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Oulipo ist ein Autorenkreis vornehmlich französischer, italienischer (Italo Calvino), US-amerikanischer (Harry Mathews) und siebenbürgisch-sächsischer (Oskar Pastior) Schriftsteller. Das Akronym Oulipo kommt von L' Ouvroir de Littérature Potentielle (franz. "Werkstatt für Potentielle Literatur"). Das zugehörige Adjektiv lautet oulipotisch.
Oulipo wurde 1960 von François Le Lionnais und Raymond Queneau gegründet. Seine Mitglieder rekrutierten sich anfangs vor allem aus dem "Collège de Pataphysique", taten ihre ersten künstlerischen Schritte teils aber auch im Surrealismus. Eine weitere Inspiration zu dieser Gründung ist auch im ausschließlich im mathematischen Bereich aktiven Kollektiv "Nicolas Bourbaki" zu sehen.
Das Ziel von Oulipo ist die "Spracherweiterung durch formale Zwänge". Georges Perec führte dies beispielhaft vor, indem er einen leipogrammatischen Roman ("La Disparition", 1969) schrieb, in dem der Buchstabe "e" nicht vorkommt. (Der Roman wurde von Eugen Helmlé unter dem Titel Anton Voyls Fortgang ins Deutsche übersetzt, wobei die Einschränkung - kein "e" im Text - beibehalten wurde.) Die literarischen Werke müssen sich einer "contrainte" (einem ebensolchen Zwang) unterwerfen, die das verwendete Sprachmaterial freiwillig beschränkt.
Inhaltsverzeichnis
Ou-X-Po
François Le Lionnais, der oulipotische Gesetzeshüter, wollte das oulipotische Feld der Kreation erweitern auf Ou-x-po.
Es gibt zahlreiche OU-X-PO-Gruppen, wobei das OU für ouvroir, ein nicht mehr gebräuchliches französisches Wort für "Werkstatt" steht und das X den Bereich angibt, in dem die entsprechende Werkstatt potentiell tätig wird: also z.B.: Ouvroir de musique potentielle = OuMuPo, Ouvroir de tragécomédie potentielle = OuTraPo, Ouvroir de la Bande dessinée potentielle = OuBaPo (Werkstatt für alle denkbaren Comics; frz. bande dessinée), Ouvroir du design graphique potentiel = OuGraPo (Werkstatt für potentielles Grafikdesign).
Grundprinzip dieser Werkstätten ist die "contrainte", die kreative Beschränkung. Darunter ist ein Formzwang zu verstehen, der durch Verhindern bestimmter und bekannter Formen, neue, bisher vernachlässigte Darstellungsformen ermöglicht bzw. zum Vorschein bringt. Outrapo, auch OuTraPo geschrieben, befasst sich mit den Möglichkeiten neuer Formen im Theater bzw. in der Theaterarbeit im weiteren Sinne.
Um Raymond Queneaus "Hunderttausend Milliarden Gedichte" (1961), eine Sammlung von zehn Sonetten, die aufgrund einer relativ einfachen Idee unglaublich oft zu variieren sind, vollständig zu lesen, würde man über 190 Millionen Jahre benötigen.
Oulipiens
Oulipo-Mitglieder (Stand 2005). Die Mitglieder bleiben es nach ihrem Tod (sie werden wegen Sterbefall entschuldigt).
Noël Arnaud, Valérie Beaudoin, Marcel Bénabou, Jacques Bens, Claude Berge, André Blavier, Paul Braffort, Italo Calvino, François Caradec, Bernard Cerquiglini, Ross Chambers, Stanley Chapman, Marcel Duchamp, Jacques Duchateau, Luc Etienne, Frédéric Forte, Paul Fournel, Anne Garetta, Michelle Grangaud, Jacques Jouet, Latis, François Le Lionnais, Hervé Le Tellier, Jean Lescure, Daniel Levin Becker, Harry Mathews, Michèle Métail, Ian Monk, Oskar Pastior, Georges Perec, Raymond Queneau, Jean Queval, Pierre Rosenstiehl, Jacques Roubaud, Olivier Salon, Albert-Marie Schmidt.
Literatur
- Heiner Boehncke & Bernd Kuhne: Anstiftung zur Poesie. Oulipo - Theorie und Praxis der Werkstatt für potentielle Literatur Bremen 1993 ISBN 3-924903-49-2
- Jürgen Ritte (Hg.): Affensprache, Spielmaschinen und allgemeine Regelwerke Edition Plasma: Berlin 1996 ISBN 3-926867-23-X
- Harry Mathews & Alastair Brotchie (ed): Oulipo Compendium. With additional sections devoted to Oulipopo, Oupeinpo Atlas Press (Atlas Arkhive Six. Documents of the Avant-Garde) London 1998 ISBN 0-947757-96-1
- Warren F. Motte, Jr.: Oulipo. A Primer of Potential Literature Foreword by Noel Arnaud, Dalkey Archive Press, Normal/Illinois 1998 ISBN 1-56478-187-9
- Astrid Poier-Bernhard: Viel Spaß mit Haas Mit einem ausführlichen Anhang über die verschiedenen oulipotischen Methoden (auch in der deutschsprachigen Literatur), Sonderzahl Verlag, Wien 2003
- Uwe Schleypen: Schreiben aus dem Nichts. Gegenwartsliteratur und Mathematik. Das Ouvroir de littérature potentielle Meidenbauer, München 2004 Reihe: Romania viva, Bd. 1 (Zugl. Diss. Univ. Eichstätt 2004) ISBN 3899750365
- K. Ferentschik: Pataphysik. Versuchung des Geistes. Die Pataphysik und das Collège de Pataphysique. Definitionen, Dokumente, Illustrationen Matthes & Seitz, Berlin 2006 (Reihe: Batterien, Bd. 77)
Weblinks
Siehe auch: postmodernes Erzählen, Racter
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