Oberlinger (Orgelbauer)

Oberlinger (Orgelbauer)

Die Firma Oberlinger ist eine Orgelbaufirma mit Sitz in Windesheim bei Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gegründet wird die Firma von Jakob Oberlinger (* 6. März 1842; † 7. Mai 1916). Er baut nach seiner Lehre und Wanderschaft 1869 seine erste Orgel für die evangelische Kirche in Hargesheim bei Bad Kreuznach. Ab 1872 betreibt Jakob zusammen mit seinem Bruder Karl sen. (* 23. März 1840; † 1919) die Werkstatt. Karl sen. kann als Tischlermeister wichtiges Wissen der Holzbearbeitung in den Betrieb einbringen und setzt so die Tradition der Tischler in der Familie fort. 1880 können die Brüder die Werkstatt durch Übernahmen von regionalen Orgelbaubetrieben wesentlich vergrößern. Nach dem Tod der beiden Gründer übernimmt der Sohn Jakobs, Karl jun. (* 1879; † 1962) die Leitung der Firma und führt sie durch die schwierigen Zeiten der Weltwirtschaftskrise. Nach Ende des zweiten Weltkrieges übergibt Karl jun. die Firma an zwei seiner Söhne, Hermann, (* 18. Dezember 1908; † 2002) und Ernst (* 1. Januar 1915). Unter deren Leitung expandiert die Firma, sie beschäftigt bis zu 80 Mitarbeitern. Deren beide Söhne Helmut (* 9. Februar 1942) und Wolfgang (* 19. Januar 1943), die neben Orgelbau auch Betriebswirtschaft und Architektur gelernt haben, führen die Firma in der vierten Generation unter dem Firmennamen Gebrüder Oberlinger Orgelbau fort, mit nunmehr 55 Mitarbeitern in einem vergrößerten, ausgelagerten Firmengelände.

2005 gerät die Firma unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten und muß Insolvenz beantragen. Am 21. November 2006 wird die Firma von einem regionalen Investor gekauft, die Belegschaft wird auf 20 Mitarbeiter reduziert. Im Juni 2007 übernimmt derselbe Investor die Firma Emil Hammer Orgelbau in Hannover und fusionierte beide Orgelbaufirmen unter dem neuen Namen Orgelbaugesellschaft Reichenstein mbH[Anm. 1].

Bedeutung

Die Oberlinger sehen sich in der Tradition der Rheinischen Orgelbauer. Der Großvater des Firmengründers und ersten Orgelbauers hat bereits 1773 bei der Hunsrücker Orgelbauerfamilie Stumm in Rhaunen als Schreiner gearbeitet.

Der technischen Innovation im Orgelbau um die vorletzte Jahrhundertwende folgend, baut die Firma ab 1884 Orgelwerke mit mechanischen (Weeze b. Kevelaer), später mit pneumatischen Kegelladen (1895, Bingerbrück). Ab 1902 werden Werke mit Röhrenpneumatik gefertigt (Landsweiler), 1912 wird die erste Orgel mit einer elektro-pneumatischer Spieltraktur nachgerüstet (Bingerbrück). Durch den Einfluss der Orgelbewegung beginnt die Firma schon 1937 wieder Schleifladen zu bauen, allerdings noch mit elektro-pneumatischer Spieltraktur. In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kehrt die Firma endgültig wieder zum Bau von Schleifladen mit mechanischen Spieltrakturen zurück.

In den 90er Jahren intensiviert die Firma ihre wissenschaftlich Herangehensweise an den Orgelbau. Sie arbeitet dazu mit Universitäten und Fachhochschulen zusammen. 1987 werden vier ausgefallene historische Orgelinstrumente im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts rekonstruiert. Aufmerksamkeit erlangt die Firma auch durch ihre Forschungen und Entwicklungen im Bereich der technischen und klanglichen Innovationen im Orgelbau. So wird z.B. ein Externer Balancier entwickelt, eine mechanische Vorrichtung, um auch lange mechanische Spieltrakturen ohne Verlust der Präzision und Sensibilität realisieren zu können. Patentiert wird die Erfindung eines raumsparenden Subbass 16'-Registers (Cubus 16'), daß in kleinen Orgeln Verwendung finden soll. Ebenfalls patentiert wird die Erfindung einer Vorrichtung zur Glättung von Luftströmen, die den durch das elektrische Schleudergebläse erzeugten und den dabei verwirbelten Wind beruhigt.

Die Firma zählt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den großen deutschen Werkstätten des zeitgenössischen Orgelbaus und ist weltweit im Neubau und in der Restaurierung von Orgeln tätig. Das Arbeitsgebiet umfasst neben der Bundesrepublik Deutschland auch das europäische Ausland sowie mehrere Länder in Asien, Afrik und Amerika. Sie gewinnt auch regionale wirtschaftspolitische Bedeutung als Beispiel eines modernen Handwerkbetriebes in Rheinland-Pfalz.

Die Instrumentensammlung der Familie Oberlinger bildet den Grundstock für das Orgel Art Museum, Windesheim.

Bis zum Zeitpunkt ihres Insolvenz hat die Firma einschließlich ihrer Vorgänger über 1.200 Orgelwerke in Deutschland und weltweit errichtet.

Werke

Historische Oberlinger-Orgeln in der Region Kirchenkreis Simmern Trarbach

Neubauten aus jüngerer Zeit

Patente

  • DE19546312A1, Gebr. Oberlinger Orgelbau GmbH & Co. KG, Klangkörper für Orgeln, vom 19.Juni 1997 [1]
  • DE19546312C2, Gebr. Oberlinger Orgelbau GmbH & Co. KG, Quaderförmiger allseits geschlossener Klangkörper für Orgeln, vom 25. März 1999[2]
  • DE10000159C1, Gebr. Oberlinger Orgelbau GmbH & Co. KG, Vorrichtung zur Glättung von Luftströmen, vom 23. August 2001[3]

Literatur

  • Finscher, L.: Die Musik in Geschichte und Gegenwart: allgemeine Enzyklopädie der Musik. Kassel 1994, Bärenreiter.
  • Rodeland, J.: Zur Geschichte der Orgelbauwerkstatt Oberlinger in Windesheim, Hrsg: Landesbank Rheinland-Pfalz, in: Lebendiges Rheinland-Pfalz, Zeitschrift für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, Jahrgang 30, Heft 2/3
  • E. Bush, Richard Kassel (Hrsg.): The Organ: An Encyclopedia, Routledge-Verlag, 2006, ISBN 978-0415941747

Einzelnachweise

  1. Patent DE19546312A1 zugegriffen am 7. August 2008
  2. Patent DE19546312A1 zugegriffen am 7. August 2008
  3. Patent DE19546312A1 zugegriffen am 7. August 2008

Anmerkungen

  1. Anm.: Der neue 'neutrale' Firmenname rührt von der ebenfalls im Besitze des Investors befindlichen Burg Reichenstein bei Bingen her.

Weblinks


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