Papierfaltkunst

Papierfaltkunst
Traditioneller Kranich
Elefant aus einem US-Dollar-Schein
Motte - Oriplane
Bronzestatue von Sadako Sasaki im Seattle Peace Park, behängt mit Origami-Kranichen als Symbol der Friedensbewegung.
Origamiball

Origami (jap. 折り紙, von oru = falten + kami = Papier) ist die Kunst des Papierfaltens.

Ausgehend von einem zumeist quadratischen Blatt Papier entstehen allein durch Falten 2- oder 3-dimensionale Objekte wie z. B. Tiere, Vögel, Oriplane, Gegenstände und geometrische Körper. Dabei sind speziell im westlichen Kulturkreis Schere und Klebstoff zum Teil absolut verpönt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Hintergründe

Bereits vor der Erfindung des Papiers (rund 100 v. Chr. in China) wurden Stoffe und andere Materialien gefaltet.

Um 583 n. Chr. wurde das Papier durch chinesische Shaolin Mönche nach Japan verbreitet, wo das Papierfalten in der Muromachi-Zeit (1333–1568) eine erste und in der Edo-Zeit (1603–1868) eine zweite Blüte erlebte. Da Papier zuerst recht teuer war, dürfte es erst einmal zeremoniellen Faltungen vorbehalten gewesen sein, wie zum Beispiel für Noshi in der Muromachi-Zeit.

Unabhängig davon entwickelte sich die europäische Papierfaltkunst, welche sich von Ägypten und Mesopotamien aus nach Spanien (16. Jahrhundert) und später Resteuropa ausbreitete. Lange Zeit kannte man im Origami nur eine kleine Anzahl traditioneller Modelle wie z. B. den Kranich (Japan) oder den Pajarita (Spanien). Erst der Japaner Akira Yoshizawa (1911–2005), der die traditionellen Vorlagen durchbrach und innovative neue Modelle schuf, brachte eine große Wende. Gemeinsam mit Samuel Randlett entwickelte er ein System aus einfachen systematischen Zeichnungen (Diagramme genannt), um Faltanleitungen zu erstellen, die weitergegeben und allgemein verstanden werden konnten.

Innerhalb kurzer Zeit kam es zu einer Revolution des Origami, die Modelle mit einer Komplexität hervor gebracht hat, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte. Eine große Rolle spielten dabei die „Bug-Wars“ (1960er Jahre), ein freundschaftlicher Wettstreit zwischen mehreren Faltern (z. B. Robert J. Lang), der zum Ziel hatte, möglichst lebensechte Käfer und Insekten zu falten – mit allen nötigen Beinen, Fühlern etc. aus einem quadratischen Blatt Papier, ohne Schnitte und ohne Klebstoff. Neue mathematische Forschungen zum Origami wurden unter anderem von Erik Demaine am Massachusetts Institute of Technology (MIT) durchgeführt.

Moderne Origamimodelle sind mitunter hochkomplex und benötigen oft mehrere Stunden, um gefaltet zu werden. Trotzdem bevorzugen viele Falter auch heute noch einfache Strukturen und Formen. Manche Falter spezialisieren sich auch auf ganz bestimmte Modelle (z. B. Schachteln).

Nach einer japanischen Legende bekommt derjenige, der 1.000 Origami-Kraniche faltet, von den Göttern einen Wunsch erfüllt. Seit dem Tode des Atombombenopfers Sadako Sasaki, die mit dem Falten von Origami-Kranichen vergeblich gegen ihre durch die Strahlung verursachte Leukämie-Erkrankung ankämpfte, sind Origami-Kraniche auch ein Symbol der internationalen Friedensbewegung und des Widerstandes gegen den Atomkrieg.

Teilbereiche des Origami

Heute unterscheidet man im Origami mehrere verschiedene Richtungen, welche auch untereinander gemischt werden können. Manche Falter erlegen sich hierbei Einschränkungen wie keine Schnitte und keinen Klebstoff auf, jedoch ist dies keine festgeschriebene Regel und bleibt jedem selbst überlassen:

  • Klassisches Origami: Ein Papier, meist quadratisch (zumeist keine Schnitte, kein Klebstoff)
  • Modulares Origami: Mehrere gleiche Teile werden zusammengesetzt zu einem Modell, wie z. B.:
  • Schachtelfalten (eine Koryphäe auf diesem Gebiet ist Tomoko Fuse).
  • Polyeder: Hier werden mitunter auch verschiedene Teile benutzt (z. B. Verbindungsstücke und Flächen).
  • Multipiece Origami: Verschiedene Teile werden zu Puppen und ähnlichen zusammengesetzt (oftmals unter Einsatz von Klebstoff).
  • Boxpleating: Durch das Falten horizontaler und senkrechter Linien, welche entlang von 45-Grad-Winkeln ihre Richtung ändern, ist es möglich, jede beliebige Anzahl von freien Lagen zu erhalten, die anschließend zu allen möglichen Beinen, Armen, usw. ausgeformt werden können.
  • Iso Area: Das fertige Modell sieht von allen Seiten gleich aus.
  • Pureland: Nur Berg- und Talfalten (die Grundfaltungen im Origami) dürfen verwendet werden.
  • Tesselations (aus dem Englischen von Mosaik): Flache Faltbilder mit sich wiederholenden Mustern.
  • Wetfolding: Das Falten von nassem (feuchtem) Papier, um Modelle besser ausformen zu können. Die fertigen (getrockneten) Modelle sind sehr stabil und wirken naturgetreuer. Manche Falter benutzen hierfür sehr festes Papier wie Elefantenhaut oder Aquarellpapier, andere wiederum extrem dünnes Seidenpapier oder ähnliches Papier, das zuvor mit Methylcellulose (Tapetenkleister) behandelt wurde, um es besser formbar zu machen.
  • Kirigami: Falten mit Einschnitten.
  • Crumpling: Eine Faltmethode, die von dem Franzose Vincent Floderer erfunden wurde, bei der zuerst eine bestimmte „Basis“ gefaltet wird, welche dann gezielt geknüllt und vorsichtig in Form gebracht wird.

Techniken und Grundformen

Im Origami gibt es mehrere Faltmanöver, die sich immer wiederholen. Die Grundlegenden sind:

  • Berg- und Talfalte
  • Quetschfalte
  • Zick-Zack-Faltung
  • Umkehrfaltung nach außen oder innen
  • Swivel Fold
  • Blütenblatt-Faltung

Ein Modell beginnt meistens mit einer sogenannten Basis (Grundform). Die vier klassischen Grundformen sind:

  • Wasserbomben-Grundform
  • Vogel-Grundform
  • Frosch-Grundform
  • Windmühlen-Grundform

Insgesamt gibt es heute wesentlich mehr Grundformen; diese vier Grundformen heißen klassisch, da sie seit Jahrhunderten benutzt werden. Da man mit diesen Grundformen in der Komplexität jedoch eingeschränkt ist, wurden in der letzten Zeit mehr und mehr Grundformen entwickelt. Diese werden oft nur für ein bestimmtes Modell entwickelt und sind zum Teil recht komplex. Einfache Origami-Modelle kommen gewöhnlich mit 10 bis 30 Faltschritten aus und sind daher meist nicht so naturgetreu, aufgrund ihrer Einfachheit besitzen sie jedoch einen ganz speziellen Charme. Die neueren superkomplexen Modelle aus den speziellen Basen haben dagegen nicht selten bis zu 300 Faltschritte und sind dem Original meist sehr ähnlich.

Programme (Designhilfen)

Der Amerikaner Robert J. Lang hat mit Hilfe mathematischer Methoden zwei Computerprogramme entwickelt, die fortgeschrittenen Faltern das Entwerfen eigener Modelle vereinfachen sollen:

  • TreeMaker:

Ausgehend von einer Strichzeichnung des Modells errechnet das Programm ein Faltmuster mit der richtigen Anzahl an Spitzen (Grundform), welches man dann mit viel Erfahrung in das gewünschte Modell verwandeln kann.

  • ReferenceFinder:

Ausgehend von den Koordinaten wird eine Faltsequenz zum Erreichen eines bestimmten Referenzpunktes ermittelt.

Technische Anwendung

Während es beim Papierfalten um das Erstellen eines 3D-Objektes aus einer Fläche geht, lassen sich die Grundtechniken auch umkehren, um ein 3D-Objekt zu Transportzwecken möglichst kompakt zusammenzufalten. Anwendungsbeispiele reichen von Solarsegeln über Airbags hin zu Stents.

Literatur

  • Eric Kenneway: Origami komplett. Augustus Verl., Augsburg 1991, ISBN 3-8043-0165-7.
  • Kunihiko Kasahara, Toshie Takahama: Origami for the Connoisseur. 6. Aufl., Japan Publications, Tokio (Japan) 1998, ISBN 4-8170-9002-2. (englisch)
  • René Lucio, Jan Spütz: Das große Origamibuch. 4. Aufl., Urania-Verl., Berlin 2003 (= Gestalten mit Papier), ISBN 3-332-00914-1.
  • Robert J. Lang: Origami design secrets. Mathematical methods for an ancient art. Nachdr., AK Peters Ltd., Wellesley (Massachusetts/USA) 2007, ISBN 1-56881-194-2. (englisch)
  • Gerwin Sturm: Origami. Kreative Falt-Ideen. 1. Aufl., Christopherus Verl., Stuttgart 2008, ISBN 978-3-419-53472-4.

Weblinks

Organisationen:



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