Hans Segelken

Hans Segelken

Johannes (Hans) Segelken (* 1897 in Bremerhaven; † unsicher 21. Dezember 1982 in Hamburg[1]) war ein deutscher Reichsgerichtsrat.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Hans Segelken war der Sohn eines Schiffbauingenieurs. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger zu den Schleswiger Husaren. Weihnachten 1914 kam er an die Ostfront. Ostern 1916 schied er als Husarenkorporal aus der Kavallerie aus und ging als Leutnant der Infanterie an die Westfront, wo er es bis zum Regimentsadjutanten brachte. Auf Grund eines Oberschenkeldurchschusses im Oktober 1918 erlebte er die Revolution im Lazarett. Nachdem er im Januar 1919 entlassen wurde, begann er ein Studium der Mathematik und Naturwissenschaften. Ein Notabitur legte er bereits 1916 ab. Zum Wintersemester wechselte er zur Rechtswissenschaft. In München hörte er Max Weber, Karl von Amira, Karl Rothenbücher, Reinhard Frank, Ernst von Beling, Wilhelm Kisch und Konrad Cosack. 1919/20 war er Mitglied des Freikorps Epp, aus dem er nach eigener Aussage kurz vor Beginn des Kapp-Putsches austrat. Nach Ablegen des 1. Staatsexamens im Juni 1921 wurde er Referendar in Bremen. Seine Dissertation ging über ein seerechtliches Thema, die an der Universität Hamburg betreut wurde. 1925 legte er sein Assessorexamen am Oberlandesgericht Hamburg ab. Zunächst wurde er Syndikus der Industrie- und Handelskammer seiner „Heimatstadt“ (Segelken) Wesermünde. Seit 1925 war er Vorsitzer des Reichsoberseeamts. 1926 wurde er vom Richterwahlausschuss gewählt und er wurde 1927 Richter am Amtsgericht Bremerhaven, 1930 Richter am Land- und Amtsgericht Bremen. Er war 1933 Strafkammerbeisitzender im Nordwolle-Prozess.

Nach der Machtübernahme der NSDAP Im Mai 1933 trat er der Partei und der SA als „Märzgefallener“ bei. Sein Verhältnis zur NSDAP beschrieb er selbst als gespannt: Er habe sich der Gestapo als turnusmäßiger Untersuchungsrichter widersetzt, seine Sowjetunionreise 1930 sei gegen ihn verwendet worden und er habe auf einem Vortrag der Deutschen Friedensgesellschaft den Pazifisten und Generalmajor Paul von Schoenaich gegen Randalierer verteidigt. Heute wird er als „…ein überzeugte[r] Nationalsozialist“ (Godau-Schüttke) eingeschätzt. Maßgeblich wird die Einschätzung darauf gestützt, dass er ein langjähriger Freund und Mitarbeiter von Curt Rothenberger war und dessen Aufstieg mitvollzog. 1935 wurde Rothenberger auf Segelken aufmerksam und holte ihn als Hilfsrichter an das Oberlandesgericht in Hamburg und im Dezember 1936 wurde Segelken Oberlandesgerichtsrat. Nach Beginn des Zweiter Weltkrieges leistete er von 1939 bis 1941 Kriegsdienst im Rang eines Hauptmanns. 1940 wurde er kurzzeitig Prisenrichter. Vor Leningrad wurde er durch einen Oberschenkeldurchschlag verletzt. 1941 ernannte man ihn zum Amtsgerichtspräsidenten. Als Rothenberger nach Berlin ins Reichsjustizministerium ging, folgte Segelken ihm im September 1942 nach. Er wurde zum Ministerialdirektor ernannt und leitete zuerst die Abteilung II (Ausbildung). Damit verbunden war der Vorsitz in der Reichsjustizprüfungskommission. Er war damit Nachfolger von Otto Palandt.[2] Später wurde er nach seiner Aussage suspendiert, weil nach Ansicht der Parteikanzlei „politisch unzuverlässig“ sei. Bis zur Übernahme der Leitung der Abteilung VII (Handel) war er beurlaubt. Nach dem Sturz Rothenbergers Ende 1943 war Segelken der Einzige aus der „Hamburger Riege“, der zu Rothenberger hält und aus „aus persönlichen Gründen“ aus dem Justizministerium ausschied. Zum 1. Juni 1944 wurde er Reichsgerichtsrat. Er war im I. Zivilsenat tätig, da er im Reichsoberseeamt langjähriges Mitglied und der I. Zivilsenat auch für Seesachen zuständig war. Segelken wurde Anfang April 1945 aus dem Reichsgericht abberufen und „zur Wahrnehmung der Geschäfte als Vorsitzer des Reichsoberseeamtes und des Reichsdisziplinarhofes in Hamburg und damit Reichskommissar für die Seeschifffahrt […] zur Verfügung gestellt.“

1945 wurde seine 1926 geschlossene erste Ehe geschieden. Ende 1946 wurde er Justitiar der im Wiederaufbau begriffenen zentralen Versicherungsaufsichtsbehörde.[3] Im Entnazifizierungsverfahren wurde er 1948 als „entlastet“ eingestuft. 1948 gründet er eine bis heute renommierte Kanzlei in Hamburg, die seit dem Zusammenschluß mit Friedrich-Karl Suchopar 1950 unter dem Namen „Segelken&Suchopar“ firmiert. 1950 hat er erneut geheiratet. Er hatte fünf Kinder.

Schriften

  • Existiert Gerechtigkeit? Hamburg 1979.
  • Kapitänsrecht, Hamburg 1967 bzw. 2. Auflage, Hamburg 1974.
  • Amor fati, Autobiografie, Hamburg 1970.
  • Die Rechtsstellung des Lotsen, Geestemünde 1922 bzw. Hamburg 1923.

Rezensionen zur Autobiografie

Seine Autobiografie „Amor fati“ wird unterschiedlich bewertet:

  • „Die Darstellung Segelkens, die eine Mischung aus Reiseberichten, selbstkritischen Rückblicken und philosophischen Betrachtungen ist, muss mit Vorsicht betrachtet werden.“ Susanne Schott.[4]
  • Strafrichter haben kaum je ihre Erinnerungen veröffentlicht – ein gutes Zeitbild hat Hans Segelken gegeben (1970)“, Handwörterbuch der Kriminologie.[5]
  • „Man lernt einen lebhaften Geist und welterfahrenen Mann kennen; die Lektüre macht aber einigen sachlichen und sprachlichen Verdruß …Für die Geschichte der Justiz des Dritten Reiches hat das Buch mäßigen Wert …“, Richard Schmid.[6]
  • „Ein reiches Werk“…, Herbert Schneider, BGH-Rechtsanwalt.[7]
  • „schreibt offen“…, Franciszek Ryszka.[8]
  • „peinliche Kaschierung von Opportunismus…“, Theo Rasehorn.[9]
  • „Als Ausnahme[n] [in der Vergangenheitsaufarbeitung] herausragend…“, Rainer Schröder.[10]

Literatur

  • Klaus-Detlev Godau-Schüttke: „Der Bundesgerichtshof - Justiz in Deutschland -“, Berlin 2005, S. 72f..
  • Staatsarchiv Hamburg: Personalakte Nr. 1605 (Hans Segelken)

Weblinks

Belege

  1. Todesanzeige im Hamburger Abendblatt vom 28. Dezember 1982, S. 6.
  2. Sarah Schädler: „Justizkrise“ und „Justizreform“ im Nationalsozialismus: Das Reichsjustizministerium unter Thierack (1942-1945), Tübingen 2009, S. 132.
  3. W. Rohrbeck (Hrsg.): 50 Jahre materielle Versicherungsaufsicht, Band 2, Berlin 1952, S. 336.
  4. Susanne Schott: Curt Rothenberger – eine politische Biographie. Diss. Halle (Saale) 2001, S. 98 (PDF)
  5. Wolf Middendorf: Historische Kriminologie, in: Alexander Elster/Heinrich Lingemann/Rudolf Sieverts (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie, Berlin und New York 1979, S. 149.
  6. Richard Schmid: Einer, der mitmachte – Zu den Erinnerungen eines NS-Richters, Die Zeit vom 20. November 1970.
  7. Herbert Schneider JZ, 1973 S. 227f..
  8. Franciszek Ryszka: Państwo stanu wyjątkowego: rzecz o systemie państwa i prawa Trzeciej Rzeszy, 2. Auflage 1974, S. 376.
  9. Theo Rasehorn: Der Untergang der deutschen linksbürgerlichen Kultur: beschrieben nach den Lebensläufen jüdischer Juristen, Baden-Baden 1988, S. 11.
  10. Rainer Schröder: Wie ein Gericht seine Vergangenheit bewältigt, Ius Commune, Bd. XVI (1989), S. 338 (PDF).

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