Erste Fundamentalform

Erste Fundamentalform

Die erste Fundamentalform oder metrische Grundform ist in der Mathematik eine Funktion aus der Theorie der Flächen im dreidimensionalen euklidischen Raum, einem Teilgebiet der klassischen Differentialgeometrie. Die erste Fundamentalform ermöglicht unter anderem die Behandlung folgender Aufgaben:

  • Berechnung der Länge einer Kurve auf der gegebenen Fläche
  • Berechnung des Winkels, unter dem sich zwei Kurven auf der gegebenen Fläche schneiden
  • Berechnung des Flächeninhalts eines Flächenstücks der gegebenen Fläche

Ferner lassen sich aus den Koeffizienten der ersten Fundamentalform und ihren partiellen Ableitungen die gaußsche Krümmung (Formel von Brioschi) und die Christoffelsymbole zweiter Art bestimmen.

Diejenigen Eigenschaften einer Fläche, die sich mit Hilfe der ersten Fundamentalform untersuchen lassen, fasst man unter der Bezeichnung innere Geometrie zusammen.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Eigenschaften

Eine Fläche sei durch eine auf einer offenen Teilmenge U \subset \R^2 definierte Abbildung

X \colon U  \to \R^3, \quad (u,v) \mapsto X (u,v)

gegeben, also durch u und v parametrisiert. Für den durch die Parameterwerte u und v bestimmten Punkt der Fläche sind die Koeffizienten der ersten Fundamentalform folgendermaßen definiert:

E(u,v) = X_u (u,v) \cdot X_u (u,v) = |X_u (u,v)|^2
F(u,v) = X_u (u,v) \cdot X_v (u,v)
G(u,v) = X_v (u,v) \cdot X_v (u,v) = |X_v (u,v)|^2

Dabei sind die Vektoren

X_u (u,v) = \frac{\partial X}{\partial u}(u,v) \quad \text{und} \quad
X_v (u,v) = \frac{\partial X}{\partial v}(u,v)

die ersten partiellen Ableitungen nach den Parametern u bzw. v. Die Malpunkte bezeichnen das Skalarprodukt der Vektoren.

Zur Vereinfachung lässt man häufig die Argumente weg und schreibt nur E, F und G für die Koeffizienten. Die erste Fundamentalform ist dann die quadratische Form

I \colon \R^2 \to \R,\ (w_1,w_2) \mapsto E \,w_1^2 + 2 F \,w_1 w_2 + G \,w_2^2,

Gelegentlich wird auch die Schreibweise mit Differentialen verwendet:

ds^2 = E \, du^2 + 2 F \, du \, dv + G \, dv^2

Eine weitere (modernere) Schreibweise ist:

g_{11} = E; \quad g_{12} = g_{21} = F; \quad g_{22} = G

Die Zahlen gij sind die Koeffizienten des kovarianten metrischen Tensors. Dieser hat also die Matrixdarstellung

(g_{ij}) = \begin{pmatrix} E & F \\ F & G \end{pmatrix}.

Oft bezeichnet man auch diesen Tensor, also die durch diese Matrix dargestellte Bilinearform, als erste Fundamentalform g

Für die Koeffizienten der ersten Fundamentalform gilt:

E \ge 0; \quad G \ge 0; \quad EG-F^2 \ge 0.

Dabei ist EGF2 die Diskriminante (also die Determinante der Darstellungsmatrix) der ersten Fundamentalform. Gilt darüber hinaus EGF2 > 0, so folgt daraus auch E > 0 und G > 0 und die erste Fundamentalform ist positiv definit. Dies ist genau dann der Fall, wenn Xu und Xv linear unabhängig sind. Eine Fläche mit positiv definiter erster Fundamentalform heißt differentialgeometrisch regulär oder differentialgeometrisch regulär parametrisiert.

Länge einer Flächenkurve

Eine Kurve auf der gegebenen Fläche lässt sich ausdrücken durch zwei reelle Funktionen φ1 und φ2: Jedem möglichen Wert des Parameters t wird der auf der Fläche gelegene Punkt X1(t),φ2(t)) zugeordnet. Sind alle beteiligten Funktionen stetig differenzierbar, so gilt für die Länge des durch t \in [a,b] festgelegten Kurvenstücks:

l = \int\limits_a^b \sqrt{I(\dot\varphi_1(t), \dot\varphi_2(t))} \, dt
= \int\limits_a^b \sqrt{E \cdot (\dot\varphi_1(t))^2
+ 2 F \cdot \dot\varphi_1(t) \dot\varphi_2(t)
+ G \cdot (\dot\varphi_2(t))^2} \, dt

Mit Hilfe des Wegelements ds = \sqrt{ds^2} ausgedrückt:

l = ds
φ

Inhalt eines Flächenstücks

Der Inhalt eines durch einen Parameterbereich B gegebenen Flächenstücks lässt sich berechnen durch

A = \int\limits_B \sqrt{EG-F^2} \, d(u,v).

Beispiel

Die Oberfläche einer Kugel mit Radius r lässt sich parametrisieren durch

X(u,v) = \begin{pmatrix}r \sin u \cos v\\r \sin u \sin v\\r \cos u\end{pmatrix}.

Für die Koeffizienten der ersten Fundamentalform ergibt sich:

E = X_u (u,v) \cdot X_u (u,v)
= \begin{pmatrix}r \cos u \cos v\\r \cos u \sin v\\-r \sin u\end{pmatrix}
\cdot \begin{pmatrix}r \cos u \cos v\\r \cos u \sin v\\-r \sin u\end{pmatrix} = r^2
F = X_u (u,v) \cdot X_v (u,v)
= \begin{pmatrix}r \cos u \cos v\\r \cos u \sin v\\-r \sin u\end{pmatrix}
\cdot \begin{pmatrix}-r \sin u \sin v\\r \sin u \cos v\\0\end{pmatrix} = 0
G = X_v (u,v) \cdot X_v (u,v)
= \begin{pmatrix}-r \sin u \sin v\\r \sin u \cos v\\0\end{pmatrix}
\cdot \begin{pmatrix}-r \sin u \sin v\\r \sin u \cos v\\0\end{pmatrix} = r^2 \sin^2 u

Die erste Fundamentalform ist demnach

ds^2 = r^2 \, du^2 + r^2 \sin^2(u)  \, dv ^2.

Siehe auch

Literatur

  • Manfredo P. do Carmo, Differential geometry of curves and surfaces, Prentice-Hall lnc., New Jersey, ISBN 0132125897

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