Affenstein (Adelsgeschlecht)

Affenstein (Adelsgeschlecht)

Das Geschlecht von Affenstein zählte im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit zum niederen Adel der nordöstlichen Vorderpfalz (heute Bundesland Rheinland-Pfalz). Vertreter sind in Adelsregistern der Region als in Dirmstein und Ellerstadt ansässig erwähnt. In beiden Ortschaften, die in Nord-Süd-Richtung auf mittelalterlichen Wegen etwa 16 Kilometer oder drei Gehstunden auseinanderlagen, gab es eine Affensteinische Burg.

Möglicherweise bestanden familiäre Beziehungen zum Geschlecht der Flersheimer, die aus dem heute rheinhessischen Niederflörsheim 10 Kilometer nördlich von Dirmstein stammten.

Inhaltsverzeichnis

Geschlecht von Affenstein

Ursprung

Der Familienname hat nichts mit der Säugetiergruppe der Affen zu tun, sondern ist abgeleitet von einer alten pfälzischen Bezeichnung für die Feldulme, die je nach Gegend Effer, Affer oder Apper genannt wurde.[1] Die Affensteiner selbst wussten offenbar nicht mehr um die Namensherkunft, als sie ihr Wappen mit einem sitzenden Affen versahen, der aus einem Pokal Wein trinkt.[2]

Vieles spricht dafür, dass das Geschlecht seinen Ursprung in Dirmstein hatte und hier seinen Namen nach der Wohnstätte erhielt. Der mutmaßliche Dirmsteiner Burgstandort war links des Eckbachs. Der Bereich südöstlich davon, jenseits des Eckbachs, war noch bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts von alten Ulmen bestanden, die dann dem Ulmensterben zum Opfer fielen. Dort bei den Appen oder Affen, also bei den Ulmen, könnte die Familie von Affenstein bereits vor dem Kauf der später nach ihr benannten Burg gewohnt haben – in einem Stein, wie ein Steinhaus nach fränkischem Sprachgebrauch[3] genannt wurde. Es ist anzunehmen, dass sie die Burg erworben hat, weil es sich um ein benachbartes Anwesen handelte.

Die Affensteiner sind in den vom Dirmsteiner Ortsadligen und Chronisten Caspar Lerch zitierten Adelsverzeichnissen des 13. und 14. Jahrhunderts[4] nicht enthalten. In Dirmstein sind sie, obwohl ihr fränkischer Namensursprung sicherlich einige Jahrhunderte zurückreicht, nur von 1510 bis zu ihrem Aussterben 1649 urkundlich fassbar, ihre Burg überdauerte sie bis 1748. Nach dem Geschlecht heißt die von der Dirmsteiner Laurentiuskirche nach Süden führende Straße Affenstein, ebenso eine an dieser Straße liegende Gaststätte.

Eventuell schon um 1500, spätestens jedoch ab 1548 gehörte auch ein Drittel von Ellerstadt den Affensteinern; sie nannten hier ebenfalls eine Burg ihr Eigen. 1577 wurden sie durch die Flersheimer abgefunden, die schon vorher zwei Drittel des Ortes besessen hatten.[5] Für die Affensteiner scheint die Ellerstadter Ära, die möglicherweise auf einem Erbgang beruhte, eine eher kurze Periode von maximal einem Jahrhundert gewesen zu sein.

Namensträger

Namentlich fassbar sind die folgenden, im Zusammenhang mit den Affensteinischen Burgen näher behandelten Vertreter:

  • Dr. Wolf von Affenstein, vermutlich Jurist, lebte in der 2. Hälfte des 15. und in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Er erwarb 1510 die vorhandene Dirmsteiner Burg und fungierte als deren Namensgeber.

Affensteinische Burgen

Dirmstein

Lage und Entstehung

Von der Affensteinischen Burg in Dirmstein ist nur noch die ungefähre Lage im Dorf bekannt, Überreste gibt es nicht. Ihr Entstehungsdatum liegt ebenso im Dunkeln wie ihre Größe oder ihr Aussehen. Erstmals erwähnt wird sie als „Burglin“, also als kleine Burg, in einer Urkunde vom 26. November 1510. Darin genehmigte Kurfürst Ludwig V., dass sein Lehnsmann Veltin von der Hauben das Anwesen „zu Dirmstein bey der oberen Kirche gelegen“ weiterveräußert. Besitzer vor Veltin von der Hauben waren zunächst Christian von Urzlingen und dann Balthasar von Werlerswaß gewesen; verkauft wurde die Burg an Dr. Wolf von Affenstein[6] und in der Folge nach dessen Geschlecht benannt.[7] Seltener gebrauchte Namen waren Mittelburg und Wedeburg.[8] Die letztere Bezeichnung, die hochdeutsch Weidenburg lauten würde, bestätigt den aufgrund der Kaufgenehmigung vermuteten Standort links des noch bis in die 1920er Jahre dort fließenden Eckbachs, dessen Ufer von Weiden gesäumt waren. Zudem diente das Eckbachwasser mindestens bis 1668 zur Speisung eines Verteidigungsgrabens, der die Ringmauer umgab.[9] Die Affensteinische Burg war somit als Wasserburg angelegt.

Burg im Besitz der Affensteiner

Im Bauernkrieg 1525 wurde – neben anderen herrschaftlichen Gebäuden[10] – auch die Affensteinische Burg schwer beschädigt. Bezeichnenderweise wurden die aufständischen Bauern in Dirmstein durch Erasmus von der Hauben angeführt, der mutmaßlich ein Sohn des Vorbesitzers der Burg, Veltin von der Hauben, war. Dessen Witwe Katharina von Weiler bestätigte am 18. Juli 1530, dass die Affensteiner nach dem Kauf von 1510 den vereinbarten Preis von 750 Gulden bezahlt hätten.[7][8] Die nunmehr Affensteinische Burg wurde in Fronarbeit der beim Aufstand unterlegenen Bauern so großzügig wieder aufgebaut, dass sie 90 Jahre später – 1620 während des Dreißigjährigen Krieges – einem der Kriegsherren der Protestantischen Union, dem Herzog Johann Friedrich von Württemberg, zur Einquartierung dienen konnte.

Weil die Familie von Affenstein reformierten Bekenntnisses war, fiel sie, nachdem 1622 das Familienoberhaupt, der kurfürstliche Hauptmann Friedrich Casimir von Affenstein, gestorben war, der Verfolgung durch die katholische Linie der Wittelsbacher anheim. Der 1623 nach Absetzung des reformierten „Winterkönigs“ in der Kurpfalz an die Macht gekommene katholische Maximilian I. bezeichnete 1630 das abweichende Bekenntnis als „Affensteins Criminalverbrechen“ und verwehrte deswegen endgültig dem Sohn Friedrich Casimirs, Georg Philipp von Affenstein, sein Erbe anzutreten; das Lehen einschließlich der Burg, die 120 Jahre im Besitz der Affensteiner gewesen war, wurde eingezogen. Der Witwe Friedrich Casimirs, Maria Elisabeth von Babenhausen, wurde sogar befohlen, zum katholischen Bekenntnis zu konvertieren. Mit dem Tod Georg Philipps 1649 starb das Geschlecht von Affenstein im Mannesstamm aus.[8]

Burg in Fremdbesitz und Abbruch

Die wegen der neuerlichen Schäden aus dem Dreißigjährigen Krieg marode Burg kam nacheinander in den Besitz dreier Herrschaften:

Ellerstadt

Von der Affensteinischen Burg in Ellerstadt ist nichts erhalten. Sie war eine Niederungsburg und lag an der heutigen Fußgönheimer Straße, also im Osten des Ortskerns. Urkundlich erwähnt wurde sie 1502 und entweder in der Mitte (Dreißigjähriger Krieg?) oder gegen Ende des 17. Jahrhunderts (Pfälzischer Erbfolgekrieg?) zerstört.

Weitere Adelsgeschlechter in der Region

Literatur

  • Jürgen Keddigkeit, Karl Scherer, Eckhard Braun, Alexander Thon, Rolf Übel (Hrsg.): Pfälzisches Burgenlexikon I, A–E. 2., verbesserte Auflage. Institut für Pfälzische Geschichte und Volkskunde, Kaiserslautern 2003, ISBN 3-927754-48-X.
  • Michael Martin (Hrsg.): Dirmstein – Adel, Bauern und Bürger. Chronik der Gemeinde Dirmstein. Selbstverlag der Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung, Neustadt an der Weinstraße 2005, ISBN 3-9808304-6-2.

Einzelnachweise

  1. Adelung: Die Ulme; vgl. auch die Gemeinde Appenthal im Pfälzerwald
  2. uesenberger-webdesign.de: Wappen von Affenstein (im oberen Bild links unten)
  3. Analog zum Ortsnamen, s. Ortsartikel Dirmstein
  4. Martin: Dirmstein – Adel, Bauern und Bürger, S. 46 f.
  5. Gemeinde Ellerstadt:Geschichte
  6. Wolf von Affenstein taucht 1534 auch im Urkundenverzeichnis (S. 5) der Universität Heidelberg als Kläger um ein Haus in Speyer auf.
  7. a b Martin: Dirmstein – Adel, Bauern und Bürger, S. 461
  8. a b c d e Martin: Dirmstein – Adel, Bauern und Bürger, S. 462
  9. a b c Martin: Dirmstein – Adel, Bauern und Bürger, S. 463
  10. s. Ortsartikel Dirmstein

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