Neidan

Neidan

Neidan (chinesisch 内丹 nèidān ‚innerer Zinnober‘) ist eine daoistische Schule der Inneren Alchemie, die während der Song- und Yuan-Dynastie in China entstand. Im Gegensatz zur äußeren Alchemie (Waidan) strebt die innere Alchemie nicht die Herstellung eines Stoffes im Labor an, sondern es handelt sich um eine Erleuchtungstechnik. Neidan ist eine Methode der Ordnung von innerem und äußerem Dasein und beinhaltet Techniken der existentiellen und intellektuellen Integration. Die unteren Stufen des Neidan beschäftigen sich nicht oder nur in untergeordnetem Maße mit der Erleuchtung sondern sind eine körperliche Technik, die die Lymph- und Blutgefäße sowie die Knochen und Faszien stärken und reinigen soll.

Ein Charakteristikum des Neidan ist es, dass aus dem Buddhismus spekulative Elemente übernommen wurden, z. B. Gong'ans (Koan) und Spekulationen über Leere (Wu) und Dasein (You), das Yijing eine große Rolle spielt, dessen Symbole als stilisierte und abstrakte Formen grundlegender Wahrheiten angesehen werden, und Bezug genommen wird auf den Konfuzianismus und konfuzianisches Schrifttum. Es stellt einen Versuch dar, eine Synthese der Drei Lehren (Konfuzianismus, Daoismus und Buddhismus) vorzunehmen.

Die Neidan-Texte weisen verschiedene Merkmale auf:

  • Sie stellen Techniken der geistigen und physischen Schulung dar.
  • Sie beziehen unterschiedliche daoistische Strömungen ein wie Atemübungen, Visualisationen aus dem Shangqing oder alchemistischen Techniken.
  • Sie verwenden systematisch die Trigramme und Hexagramme des Yijing.
  • Sie verweisen auf chemische Techniken, die in ihnen eine metaphorische und symbolische Bedeutung haben.

Die ersten Texte, die sich sicher der Strömung des Neidan zuordnen lassen, gehen auf das 8. bis 9. Jahrhundert zurück. Viele Texte beziehen sich auf die Schriften Wei Boyangs, einem legendären Unsterblichen, der im 2. Jahrhundert gelebt haben soll und der das Cantong Qi und das Guwen Longhu, Texte, die sich nicht sicher datieren lassen, verfasst haben soll. Ab dem 12. Jahrhundert entstanden Schulen des Neidan, deren eine Quanzhen (全真道) ist, die Schule der vollständigen Wahrheit, die durch Wang Zhe gegründet wurde und die bis heute in China fortbesteht. Diese Schule hatte im 12. und 13 Jahrhundert auch Einfluss am chinesischen Kaiserhof und war in der Gebildetenschicht sehr populär, bis sie durch den Buddhismus in ihrem Einfluss verdrängt wurde.

Die innere Alchemie hat das Ziel, zur Geburt eines neuen Menschen, des kosmischen oder heiligen Embryos (Shengtai), zu führen und den Geist über die Welt zu erheben. Eine zentrale Vorstellung des Neidan stellt das Yuanjing dar, die „ursprüngliche Essenz“. Ihre Symbole und Techniken sind hochkomplex und stellen eine geistige Neuordnung des Individuums dar, die sich vereinfachend so darstellen lassen, dass der Adept vom uranfänglichen Chaos ausgeht, Koordinaten und Eingrenzungen erschafft, diese in Schwingungen und Dynamik versetzt, sie zusammenfügt und ineinanderflicht, um sie im Zentrum zu vereinen und zu verschmelzen, so dass Instanzen erzeugt werden, die immer reiner werden. Diese Vorgänge werden so lange wiederholt, bis der Adept die reine Leere erreicht hat, die das Dao ist. Von den Techniken des Qigong unterscheidet sich Neidan dadurch, dass es den Schwerpunkt auf geistige Techniken legt und die physischen Übungen, wie Qigong, welche in heutigen Klöstern ebenfalls praktiziert werden, nur vorbereitende Stufen sind.

Die Schule des Quanzhen betont, dass das Ziel nicht die physische Unsterblichkeit ist, wie in den früheren Schulen des Daoismus (z. B. der Himmelsmeister oder des Shangqing), sondern dass es um rein innerliche Prozesse geht, die den Geist über die Welt setzen. Die Quanzhen-Schule stellte die erste Schule des Daoismus dar, die nach Vorbild des Chan-Buddhismus Klöster errichtete und strenge Regeln des Zölibats, der Enthaltsamkeit von Alkohol, Fleisch, Begierden, Zorn und Reichtümern einführte.

Auf Taiwan gibt es noch einige Klöster des Quanzhen und in der VR China werden mittlerweile Klöster wiederaufgebaut und bewohnt.

Ein berühmter Vertreter der Schule der inneren Alchemie war Zhang Boduan, die berühmteste Vertreterin war Sun Bu’er.

Innere Alchemie im Westen

Auch im Westen entstanden oder überdauerten parallel zur christlichen Lehre Techniken der inneren Alchemie.

Literatur

  • Thomas Cleary (Hrsg.): Die Drei Schätze des Dao. Über die Harmonie von Körper, Geist und Seele. (Basistexte der inneren Alchemie). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-596-12899-4 (Fischer 12899 Spirit).
  • Richard Bertschinger (Übers., Kommentar): Cantong Qi = Das Dao der Unsterblichkeit. Krüger, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-8105-2341-0.
  • Isabelle Robinet: Geschichte des Taoismus. Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-01298-X.
  • Zulma Reyo: Innere Alchemie. Der Weg der Meisterschaft. Bauer, Freiburg im Breisgau 1995, ISBN 3-7626-0488-6.
  • Mantak Chia: Tao Yoga der inneren Alchemie. Das Geheimnis der Unsterblichen. Fusion der fünf Elemente. Heyne, München 2006, ISBN 3-453-70040-6.

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