Neckarprivileg

Neckarprivileg
Die Urkunde über das Neckarprivileg
Heilbronn 1557. Der neue Lauf des Neckars fließt längs der Stadtmauer und wird von der steinernen Neckarbrücke überquert. Über den Altarm führt unten rechts noch die hölzerne „äußere Brücke“.

Das Neckarprivileg Ludwigs des Bayern, ausgestellt am 27. August 1333 in Esslingen, berechtigte die Stadt Heilbronn dazu, den Lauf des Neckars zu beeinflussen und nutzbar zu machen. Die daraufhin angelegten Stauwehre blieben in der Folge bis ins 19. Jahrhundert hinein ein unüberwindliches Hindernis für den Schiffsverkehr auf dem Fluss, dessen schiffbare Strecke also hier geteilt war, ein stetes Ärgernis für den Handel am Oberlauf.

Geschichte

Zu früherer Zeit verlief der Hauptarm des Neckars bei Heilbronn weit im Westen seiner Aue nahe bei Böckingen, die Stadt Heilbronn selbst lag an einem kleineren Nebenarm. Bei einem Hochwasser im Jahr 1333 kam es zu einem Durchbruch, die Hauptwasserrinne verlief danach längs der westlichen Stadtgrenze. Daraus entstanden Zwistigkeiten zwischen dem Deutschen Orden, dessen Wiesen ein Raub der Fluten geworden waren, und dem Magistrat der Stadt. Der herbeigerufene Ludwig der Bayer urteilte am 27. August 1333 in Esslingen im Streit zwischen der Stadt Heilbronn und dem Komtur und Konvent des Deutschen Hauses, dass erstere den Neckar nach Belieben wenden und kehren möge, den Deutschherrn für den Schaden an ihrem Wehr das frei werdende Bett und unter Umständen nach Schätzung von vier von beiden Parteien gestellten Schiedsmännern noch besonderen Ersatz geben, ihr Fischereirecht lassen und wenn der Widerschall von den Stauwehren ihrer Mühle schade, eine andere Mühlstatt am Neckar nach Anweisung des Kaisers in derselben Nähe und Ferne geben solle.[1]

Durch den Bau von Stauwehren vor der Stadt Heilbronn wurde der Fluss zum schützenden Wassergraben. Die angestaute Wasserkraft trieb alsbald viele städtische Mühlen an. Die Mühle des Deutschordens dagegen, die am ursprünglichen, später verlandeten Hauptarm lag, scheint alsbald aufgegeben worden zu sein, ohne dass die Stadt – wie im Schiedsspruch des Kaisers vorgesehen – eine Mühle für den Orden als Ersatz errichten musste.

Auf einem Plan von 1554 im Staatsarchiv Stuttgart sind bereits neun Mühlen verzeichnet, durch den kontinuierlichen Ausbau von Neckarinseln und Kanälen wurden es fortlaufend mehr. Die Industrialisierung in Heilbronn ging später von den Heilbronner Papiermühlen aus.

Die Stauwehre verhinderten die Schiffspassage auf dem Neckar an Heilbronn vorbei. Allein Flöße konnten im Mittelalter talwärts durch eine eigens geschaffene Floßgasse passieren, alle anderen Waren mussten in Heilbronn umgeschlagen werden, wodurch die Reichsstadt zu einem bedeutenden Handelsplatz wurde, besaß die Stadt doch das Stapelrecht für die angelandeten Waren. Erst der Bau des Wilhelmskanals in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte den Neckar hier wieder für Schiffe und Boote durchgängig.

Um den Verkehr der seit 1333 vom Neckar begrenzten Stadt Heilbronn über den Fluss hinweg zu erleichtern, errichtete man eine Brücke, die 1471 in Stein ausgeführt wurde. Sie ging in einem Eisgang im Jahre 1691 ab, man ersetzte sie provisorisch, erst durch zwei, später durch nur eine hölzerne Brücke. Erst 1867 erbaute man zum Anschluss des neuen Bahnhofsviertels westlich des Flusses an das Stadtzentrum östlich davon eine Stahlbogenbrücke, deren Nachfolgebauwerk heute Kaiser- und Bahnhofstraße verbindet.

Die hölzerne „äußere Brücke“ überquerte den alten Neckar-Hauptarm, „Altach“ genannt, der im Lauf der Zeit immer mehr verlandete, weshalb man diese unnütz gewordene Brücke auf der Wegtrasse nach Böckingen 1770 abtrug. Das letzte Relikt der Altach, den Böckinger See, schüttete man im Jahr 1948 zu.

Quellen

  1. Eugen Knupfer (Bearb.): Urkundenbuch der Stadt Heilbronn. Kohlhammer, Stuttgart 1904 (Württembergische Geschichtsquellen. N. F. 5). Seite 62, Nr. 135

Literatur

  • Willi Zimmermann: Heilbronn – der Neckar: Schicksalsfluß der Stadt. Verlag Heilbronner Stimme, Heilbronn 1985 (Reihe über Heilbronn, 10), ISBN 3-921923-02-6

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Heilbronner Arbeiterbewegung — Die Geschichte der Stadt Heilbronn beschreibt die Entwicklung von Heilbronn in Baden Württemberg. Der Ort hat sich aus einem im 7. Jahrhundert bestehenden fränkischen Königshof entwickelt, wurde im 14. Jahrhundert zur Reichsstadt erhoben und als… …   Deutsch Wikipedia

  • Baugeschichte der Stadt Heilbronn — Die Baugeschichte der Stadt Heilbronn beschreibt die Stadtbaugeschichte und Stadtplanung von Heilbronn in Baden Württemberg. In dem im Jahre 822 als villa Helibrunna bezeichneten Ort mit fränkischem Königshof im Bereich Gerberstraße, Kaiserstraße …   Deutsch Wikipedia

  • Geschichte der Stadt Heilbronn — Wappen von Heilbronn Die Geschichte der Stadt Heilbronn beschreibt die Entwicklung von Heilbronn in Baden Württemberg. Der Ort hat sich aus einem im 7. Jahrhundert bestehenden fränkischen Königshof entwickelt, wurde im 14. Jahrhundert… …   Deutsch Wikipedia

  • 1333 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 13. Jahrhundert | 14. Jahrhundert | 15. Jahrhundert | ► ◄ | 1300er | 1310er | 1320er | 1330er | 1340er | 1350er | 1360er | ► ◄◄ | ◄ | 1329 | 1330 | 1331 | 13 …   Deutsch Wikipedia

  • Kommende Heilbronn — die zweistöckige Barockfassade des Deutschhofes mit drei Ziergiebeln vom Götzenturm aus gesehen (Juli 2006) Der Deutschhof ist ein innerstädtisches Quartier in Heilbronn, das auf die 1225 gegründete Heilbronner Kommende des Deutschen Ordens… …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig IV. (Bayern) — Kaiser Ludwig der Bayer (Grabplatte in der Frauenkirche) Ludwig IV. der Bayer (* Ende 1281/Anfang 1282 in München; † 11. Oktober 1347 in Puch bei Fürstenfeldbruck) entstammte dem Haus Wittelsbach. Er war seit 1294 Herzog von Oberbayern …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig IV. der Bayer — Kaiser Ludwig der Bayer (Grabplatte in der Frauenkirche) Ludwig IV. der Bayer (* Ende 1281/Anfang 1282 in München; † 11. Oktober 1347 in Puch bei Fürstenfeldbruck) entstammte dem Haus Wittelsbach. Er war seit 1294 Herzog von Oberbayern …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig der Baier — Kaiser Ludwig der Bayer (Grabplatte in der Frauenkirche) Ludwig IV. der Bayer (* Ende 1281/Anfang 1282 in München; † 11. Oktober 1347 in Puch bei Fürstenfeldbruck) entstammte dem Haus Wittelsbach. Er war seit 1294 Herzog von Oberbayern …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig der Bayer — Kaiser Ludwig der Bayer (Grabplatte in der Frauenkirche) Ludwig IV. der Bayer (* Ende 1281/Anfang 1282 in München; † 11. Oktober 1347 in Puch bei Fürstenfeldbruck) entstammte dem Haus Wittelsbach. Er war seit 1294 Herzog von Oberbayern …   Deutsch Wikipedia

  • Neckarschifffahrt — Vorlage:Infobox Fluss/DGWK fehltVorlage:Infobox Fluss/KARTE fehlt Neckar Neckarquelle im Schwenninger Stadtpark Möglingshöhe Daten …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”