Neue Wege

Neue Wege

Neue Wege – Zeitschrift des Religiösen Sozialismus ist eine monatlich erscheinende schweizerische Zeitschrift, herausgegeben von der «Vereinigung der Freundinnen und Freunde der Neuen Wege». Die von grosser Kontinuität geprägte Zeitschrift publiziert Artikel verschiedener Autoren zu Spiritualität, theologischen und ethischen Fragen, Kommentaren zu globalen Herausforderungen und regelmässig zu innenpolitischen Themen. Die Publikation geniesst in der schweizerischen Linken einen ausgezeichneten Ruf.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Zeitschrift Neue Wege wurde 1906 von einer Gruppe sozial engagierter Theologen und Pfarrer in Zürich gegründet, darunter Benedikt Hartmann, Rudolf Liechtenhan, Paul Wernle und Leonhard Ragaz. Unter dem Einfluss von Ragaz näherten sich die Blätter für religiöse Arbeit (so der Untertitel) der Arbeiterbewegung an. Dieser Kurs wurde durch die Redaktoren Jean Matthieu (1912–1921), Lukas Stückelberger (1912–1921) sowie später Robert Lejeune (1920–1924) mitgetragen. Während des Ersten Weltkriegs, während die Sozialdemokratie dem Nationalismus verfiel, bescheinigte Lenin den Neuen Wegen einen radikalen Pazifismus.[1]

Ragaz betreute die Zeitschrift ab 1924 bis zu seinem Tod 1945 allein. Er führte die Neuen Wege als Organ der Religiös-sozialen Vereinigung der Schweiz und wurde finanziell von der Vereinigung der Freunde der Neuen Wege unterstützt. Ragaz setzte sich für einen Antimilitarismus und einen internationalen Zivildienst ein, verfocht ein prophetisches Christentum, welches das Reich Gottes gegen die religionsförmige Verfestigung stellte, und vertrat gegen den «bolschewistischen Gewaltkommunismus» einen demokratischen und genossenschaftlichen Sozialismus. In den Neuen Wegen lancierte er seine Initiative «Die Abrüstung als Mission der Schweiz» (1924), während Clara Ragaz-Nadig die Abrüstungsaktivitäten der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit dokumentierte. Früh schon warnten die Neuen Wege vor der faschistischen Gefahr in Europa und forderten die Stärkung des Völkerbund zur Friedenssicherung. Ab 1933 wurden Flüchtlinge aus Deutschland unterstützt.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Zeitschrift wegen ihrer angeblichen neutralitätswidrigen Gesinnung und weil sie «die guten Beziehungen zum Ausland» gefährde,[2] der Vorzensur unterstellt, worauf sie Ragaz etwa drei Jahre lang in halb illegalen Sendungen an seine Abonnenten verschickte.

Nach dem Tod von Leonhard Ragaz Ende 1945 übernahmen Paul Trautvetter und Hugo Kramer die Redaktion, zerstritten sich aber über der Einschätzung der Sowjetunion und die Rolle des Antikommunismus. Die Religiös-soziale Vereinigung spaltete sich in der Folge, und es bestanden in der Schweiz jahrelang zwei Organisationen des religiösen Sozialismus parallel zueinander. Zwischen 1948 und 1969 war der Linkssozialist Hugo Kramer eine prägende Figur der Neuen Wege. Weitere Redaktorinnen und Redaktoren neben Kramer waren Bruno Balscheit (1948–1951), Carmen Weingartner-Studer (1951–1956), Albert Böhler (1951–1956), Paul Furrer (1957–1977) und Berthe Wicke (1957–1977).

1977 entschlossen sich die auf chilenische Anregung gegründeten Schweizer Christen für den Sozialismus, bei den Neuen Wegen mitzuarbeiten; Willy Spieler und Albert Böhler übernahmen die Redaktion. 1980 erhielt sie einen neuen Untertitel: Beiträge zu Christentum und Sozialismus. Zwischen 1982 und 2007 betreute Willy Spieler die Zeitschrift allein, unterstützt von einer Redaktionskommission. In den Neuen Wegen wurden wichtige Texte der Befreiungstheologie und der feministischen Theologie publiziert, und Spieler machte sie zum Ort einer unpolemischen Diskussion der Schweizer Linken «über linke und grüne Parteigrenzen hinweg».[3] Insbesondere gefördert wurde die theoretische und praktische Diskussion zur Selbstverwaltung. 1989 fusionierten die Religiös-soziale Vereinigung und die Christen für den Sozialismus zur Religiös-sozialistischen Vereinigung der Deutschschweiz, die der Zeitschrift bis heute verbunden geblieben ist. Zum hundertjährigen Jubiläum 2006 würdigten beide Schweizer Staatskirchen die Bedeutung der Neuen Wege und der religiös-sozialen Bewegung als «Sauerteig» des offiziellen Christentums, und der Publizist Michael Meier nannte die Zeitschrift ein «sozialethisches Kompetenzzentrum der Globalisierungskritiker».[4] Anfang 2008 hat ein neues Team mit Susanne Bachmann und Rolf Bossart die Redaktion übernommen und führt sie mit neuem Untertitel: Neue Wege – Beiträge zu Religion und Sozialismus. Seit Anfang 2010 wird die Redaktion von Rolf Bossart und Monika Stocker geleitet.

Literatur

  • Willy Spieler, Stefan Howald, Ruedi Brassel-Moser: Für die Freiheit des Wortes. Neue Wege durch ein Jahrhundert im Spiegel der Zeitschrift des Religiösen Sozialismus, TVZ, Zürich 2009 (ISBN 978-3-290-17415-6).

Weblinks

Anmerkungen

  1. Lenin, Werke, Band 21. Berlin 1960, S.81f.
  2. Neue Wege 4/1940, S.165.
  3. Neue Wege 1/19988, S.14.
  4. Tages-Anzeiger, Zürich, 4. November 2006.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Neue Wege für Jungs — Der Girls’ Day ist ein einmal im Jahr stattfindender Aktionstag, der speziell Mädchen und Frauen motivieren soll, technische und naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen. Er soll damit dazu beitragen, den Anteil der weiblichen Beschäftigten in… …   Deutsch Wikipedia

  • Medizin: Die Biotechnik eröffnet neue Wege —   Biogenetische Techniken werden der Medizin im 21. Jahrhundert einen enormen Schub verleihen; sie werden zum unentbehrlichen Handwerkszeug des Arztes. So liefert etwa die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Erbguts ein einzigartiges… …   Universal-Lexikon

  • Computer: Neue Wege der Informationsverarbeitung —   Im Innern des ersten funktionstüchtigen elektronischen Digitalrechners der Welt mit Namen ENIAC glühten 17 400 Elektronenröhren, von denen alle fünf bis sechs Stunden eine durchbrannte und ausgetauscht werden musste. Die Konstruktion dieses… …   Universal-Lexikon

  • Wege der Jakobspilger — → Hauptartikel: Jakobsweg Die Wege der Jakobspilger sind ein System von ausgeschilderten und in Führern beschriebenen Pilgerwegen, das quer durch Europa nach Santiago de Compostela führt. Sie orientieren sich in der Regel an den historisch… …   Deutsch Wikipedia

  • Wege der Jakobspilger (Routenbeschreibungen) — Wege der Jakobspilger → Hauptartikel: Jakobsweg Die Wege der Jakobspilger sind ein System von ausgeschilderten und in Führern beschriebenen Pilgerwegen, das quer durch Europa nach Santiago de Compostela führt. Sie orientieren sich in der Regel an …   Deutsch Wikipedia

  • Neue Sachlichkeit (Literatur) — Neue Sachlichkeit bezeichnet eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik, die sich nüchtern und realistisch vom Pathos des Expressionismus abgrenzt. An die Stelle emphatischer Wendungen und radikal romantischer Bilder trat eine ernüchterte …   Deutsch Wikipedia

  • neue Religionen — neue Religionen,   religionsgeschichtlicher Fachbegriff für die in der Neuzeit (v. a. seit Mitte des 19. Jahrhunderts) entstandenen religiösen Bewegungen, die entweder von ihren Herkunftsreligionen als Häresien oder Sekten ausgegrenzt wurden,… …   Universal-Lexikon

  • Neue Musik — Neue Musik,   Begriff, der im weitesten Sinn eine Musik bezeichnet, deren Repräsentanten nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten suchen. So ist Neue Musik einerseits an keine Epoche gebunden, sofern sie bestrebt ist, überkommene Vorbilder zu überwinden …   Universal-Lexikon

  • Neue Stadt Wulfen — Springbrunnen am Wulfener Markt mit der Ladenpassage im Hintergrund Rundb …   Deutsch Wikipedia

  • Neue Nazarethkirche — Vue du clocher de la Neue Nazarethkirche Présentation Culte Pentecôtisme Début de la construction 1891 …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”