Oberflächenschutzsystem

Oberflächenschutzsystem

Als Oberflächenschutzsysteme -kurz OS- werden polymerhaltige Beschichtungen bezeichnet, die überwiegend auf Oberflächen von Stahlbetonkonstruktionen aufgetragen werden und den Stahlbeton vor äußeren Schädigungsmechanismen während seiner Nutzungsdauer schützen sollen.

Die Auswahl der Schädigungsmechanismen orientiert sich zum einen an den Expositionsklassen der DIN-1045-2 (2008-08) und zum anderen an den speziellen Alterungsmechanismen polymerer Werkstoffe. Von besonderer Bedeutung ist die Verhinderung der Diffusion von Kohlenstoffdioxid CO2 in den Beton hinein sowie das Eindringen chemischer Stoffe. Weiterhin kann eine Beschichtung vor mechanischem Angriff beispielsweise durch Fahrzeugverkehr schützen.

Inhaltsverzeichnis

Regelwerke und Definitionen

Folgende Richtlinien bzw. Normen sind in Deutschland und anderen europäischen Ländern in Gebrauch:

  • DAfStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungsrichtlinie, kurz Rili-SIB), Oktober 2001
  • DIN EN 1504-9 (2006-11): Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken
  • BASt Zusätzliche technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauwerke ZTV-ING
  • DIN 50035-2 (1989-04): Begriffe auf dem Gebiet der Alterung von Materialien: Polymere Werkstoffe
  • DIN EN 1062 (2004-08): Beschichtungsstoffe - Beschichtungsstoffe und Beschichtungssysteme für mineralische Substrate und Beton im Außenbereich


Definitionen für die drei grundlegenden Verfahren zur Anwendung von Oberflächenschutzsystemen:

  • Hydrophobierung: Eine hydrophobierende Imprägnierung stellt eine wasserabweisende Beschichtung dar, welche leicht in die Oberfläche einzieht. Es besteht nur eine schützende Wirkung gegenüber Flüssigkeiten und eine geringe Verhinderung der Diffusion von CO2. Sie ist besonders für Baustoffe mit einer großen Porosität geeignet.
  • Versiegelung: Eine versiegelnde Imprägnierung liefert Schutz gegen Flüssigkeiten oder Gase und stellt eine filmbildenden Schicht dar. Die Imprägnierung ist nur gering mechanisch belastbar, dient aber gleichzeitig als Grundierung von nachfolgenden Beschichtungen.
  • Beschichtung: Beschichtungen sind stets filmbildend und bieten Schutz gegen mechanische und chemische Angriffe, Witterung und liefern je nach Elastizität einen Beitrag zur Rissüberbrückung.

Schädigungsmechanismen

Schädigungen in Anlehnung an die Expositionsklassen der DIN-1045-2 (2008-08):

  • Chemischer Angriff (XA): Die Widerstandsfähigkeit gegen chemischen Angriff wird über das polymere Bindemittel gewährleistet. Da die einzelnen Polymere individuelle Beständigkeiten gegenüber verschiedenen chemischen Stoffen aufweisen, muss die Auswahl des Bindemittels im Planungszustand in Abhängigkeit von den zu erwartenden Angriffen festgelegt werden. Als schädigende Gruppen kommen Säuren, Laugen, Lösungsmittel und Treibstoffe in Frage.
  • Mechanischer Verschleiß (XM): Um einen hohen mechanischen Widerstand eines Oberflächenschutzsystems zu erhalten, müssen eine ausreichende Schichtdicke, genügend Dehnungsfähigkeit der Beschichtung (niedriger E-modul) und eine sehr gute Untergrundvorbereitung vorhanden sein. Als polymere Bindemittel dienen EP und PUR und die Zugabe von Quarzsand.
  • Carbonatisierung (XC): Obgleich die Carbonatisierung nicht den Beton sondern die Bewehrung schädigt, ist es dennoch die Aufgabe des Oberflächenschutzsystems, die Diffusion von CO2 zu hemmen, indem die Permeabilität auf ein niedriges Niveau herabgesetzt wird. Der Diffusionswiderstand gegenüber CO2 eines Oberflächenschutzsystems wird durch eine äquivalente Luftschichtdicke ausgedrückt.
  • Chloridangriff (XS und XD): In Analogie zur Carbonatisierung gelten dieselben Zusammenhänge.

Polymer-spezifische Schädigungen:

  • Versprödung: Diese Schädigung ist mit dem Verlust der Elastizität gleichzusetzen. Es kommt infolge der UV-Strahlung zu einer Spaltung der C-N-Bindungen. Auch Reaktionen mit Sauerstoff oder hohe Temperaturen bewirken einen Abbau der Verbindungen.
  • Kreiden: Die Alterung infolge Kreiden äußert sich durch einen zeitabhängigen Oberflächenabtrag, deren Größenordnung unter anderem von der Wahl des Polymers bestimmt wird.

Dauerhaftigkeit von Oberflächenschutzsystemen

Die Dauerhaftigkeit von Oberflächenschutzsystemen ist eine wesentliche Thematik hinsichtlich des Alterungsmanagements und von großem Interesse in der Wirtschaft. Zur Gewährleistung einer dauerhaft wirksamen Beschichtung werden die drei folgenden übergeordneten Aspekte definiert:

  1. Untergrundhaftung
  2. Polymeralterung
  3. Mechanischer Abrieb

Die zuvor dargestellten Schädigungsmechanismen decken diese Aspekte weitestgehend ab, sie müssen für eine Lebensdauerbemessung spezifiziert werden. Lediglich die Untergrundhaftung stellt keinen Schädigungsmechanismus im eigentlichen Sinne dar; definitionsgemäß entspricht sie der Adhäsionskraft.

Der aktuelle Stand der Forschung (Oktober 2008) sieht keine wissenschaftlich anerkannten Modelle zur Bemessung der Dauerhaftigkeit von Oberflächenschutzsystemen vor. Die Modellierung von Ansätzen erweist sich als schwierig, da die drei genannten Aspekte sich schwer voneinander trennen lassen. Einfache probabilistische Ansätze über eine lineare Degradation einer Beschichtung im Sinne eines Widerstandsmodells lassen sich zwar relativ einfach entwickeln, sie spiegeln jedoch nicht die tatsächliche Verringerung der Zuverlässigkeit wider.

Hinsichtlich der Untergrundhaftung stellen die Größen Rautiefe und Haftzugfestigkeit die wichtigsten Kriterien für die Dauerhaftigkeit dieses Aspektes dar. Für die einzelnen Klassen der Beschichtungssysteme regelt die Rili-SIB in ihrem Teil 2 entsprechende Mindest- und Mittelwerte.

Der Aspekt der Polymeralterung lässt sich generell über eine entsprechende Schichtdicke definieren. Auch für dieses Kriterium regelt die Rili-SIB Mindest- und Maximalwerte sowie Schichtdickenzuschläge für die entsprechenden Beschichtungsklassen.

Literatur

Neben den oben genannten Regelwerken wurden folgende Quellen gesichtet:

  • Rolf P. Gieler, Andrea Dimmig-Osburg: Kunststoffe für den Bautenschutz und die Betoninstandsetzung. Birkhauser Verlag, Berlin, 2006, ISBN 3-7643-6345-2.
  • Robert Engelfried: Über den Einfluss der Schichtdicke und der Alterung auf die Wirksamkeit von Oberflächenschutzsystemen für Betonbauteile. Dissertation, Universität Dortmund, 2000, ISBN 3-8265-8817-7.
  • Michael Fiebrich: Kunststoffbeschichtungen auf ständig durchfeuchtetem Beton. Beuth Verlag, Berlin 1990, ISBN 3-410-65610-3. (DAfStb Heft 410)
  • Michael Raupach: Erhaltung von Betonbauwerken. Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden, 2008, ISBN 978-3-8351-0120-3.
  • Lars Wolff: Mechanismen der Blasenbildung bei Reaktionsharzbeschichtungen auf Beton. Beuth Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-410-65049-2. (DAfStb Heft 576)

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