La Cosa Nostra

La Cosa Nostra

Mit La Cosa Nostra wird der US-amerikanische Ableger der originären sizilianischen Mafia bezeichnet. Entstanden um 1900 werden darunter heute sämtliche organisierten Banden italienisch-stämmiger Verbrecher in den USA zugeordnet.

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzung und Bedeutung

Der Begriff Cosa Nostra (ital.: Unsere Sache) stand in der Öffentlichkeit ursprünglich nur für den US-amerikanischen Ableger. Erst seit Ende des Zweiten Weltkrieges verwendet man auch für die originäre sizilianische Mafia den Namen Cosa Nostra.[1]

Die Entstehung der Bezeichnung „Cosa Nostra“ als Eigenname kann nicht eindeutig geklärt werden. Es gibt die Vermutung, dass er unter italienischen Einwanderern in den USA entstanden war, welche bereits auf Sizilien zur Mafia gehörten. Da es nun eigentlich keine Bezeichnung für die Mitglieder in der Mafia gab und auch der Begriff Mafia ungebräuchlich war, soll unter den Sizilianern untereinander nur von „Unserer Sache“ gesprochen worden sein, die zunächst selbst nicht-sizilianische Italiener ausschloss. Die Mafiosi selbst nannten sich immer „uomo d’onore“, also „Mann der Ehre“.

Ursprünglich nur ein Ableger der sizilianischen Cosa Nostra, der sich unter den Einwanderern in den italienischen Vierteln bildete, wuchs die US-amerikanische Organisation bald zu einer beachtlichen selbständigen Größe an, die sich – analog zur weltpolitischen Rolle der USA – nach dem Zweiten Weltkrieg als Verbrecherorganisation international ausrichtete und die originären italienischen Mafia-Organisationen an Macht, Reichtum und Ausdehnung überflügelte.

Öffentlich bekannt wurde der Begriff La Cosa Nostra erst im Oktober 1963 durch die Aussagen des Mafiosos Joe Valachi vor dem „McClellan-Committee“, einem Untersuchungssauschuss des Kongresses der Vereinigten Staaten. Valachi enthüllte vor dem Komitee, dass die US-amerikanische Organisation allgemein als La Cosa Nostra bezeichnet wird.[2]

Anders als die sizilianische Cosa Nostra hatte die US-amerikanische Organisation niemals einen so weit reichenden politischen Einfluss. Auch wenn selbst über politische Verwicklungen auf höchster Ebene spekuliert wurde - so sind z. B. Kontakte von Sam Giancana zur Kennedy-Familie belegbar -, blieben diese immer nur punktuell an einzelne Personen gebunden. Auch bildete sie in den USA keine Parallelgesellschaft oder etwa einen Anti-Staat aus wie auf Sizilien. Während dort Anfang der 1980er Jahre Morde an Politikern, Ermittlern und Journalisten fast alltäglich wurden, hält sich die US-amerikanische La Cosa Nostra grundsätzlich an ihr Gebot, keine unbeteiligten Polizisten, Richter oder andere Vertreter des Staates zu ermorden, da sie in den USA einem im Wesentlichen intakten Staat gegenübersteht, der nicht nur zur juristischen Vergeltung fähig ist.

Außerdem verfügten die Sizilianer und sonstigen Italiener nicht über das illegale Gewaltmonopol wie in ihrer ursprünglichen Heimat, d. h. sie konkurrierten mit anderen ethnischen Gruppen, insbesondere den Iren und den osteuropäischen Einwanderern. Häufig wurden die Gangster sozusagen in einen Topf geworfen, in Verkennung der Tatsache, dass eine Vollmitgliedschaft in der La Cosa Nostra grundsätzlich über die Herkunft geregelt ist.

Angesichts des inflationären und falschen Gebrauchs des Begriffs Mafia für fast alle Formen von Kriminellen Vereinigungen, Banden, Organisierter Kriminalität und der darum gebildeten populären Mythen, besteht auch heute noch die Gefahr, alle italienischen Einwanderer unter Generalverdacht zu stellen. Angesichts der Masseneinwanderung von Italienern handelt es sich, wie bei allen anderen Ethnien auch, um kriminelle Minderheiten, und so waren primär italienische Einwanderer unter den ersten Opfern der Mustache Petes und Black-Hand-Erpressungen, da sie bereits in ihrer Heimat darin sozialisiert waren, den Drohungen ihrer kriminellen Landsleute ohne Widerstand nachzugeben.

Nach dem Ende der Alkoholprohibition 1933 schwand die Akzeptanz der Mobster in der US-amerikanischen Öffentlichkeit rapide. Offenbar wurden sie von großen Teilen der Bevölkerung bis dahin als notwendiges Übel eingestuft, um die Versorgung mit Alkohol zu gewährleisten. Nunmehr waren Politik und Behörden nicht mehr gewillt, die weiter wachsende Kriminalität zu akzeptieren.

Insbesondere nach dem Valentinstag-Massaker von 1929 in Chicago kam es zum Stimmungsumschwung in der Bevölkerung. Die Chicago Crime Commission veröffentlichte 1930 eine Liste von „Öffentlichen Feinden“ (engl.: „Public Enemy“), die von Al Capone, dem Boss des Chicago Outfit, angeführt wurde. Von diesem Zeitpunkt an wurde es - besonders in der Presse - üblich, ihn als „Staatsfeind No.1“ zu titulieren. Die Liste erhöhte den Verfolgungsdruck auf die darin gelisteten Personen enorm.

Nachdem man zunächst nur mit diversen Untersuchungsausschüssen gearbeitet hatte, wurde 1970 der RICO-Act erlassen. Dieser ermöglicht es Bundesstaatsanwälten, Klage zu erheben, wenn eine Person in Verdacht steht, einer kriminellen Organisation anzugehören. Dies kann der Fall sein, wenn der Angeklagte innerhalb von zehn Jahren zwei von insgesamt 35 definierten Straftaten mit demselben Ziel oder Resultat begangen hat. Zunächst nur wenig bedeutend, wurde die Regelung dann in den 1980er Jahren in zunehmendem Maße angewendet. Mit Hilfe dieses Gesetzes gelang es zunächst den Mob in den USA zurückzudrängen.

Organisation

Hierarchien

Vom Aufbau der Hierarchie entspricht die US-amerikanische „La Cosa Nostra“ im Wesentlichen der sizilianischen Mafia auf Sizilien. Allerdings wurden die ursprünglichen Begriffe amerikanisiert.

Grundlage der Organisation bildet die sogenannte „Familie“, dabei ist der Begriff nicht wörtlich zu nehmen, da sie noch weniger als bei der Mafia tatsächlich auf Blutsverwandtschaft begründet ist. Jeder Familie steht ein Boss vor, der die Kommandogewalt innehat. Der Boss ist in der Regel nicht mehr in die Tagesgeschäfte verwickelt. Im Sinne der Omertà wird er nach unten abgeschottet und überlässt das Tagesgeschäft einem „acting boss“ bzw. die Kommandogewalt vor Ort übt ein „streetboss“ aus, der als Kommandierender im Feld fungiert.

Wie in der legalen Wirtschaft auch, verfügt die „Familie“ über eine Stabsstelle, d. h. der Boss hat einen oder mehrere Consigliere als Berater. Teilweise hat sich ein Modus Operandi wie in einer legalen Aktiengesellschaft herausgebildet, so dass ein erfolgreicher Boss unter Umständen im Alter in die Position des Consigliere wechselt, so wie ein Geschäftsführer anschließend in den Aufsichtsrat bestellt wird. Insbesondere das Chicago Outfit hat geradezu ein präsidiales System geschaffen, bei dem sich z. B. Paul Ricca praktisch selbst aus der ersten Linie nahm und als mächtiger Consigliere im Hintergrund weiter die strategischen Entscheidungen traf.

Die einzelnen Gruppen werden dann von einem Capo bzw. Captain befehligt, der als Gruppenführer die Befehle direkt vor Ort umzusetzen hat.

Die einfachen Mitglieder sind dann sozusagen die Soldaten. Gegenseitig wird der Begriff Mafioso nicht gebraucht. Mitglieder bezeichnen sich selbst oder andere als „Man of Honor“, „One of Us“, „A Friend of Us“.

Personen, die keine Mitglieder der Cosa Nostra sind - entweder weil sie noch getestet werden, aber auch weil ihre Mitgliedschaft aus ethnischen Gründen ausgeschlossen ist - gelten als Assoziierte („Associate“). Das Besondere in den USA ist die ausgedehnte Zusammenarbeit mit Assoziierten, die in der Vergangenheit fälschlich als Vollmitglieder wahrgenommen wurden. Dies galt insbesondere für Personen jüdischer Herkunft, die von den Medien der Kosher Nostra zugerechnet wurden. Aber auch Gewerkschaftsbosse wie Jimmy Hoffa wurden als Mobster wahrgenommen.

Herrschaftspyramide:

BossConsigliere
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  1. Underboss: („acting boss“, „street boss“)
  2. Capo/Captain
  3. Einfaches Mitglied: Soldier, Full Member, Man of Honor, „One of Us“, „A Friend of Us“, Goodfella, Made Man, Made Guy
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Assoziierter: („associate“); Anwärter bzw. Verbündeter

Mitgliedschaft

Auf Sizilien wird streng auf die Herkunft der Mitglieder geachtet, es handelt sich grundsätzlich immer um Sizilianer. In den USA konnte diese Trennung innerhalb der Gruppen nicht aufrechterhalten werden. So öffnete sich die Unione Siciliane schließlich auch dem Nicht-Sizilianer Al Capone, und Lucky Luciano arbeitete sowohl mit dem Kalabresen Frank Costello, wie auch mit Vito Genovese, der Neapolitaner war, als auch Nicht-Italienern zusammen. So gehörte der irische Auftragsmörder Frank Sheeran zu den wenigen, welchem seitens des FBI die tatsächliche Mitgliedschaft in der US-amerikanischen Cosa Nostra zugerechnet wurde.

Es besteht ein Zusammenschluss namens National Crime Syndicate, dem eine „Commission“ vorsteht, in dem auch Nicht-Italiener Sitz und Stimme hatten. Insbesondere war hier auch Meyer Lansky vertreten. Dieser war, wie viele damalige Spitzen der organisierten Kriminalität, Jude. Deshalb kam der ironische Begriff Kosher Nostra in Umlauf, deren Karriere als Gangster, im Gegensatz zu den Italienern, blieb in der Regel nur das Phänomen einer Generation. Eine Kultur des Verbrechens wurde im Gegensatz zur Cosa Nostra in der Regel nicht an die Nachkommen weitergegeben und blieb nachfolgenden Generationen häufig weitgehend verborgen. Mit dem Tod dieser einzigen Gangster-Generation der Kosher Nostra endete eine spezielle Facette des organisierten Verbrechens, während sich die italienischstämmige Cosa Nostra immer wieder erneuert.

Die Familien

Die amerikanischen Familien sind manchmal nach ihrem Standort, häufig jedoch auch nach einer bestimmten Person benannt. Es gibt, verglichen mit der Situation auf Sizilien, sehr wenige Familien in den USA. Die US-Familien operieren oft landesweit. So waren Las Vegas und das östliche Florida jahrzehntelang „offen“, d. h. jede Familie konnte dort im Glücksspiel operieren.

Die wichtigsten Clans sind die Fünf Familien von New York City: Bonanno, Colombo, Gambino, Genovese und Lucchese. Die Existenz der fünf Familien wurde 1983 durch den ehemaligen Boss Joseph Bonanno in seinem Buch „A Man of Honor“ zugegeben.[3] Dazu tritt als sechste Familie das Chicago Outfit. Familien anderer großer Städte in den USA wurden zeitweise mehr oder minder von diesen sechs Familien dominiert:

  • Buffalo: Buffalo-Familie
  • Chicago: Chicago Outfit; Nebenstandorte in Las Vegas, Florida und Los Angeles
  • Cleveland: Cleveland-Familie
  • Detroit: Zerilli-Familie
  • Florida: Trafficante-Familie; Stammsitz in Tampa
  • Kalifornien: California-Familie; Stammsitz in Los Angeles, mit Nebenstandorten in San Diego, San Francisco und San Jose
  • Kansas City: Kansas-City-Familie
  • Milwaukee: Balistieri-Familie
  • New England: Patriarca-Familie; Hauptsitze in Boston und Providence
  • New Jersey: DeCavalcante-Familie
  • New Orleans: New-Orleans-Familie
  • New York City: Die Fünf Familien:
  • Philadelphia: Scarfo-Familie
  • Pittsburgh: Pittsburgh-Familie
  • St.Louis: St.Louis-Familie
  • Seattle: Seattle Incorporated; Stammsitz in Seattle, Nebenstandorte in Oregon und Vancouver

Die verstärkte Zusammenarbeit der originären sizilianischen Mafia mit der US-amerikanischen Cosa Nostra aufgrund des Drogenhandels (über die Pizza Connection) hat beide Segmente, die lange Zeit vollkommen unabhängig voneinander agierten, wieder enger zusammengeführt und das Ganze in gewisser Hinsicht zeitweise tatsächlich erneut zu einer gemeinsamen Sache (it.: „Cosa nostra“ – „Unsere Sache“) gemacht. Trotzdem unterscheiden sich die beiden Organisationen voneinander erheblich. Die temporär sehr enge Zusammenarbeit kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass beide Organisationen über eine jeweils eigene Mentalität verfügen und sich in dieser von ihrem Pendant auch deutlich unterscheiden. Vor allem der höhere Organisationsgrad der sizilianischen Cosa Nostra lässt diese, ihrem amerikanischen Ableger gegenüber, überlegen erscheinen.

Beschäftigungsfelder

Kreditwucher, Schutzgeld, Prostitution

Die wichtigsten ursprünglichen Geschäfte der amerikanischen „La Cosa Nostra“ waren von je her der Kreditwucher, die Schutzgelderpressung und Prostitution. Letzteres war in der sizilianischen Cosa Nostra eigentlich verboten, aber die ‚Amerikaner‘ hielten sich nicht daran; als Lucky Luciano später auch in Italien das Geschäftsfeld etablieren wollte, wurde den Sizilianern zugesagt, ohne Ausnahme Nicht-Italienerinnen für diesen Geschäftszweig bereitzustellen.

Trotz aller neueren und lukrativeren Geschäftsfelder hat die Cosa Nostra diese Bereiche nie aufgegeben. Selbst wenn sie die Geschäfte selbst nicht (mehr) betreibt, verlangt sie in der Regel eine Beteiligung an den Gewinnen aus illegalen Geschäften und erweitert so die Reichweite von Schutzgeld auch auf illegale Unternehmen.

Glücksspiel

Die Banden in den Five Points betrieben auch immer schon das Glücksspiel, auf den Straßen von New York City wurden Kartenspiele und italienische Lotterien („number games“) organisiert. Vor und nach dem Drogenhandel war dies immer eine lukrative Einnahmequelle gewesen. Ursprünglich war das Glücksspiel in den USA stark eingeschränkt und größtenteils verboten; als der Bundesstaat Nevada aufgrund der Wirtschaftskrise seine Gesetze lockerte, zog es die Mobster nach Las Vegas, wo sie durch den Einsatz von Strohmännern in den Besitz mehrerer Casinos gelangten oder diese selbst aufbauten.

Hierzu nutzten sie vor allem ihre Kontakte zu den Kosher Nostras um Meyer Lansky und es waren u. a. Personen wie Gus Greenbaum und Frank Rosenthal welche die Casinos in Las Vegas und bald auch schon in Atlantic City organisierten. Durch die Verbindung und Kooperation mit General Fulgencio Batista auf Kuba erlangten die Mobster auch dort die vollständige Kontrolle über Buchmacher und Lotterien in den wichtigsten Großstädten des Landes.

Herrschte schon in Las Vegas die groteske Situation, dass Glücksspiel und Sportwetten in einer Form erlaubt waren, die im Rest der USA verfolgt wurden, so herrschten auf Kuba geradezu paradiesische Verhältnisse. Hochrangige Mobster die z. B. im Tropicana von Havanna eintrafen, wurden wie hochrangige Staatsgäste behandelt; in den Hotels wurde zu ihrem Empfang der Rote Teppich ausgerollt. Der gesamte kubanische Staat war durch Korruption derartig ausgehöhlt, dass die Kubanische Revolution letztendlich leichtes Spiel hatte. Batista und die Gangster mussten 1959 Kuba fluchtartig verlassen und intensivierten ihre Aktivitäten in den USA, aber auch z. B. auf den Bahamas.

Drogen

Der Drogenhandel war immer eine umstrittene Sache in Kreisen der Italiener gewesen; noch stärker als bei der Alkoholprohibition, war der Handel mit Heroin von Anfang an mit einem Verfolgungsdruck belegt, der eine Gefahr für die Gesamtorganisation darstellte.

Andererseits waren die meisten Familien durch den Alkoholschmuggel reich geworden und es waren häufig die Mitglieder der „streetcrews“ die davon am wenigsten abbekommen hatten. Diese waren dann besonders offen für derartige riskante Geschäfte. Als durch den internationalen Drogenhandel die US-amerikanische „La Cosa Nostra“ resizilianisiert wurde, da die sizilianischen Familien die Kontrolle über den Handel erlangten und ihren Einfluss in Amerika ausbauten, waren es erneut die einfachen ‚Soldaten‘ der Straßengangs, die sich nicht an die Absprachen hielten, das Geschäft nur den Sizilianern zu überlassen. (Siehe Cosa Nostra: Die Kuppel)

Labor Racketeering

Die Unterwanderung und Korrumpierung der Gewerkschaften, auch „labor racketeering“ genannt, begann bereits in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts. Zunächst war es ein lukratives Geschäft gewesen, auf Seiten der Arbeitgeber in die Arbeitskämpfe einzugreifen, später war es noch gewinnbringender, seine Schläger unparteiisch an den Meistbietenden zu verleihen. Einige dieser Auseinandersetzungen wurden als Labor Slugger War legendär. Es waren hier zunächst Kosher Nostras die hier ein Gewaltmonopol aufbauten; erst unter Louis Buchalter wurde die Verbindung zu den Sizilianern verstärkt, da die gemeinsam betriebene Murder, Inc. als administratives Tötungsorgan gebildet wurde.

Eine besondere Verbindung entwickelte sich zur Gewerkschaft der Transportarbeiter der Teamsters. Durch die Niederschlagung der irischen White Hand Gang waren die Italiener an die Kontrolle der Hafendocks in New York City gekommen. Daraus ergab sich nicht nur die Möglichkeit, in den Docks gezielt zu stehlen, sondern durch die Unterwanderung der Gewerkschaft, konnte bei den Gewerkschaftsmitgliedern abkassiert werden und die Gewerkschaftsbüros waren eine perfekte Tarnung. Als Gegenleistung sicherten sie Gewerkschaftern wie Jimmy Hoffa die Präsidentschaft über die Gewerkschaft und hielten Konkurrenten in Schach. Es waren dann die Pensionsgelder des 1960 gegründeten Central States Pension Fund, welche zur Finanzierung der Casinos in Las Vegas in den 1970er Jahren herangezogen wurden.

Die Geschichte der La Cosa Nostra

Die Anfänge

Unter den italienischen Immigranten (davon ca. 800.000 Sizilianer), die ab den 1870er Jahren ihrer Armut ins kapitalistischen Amerika entflohen, befanden sich auch Kriminelle, welche bald begannen, ihre Landsleute in den Großstädten zu erpressen. Die gewählte Methode der Erpressung wurde als Blackhand in den USA zum Synonym für Erpressung allgemein. Perfektioniert wurde diese Methode durch die Black Hand Gang, welche ursprünglich wohl ein Ableger bzw. Imitation der anarchistischen La Mano Nera (it. „Die Schwarze Hand“) gewesen sein soll. In New York City unter Ignazio „Lupo the Wulf“ Saietta weitete sie jedoch ihre Geschäftstätigkeit aus; insbesondere wurde ein groß angelegter Falschgeldring aufgezogen, darin war wahrscheinlich auch der sizilianische Don Vito Cascio Ferro verwickelt, sowie die Unione Siciliane unterwandert.

Durch Einheirat gab es eine familiäre Beziehung zur Morello-Familie, die als Vorläufer des später als „Genovese-Familie“ klassifizierten Clans gelten kann. Gegen 1917 gelang es der Morello-Familie, eine Konkurrenzorganisation neapolitanischer Einwanderer, die von Pellegrino Morano geleitet wurde, in einem blutigen Konflikt aus New York zu verdrängen.

Andere italienische Einwanderer übernahmen die völlige Kontrolle über italienische Viertel wie zum Beispiel Little Italy in New York City, Chicago und New Orleans, indem sie sich – als so genannte „Mustache Petes“ – mit Gewalt zu den einzigen Lieferanten für importierte Waren aus Sizilien (Olivenöl, Käse, Brot und ähnliche) machten oder sich das Monopol für Geschäfte mit italienischen Lotterien verschafften.

In New York City hatte sich – neben anderen Straßengangs – außerdem die Five Points Gang gebildet, in der später berüchtigte Mafiosi wie Al Capone, Lucky Luciano etc. Mitglied waren und die als weitere Quelle zur Bildung und Organisation der La Cosa Nostra anzusehen ist.

Die Prohibition

Von 1919 bis 1933 war in den ganzen USA Handel und Produktion von Alkohol grundsätzlich verboten. Die von Anfang an sehr unpopuläre Alkoholprohibition führte zur Entstehung eines riesigen Schwarzmarkts. Kriminelle aller Art importierten Schnaps und Bier aus Kanada, Mexiko und sogar Schottland oder stellten den Alkohol in illegalen Brennereien und Brauereien selbst her. Darunter waren Iren, Juden, Griechen, Neapolitaner (wie Al Capone), Kalabresen und „echte“ Amerikaner; im Gegensatz zur Heimat verfügten die Sizilianer also nie über das illegale Gewaltmonopol.

In New York waren es Kosher Nostras, die 70 % des Alkoholschmuggels beherrschten, während die Italiener, letztendlich in den Fünf Familien der Mafia organisiert, lediglich 25 % für sich verbuchen konnten; den Rest teilten sich irische und andere Gruppen.[1] In Chicago hatte sich jedoch das von italienischen Einwanderern kontrollierte Chicago Outfit gegen irische Banden, insbesondere aber gegen die North Side Gang, durchgesetzt.

Lucky Luciano, Foto aus den 1930er Jahren.

Vor allem aus Kanada wurden riesige Mengen Alkohol in die USA geschmuggelt; der Alkohol wurde nach Chicago, Buffalo und Detroit gebracht und von dort auch weiter in andere Großstädte geschmuggelt. In diesem Geschäft operierten vor allem die jungen aufstrebenden Gangster wie Lucky Luciano, Meyer Lansky, Bugsy Siegel, Al Capone, Frank Costello und andere, die mit Nicht-Italienern in der Seven Group kooperierten. Die älteren traditionsbewussten vornehmlich sizilianischen Bosse, Mustache Petes genannt, begnügten sich dagegen mit ihren traditionellen illegalen Einnahmequellen wie beispielsweise der Schutzgelderpressung.

Das Geschäft mit dem Alkoholschmuggel boomte und brachte der La Cosa Nostra große Profite und einen starken Machtzuwachs. Vor allem Chicago wurde zum Synonym für Kriminalität und organisiertes Verbrechen und Al Capone wurde zum Archetypus dieser Form illegaler Geschäftstätigkeit. Ursprünglich aus New York City, setzte er sich Anfang 1920 nach Chicago ab. Dort stieg er bald zum Adlatus des Bosses Johnny Torrio auf. Dieser berief ein Treffen aller Banden, auch der irischen, polnischen und jüdischen ein und schlug eine umfassende Zusammenarbeit vor.

Trotzdem kam es zum Konflikt mit der North Side Gang um Dean O'Banion; am 9. November 1924 wurde O’Banion in seinem Blumengeschäft erschossen. Die Reste der North Side Gang unter Hymie Weiss und später unter Bugs Moran führten den Kampf weiter. Am 24. Januar 1925 wurde Torrio in einen Hinterhalt gelockt und mit vier Schüssen niedergeschossen, überlebte aber. Er zog sich ins Privatleben zurück und übergab Capone die Geschäfte. Capone, nun der mächtigste Mann in der organisierten Kriminalität in Chicago und darüber hinaus, ging gegen seine Gegner rücksichtslos vor. Das Valentinstag-Massaker am 14. Februar 1929, in dessen Verlauf mehrere Mitglieder der „Nordseite“ ermordet wurden, machte ihn landesweit berühmt und berüchtigt. Auch wenn er sich dadurch endgültig die Vorherrschaft sicherte, wurde er nun die erste Zielscheibe der Behörden, da Frank J. Loesch, Vorsitzender der Chicago Crime Commission 1930 eine Liste von „Öffentlichen Feinden“ (en: „Public Enemy“) aufgestellt hatte, welche in abgewandelter Form von der Chicago Tribune veröffentlicht wurde. Beide Listen führten Al Capone an erster Stelle; es wurde üblich ihn in der Presse als „Staatsfeind No.1“ zu bezeichnen. Die Liste erhöhte den Verfolgungsdruck auf die darin gelisteten Personen enorm. Wegen Einkommenssteuerhinterziehung 1931 verurteilt, musste Capone für zwölf Jahre ins Gefängnis.

Der Castellammarese-Krieg

In New York hatten sich im Jahr 1930 die Strukturen und Reviere der Fünf Familien gefestigt. Die Familie von Joe „the Boss“ Masseria war die anerkanntermaßen stärkste in New York City. Masseria band in seine Familie auch nichtsizilianische Italiener ein.

„Neben der Masseria-Gruppe agierte in Manhattan und Brooklyn in enger Anlehnung an Masseria die Al Mineo Gang. Die Bronx kontrollierte Gaetano Reina, der Sohn von Giacomo Reina aus Corleone (…). Staten Island war das Arbeitsgebiet von Joseph Profaci. Die fünfte Gruppe stellte eine Besonderheit dar, da sie ihre Mitglieder ausschließlich aus Immigranten aus Castellammare del Golfo rekrutierte. Der nominelle Boss dieser Formation war Cola Schiro, das Sagen hatte jedoch Salvatore Maranzano. Die Castellammarese hatten sich ebenfalls für Manhattan und Brooklyn als Operationsgebiet entschieden. …“

Hannelore Gude Hohensinner[4]

Der intellektuelle Maranzano hatte eine persönliche Abneigung gegen Masseria und beide steuerten trotz der Konkurrenz mit anderen ethnischen Gruppen auf eine Auseinandersetzung um die Vorherrschaft zu, die heute als Krieg von Castellammare bezeichnet wird.

In der Folge kam es zu intrigenreichen und chaotischen Kämpfen, bei denen anfangs Masseria die Oberhand behielt, aber am 15. April 1931 erschossen wurde. Damit schien der Krieg beendet, Maranzano lud zu einem Bankett, ernannte sich selbst zum „Capo di tutti Capi“ und formte die Fünf Familien neu.

Während er selbst die Führung über seine Familie behielt, ernannte er Lucky Luciano zum Boss und Vito Genovese zum Vizeboss der Familie von Masseria. Die ehemals von Al Mineo geleitete Familie wurde von Vincent Mangano, Frank Scalise und Albert Anastasia übernommen, die von Gaetano Reina nun von Tommy Lucchese und Gaetano Gagliano geleitet. Nur in der Profaci-Familie blieb alles beim Alten. Luciano und Maranzano überwarfen sich bald; beide wollten die alleinige Macht und am 10. September 1931 wurde Maranzano in seinen Geschäftsräumen ermordet.

Joseph Bonanno wurde zum neuen Boss der Familie gewählt. Letztendlich gingen die „Young Turks“ (de: Jungtürken) um Lucky Luciano als Gewinner über die Mustache Petes alter Schule hervor. Auch setzte sich das Konzept Lucianos teilweise durch, die „La Cosa Nostra“ auch den Nichtsizilianern zu öffnen. Die Aufnahme von Italienern aus Kalabrien oder Kampanien war in der Zukunft in den meisten Familien eher unproblematisch. Den Angehörigen anderer Nationalitäten blieb die Mitgliedschaft jedoch – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – verwehrt.

National Crime Syndicate

Um Streitigkeiten in Zukunft zu vermindern und Kriege zu verhindern, wurde eine Kommission geschaffen, in der alle fünf Familien vertreten waren. Das Konzept wurde in Chicago Al Capone unterbreitet, der es ebenfalls billigte.

Auch auf Sizilien hatte es schon immer Absprachen zwischen verschiedenen Clans der Mafia gegeben; Überlegungen einer allgemeinen Ordnung in den USA waren bereits durch Johnny Torrio entwickelt worden, den Luciano noch als Mitglied der Five Points Gang kannte, bevor dieser nach Chicago gegangen war. Auch Maranzano war letztlich mit entsprechenden Vorstellungen aus Sizilien gekommen. Allerdings wollte dieser die Fünf Familien von New York und das Chicago Outfit unter seine Herrschaft als Oberboss bringen, während Meyer Lansky und Lucky Luciano, auf Ratschlag von Torri, ein modernes kooperatives Führungssystem, wie in der legalen Wirtschaft auch, vorschwebte.

In dem National Crime Syndicate waren neben den Italienern auch Kosher Nostras vertreten; insbesondere Assoziierte wie Meyer Lansky und Louis Buchalter. Es waren immer wieder die Ressourcen des Bugs and Meyer Mobs, deren sich Luciano bei der Durchsetzung seiner Ziele gegenüber den Italienern und Sizilianern bediente. Mit der Murder, Inc. wurde geradezu eine gemeinsame professionelle Mordabteilung geschaffen, an die Mordaufträge delegiert wurden.

An die Stelle eines Oberhauptes trat ein Exekutiv-Ausschuss der Familienbosse, die Commission, der auch Meyer Lansky angehörte und in der Luciano als eine Art Vorstandsvorsitzender fungierte. Blutige Familienkriege konnte diese Organisationsform zwar auch nicht verhindern, aber diese Konflikte wurden dadurch in der Regel eingedämmt.

Durch diesen Frieden wurde auch die öffentliche Aufmerksamkeit reduziert, welche durch Bandenkriege aufgeschreckt, letztlich den Fahndungsdruck der Polizei auf das Organisierte Verbrechen bisher immer erhöht hatte, was z. B. in der Vergangenheit letztlich zur Inhaftierung von Monk Eastman geführt hatte. Geschützt durch korrupte Politiker, Richter und Polizisten, würden die Familien des „National Crime Syndikate“ praktisch ungestört ihren Geschäften nachgehen können; zumindest war das die Vorstellung von Lansky und Luciano.

1933 bis 1941

Der Friedensplan von Luciano und den anderen Bossen ging jedoch letztendlich nicht auf. Zwar etablierten in den 1933er Jahren sich die Fünf Familien in New York und expandierte in den 1930er Jahren, allerdings war diese Expansion auch der Tatsache geschuldet, dass nach dem Ende der Alkoholprohibition ein lukrativer Geschäftsteil weggebrochen war und durch neue Geschäftsfelder und Ausweitung des eigene Einflusses kompensiert werden musste.

Zuerst entdeckte man Florida, das damals noch sehr dünn besiedelt war. Außerdem richteten sich die Familien an der Westküste der Vereinigten Staaten ein. 1940 ging Bugsy Siegel im Auftrag der New Yorker Familien nach Los Angeles, um dort die Gewerkschaften zu kontrollieren.

Außerdem konnte der staatliche Verfolgungsdruck letztendlich doch nicht vermieden werden. Erstens hatte sich das Image der Mobster, insbesondere durch das Valentinstag-Massaker in Chicago von 1929, drastisch verschlechtert. Das führte letztendlich dazu, dass Al Capone 1931 wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde. Zweitens hatte viele offenbar die Mobster als notwendiges Übel betrachtet, solange nur diese den (illegalen) Alkohol bereitstellen konnten; durch die Legalisierung war niemand mehr bereit steigende Kriminalität weiter hinzunehmen.

Drittens waren es in New York gerade die politischen Verbindungen, von denen sich Luciano Protektion erhofft hatte, die nun indirekt zur Verschärfung der Verfolgung führten. 1933 war Fiorello LaGuardia zum Bürgermeister von New York gewählt worden. Der Republikaner war ins Amt gekommen, nachdem einer seiner korrupten Vorgänger wegen Annahme von Schmiergeldern zurückgetreten, angeklagt und nach Europa geflohen war. LaGuardia bestimmte Thomas E. Dewey zum Sonderankläger, um die Macht der korrupten Tammany Hall zu brechen. Dewey wand sich gegen das organisierte Glücksspiel, welches bereits geschäftliche Grundlage der klassischen Banden wie der Eastman Gang oder der Five Points Gang gewesen war und nun insbesondere von Dutch Schultz und seinen Schlägern organisiert wurde. Per Radio bat Dewey um Informationen und erhielt über 3000 Hinweise. Nachdem Schultz zunächst 1933 wegen Steuerhinterziehung angeklagt wurde, ging Dewey dann auch gegen Lucky Luciano vor.[5]

Grundlage für Deweys Nachforschungen waren die Aktivitäten von Luciano im Bereich Prostitution und Mädchenhandel. Schultz hatte inzwischen beschlossen Staatsanwalt Dewey zu töten. Noch vor seiner eigenen Urteilsverkündung versuchte Luciano, Dutch Schultz von einem Mord an Dewey abzuhalten. Die „Commission“ des National Crime Syndicate beschloss nach dessen Weigerung seinen Tod, um Gefahren für die Gesamtorganisation abzuwenden, welche die Ermordung des Staatsanwaltes unweigerlich nach sich gezogen hätte und Schultz wurde ermordet.

Durch diese juristische Verfolgungen und internen Auseinandersetzungen wurden die Führungsebenen der Clans verändert. Für den inhaftierten Luciano übernahm Frank Costello die Führung der Genovese-Familie. Vito Genovese floh 1937 nach Italien, um einer Mordanklage zu entgehen. 1940 wurde Abe „Kid Twist“ Reles in New York festgenommen. Dieser war ein Angehöriger der Murder, Inc. und begann gegen die Zusage von Straffreiheit auszusagen.

Er lieferte viele seiner Kumpane aus, die fast alle hingerichtet wurden; darunter Louis Buchalter einen Angehörigen der Kommission, den bis heute der höchstrangigen Mobster der USA, der je hingerichtet wurde. Eine weitere Anklage gegen Albert Anastasia scheiterte, da Reles am Tag des Gerichtstermins 11. November 1941 auf ungeklärte Weise aus dem obersten Stock eines Hotels stürzte, obwohl er von acht Polizisten bewacht wurde.

Zweiter Weltkrieg

Durch den Angriff der Japaner vom 7. Dezember 1941 auf den Flottenstützpunk Pearl Harbor in Hawaii waren die Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg eingetreten und Adolf Hitler hatte den USA am 11. Dezember 1941 den Krieg erklärt. Bei der Operation Paukenschlag versenkten deutsche U-Boote ab dem 13. Januar 1942 eine Reihe von Handelsschiffen an der Ostküste der Vereinigten Staaten, so dass auf amerikanischer Seite Vermutungen aufkamen, in den eigenen Häfen seien Kollaborateure und Spione am Werk.[6][7]

In den USA brach eine Hysterie aus und hinter allen diesen Aktivitäten wurden (nationalsozialistische) Spione vermutet. „Vorsorglich“ wurden japanisch- und deutschstämmige US-Bürger verhaftet, auch wenn gegen diese nichts vorlag, und während des Krieges in Sammellagern interniert.

Lafayette gekentert, 22. Februar 1942.

Ihren Höhepunkt erreichten diese Vermutungen, als im Februar 1942 das beschlagnahmte französische Schiff Normandie zum Truppentransporter mit neuem Namen Lafayette umgerüstet werden sollte. Im Rahmen der Umbauarbeiten brach jedoch, auch begünstigt durch schwere Sicherheitsmängel und Nachlässigkeiten, bei Schweißarbeiten ein Feuer aus, durch das mehrere Arbeiter starben. Bei der Brandbekämpfung kenterte das Schiff aufgrund des ungleichmäßig aufgenommen Löschwassers.

Gerüchte kamen auf, das Schiff sei der Sabotage deutscher Spione zum Opfer gefallen. Das schien nun die Bestätigung dafür, das die USA von Verrätern und Spionen unterwandert waren. Daraus wurde später abgeleitet, die US-Regierung habe sich entschlossen, mit der US-amerikanischen Cosa Nostra zusammenzuarbeiten, um im Hafen von New York City weitere Anschläge abzuwehren. Ohne Frage wäre der inhaftierte Lucky Luciano, der über Frank Costello die Hafenarbeiter und über Albert Anastasia die Docks kontrollierte, die Kontaktperson einer solchen Absprache und damit der Vorläufer für die nachgewiesene Cooperation von CIA und Mafia im Falle Kubas (Operation Mongoose) in den 1960er Jahren gewesen.

Darüber hinaus wird bis heute vermutet, die US-Regierung hätte Kontakte zu Luciano benutzt, um die alliierte Landung auf Sizilien im Jahr 1943 und den daran anschließenden Italienfeldzug abzusichern.[7] Diese Umstände sollen zur Freilassung von Luciano nach 10 Jahren Haft geführt haben. Jack Higgins nahm dies als Vorbild für seinen 1982 in Deutschland erschienenen Roman „Luciano“ (OT: Luciano’s Luck).[8]

Eine direkte Zusammenarbeit in Bezug auf die Landung auf Sizilien wird von dem Mafia-Kenner John Dickie[1] jedoch verworfen. Hierfür spräche auch die Unterstützung des italienischen Diktators Benito Mussolini durch Vito Genovese, der für diesen die Ermordung des Arbeiterführers Carlo Tresca am 11. Januar 1943 in New York City organisierte. Die Verfolgung der Mafia auf Sizilien war zu diesem Zeitpunkt längst beendet; erst nach der Landung der Alliierten in Italien wechselte Genovese auf deren Seite.

Die US-Navy erhoffte sich von Mafia-Verbindungen Auskünfte über die italienischen Häfen und dortigen feindliche Aktivitäten und erhielt diese auch. Nach der alliierten Landung auf Sizilien wurden diese Informationen wesentlicher Bestandteil der Kriegsführung; besonders im Hinblick auf militärische und personelle Details. Diese bestanden u. a. aus gestohlenen Plänen der Verminung von Häfen und Namenslisten von Gewährsleuten hinter der Frontlinie.[9][10][11]

Die Marine-Abwehr war über Meyer Lansky bereits im Frühling 1942 an Luciano herangetreten und dieser ließ einem seiner Unterbosse, Joe „Socks“ Lanza, in diesem Sinne freie Hand im Hafengebiet. Navy-Angehörige mit gefälschten Gewerkschaftsausweisen wurden in die Fischereibetriebe und den Hafen New Yorks eingeschleust und alle sicherheitsrelevanten Informationen an die entsprechenden Behörden weitergeleitet. Dafür wurde Luciano am 12. Mai 1942 von Dannemora in das Meadow Prison in Comstock (New York) verlegt, wo der Geheimdienst der Marine diskrete Treffen mit ihm durchführte.[12][13]

1946 bis 1957 Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg weitete sich die Aktivität der La Cosa Nostra weiter aus und zwar vor allem nach Las Vegas, das zu diesem Zeitpunkt einen wahren Boom erlebte. Vor allem Frank Costello, Meyer Lansky, Sam Giancana und Anthony Accardo aus Chicago kauften sich dort massiv über Strohmänner ein und wurden Mitbesitzer bei diversen Casinos. Auch in Kuba wurde massiv ins Glücksspiel und den Tourismus investiert. Am 20. Juni 1947 wurde „Bugsy“ Siegel, der in Las Vegas das Casino-Hotel Flamingo eröffnet hatte, erschossen. Sein Geschäfte wurden von Leuten wie Gus Greenbaum und Mickey Cohen übernommen.

1946 kehrte Vito Genovese aus Italien zurück. Dort hatte er den Außenminister des ‚Duce‘ Benito Mussolini, Graf Galeazzo Ciano mit Kokain beliefert und nach dem Kriegsaustritt Italiens 1943 dabei geholfen, den Schwarzmarkt zu organisieren. Zeugen, die diverse Anklagen gegen ihn stützten, erlitten so genannte „Unfälle“. Während sein Boss Costello vor allem in risikoarme legale Geschäfte und das Glücksspiel investierte, war Genovese vor allem im Drogenhandel tätig. Zwischen ihnen tat sich eine Kluft auf und Genovese wusste zunehmend die einfachen ‚Soldaten‘ der Straße hinter sich zu versammeln.

Diese waren weitgehend von den lukrativen Geschäften ausgeschlossen und sahen im riskanten aber hochprofitablen Drogenhandel ihre Chance. Costello hatte seiner Familie ein verbindliches Verbot erteilt, mit Drogen jedweder Art zu handeln. Genovese war eng mit New Yorker Boss Tommy Lucchese verbündet, Costello dagegen mit Albert Anastasia, dessen Vize Carlo Gambino wiederum heimlich mit Lucchese. Costellos Macht innerhalb seiner Familie stützte sich vor allem auf den Captain Willie Moretti aus New Jersey, der eine große Zahl von Soldaten kontrollierte. Dieser litt jedoch an Syphilis und war geistig teils nicht mehr bei Sinnen; er sprach oft mit Fremden über geheime Dinge. Genovese nutzte dies, agitierte gegen ihn und 1951 wurde Moretti ermordet.

Vito Genovese

Die Konferenzen von Palermo und Appalachin

Vom 10.–14. Oktober 1957 fand, durch Joseph Bonanno organisiert,[1] ein Treffen zwischen sizilianischen und US-amerikanischen Mobstern im Grand Hotel des Palmes und im Restaurant Spano in Palermo statt. Nach anderen Quellen[14] hatten allerdings Lucky Luciano, Genco Russo, Tommaso Buscetta, die Brüder La Barbera und Salvatore „Cichiteddu“ Greco eingeladen und die US-Amerikaner Bonanno, dessen Unterboss Carmine Galante, Vetter Steve Maggadino aus Buffalo und Giovanni „Papa John“ Priziola aus Detroit, waren die eingeladenen Gäste.

Es wurden Absprachen getroffen, um den größten Drogenhandel mit Heroin aufzuziehen, den es bis dahin gegeben hatte. Zur Befriedung wurde nun ebenfalls wie in den USA eine „Commission“ aus zwölf Mitgliedern gebildet und wurde auch als Kuppel bezeichnet. Deren ersten Vorsitz übernahm Salvatore Greco und nicht einer der von Luciano favorisierten Brüder Angelo La Barbera und Salvatore La Barbera.

Als Ergebnis wurde den Sizilianern erlaubt, ihre Drogen – gegen Zahlung einer Abgabe – in den USA selbst vertreiben zu dürfen. Allerdings hielten sich Vito Genovese und Carmine Galante nicht an diese Vereinbarung.

Genovese, der bereits nach der Inhaftierung Lucianos 1936 und vor seiner Flucht 1937 nach Sizilien Oberhaupt bzw. „acting-boss“ der Genovese-Familie gewesen war, hegte nach dem Mord an Willie Moretti weiter Ambitionen seinen alten Rang als Oberhaupt zurückzubekommen und beauftragte Vincent Gigante mit einem Attentat, bei dem Frank Costello am 2. Mai 1957 einen Streifschuss am Kopf erlitt und sich als Boss zurückzog. Am 25. Oktober 1957 wurde Albert Anastasia, inzwischen Oberhaupt des unter seinem Nachfolger Carlo Gambino als Gambino-Familie klassifizierten Mafia-Clans, ermordet.

Anastasia wurde zusätzlich innerhalb der Organisation gebrandmarkt, da sich herausstellte, dass er Mitgliedschaften in der Organisation gegen Geld verkauft hatte. Aus diesem Grund wurden auch in New York jahrelang keine neuen Mitglieder mehr in die Familien aufgenommen.

Genovese hätte eigentlich für sein Vorgehen zumindest der Zustimmung der US-amerikanischen „Commission“ bedurft und so organisierte Genovese am 14. November 1957 ein Treffen des National Crime Syndicate, um sich diese Zustimmung nachträglich zu besorgen. Außerdem plante Genovese, sich auf dem Apalachin-Meeting zum „Capo di tutti i capi“ ausrufen zu lassen und damit Lucky Luciano und Meyer Lansky endgültig zu verdrängen.

Das Treffen fand in Apalachin statt und ging als sogenanntes „Apalachin-Meeting“ wegen der Umstände um das Treffen in die Geschichte ein. In Apalachin bewohnte Joseph Barbera ein luxuriöses großes Anwesen. Barbera hatte bereits durch seine Vorstrafen und die Weigerung, einen Diebstahl auf seinem Anwesen zur Anzeige zu bringen, die Aufmerksamkeit der örtlichen Behörden erregt. Am 14. November 1957 trafen sich dann 65 Personen auf diesem Anwesen; die örtliche Polizei fuhr vor und unter den Bossen brach eine Massenpanik aus. Das Treffen endete in einer Massenverhaftung durch die örtliche Polizei.

Lansky hatte wegen Krankheit an dem Treffen nicht teilgenommen und später kam sogar die Vermutung auf, er hätte das Treffen an die Polizei verraten; außerdem wurde Genovese wenig später im Rahmen einer Rauschgiftoperation der Polizei verhaftet. Auch hier soll ein Tipp eine Rolle gespielt haben; angeblich kam dieser von Luciano und Lansky (wie Luciano behauptete).

Alle wurden kurz darauf wieder freigelassen, doch die Organisation hatte einen unglaublichen Schaden davongetragen. US-Präsident Dwight Eisenhower warb öffentlich für ein hartes Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität. Niemand konnte nun noch behaupten, eine gut organisierte kriminelle Vereinigung existiere nicht. Appalachin sollte auf lange Sicht für die „La Cosa Nostra“ fatale Folgen haben. Als erste Konsequenz wurde Vito Genovese wegen seiner Beteiligung am Drogenhandel zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Von Kuba bis zu den McClellan-Hearings

1959 war die Kubanische Revolution unter Fidel Castro erfolgreich und der Diktator Fulgencio Batista musste aus dem Land fliehen. Die neue Regierung begann bald die meisten Unternehmen zu verstaatlichen. Auch die großen Hotels und Casinos in Havanna wurden enteignet und die Mobster mussten dem hilflos zusehen. Viel hatten, wie insbesondere Meyer Lansky, große Summen in neue Casinos investiert.

Ungeachtet dieses Rückschlags hatte sich zu diesem Zeitpunkt der „Mob“ in den gesamten USA fest etabliert und stand auf dem Höhepunkt seiner Macht. Einzelne Dependancen wie in Seattle und Los Angeles hatten sich zu eigenen Familien entwickelt, die ihrerseits in andere Städte wie San Francisco, San Diego oder auch Vancouver zu expandieren begannen.

An der Wahl von John F. Kennedy zum Präsidenten war das Chicago-Outfit höchstwahrscheinlich beteiligt. Der Bundesstaat Illinois war heissumkämpft und nur wenige zehntausend Stimmen machten am Ende den Unterschied aus. Diese wurden höchstwahrscheinlich in Chicago von der Organisation „besorgt“. Als die Kennedy-Regierung 1961 ins Weiße Haus einzog, verstärkten sich dann die Bemühungen der Bundesbehörden im Kampf gegen das organisierte Verbrechen.

„1959 war bei der New Yorker Dependance des FBI die wahrlich aufschlußreiche Anzahl von vier Agenten für den Tatbereich der organisierten Kriminalität abgestellt". Auf Druck von Justizminister Robert Kennedy untersuchten Anfang 1962 bereits 150 Agenten die Aktivitäten der kriminellen New Yorker Subkultur.“

Hannelore Gude Hohensinner[4]

Ab 1963 sagte erstmals ein Zeuge aus dem inneren Bereich der Organisation aus und brach damit die Omertà: Joe Valachi, der seit 30 Jahren in der Genovese-Familie Mitglied war und mit Vito Genovese eine Zelle im Gefängnis geteilt hatte. Genovese, der beinahe schon paranoid war, wollte ihn töten lassen, wie auch viele Gefolgsleute. Tony Bender, sein bester Mann und langjähriger Vize-Boss, verschwand und wurde nie wieder gesehen. Valachi entschloss sich mit den Behörden zusammenzuarbeiten um sein Leben zu retten. Er enthüllte neben Organisationsstruktur, Geschichte und vielen Namen von Mitgliedern auch den wahren Namen des ‚Mob‘: „La Cosa Nostra“.

Von Ende der 1960er Jahre bis zur Rückkehr nach Las Vegas

In den beginnenden 1960er Jahren zog sich die La Cosa Nostra aus Las Vegas zurück; die meisten Kasinos wurden von Howard Hughes und anderen Geschäftsleuten aufgekauft. Die Kommission erließ 1966 zum zweiten Mal ein verbindliches Verbot mit Drogen zu handeln, da die Strafen hierfür 1965 erneut drastisch verschärft worden waren.

Ab 1967 wurden im US-Kongress neue Gesetze erlassen, vor allem Title III und 1970 der RICO Act, die direkt auf das organisierte Verbrechen zielten. Während das Chicago-Outfit in Florida, Mexiko und im gesamten Westen der USA stark expandierte, kam es in New York zum Kampf um die vakante Führungsposition. Vito Genovese war 1969 im Gefängnis gestorben. Zwischen 1964 und 1969 kam es zum sogenannten ‚Bananenkrieg‘, der seine Namen deshalb trug, weil Joseph Bonanno intern auch Joe Bananas genannt wurde.

Dieser hatte zusammen mit Joseph Magliocco versucht, den aufstrebenden Carlo Gambino und dessen Verbündeten Tommy Lucchese auszuschalten, was ihm allerdings nicht gelang. Nach dem gescheiterten Coup wurde er abgesetzt und versuchte seine Macht mit Gewalt wieder herzustellen. Anfang Juni 1972 wurde Joey Gallo erschossen. Am 28. Juni 1971 wurde sein interner Rivale Joseph Colombo, Boss der Colombo-Familie erschossen. Thomas Eboli, Acting Boss der Genovese-Familie, wurde am 16. Juli 1972 in Brooklyn ermordet. Der wahrscheinliche Auftraggeber all dieser Morde war Carlo Gambino, der sich zunehmend zum mächtigsten Boss entwickelte.

Da die Versuche vieler Wirtschaftsmagnaten, sich in Las Vegas zu etablieren finanziell eher enttäuschend verlaufen waren, kehrten die Mobster ab 1973 nach Las Vegas zurück. Sie kaufte sich erneut in die Kasinos und Hotels über Strohmänner ein; das Geld hierfür kam wiedereinmal aus dem 1930 gegründeten Central States Pension Fund, dem Pensionsfonds der Gewerkschaft der Teamsters-Transportarbeiter, die von der Cosa Nostra unterwandert waren. Treibende Kraft waren vor allem Nick Civella, Boss der Familie von Kansas City, und Anthony Accardo, Boss des Chicago-Outfit.

Accardo war schon zusammen mit Jake Guzik und Frank Nitti einer der drei Männer gewesen, die das Outfit führten, während Al Capone im Gefängnis saß. Zusammen mit Paul Ricca leitete er erfolgreich das Chicago-Outfit. Unter seiner Führung erreichte das Chicago Outfit 1977 seinen vorläufigen Machthöhepunkt. Bei einer Konferenz konnte sie die „Rechte“ an Las Vegas für Chicago und die anderen Familien des Mittleren Westens (Kansas City, Milwaukee) erwerben. Die New Yorker Familien und die von Philadelphia sollten im Tausch dafür die alleinigen Rechte an dem Vergnügungssort Atlantic City erhalten. Bei dieser Vereinbarung erwies sich bald, dass die Familien der Ostküste der Vereinigten Staaten das deutlich schlechtere Geschäft gemacht hatten, denn Las Vegas blieb der weitaus profitablere Standort.

Die Pizza Connection

Nach dem Treffen in Palermo von 1957 begannen die Sizilianer die Infrastruktur für den ihnen überlassenen Drogenhandel mit Heroin aufzubauen. Mit Beginn der 1960er Jahre wurden von der La Cosa Nostra sizilianische Verbrecher ins Land geschmuggelt. Diese begannen in Pizzerien zu arbeiten; dies taten sie jahrelang ohne illegalen Aktivitäten nachzugehen, um dann hinter der legalen Fassade noch in einem anderen Bereich tätig zu werden: Die meisten dieser Pizzerien dienten auch als Vertriebsstelle für Heroin. Da die Pizzerien mit Zutaten wie Tomaten, Käse und anderen italienischen Exportgütern versorgt werden mussten, war hier neben der zusätzlichen legalen Einnahmequelle eine Möglichkeit gegeben, das Heroin von Sizilien aus in die USA zu schmuggeln. Zudem diente die legale Fassade der Pizzerien als ideale Möglichkeit, die durch den Heroinhandel eingenommenen Gelder zu waschen. So kam es zu der Bezeichnung Pizza Connection. Allein John Gambino, Angehöriger der Gambino-Familie und der Vetter des sizilianischen Bosses Salvatore Inzerillo, war Eigentümer von 240 Pizzerien, die über die gesamten USA verteilt waren. Im Nordosten der USA kontrollierte die Cosa Nostra über die Pizza Connection allein mehr als 80 Prozent des Drogenhandels.

Besonders in den 1970er und 1980er Jahren entwickelte sich die Pizza Connection zu einem hochprofitablen Geschäft, bei dem die gut organisierte sizilianische Cosa Nostra jedes Jahr mehrere hundert Millionen Dollar verdiente und auch in den USA immer mehr Einfluss gewann. Dies wurde von den Amerikanern teils mit Unbehagen und Furcht betrachtet. Es gab jedoch keine Möglichkeit, eine Ausbreitung der „Zips“, wie die Sizilianer von den amerikanischen Mafiosi genannt wurden, zu verhindern. Auch waren die Amerikaner durchaus uneins; einige Bosse behielten ein etwas distanziertes Verhältnis, andere arbeiteten sehr eng mit den Sizilianern zusammen.

Carmine Galante, Boss der Bonanno-Familie, hielt sich eine mehrköpfige sizilianische Leibwache und nahm viele Ehrenmänner aus Sizilien auch in seine Familie auf. Galante hielt die sizilianischen Ehrenmänner für zuverlässiger und fähiger als seine Landsleute. Wie viele andere trotzte Galante dem Verbot der Kommission mit Heroin zu handeln; er tat dies jedoch in einem exorbitanten Umfang. Der FBI-Agent Joe Pistone, der als verdeckter Ermittler unter dem Namen „Donnie Brasco“ in der Bonanno-Familie undercover ermittelte, berichtete wie beunruhigt die Amerikaner waren, als Galante zwei Sizilianer zu Captains ernannte. Die amerikanischen Captains befürchteten einen akuten Machtverlust und klagten:

„… über die wachsende Macht der Sizilianer, die mit einer Mischung aus Geringschätzung und großer Angst beäugt wurden.“

Joe Pistone[15]

Außerdem meldete Pistone dem FBI das ambivalente Verhältnis der Amerikaner zu den Sizilianern und beschrieb die Eindrücke, die die Sizilianer bei den einfachen Soldaten hinterließen:

„Er sagte, die ‚zips‘ seien Sizilianer, die man ins Land geholt habe, damit sie für Carmine ‚Lilo‘ Gigante Heroin verdealen und Mordaufträge ausführen. … Sie wurden in Pizzerias untergebracht, wo sie Heroin geliefert bekamen und weiterverteilten, Geld wuschen und auf weitere Aufträge von Galante warteten. … er sagte, die ‚zips‘ seien eine verschworene und verschlossene Clique. … Sie seien, sagte er, die gewissenlosesten Killer, die es in dem Geschäft gebe.“

Joe Pistone[16]

Galante behielt die Gewinne für sich allein und nutzte sie dazu, um seine Macht immer weiter auszubauen. Die anderen New Yorker Bosse wie Paul Castellano, Chef der mächtigen Gambino-Familie oder „Fat Tony“ Salerno, waren zunehmend besorgt über Galantes Machtwillen und seine Weigerung, die Profite mit der New Yorker Commission zu teilen. Unzufrieden waren gleichzeitig auch die sizilianischen Ehrenmänner, die einen größeren Anteil aus den Gewinnen erwarteten. Daraus bildete sich eine Interessengemeinschaft zur Beseitigung von Galante.

Carmine Galante wurde am 12. Juli 1979 von seiner sizilianischen Leibwache erschossen und ein Sizilianer übernahm die Leitung der Bonanno-Familie für die folgenden zwei Jahre. Der Vorsitzende der US-amerikanischen Kommission, Paul Castellano, traf sich bald darauf mit den führenden sizilianischen Drogenhändlern Salvatore Catalano und Giuseppe Ganci, um einen größeren Anteil aus dem Heroinhandel für die Commission auszuhandeln. Mitte der 1980er Jahre wurde die „Pizza Connection“ von den Behörden zerschlagen.

Der RICO-Act

Die Macht der „La Cosa Nostra“ konnte in den 1980er und 1990er Jahren zu großen Teilen gebrochen werden, was zum Teil an der verstärkten Anwendung des bereits seit 1970 bestehenden „Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act“ (RICO) lag. Dieses Bundesgesetz, welches den Bundesbehörden eine wichtige Waffe im Kampf gegen die Mafia in die Hand gab, ermöglicht es Bundesstaatsanwälten, Klage zu erheben, wenn eine Person in Verdacht steht, einer kriminellen Vereinigung anzugehören. Dies kann der Fall sein, wenn der Angeklagte innerhalb von zehn Jahren zwei von insgesamt 35 definierten Straftaten mit demselben Ziel oder Resultat begangen hat. Auch neue Gesetze, die dem FBI das Abhören erleichterten, taten ein Übriges.

1983 wurde die Kontrolle der La Cosa Nostra über Las Vegas offengelegt und in der Folge begann eine „Säuberungsaktion“ in den Kasinos und Hotels; in der Folge verloren die Mobster die Kontrolle über Las Vegas und Bosse wie Anthony Accardo, Joe Aiuppa und Nick Civella wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Accardo verstarb jedoch schon vor Antritt seiner Haftstrafe.

Bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens tat sich besonders der Distriktstaatsanwalt und spätere Oberbürgermeister von New York City, Rudolph Giuliani, hervor. Ab Mitte der 1980er bis Anfang der 1990er Jahre feierte die Strafverfolgung große Medienerfolge. Am 25. Februar 1985 kam es zu einem großen Schlag gegen die New Yorker Familien, als viele ihrer wichtigsten Angehörigen und Bosse verhaftet wurden. Paul Castellano und Aniello Dellacroce von der Gambino-Familie, Tony Corallo, Boss der Lucchese-Familie und Carmine Persico, Boss der Colombo-Familie, zählten zu den wichtigsten Inhaftierten. Auch Anthony Salerno, der offizielle Boss der Genovese-Familie (im Geheimen war schon Vincent Gigante der wirkliche Boss), konnte verhaftet werden.

Der auf Kaution vorläufig entlassene Paul Castellano wurde am 16. Dezember 1985 erschossen. Anstifter der Morde war John Gotti, der auch zugleich der neue Boss der Familie wurde. Im Gegensatz zu anderen Bossen liebte Gotti die mediale Aufmerksamkeit und inszenierte sich selbst für Presse und Fernsehen. Auch die Gambino-Familie zwang er damit allerdings ins Licht der Öffentlichkeit und erhöhte damit den Verfolgungsdruck auf den Clan. 1990 wurde er neben drei weiteren Bossen der fünf New Yorker Familien verurteilt.

Der Gambino-Clan zerfiel unter seinem gleichnamigen Sohn John A. Gotti und seinem Bruder Peter in den 1990er Jahren. Insbesondere als auch noch seine Brüder Richard und Peter am 13. März 2003 eine 16-jährige Haftstrafe antreten mussten, entstand das Gerücht, der Clan hätte sich aufgelöst; aber da 2002 John D’Amico nach einer langjährigen Haftstrafe nach Brooklyn zurückkehrte, wurde das seitens des FBI als Wahrnehmung seiner Rolle als neues Oberhaupt einer bestehenden Gambino-Familie interpretiert.

1992 bis heute

1997 wurde Vincent Gigante, Boss der Genovese-Familie, nach einem langen Prozess rechtskräftig verurteilt. Danach geriet nicht nur die Genovese-Familie, sondern auch die gesamte Organisation in eine schwere Krise. Der Kodex der Omertà, der Schweigepflicht, befindet sich bereits seit den 1960er Jahren, beginnend mit dem ersten Zeugen aus den Reihen der US-amerikanischen Mafia, Joe Valachi, in stetiger Auflösung.

Die sizilianischen Traditionen geraten in Vergessenheit. Viele hochrangige Überläufer, beispielsweise Sammy Gravano, Al D'Arco, Angelo Lonardo, Salvatore Vitale und sogar der Boss der Bonanno-Familie Joseph Massino sagten vor Regierungsorganen aus. Da sich das Hauptaugenmerk der Behörden auf die Bosse richtet, hat die Organisation ein zunehmendes Führungsproblem; war es früher noch für junge Mitglieder erstrebenswert, an die Spitze der Familien zu gelangen, wollen die intelligenteren und innovativeren unter ihnen nun eher in der mittleren Ebene bleiben, um möglichst nicht dem ganzen Verfolgungsdruck ausgesetzt zu sein.

Die Organisation ist aus ihren legalen Geschäftsbereichen, wie z. B. dem Bauwesen oder der Müllentsorgung herausgedrängt worden und beschränkt sich mittlerweile auf Geschäftsfelder wie Telefonsex, Kreditkartenbetrug und ähnliches. Allerdings könnte die Mafia dadurch, dass die Aufmerksamkeit des FBI seit 2001 vor allem auf die Verfolgung von Terroristen gelenkt wurde, wieder Aufwind bekommen haben.

Am 8. Februar 2008 wurde insbesondere John D'Amico im Zuge einer gemeinsamen Aktion US-amerikanischer und italienischer Ermittlungsbehörden gegen das organisierte Verbrechen zusammen mit einer Vielzahl anderer Mitglieder und Assoziierter der Gambino-Familie verhaftet. Den Verhafteten werden unter anderem Mord, Erpressung, Kreditwucher und Drogenhandel vorgeworfen. Offenbar gab es Hinweise darauf, dass beide Organisationen weiter im Drogengeschäft kooperieren und die „Pizza Connection“ neu beleben wollten.[17].

Quellen

Literatur

  • Joe Dorigo: Mafia. Heel Verlag, Königswinter 1993, ISBN 3-89365-311-2 – Großformatiges Buch über die La Cosa Nostra mit vielen Fotos.
  • Jo Durden Smith: Mafia. Premio Verlag, 2007, ISBN 3-86706-047-9.
  • Hannelore Gude Hohensinner: Die Genoveses. Europa Verlag, München/Wien 1998, ISBN 3-203-77533-6 – Detaillierte Geschichte der Fünf New Yorker Familien mit Hauptaugenmerk auf die Genovese-Familie.
  • Joseph Ianuzzi: Das Ende des Paten. Heyne Verlag, München, 1995, ISBN 3-453-08859-X – Autobiographie eines rangniederen „Assoziierten“ der Gambino-Familie in Florida.
  • Robert Lacey: Meyer Lansky. Der Gangster und sein Amerika. Gustav Lübbe Verlag, 1992 ISBN 3-7857-0652-9 – Biographie von Meyer Lansky und seiner Familie, in der auch die La Cosa Nostra eine wichtige Rolle spielt.
  • Klaus von Lampe: Organized Crime: Begriff und Theorie organisierter Kriminalität in den USA. Lang, Frankfurt am Main 1999 (Frankfurter Kriminalwissenschaftliche Studien Bd. 67) ISBN 3-631-34721-9 – Theoretische Abhandlung.
  • Peter Maas: Underboss. Ich war der Zweite Mann. Die Lebensgeschichte des Mafia-Bosses Sammy „The Bull“ Gravano. Scherz, Bern 1998 ISBN 3-502-18430-5 – Lebensbericht des Kronzeugen und ehemaligen Unterbosses der Gambino Crime Family, der inzwischen rückfällig wurde; bisweilen sehr selbstgerecht.
  • Joseph F. O’Brien, Andris Kurins: Ehrenwerte Männer. Das FBI und der Pate von New York. S.Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-10-054003-4 – Geschildert wird von zwei FBI-Agenten Planung und Ablauf der Verfolgung von Paul Castellano, dem ehemaligen Boss der Gambino Familie.
  • Nicholas Pileggi: Casino. Droemer Knaur Verlag, 1996 ISBN 3-426-60439-6 – Biographie von Frank Rosenthal, dessen Tätigkeit als Casino-Manager für die Mafia auch im gleichnamigen Film von Martin Scorsese verarbeitet wurde.
  • David Chauvel, Erwan Le Saec: Cosa Nostra. Alles Gute!, München 2008, ISBN 978-3-941239-00-5 – mehrbändige Comicserie zur Geschichte der Cosa Nostra mit erklärendem Sekundärteil zu den wichtigsten Fakten.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d John Dickie: Cosa nostra: Die Geschichte der Mafia. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2006, ISBN 978-3-596-17106-4.
  2. „Their Thing“ auf www.time.com (englisch)
  3. Joseph Bonanno: A Man of Honor. Buccaneer Books 1998, ISBN 978-1-56849-722-8.
  4. a b Hannelore Gude Hohensinner: Die Genoveses. Europa Verlag, München/Wien 1998, ISBN 3-203-77533-6.
  5. „Mafia, Geheimdienste und Politik der USA. Teil 1 (1865 bis 1938)“ auf www.us-politik.ch
  6. Lucky Luciano auf www.time.com vom 7. Mai 1998
  7. a b „Bad Guys Done Good“ auf www.nypost.com
  8. Jack Higgins: Luciano. Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH, Bergisch Gladbach 1985, ISBN 3-404-10579-6.
  9. Rodney Campbell: The Luciano Project: The Secret Wartime Collaboration of the Mafia and the U.S. Navy. McGraw-Hill, 1977, ISBN 978-0-07-009674-5.
  10. Rodney Campbell: Unternehmen Luciano. Die Rolle der Mafia im Zweiten Weltkrieg. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1977. Übersetzung aus dem Englischen: Susanne Bock. ISBN 3-404-65053-0, S. 142 ff.
  11. Tim Newark: Mafia Allies: The True Story of America’s Secret Alliance with the Mob in World War II. Zenith Press. Erste Ausgabe 2007.
  12. Charles Lucky Luciano auf gangstersinc.tripod.com
  13. „The american Mafia:Chronology – Section IV 1932–1949“ auf www.onewal.com (englisch)
  14. „Mafia, Geheimdienste und Politik der USA. Teil 4 (1956 bis 1960)“ auf www.us-politik.ch
  15. Alexander Stille: Die Richter: Der Tod, die Mafia und die italienische Republik. C. H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42303-5.
  16. Claire Sterling: Die Mafia. Scherz Verlag, München 1990, ISBN 3-502-17700-7.
  17. FAZ-Artikel; Großeinsatz der Polizei: 81 Mafiosi gefasst

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