Off-Label-Use

Off-Label-Use
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Unter zulassungsüberschreitender Anwendung, engl. off-label use, versteht man die Verordnung eines zugelassenen Fertigarzneimittels außerhalb des in der Zulassung beantragten und von den nationalen oder europäischen Zulassungsbehörden genehmigten Gebrauchs hinsichtlich der Anwendungsgebiete (Indikationen).

Die Zulassungsanträge der Pharmaunternehmen bei den Arzneimittelbehörden für neue Arzneimittel sind aus verschiedenen Gründen oftmals sehr eng gefasst und Anträge auf Erweiterung bestehender Zulassungen sind selten. Ein wichtiger Grund dafür liegt in den hohen Kosten für die geforderten klinischen Prüfungen. Die Gesetzgeber in Deutschland und Europa versuchen gegenwärtig, dieser Entwicklung durch vereinfachte Zulassungsregelungen oder wirtschaftliche Anreize, beispielsweise eine verlängerte Schutzfrist bei Zulassung für Kinder, entgegenzuwirken.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsgebiete

In vielen medizinischen Gebieten, vor allem der Kinderheilkunde und der Onkologie, wird ein Großteil der Medikamente off-label angewendet. Für viele seltene Indikationen ist überhaupt kein zugelassenes Medikament verfügbar, und in Gebieten mit rasch voranschreitender Forschung hinkt der Zulassungsstatus der Präparate weit hinter den Therapiestandards her.

Haftung

Die behandelnden Ärzte haften bei Off-Label-Use für die medizinische Richtigkeit beziehungsweise für eventuelle Nebenwirkungen. Die ärztlichen Fachgesellschaften empfehlen, Off-Label-Verordnungen nur auf Basis von gültigen Leitlinien, Empfehlungen oder von anerkannter wissenschaftlicher Literatur durchzuführen. An die Aufklärung der Patienten werden ebenfalls zusätzliche Anforderungen gestellt.

Auch im Falle des Off-Label-Use kann jedoch eine Haftungspflicht für das Pharmaunternehmen bestehen. Nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AMG haftet das Pharmaunternehmen, wenn es beim „bestimmungsgemäßen Gebrauch“ zu einem Schaden kommt. Der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ ist aber nicht allein auf den Einsatz im Sinne der Zulassung beschränkt. Nach § 28 Abs. 3a kann der Arzneimittelhersteller nach der Zulassung zur Marktbeobachtung beispielsweise durch Anwendungsbeobachtungen verpflichtet werden. Wenn somit das Unternehmen von der regelmäßigen Anwendung außerhalb der Zulassung hätte wissen können, dann haftet das Pharmaunternehmen ebenfalls.

Kostenerstattung durch Krankenkassen

Die Erstattungsfähigkeit derartig verordneter Arzneimittel durch die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) war immer wieder Gegenstand von Rechtsstreiten. In einem Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. März 2002 (B 1 KR 37/00 R) wurden daher die Kriterien für eine Erstattung von Arzneimitteln außerhalb der zugelassenen Indikation (Off-Label-Use) durch die gesetzlichen Krankenversicherungen festgelegt: Es muss sich

  1. um die Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung handeln, für die
  2. keine andere Therapie verfügbar ist und
  3. auf Grund der Datenlage die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.

Mit Urteil vom 4. April 2006 (B 1 KR 7/05 R) hat das Bundessozialgericht die Kriterien für den Off-Label-Use weiter verfeinert [1].

Das Bayrische Landessozialgericht unterschied mit dem Urteil vom 13. Juni 2006 ferner zwischen Off-Label-Use und einem Anspruch auf verfassungskonforme Leistungserweiterung im Sinne eines Beyond-Label-Use. Es stellte fest dass, um einen Anspruch auf Leistungserweiterung für die Weiterverwendung eines Medikaments für denselben Patienten, dasselbe Medikament und dieselbe Behandlung zu begründen, in besonderen Fällen konkrete Hinweise auf eine schwere Form einer Erkrankung hinreichend sein könnten. Im konkreten Fall der Weiterbehandlung eines ADHS-Patienten nach dem Erreichen des 18. Lebensjahrs sah das Landessozialgericht die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kostenerstattung jedoch als nicht gegeben an.[2]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundessozialgericht verfeinert Kriterien für Off-label use
  2. LSG Bayern, Urteil vom 13. Juni 2006, L 5 KR 93/06 (ASR 2007, 126). Volltext, jusmeum
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