerisch, weltentrückt, ohne die von Ludwig gehasste Sinnlichkeit“.[1]

Die Hochzeitsvorbereitungen wurden am Hof mit großem Eifer vorangetrieben. Papst Pius IX. erteilte den Heiratsdispens, der wegen der nahen Verwandtschaft der Ehekandidaten gemäß dem Codex Iuris Canonici erforderlich war. Bereits am 14. März 1867 wurde dem König das Hochzeitszermoniell vorgelegt. Jedoch schob Ludwig den Hochzeitstermin immer weiter hinaus, vom 25. August auf den 12. Oktober, letztlich auf den 12. November 1867. Der König ging immer mehr auf Distanz, obwohl bereits Bilder kursierten, auf welchem Sophie als Königin tituliert wurde und die Millionen Gulden teure Hochzeitskutsche fertig war. Schließlich löste er am 7. Oktober 1867 die Verlobung. Von dieser Entscheidung waren nicht nur die Eltern von Sophie, auch die Verwandtschaft und der Hochadel konsterniert. Elisabeth von Österreich schrieb an ihre Mutter nach Possenhofen:

„Wie sehr ich über den König empört bin und der Kaiser auch, kannst Du Dir vorstellen. Es gibt keinen Ausdruck für ein solches Benehmen. Ich begreife nur nicht, wie er sich wieder sehen lassen kann in München, nach allem was vorgefallen ist. Ich bin nur froh, daß Sophie es so nimmt, glücklich hätte sie weiß Gott mit so einem Mann nicht werden können.[2]

Niemand ahnte, dass Sophie sich drei Tage nach ihrer Verlobung mit dem König in den Kaufmann Edgar Hanfstaengl verliebt hatte und sich heimlich mit ihm in Schloss Pähl traf.

Aufgrund von Äußerungen in Briefen und des weiteren Lebenslaufes wird vermutet, dass Ludwigs Interesse am anderen Geschlecht eher gering ausgeprägt war. Ludwigs geheimes Tagebuch, das 1925 durch den Stiefsohn des Ministers Johann von Lutz herausgegeben wurde, bietet Hinweise für eine etwaige Homosexualität des Königs. Es stellt zugleich ein Zeugnis für dessen Gewissensqualen dar sowie für dessen aussichtslose Versuche, sein Begehren zurückzudrängen.[3] Der Heidelberger Psychiater und Neurologe Heinz Häfner vertritt in seiner Veröffentlichung über den Märchenkönig die Ansicht, dass dieser nicht nur homosexuell gewesen war, er sogar zum Ausleben seiner Neigung untergebene Reitersoldaten sexuell missbraucht haben soll.[4] Den österreichischen Schriftsteller Leopold von Sacher-Masoch, soll Ludwig als seelenverwandt angesehen haben.[5]

Der Kaiserbrief

Hauptartikel Kaiserbrief

1870 beteiligte sich Bayern aus politischen Zwängen heraus mit 55.000 Soldaten am Deutsch-Französischen Krieg. Ludwig akzeptierte zögerlich die Kaisererhebung des preußischen Königs. Am 30. November 1870 schrieb er den von Otto von Bismarck entworfenen sogenannten Kaiserbrief, in dem er den Preußenkönig Wilhelm I. bat, den Titel eines Deutschen Kaisers anzunehmen. Bismarck sicherte ihm im Gegenzug geheime Geldzahlungen zu, die aus dem Welfenfonds geleistet wurden. Ludwig beteiligte sich nicht an der Kaiserproklamation in Versailles am 18. Januar 1871.

Schlösser

Schloss Neuschwanstein, Blick von Süden
Herrenchiemsee, Gartenseite
Königshaus am Schachen, Wettersteingebirge

1868 entwarf König Ludwig in einem Brief an Richard Wagner seine Vorstellungen für eine neue Burg Hohenschwangau, das heutige Neuschwanstein. Der Grundstein wurde am 5. September 1869 gelegt. 1884 wurde der Palas im Schloss Neuschwanstein fertiggestellt, das Ludwig zum bevorzugten Wohnsitz erwählen wollte.

Auf dem Schachen im Wettersteingebirge ließ sich Ludwig von 1869 bis 1872 ein alpines Holzhaus, das Königshaus am Schachen, bauen. Ab Mitte der 1870er Jahre verbrachte Ludwig dort seine Geburtstage in der Abgeschiedenheit der Berge. Das schlicht gehaltene Gebäude beherbergte im ersten Stock ein im orientalischen Stil ausgestattetes Türkisches Zimmer.

Von 1874 bis 1878 wurde Schloss Linderhof anstelle des so genannten Königshäuschens des Vaters Max II. erbaut. Schloss Linderhof ist das kleinste der drei von Ludwig II. erbauten Schlösser, aber auch das einzige, welches voll ausgebaut und auch länger von ihm bewohnt wurde.

Am 26. September 1873 wurde von Ludwig die Herreninsel im Chiemsee gekauft, wo ab 21. Mai 1878 das Schloss Herrenchiemsee nach Ludwigs Vorstellungen als neues Schloss Versailles entstehen sollte.

1883 erwarb Ludwig die 1277 m hoch gelegene Ruine der Burg Falkenstein in der Nähe der Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau. Der Theatermaler Christian Jank hatte ihm einen romantisierenden Entwurf einer gotischen Burg mit zahlreichen Zinnen und Türmen gezeichnet. Max Schultze arbeitete 1884 als Architekt einen Entwurf aus, der ein halbes Jahr vor Ludwigs Tod von Julius Hofmann überarbeitet wurde. Außer einer Straße und einer Wasserleitung zur Ruine wurde nichts mehr von den Plänen realisiert.

Im letzten Jahr vor seinem Tod erteilte Ludwig seinem Architekten Julius Hofmann einen weiteren Auftrag für ein Chinesisches Sommerschloss. Es sollte vermutlich am Plansee in Tirol entstehen und war dem Pekinger Winterpalast nachempfunden. Das Vorhaben ging nicht über erste Grund- und Aufrisse, die dem König im Januar 1886 vorgelegt wurden, und eine detailliertere Planung im April 1886 hinaus.

Die Bauprojekte Ludwigs - die von ihm selbst finanziert wurden - verursachten erhebliche Defizite der Finanzen in seiner privaten Kabinettskasse. Die ihm zur Verfügung stehende Zivilliste war auf jährlich 4,2 Millionen Gulden festgelegt. 1884 hatte er 7,5 Millionen Gulden Schulden, die durch Anleihen gedeckt werden mussten. Der König war schließlich mit einem „Jahresgehalt“ im Rückstand und zusätzlich etwa drei „Jahresgehälter“ (15 Millionen) hätten 1887 zum Weiterbau seiner Schlösser gefehlt. Nach seinem Tod zahlte bis zum Jahr 1902 das Haus Wittelsbach alle durch König Ludwigs Bautätigkeit angefallenen Schulden vollständig an die Gläubigerbanken zurück.

Letzte Jahre

Ludwig II. in späteren Jahren

In den letzten Lebensjahren zog sich der König zunehmend von der Öffentlichkeit zurück. Er schloss sich auf Neuschwanstein ein, trank Unmengen von Champagner und Cognac und sein mächtiger Körper wurde immer aufgedunsener, das einst schöne Gesicht war aufgeschwemmt vom Alkoholgenuss. Seine Dienerschaft behandelte er demütigend (so mussten auch seine Minister stundenlang stehend ihre Ratschläge und Berichte mitteilen). Selbst sein Intimfreund, der Wiener Burgschauspieler Josef Kainz, wurde in einer Anwandlung von Zorn von ihm tätlich angegriffen, sodass dieser sich für immer von ihm zurückzog. Schon damals gab es Gerüchte um Ludwig, da es vorkam, dass er plötzlich „normale“ Menschen um sich haben wollte, Order gab, diese in eine Waldschänke einzuladen, wo er sich dann unter die Einheimischen mischen konnte, bekleidet mit Lederhose und Lodenjoppe. In diesem Fall war es dann aber auch durchaus möglich, dass der Exzentriker plötzlich eine Sinneswandlung bekam, den Befehl gab, alle zu vertreiben und selber kräftig mit Schlägen nachhalf.[6] 1874 ging er das letzte Mal in der Münchner Fronleichnamsprozession. Seine Fahrt zur Generalprobe der Bayreuther Festspiele 1876 wurde sein letzter halbwegs öffentlicher Auftritt. Im April 1881 begann seine Freundschaft mit dem jungen Schauspieler Josef Kainz, mit dem zusammen er vom 27. Juni bis zum 14. Juli desselben Jahres eine Schweizreise auf den Spuren Wilhelm Tells unternahm.

Oft hatten die Minister Mühe, ihn für Unterschriften in der Einsamkeit von Berghütten aufzusuchen. Zunehmend machte er die Nacht zum Tage, was ihm die Titulierung als Mondkönig einbrachte. Sein Schuldenberg war erheblich angewachsen, teilweise wurden die Bauarbeiten an seinen Schlössern bereits eingestellt. Anfang 1886 verweigerte das Kabinett König Ludwig die Bürgschaft für einen Kredit in Höhe von sechs Millionen, worin manche Biografen den Hauptanlass für die Entmündigung sehen. Es soll private finanzielle Hilfsangebote von Bankiers gegeben haben, die Ludwig aber nicht erreichten.

Ludwig wandte sich daraufhin an Bismarck, der ihm am 14. April 1886 schrieb, er solle seinem Ministerium befehlen, die Bewilligung der erforderlichen Summen beim Landtag zu beantragen. Tatsächlich forderte Ludwig daraufhin die Vorlage an den Landtag. Stattdessen leitete das Ministerium seine Entmündigung ein.

Entmündigung

Ludwig II. wurde am 8. Juni 1886 auf Betreiben der Regierung durch die Ärzte Bernhard von Gudden, Friedrich Wilhelm Hagen, Hubert von Grashey und Max Hubrich in einem Gutachten aufgrund von Zeugenaussagen und ohne persönliche Untersuchung des Patienten für „seelengestört“ und „unheilbar“ erklärt. Anhand der von Ludwig vorgenommenen Amtshandlungen, wie zuletzt der Einrichtung eines neuen Bezirksamtes in Ludwigshafen (Urkunde vom 3. Juni 1886, von ihm in Hohenschwangau unterzeichnet), ist allerdings keine eindeutige Zurechnungsunfähigkeit zu erkennen.

Am 9. Juni 1886 wurde Ludwig durch die Regierung entmündigt. In der Nacht auf den 10. Juni erschien eine Kommission in Neuschwanstein, die aber verhaftet und unverrichteter Dinge nach München zurückgeschickt wurde. Ludwigs Onkel Luitpold übernahm am 10. Juni als Prinzregent die Regierungsverantwortung, später auch für Ludwigs Bruder Otto.

König Ludwig II. versuchte noch, einen Aufruf an das bayerische Volk zu erlassen: Der Prinz Luitpold beabsichtigt, sich ohne meinen Willen zum Regenten meines Landes zu erheben, und mein bisheriges Ministerium hat durch unwahre Angaben über meinen Gesundheitszustand mein geliebtes Volk getäuscht und bereitet hochverräterische Handlungen vor. [...] Ich fordere jeden treuen Bayern auf, sich um meine treuen Anhänger zu scharen und an der Vereitelung des geplanten Verrates an König und Vaterland mitzuhelfen. (Bamberger Zeitung am 11. Juni kurz vor der Beschlagnahmung). Den Ratschlag Bismarcks jedoch, sich sogleich in München dem Volk zu zeigen, beherzigte Ludwig nicht. Er verhielt sich trotz vieler Hilfsangebote nahezu völlig passiv.

Tod im Starnberger See

Sterbestelle und Gedenkkreuz im Starnberger See bei Berg
Ludwig in seinem Todesjahr 1886

Am 11. Juni gegen Mitternacht kam eine neue Kommission nach Neuschwanstein. Professor von Gudden informierte den König über das Gutachten der vier Ärzte und über die Übernahme der Regentschaft durch Luitpold. König Ludwig wurde in Neuschwanstein in Gewahrsam genommen und am 12. Juni um 4 Uhr morgens nach Schloss Berg verbracht.

Am 13. Juni gegen 18.30 Uhr oder etwas später brach er mit von Gudden zu einem Spaziergang im Schlosspark auf und starb mit Professor Bernhard von Gudden am 13. Juni 1886 abends im seichten Uferwasser des Starnberger Sees (damals noch Würmsee).

Um etwa 11 Uhr nachts brachen der Schiffer Lidl, Assistenzarzt Dr. Müller und Schlossverwalter Huber mit einem Ruderboot auf, um nach dem König und dem Arzt zu suchen. „König Ludwig fand ich 23.30 Uhr tot im Würmsee. Schloss Berg am 13. Juni 1886“ (Notiz des Schlossverwalters Bernhard Huber im Stadtmuseum Schwabach). Nach der offiziellen Version wollte der Arzt den Regenten an einem Selbstmordversuch hindern und kam dabei selbst zu Tode. Diese Version wurde schon bald bezweifelt. Um den Tod Ludwigs II. ranken sich bis heute zahlreiche Gerüchte, die u. a. einen möglichen Fluchtversuch bzw. die Erschießung[7] des Königs in Erwägung ziehen.

Obduktion und Beerdigung

Am Pfingstmontag, den 14. Juni 1886 wurde um 8 Uhr abends in Schloss Berg der Leichnam ausgesegnet. Der Wagen mit dem Sarg traf am 15. Juni um 2 Uhr früh in der Residenz ein. Bei der pathologischen Untersuchung des toten Königs am selben Tag von 8 Uhr bis 13 Uhr durch 13 Ärzte in der Münchener Residenz war auch der Leibarzt des Königs, Dr. Schleiß, anwesend, der nicht von einer Krankheit des Königs überzeugt war. Laut offizieller Mitteilung wurde die Diagnose der Irrenärzte jedoch in vollem Maße bestätigt.

Nach der Sektion wurde sofort die Einbalsamierung vorgenommen, die um 20 Uhr beendet war. Danach wurde der Leichnam drei Tage in der Hofkapelle aufgebahrt. Ludwig wurde am 19. Juni 1886 nach einem Leichenzug durch München in der Gruft der Michaelskirche (Neuhauser Str.) beigesetzt. Sein Herz wurde am 16. August in einer Urne in die Altöttinger Gnadenkapelle verbracht.

Historische Bedeutung

Sarkophag von Ludwig II.

Ludwig II. war ein Monarch, der nach einem mystisch geprägten Idealbild eines christlichen Königtums strebte und sich träumerisch alte Sagenszenen vorführen ließ. Während seiner Regierungszeit zeigte er kaum politische Initiative. Seine Schwerpunkte lagen eher auf kulturellem Gebiet, so hatte er durch seine Förderung von Richard Wagner und die Errichtung des Bayreuther Festspielhauses einen deutlichen Einfluss auf die Musikgeschichte. Privat ließ er die Königsschlösser Herrenchiemsee, Neuschwanstein und Linderhof errichten, die dem bayerischen Staat keinerlei unmittelbaren Nutzen brachten. Nach seinem Tod wurden sie schon bald zur öffentlichen Besichtigung freigegeben und sind bis heute beliebte Touristenziele. Er tat sich auch auf dem Gebiet der Förderung seinerzeit neuer Technologien hervor, so wurden bei seinen Schlösserbauten Stahlbau und elektrisches Licht eingesetzt. Er stellte sogar Gelder für die Erprobung der Fliegerei zur Verfügung.

Um Ludwig II. hat sich schon zu Lebzeiten, erst recht aber nach seinem Tod, ein dichtes Gespinst an Gerüchten und Spekulationen gerankt, die sich auf vielerlei Aspekte seines Lebens beziehen.

Ludwig II. in der populären Kultur

König Ludwig II. gilt vielen Bayern als der „Kini“ (bairisch für "König") schlechthin und als Inbegriff der „guten alten Zeit“. Zahlreiche Lieder ranken sich um sein Leben und seinen Tod. Bis heute gibt es aktive Ludwig-II.-Vereine in ganz Bayern (einschließlich Franken und Schwaben), die im Verband der Königstreuen in Bayern zusammengeschlossen sind.

Populäre Ludwig-Darstellung von Piloty

Mehrfach war das Leben König Ludwig II. Thema von Filmproduktionen. 1955 entstand unter der Regie von Helmut Käutner der Film Ludwig II. – Glanz und Elend eines Königs mit O. W. Fischer als König von Bayern. Internationale Beachtung fand der Film Ludwig II. von Luchino Visconti mit Helmut Berger in der Titelrolle aus dem Jahr 1972. Im gleichen Jahr entstanden von Hans-Jürgen Syberberg Ludwig – Requiem für einen jungfräulichen König mit Harry Baer als Ludwig II. und der Film Theodor Hirneis oder Wie man ehemaliger Hofkoch wird, in dem das Leben am Hof des Königs dargestellt wird.

Im Jahr 2000 wurde Ludwig ein neuer Theaterbau und ein Musical gewidmet: Ludwig II. – Sehnsucht nach dem Paradies von Franz Hummel wurde bis zum 31. Dezember 2003 in rund 1 500 Vorstellungen im hierzu errichteten Füssener Musical Theater Neuschwanstein vor insgesamt 1,5 Mio. Menschen aufgeführt. Am 11. März 2005 feierte in diesem Festspielhaus Neuschwanstein ein neues Musical Ludwig² über König Ludwig II. von Bayern in der Inszenierung eines internationalen Teams seine Uraufführung, das jedoch bald insolvent war.

Ein japanischer Manga der bekannten Zeichnerin You Higuri behandelt das Leben Ludwigs in einer dreibändigen, auch auf Deutsch erschienenen Ausgabe.

Tagebuch-Aufzeichnungen

  • Edir Grein (Hrsg.): Tagebuch-Aufzeichnungen von Ludwig II. König von Bayern. Schaan/Liechtenstein: Verlag Rupert Quaderer, 1925 (Edir Grein ist ein Pseudonym für Erwin Riedinger, den Stiefsohn des bayerischen Ministerpräsidenten Johann von Lutz.)
    • Das Werk enthält folgende Dokumente
    • I. Tagebuch (Dez. 1869–Dez. 1885);
    • II. Tagebuch (1886);
    • Bemerkungen;
    • Briefwechsel über die Finanzlage des Königs;
    • Ärztliches Gutachten über den Geisteszustand Seiner Majestät des Königs Ludwig II. von Bayern (München, den 8. Juni 1886, unterzeichnet von den folgenden vier Personen: von Gudden, k. Obermedizinalrath; Dr. Hagen, k. Hofrath; Dr. Grashey, k. Universitätsprofessor; Dr. Hubrich, k. Direktor);
    • Sektionsbefund der Leiche des Königs von Obermedizinalrat Dr. Kerschensteiner (München, den 20. Juni 1886).

Einzelnachweise

  1. Hamann 1982, S. 416.
  2. Hamann 1982, S. 517.
  3. Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann, S. 478.
  4. Heinz Häfner, Ein König wird beseitigt: Ludwig II. von Bayern.
  5. Edir Grein, Tagebuch-Aufzeichnungen von Ludwig II., Schaan (Liechtenstein): Quaderer-Verlag, 1925.
  6. Sigrid-Maria Größing: Sisi und ihre Familie, Ueberreuterverlag
  7. Theorie zur Erschießung auf stern.de, Artikel vom 31. Januar 2008

Literatur

  • Botzenhart, Christof: Die Regierungstätigkeit König Ludwig II. von Bayern – „ein Schattenkönig ohne Macht will ich nicht sein“, München, Verlag Beck, 2004, 234 S., ISBN 3-406-10737-0
  • Desing, Julius: Wahnsinn oder Verrat – war König Ludwig II. von Bayern geisteskrank? , Lechbruck, Verlag Kienberger, 1996
  • Dominik, Nikolaus: Der Märchenkönig - ein Sittenstrolch? Geschichte Königstreue sind empört über die jüngste Ehrverletzung von Ludwig II. In neuem Buch wird über angeblichen Missbrauch berichtet, in: Augsburger Allgemeine, 21. November 2008, Nr. 271, S. 3
  • Häfner, Heinz: Ein König wird beseitigt: Ludwig II. von Bayern, München 2008
  • Hamann, Brigitte: Elisabeth. Kaiserin wider Willen, München/Wien 1982
  • Glaser, Hubert: Ludwig II. und Ludwig III. - Kontraste und Kontinuitäten, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 59 (1996), S. 1–14.
  • Heißerer, Dirk: Ludwig II., Reinbek, Rowohlt, 2003, ISBN 3-499-50647-5
  • Reichold, Klaus: König Ludwig II. von Bayern – zwischen Mythos und Wirklichkeit, Märchen und Alptraum; Stationen eines schlaflosen Lebens; München, Süddt. Verl., 1996
  • Richter, Arndt: Die Geisteskrankheit der bayerischen Könige Ludwig II. und Otto: eine interdisziplinäre Studie mittels Genealogie, Genetik und Statistik, Degener & Co., Neustadt an der Aisch, 1997, ISBN 3-7686-5111-8
  • Richter, Werner: Ludwig II., König von Bayern, 14.Aufl. ; München, Stiebner, 2001, 335 S., ISBN 3-8307-1021-6
  • Schäffler Anita, Borkowsky Sandra, Adami, Erich: König Ludwig II. von Bayern und seine Reisen in die Schweiz – 20. Oktober–2. November 1865, 22. Mai–24. Mai 1866, 27. Juni–14. Juli 1881; eine Dokumentation, Füssen, 2005
  • Spangenberg, Marcus: Der Thronsaal von Schloss Neuschwanstein. Ludwig II. und sein Verständnis vom Gottesgnadentum, Regensburg, Schnell und Steiner, 1999, ISBN 3-7954-1225-0 (englische Ausgabe 3-7954-1233-1).
  • Hans F. Nöhbauer: Auf den Spuren Ludwigs II., Prestel Verlag, 1986, ISBN 3-7913-1470-X

Weblinks




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