Partnerlosigkeit

Partnerlosigkeit

Unter Alleinstehende(r) oder umgangssprachlich (als Anglizismus) Single wird ein Mensch verstanden, der ohne feste soziale Bindung an eine Partnerin bzw. einen Partner, auch ohne minderjährige Kinder im Haushalt lebt. Demzufolge sind Alleinerziehende keine Singles. „Alleinstehender“ ist ein statistischer Begriff für Einpersonen-Haushalte, das Attribut „ledig“ eine juristische Bezeichnung für Personen, die noch nie verheiratet waren.

Inhaltsverzeichnis

Single-Typen

Es lassen sich unterscheiden: freiwillige/bewusste Singles wollen alleinstehend sein (Beispiele: Eigenbrötler, Einsiedler, Hagestolze, Sonderlinge oder katholische Geistliche, die dem Zölibat unterliegen); unfreiwillige Singles hingegen nicht (wie Witwer ohne minderjährige Kinder im eigenen Haushalt, Frauen der Kriegsgenerationen (viele Männer gefallen), Menschen, die noch keinen Lebenspartner gefunden haben).

Zur Geschichte der freiwilligen Singles

Freiwillig Alleinstehende sind kein neues Phänomen. In den bekannten historischen Gesellschaften wurden sie oft ungern gesehen, doch gab es soziale Rollen, die ihnen offenstanden, zum Beispiel Schamanen in Nordasien oder Wandermönche im Kaiserreich China. Nach dem Verbot der Priesterehe war in Europa auch der geistliche Stand als Weltpfarrer eine Möglichkeit. Ordenspriester, -brüder oder -nonnen, sind hingegen keine Singles, sondern gehören einer Gemeinschaft an, deren Zweck es aber nicht ist, sexuelle Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu befriedigen (insofern sind Mitglieder solcher Gemeinschaften eben doch "auf sich allein gestellt").

Unverheiratete gab es immer relativ viele (denn die Heirat war im Mittelalter und in der früheren Neuzeit an viele Voraussetzungen gebunden), oft können hier andere Formen von Partnerschaften (vgl. die Eheformen) unterstellt werden. Auch der hohe Geburtenanteil unehelicher Kinder spricht dafür. Personen, die nicht verheiratet waren, blieben meist im Haushalt der Eltern oder nach deren Tod bei ihren Geschwistern und waren dort oft wenig geachtet. Dies galt für alle sozialen Schichten.

Erst in der Industriegesellschaft wurde es ohne weiteres akzeptabel und möglich, dass eine Person allein ohne den Rückhalt eines Familienverbandes ihren Lebensunterhalt verdienen konnte. Für Frauen ist es erst seit ein oder zwei Generationen möglich, alleine zu leben. Vorher war das - bis auf Ausnahmefälle - ökonomisch unmöglich und galt als moralisch bedenklich.

Gründe für die Entscheidung zum Singleleben

Die Gründe für ein Singleleben haben verschiedene Ursachen und sind nicht monokausal erklärbar. Prinzipiell sind Frauen weder ehemüde noch unwillig, feste Beziehungen einzugehen, sie können nur zwischen mehr Lebensstilen wählen.[1]. Dasselbe gilt für Männer. Zu den Ursachen des Singlelebens in westlichen Informationsgesellschaften gehören:

  • Die heute unter 40-Jährigen haben eine besonders trennungsfreudige Elterngeneration erlebt; bei eigenen festen Bindungen sind sie vorsichtig. An die Stelle einer frühen Eheschließung tritt so oft eine serielle Monogamie, bei der sich Phasen der Bindung mit Phasen als Single ablösen, bis es dann (vielleicht) zu einer Eheschließung kommt.
  • Mit der höheren Lebenserwartung verlängert sich auch die Witwenzeit im Alter. Witwen empfinden oft keinen Druck, wieder eine Partnerschaft eingehen zu müssen.
  • Immer mehr Frauen jüngeren und mittleren Alters sehen nach einer Scheidung oder Trennung die Wiederheirat oder das Eingehen einer neuen Partnerschaft als eine von mehreren Optionen und nicht als Notwendigkeit[1], zumal der gesellschaftliche Druck, (weitere) Kinder zu gebären, stetig abnimmt.

Statistik

Statistisch sind die Begrifflichkeiten nicht eindeutig. Häufig werden unter "Singles" Ein-Personen-Haushalte verstanden, d.h. allein wohnende Menschen. Diese können aber durchaus in einer Partnerbeziehung, gar Ehe mit getrennten Wohnungen leben. So gibt es auch keine bundesweiten Statistiken über die Zahl der freiwilligen Singles. Das Statistische Bundesamt hat 2001 in seinem Mikrozensus nur ermittelt, dass 17 % der Menschen in Ein-Personen-Haushalten lebten. Da in dieser Zahl auch Wohngemeinschaften, die im Mikrozensus als mehrere Ein-Personen-Haushalte erfasst werden, enthalten sind, ist jedoch auch diese Zahl nicht eindeutig. Nach dem Mikrozensus 2005 des Statistischen Bundesamtes leben 26 Prozent aller deutschen Frauen ohne Partner (im Vergleich zu 18 Prozent der Männer): 8,651 Millionen alleinstehende und 2,236 Millionen alleinerziehende Frauen.[1]

Die Online-Partneragentur Parship hat mit der repräsentativen Parship Single-Studie 2005 erstmals die Zahl der Alleinstehenden in Deutschland erhoben (2005: 11,2 Millionen Personen, also rund 20 Prozent der Gesamtbevölkerung). Die Studie stellt die Frage „Besteht eine Partnerschaft oder nicht?“ in den Vordergrund und definiert Singles als „Personen ohne feste Partnerschaft“. In der Schweiz leben (nach Zahlen aus dem Jahr 2005) 15 % der Menschen in Ein-Personen-Haushalten. Der Anteil der Ein-Personen-Haushalte hat sich hier von 14 % im Jahr 1960 auf 36 % im Jahr 2005 erhöht (in den Städten sogar auf mehr als 50 %). In den Vereinigten Staaten gibt es mittlerweile mehr Singles als verheiratete Paare.[2] [1]

Probleme

Das größte Problem der unfreiwilligen Singles ist nach Ansicht der Psychologin Eva Jaeggi die Einsamkeit. Auf den Seiten zahlreicher Internetanbieter können unfreiwillige Singles Partner suchen. Daneben gibt es Kontaktanzeigen in Zeitungen und Heiratsinstitute bzw. Partnervermittlungen. Singlebörsen im Internet trugen wesentlich zu einem vermehrt unkomplizierten Umgang mit Kontaktanzeigen bei, insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung.

Mitunter ist mit einem langfristigen Single-Dasein auch der (freiwillige oder unfreiwillige) Verzicht auf die Verwirklichung eines Kinderwunsches verbunden. Sollte sich diese Tendenz in den kommenden Jahren weiter verstärken, wird sich dies negativ auf die Bevölkerungsstatistik auswirken und zu einer Verschärfung des bereits bekannten Phänomens der Überalterung vieler Gesellschaften, vor allem in Industrieländern, führen.

Soziologie und Psychologie

Das Phänomen der freiwilligen Singles ist eher ein soziologisches: In welchen Gesellschaftsformen ziehen es erwachsene Menschen vor (oder können nicht umhin und halten es für 'normal'), ohne enge Bindungen (vgl. Gemeinschaft), d.h. in losen (loose-knit) sozialen Netzwerken zu leben?

Oft sind die Übergänge zwischen Unfreiwilligkeit und freiwilligem Single-Dasein fließend; Phasen des bewusst positiven Erlebens der eigenen Ungebundenheit (etwa bei der Lösung vom elterlichen Haushalt) können sich zudem mit Zeiten eines wachsenden Einsamkeitsgefühls abwechseln („Wer in die Fremde will wandern, | Der muss mit der Liebsten gehn.“).

Mitunter wird auch die Frage thematisiert, inwieweit die Bezeichnung "glücklicher Single" nicht einen Widerspruch in sich, ein Paradoxon darstelle. Hier ist zumindest die grundlegende Erkenntnis anzuführen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist und somit soziale und partnerschaftliche Bindungen eine wichtige Basis der eigenen Persönlichkeitsentfaltung darstellen können. Die Ausprägung dieser Grundbedürfnisse beim jeweiligen Individuum kann jedoch schwanken; viele Menschen sehen gerade ihre Ungebundenheit als förderlich für die eigene Entfaltung und mögliche Unterstützung anderer an.

Medizin

Immer wieder kursieren Statistiken, nach denen Singles ungesünder sein könnten, früher sterben und ähnlich. Zum Beispiel zeigte eine Untersuchung in Dänemark, wo verlässliche und ausführliche Gesundheitsregister vorliegen, dass alleinstehende Ältere überdurchschnittlich oft an koronarer Herzkrankheit sterben. Die Gründe sind vielfältig, eher sozialpsychologisch: Man weiß, dass Alleinlebende anders als Menschen in Familien/Partnerschaften häufiger ungesund leben (zu viel wiegen, rauchen, höhere Cholesterinwerte haben, seltener zum Arzt gehen) und im Notfall allein sind.

Siehe auch:

Literatur

  • Irene Herzberg: Kleine Singles. Lebenswelten von Schulkindern, die ihre Freizeit häufig allein verbringen. Juventa, Weinheim 2001, ISBN 3779902230

Quelle

  1. a b c d Abendblatt:Keine Lust mehr auf Ehe?
  2. Matthias Hohensee: Richard Florida im Interview - „Intolerante Orte sterben“, wiwo.de, 20. Februar 2007

Weblinks


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