Nördlinger Pfingstmesse

Nördlinger Pfingstmesse
Die heutige Nördlinger Pfingstmesse

Die Nördlinger Pfingstmesse, auch Nördlinger Messe genannt, war im Mittelalter eine Fernhandelmesse von europäischer Bedeutung. Heute ist sie ein Volksfest.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Blütezeit

Die Pfingstmesse in Nördlingen wurde 1219 erstmals urkundlich erwähnt. Bald nach ihrer Gründung entwickelte sie sich zur Fernhandelsmesse mit überregionaler Bedeutung. Die verkehrstechnisch günstige Lage Nördlingens an den Fernhandelsstraßen nach Ulm, Augsburg, Nürnberg, Würzburg und Straßburg begünstigte die Lage als Handelszentrum. Die Pfingstmesse, die eine Woche nach Pfingsten begann und 14 Tage andauerte, war im Spätmittelalter die bedeutendste Handelsmesse Süddeutschlands. Neben Frankfurt am Main war Nördlingen die wichtigste Messestadt in Oberdeutschland. Der Einzugsbereich der Messe reichte vom Elsass bis über die Alpenpässe hinweg. Im Jahr 1467 wurden 920 (Fach-)Besucher gezählt, im Jahr 1468 sogar 1.100.

Handelswaren

Wichtigste Handelsgüter waren Textilien. Nördlinger Handwerker, die ihre Waren anboten waren Lederhersteller und besonders Lodweber, von denen es alleine um 1540 rund 300 in der Stadt gab. Zudem wurden brabantische und rheinische Tuche, lampartische Stoffe, böhmische Tuche sowie spanische und französische Seiden und Bänder gehandelt. Zu ihrer Blütezeit war die Nördlinger Messe auch Umschlagplatz für Luxusartikel wie Bücher, Musikinstrumente, Glas, Spiegel, Korallen, Gewürze und Pharmazieartikel. Außerdem wurden Korn aus dem Nördlinger Ries, Salz aus Bayern, Wein aus Württemberg, sowie Eisenwaren aus der Oberpfalz und Nürnberg verkauft. Rohmaterialien für die Textilbranche wie Flachs, Wolle, Baumwolle, Garne, Pelze, Tierhäute und Farbstoffe ergänzten das Angebot. Die Nördlinger Messe war zudem eine Börse für die Abwicklung von Geldgeschäften und Zahlungstermin für Kaufleute.

Lokalitäten

Die Messe fand teilweise in Gebäuden wie dem Rathaus, dem Brot- und Tanzhaus, der Fleischbank und der Herrentrinkstube statt. Bis auf letzteres sind alle historischen Gebäude noch heute erhalten. Speziell für den Messehandel wurden die Alte und die Neue Kornschranne, das Hallgebäude, das so genannte Paradies und das Hafenhaus gebaut. Erstere sind heute noch erhalten, das Paradies wurde 1877 abgerissen, das 1425 erbaute Hafenhaus brannte 1955 ab. Teilweise wurde die Messe auch unter freiem Himmel abgehalten. Daran erinnern in der Nördlinger Altstadt heute die Platznamen Marktplatz, Hafenmarkt, Tändelmarkt, Rübenmarkt, Kohlenmarkt, Schäfflesmarkt, Brettermarkt, Obstmarkt und Weinmarkt.

Niedergang

Mit der Entdeckung Amerikas und neuen Seehandelswegen verlor die Nördlinger Pfingstmesse ab Beginn des 16. Jahrhundert an Bedeutung. Leipzig und Zwickau sowie die schlesischen Städte lösten die Stadt als Textilhandelsplätze ab. Kriegerische Auseinandersetzungen wie der Bauernkrieg, der Schmalkaldische Krieg, der Dreißigjährige Krieg, später der Spanische Erbfolgekrieg und die Napoleonischen Kriege zogen den Handelsplatz Nördlingen in Mitleidenschaft. Im 19. Jahrhundert stieg die Pfingstmesse endgültig von einer Fernhandelsmesse zu einer Gebrauchsgütermesse für das nahe Umland ab. Schließlich wurde sie zu einem Jahrmarkt.

Heutige Pfingstmesse

Heute ist die Nördlinger Pfingstmesse, meist kurz Nördlinger Messe oder Nördlinger Mess' genannt, das größte Volksfest im nördlichen Schwaben. Neben Fahrgeschäften, Festzelten, Biergärten und Jahrmarktattraktionen erinnern 200 Marktstände auf der Kaiserwiese an die Vergangenheit der Veranstaltung. Gleichzeitig findet neben dem Volksfest die Rieser Verbraucherausstellung statt. Die Nördlinger Messe beginnt in jedem Jahr zwei Wochenenden nach Pfingsten und dauert zehn Tage. Sie endet am so genannten Herrenmontag.

Literatur

  • Voges, Dietmar-Henning: Die Reichsstadt Nördlingen. 12 Kapitel aus ihrer Geschichte. München: Beck, 1988, ISBN 3-406-32863-6

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