Artemisin

Artemisin
Strukturformel
Allgemeines
Name Artemisinin
Andere Namen

(3R,5aS,6R,8aS,9R,12S,12aR)-Octahydro- 3,6,9-trimethyl-3,12-epoxy-12H-pyrano[4,3-j]- 1,2-benzodioxepin-10(3H)-on

Summenformel C15H22O5
CAS-Nummer 63968-64-9
PubChem 5458876
ATC-Code

P01BE01

Kurzbeschreibung weißes Pulver
Eigenschaften
Molare Masse 282,34 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,24 g·cm−3

Schmelzpunkt

156–157 °C [1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine Gefahrensymbole
R- und S-Sätze R: keine R-Sätze
S: keine S-Sätze
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
LD50

5576 mg/kg (oral, Ratte) [1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Artemisinin ist ein sekundärer Pflanzenstoff, chemisch ein Sesquiterpen, der in den Blättern und Blüten des Einjährigen Beifußes (Artemisia annua) vorkommt. Charakteristika der Artemisininstruktur sind ein Trioxanringsystem und eine Peroxidbrücke. Es wird in Vietnam, China und Afrika zur Behandlung von Infektionen mit multiresistenten Stämmen von Plasmodium falciparum, dem Erreger der Malaria tropica, eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Gewinnung

Die Gewinnung erfolgt durch die Extraktion getrockneter Blätter und Blüten mit Hexan, worin der Wirkstoff, der überwiegend in den ätherischen Öldrüsenschuppen lokalisiert ist, gut löslich ist. Auf einer Anbaufläche von einem Hektar lassen sich bis zu zwei Tonnen Blattmaterial ernten, die zwei bis drei Kilogramm des Extraktes liefern. Der Artemisiningehalt in der Pflanze liegt zwischen 0,1 und 0,4 % bezogen auf das Trockengewicht. Züchtungen mit einem Wirkstoffgehalt bis zu 1,4 % sind bekannt. Aus dem eingedampften Rohextrakt, einem gelben, viskosen Öl, wird Artemisinin durch Umkristallisation gewonnen, jedoch ist dieses Verfahren relativ teuer und folglich ist der Preis für Artemisinin sehr hoch.

Experimentell wird neuerdings auch die Biosynthese in genetisch modifizierten E. coli Bakterien und Sacharomyces cerevisiae erforscht. Erste Erfolge auf dem Weg zum künstlichen Ersatzstoff gibt es bereits.[2] Die Arbeit von Jay Keasling daran wird von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung mit 43 Millionen Dollar unterstützt.

Einsatz als Medikament

Wirkungsweise

Artemisinin besitzt eine Peroxidstruktur, welche in Gegenwart hoher Konzentrationen an Eisenionen instabil ist und freie Radikale bildet. Solche hohen Konzentrationen werden in Erythrozyten, aber auch in Plasmodien gefunden, die Eisen akkumulieren. Gelangt Artemisinin in mit Plasmodien infizierte Erythrozyten, werden freie Radikale gebildet, und der Parasit möglicherweise dadurch getötet. Mittlerweile verdichten sich jedoch die Hinweise, dass Artemisinin-Derivate spezifischer wirken, indem sie beispielsweise pfATP6, eine Ca-ATPase hemmen. Eine molekülspezifische Wirkung würde auch besser als eine rein chemisch-physikalische Wirkungsweise das vereinzelte Auftreten von Resistenzen erklären. Durch die enorme Wandlungsfähigkeit des Malariaerregers scheinen sich auch gegen Artemisinin Resistenzen zu bilden.

Zytostatikum

Die Prüfung des Artemisinins als potentielles Krebsmedikament befindet sich noch in einem frühen Stadium. Auf Grund der oben beschriebenen Wechselwirkung von Eisenionen mit der Peroxidstruktur könnte es eine reduzierte Angiogenese und Expression vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktoren im Gewebe bewirken.

Derivate

Vom Artemisinin wurden partialsynthetische Derivate abgeleitet, wie beispielsweise Artemether, Artesunat und Artemotil. Ihre Aktivität nimmt allerdings schnell nach der Aufnahme ab, was auf eine rasche Metabolisierung zurückgeführt wird. Um dieses Problem zu lösen, wird zusätzlich Lumefantrin gegeben, das die Metabolisierung hemmt und gleichzeitig einen antiplasmodialen Effekt aufweist. Die Halbwertszeit des Lumefantrins beträgt drei bis sechs Tage. Andere Kombinationstherapien sind z. B. Artesunat-Mefloquin, Artesunat-Amodiaquin und Artesunat-Sulfadoxin/Pyrimethamin. Diese Kombinationstherapien werden mit ACT für Artemisinin-based combination therapy abgekürzt.

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. a b c Sicherheitsdatenblatt der Firma Sigma-Aldrich
  2. Ro et al.: Production of the antimalarial drug precursor artemisinic acid in engineered yeast. In: Nature 440, S. 940–3 (2006).

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