- Nautische Instrumente Mühle
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Nautische Instrumente Mühle-Glashütte/Sa. ist ein deutscher Hersteller von nautischen Instrumenten, Schiffs- und Armbanduhren mit Sitz in Glashütte (Sachsen).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Gegründet wurde das Unternehmen 1869 als „Robert Mühle und Sohn“. Produziert wurden Messinstrumente und feinmechanische Geräte, vorwiegend für die örtliche Uhrenindustrie.
Später wurden auch Mess- und Anzeigeinstrumente für Fahrzeuge entwickelt und produziert, z. B. für Marken wie Horch (heute Audi). Während des Zweiten Weltkriegs wurden vorwiegend Instrumente für Panzer- und andere motorisierte Einheiten der Wehrmacht sowie für die Kriegsmarine hergestellt. Kurz vor Ende des Krieges wurde Glashütte von der sowjetischen Luftwaffe bombardiert, dabei wurden auch große Teile der Firma Mühle zerstört.
1945 wurde der Familienbetrieb enteignet, da es sich um einen Rüstungsbetrieb bzw. kriegswichtigen Betrieb gehandelt hatte. Die erneute Gründung wurde 1946 von Hans Mühle, dem Enkel des Gründers, vollzogen. Unter dem neuen Namen „Hans Mühle Glashütte“ erfolgte die Produktion von Messgeräten, Lauf- und Hemmwerken. Als Hans Mühle starb, übernahm sein Sohn Hans Jürgen Mühle im Jahre 1969 die Firma. 1972 wurde das Unternehmen zwangsverstaatlicht und im Jahre 1980 von der Glashütte Uhrenbetrieb (GUB) übernommen. Hans Jürgen Mühle war nach der Wende 1990 erst Abteilungsleiter, später Geschäftsführer der GUB.
1994 kam das Unternehmen wieder in den Besitz der Gründerfamilie. Anfangs wurden nur Schiffsuhren und Schiffsuhrsysteme hergestellt, was sich noch im aktuellen Firmennamen widerspiegelt. Später kam die Produktion von mechanischen Armbanduhren mit automatischem Aufzug auf der Grundlage von verbesserten (veredelten) Schweizer Werken, überwiegend der Hersteller ETA und Valjoux hinzu. Diese bildet heute das Kerngeschäft von Mühle-Glashütte. Die Jahresproduktion liegt bei ca. 15.000 Armbanduhren.
Streit um die Herkunftsbezeichnung „Glashütte“
Nach dem Erscheinen der ersten Mühle-Uhrenkollektion warfen Kritiker aus den Reihen anderer Glashütter Uhrenmanufakturen der Fa. Mühle immer wieder vor, die Herkunftsbezeichnung „Glashütte“ zu Unrecht zu verwenden, da die in den Mühle-Uhren verwendeten Uhrwerke nicht in Glashütte hergestellt, sondern zugekauft seien. Hans Jürgen Mühle hielt seinen Kritikern bei solchen Gelegenheiten entgegen, seine Firma sei der einzige Uhrenhersteller im Besitz einer Glashütter Familie; im Gegensatz zu den anderen traditionellen Herstellerfamilien sei seine Familie nach Kriegsende auch nicht in den Westen gegangen. Überdies wären Hersteller wie Union Glashütte, Glashütter Uhrenbetrieb oder A. Lange & Söhne ohne das Geld und Know-how ihrer schweizerischen Mutterkonzerne gar nicht in der Lage gewesen, die Tradition Glashütter Uhrmacherkunst wiederauferstehen zu lassen.
Zwischen den Streitparteien wurde der Kompromiss geschlossen, dass die Bezeichnung „Made in Glashütte“ durch Nautische Instrumente Mühle nicht verwendet wird, da das Unternehmen Schweizer Rohwerke anstelle in Glashütte gefertigter Uhrwerke verwendet. Zugelassen wurde lediglich die Aufbringung des Firmennamens „Nautische Instrumente Mühle-Glashütte/Sa.“ und die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“. Voraussetzung sei, dass mindestens 50 % der Wertschöpfung durch Veredelung des zugekauften Schweizer Uhrwerks in Glashütte erfolge.
2005 kam es zu Meinungsverschiedenheiten über die Definition der "Wertschöpfung". Das Landgericht München stellte durch Urteil fest, dass Mühle der übernommenen Verpflichtung nicht ausreichend nachgekommen sei. In der Folge musste Mühle für die damit verwirkte Vertragsstrafe von 63 Millionen Euro eine bilanzielle Rückstellung bilden, was zur Überschuldung führte.
Im Zuge dieses Rechtsstreits mit dem Konkurrenten Nomos Glashütte um die Benutzung des Herkunftsnamens wurde Mühle zunächst zu einer Vertragsstrafe von 63 Millionen Euro verurteilt und musste Insolvenz anmelden. Zur Ermittlung der tatsächlichen Höhe der Wertschöpfung wurden zwei Gutachter bestellt[1]. Am 1. Oktober 2007 wurde das Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht Dresden eröffnet. Das Gericht ordnete allerdings die Durchführung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung an, d.h. die Abwicklung erfolgte unter Leitung der Geschäftsführung und die Produktion konnte weitergeführt werden[2]. Am 28. Februar 2008 stimmten die knapp 50 Gläubiger vor dem Insolvenzgericht Dresden dem Insolvenzplan zu, den der vom Amtsgericht Dresden eingesetzte Sachwalter, Rechtsanwalt Helgi Heumann vorgelegt hatte. Damit wurde das laufende Verfahren Mitte März aufgehoben. Die Firma darf nach der jüngsten gerichtlichen Entscheidung auch künftig den Ort Glashütte im Namen tragen. Hintergrund ist eine zwischenzeitliche Einigung mit Nomos, nachdem alle von Mühle vertriebenen Uhren inzwischen die Anforderungen an die Herkunftsbezeichnung "Glashütte" erfüllen[3].
Uhrenmodelle
Die Fa. Mühle bietet im Gegensatz zu Herstellern wie Glashütte Original oder A. Lange & Söhne keine Luxusuhren an, sondern konzentriert sich auf das mittelpreisige Marktsegment mit qualitativ guten Stahluhren von überwiegend schlichtem, zurückhaltendem Design. Die meisten Modelle sind wahlweise mit Stahl- oder Lederbändern, die Taucheruhren auch mit Kautschukbändern erhältlich.
Die Standard-Modelle sind in Produktlinien unterteilt. Gegenwärtig (Stand 2008) sind Modelle in folgenden Linien verfügbar:
- Geschäfts-Linie: Business Damen, Mercurius, Quadrant, Quadrant Damen, Teutonia II Chronograph, Teutonia II Chronometer, Teutonia II Damen
- Technik-Linie: Metior, Pilot 1, Pilot 2, Pilot 3, Pilot 4
- Klassik-Linie: Florette
- Sport-Linie: Sports M12, Big Sports M12, Damen-Sports M12
- City-Linie: Passagier I, Passagier II, Cap Polonio, City 99, Lady-Matic 99, 29er
- Nautik-Linie: Rasmus, S.A.R. Rescue-Timer - die offizielle Dienstuhr der Vorleute (= Kapitäne) der Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS).
Hinzu kommen noch Sondereditionen und Neuheiten, die noch keiner der o. g. Linien zugeordnet sind:
- Sondereditionen: Teutonia SC, Cap Polonio
- Neuheiten 2008: Germanika I, Germanika II, Germanika III, Germanika IV, Terranaut I, Terranaut II, Terranaut III, 29er Chronograph, 29er Big
Einzelnachweise
- ↑ „Mühle-Glashütte zieht Antrag auf Insolvenz zurück“, Sächsische Zeitung, 13. August 2007
- ↑ „Insolvenz in Eigenverwaltung angeordnet“, Pressemitteilung der Fa. Mühle v. 1. Oktober 2007
- ↑ „Insolvenz bei Mühle abgewendet“, Meldung auf MDR Regional Sachsen v. 29. Februar 2008
Literatur
- Hans Heinrich Schmid: Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850-1980. Förderkreis Lebendiges Uhrenindustriemuseum e.V., Villingen-Schwenningen 2005, ISBN 978-3927987913. S. 491.
Weblinks
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