Passivieren

Passivieren

Unter Passivierung versteht man in der Oberflächentechnik die spontane Entstehung oder gezielte Erzeugung einer nichtmetallischen Schutzschicht auf einem metallischen Werkstoff, welche die Korrosion des Grundwerkstoffes verhindert oder stark verlangsamt.

Spontane Passivierung

Wird blankes Metall Luft oder einer anderen korrosiven Umgebung ausgesetzt, dann hängt es zunächst von der chemischen Beschaffenheit des Metalls ab, ob es zur Korrosion kommt oder nicht. Während z. B. Gold und Platin durch ihre Eigenschaft als Edelmetall von sich aus vor Korrosion geschützt sind, haben die unedleren Metalle wie Eisen, Zink und Aluminium eine Neigung zur Korrosion. Ob und wie schnell es aber wirklich zur Korrosion kommt, hängt auch noch von der möglichen Entstehung einer Passivierungsschicht ab. Das beste Beispiel für eine solche Passivierungsschicht ist das Metall Chrom: Obwohl Chrom im chemischen Sinne noch etwas unedler als Eisen ist, verhält es sich bei der Korrosion gegenüber Luft und Wasser fast wie ein Edelmetall - jeder kennt diesen Effekt, denn die verchromten Badezimmerarmaturen bleiben jahrzehntelang blank und glänzend. Eine sehr dünne, unsichtbare Oxidschicht (bei Chrom-Nickel-Stählen in der Größenordnung von 10nm (ca. 50 Atomlagen), bei reinem Chrom 5 Lagen) trennt das Metall von der Atmosphäre, so dass weitere Oxidation nur durch Diffusion durch die Oxidschicht möglich ist. Die passivierende Schicht behindert die Diffusion, so dass eine weitere Korrosion des Werkstoffs gestoppt wird.

Ein weiteres Beispiel für dieses Phänomen ist rostfreier Stahl: Das enthaltene Chrom bildet ab 12 % Massenanteil eine Chromoxid-Schicht, wodurch weitere Oxidation verhindert wird. Wird diese Oxidschicht beschädigt, gelangt blankes Metall in Kontakt mit der Atmosphäre so bildet sich automatisch eine neue passivierende Schicht, d. h. die Schicht ist selbstheilend. Weitere technisch bedeutende Werkstoffe, die Passivschichten bilden, sind Aluminium, Nickel, Titan, Blei, Zink und Silicium.

Unter ungünstigen Bedingungen (halogenhaltiges Medium, elektrochemisches Potential, vergleiche auch Pourbaix-Diagramm) können Werkstoffe mit Passivschicht für Lochfraß anfällig werden.

Das bekannteste Beispiel, bei dem es nicht zur spontanen Passivierung kommt, ist gewöhnlicher Stahl. Die Korrosionsschicht - der Rost - besteht aus einer schnell anwachsenden Schicht aus Eisenoxid, welche das weitere Fortschreiten der Korrosion nicht verlangsamt.

Zur Berechnung, ob die Oxidschicht schützenden oder nichtschützenden Charakter besitzt, kann das Pilling-Bedworth-Verhältnis genutzt werden.

Passivierungsverfahren

Bei manchen Metallen ist es sinnvoll, die Entstehung einer Passivierungsschicht nicht dem Zufall zu überlassen, sondern die Passivierungsschicht durch ein definiertes Verfahren technisch zu erzeugen. Ein solches Beispiel ist Aluminium, man spricht in diesem Fall aber nicht von Passivierung sondern von Eloxieren.

Bei Magnesium, Silber, Zink und Cadmium lässt sich durch das Verfahren der Chromatierung eine Passivierungsschicht erzeugen, welche neben dem verbesserten Korrosionsschutz auch als Haftgrund für nachfolgende Verfahrensschritte, als Anlaufschutz (Silber), als Schutz gegen Fingerabdrücke oder zur Veränderung des Aussehens (Glanz, Farbton) dienen kann.

Eine große technische Bedeutung hat die Chromatierung von Zinkschichten erlangt. Die so erzeugte Passivierungsschicht kann die Korrosion des Zinks (Weißrost) sehr lange hinauszögern. Die Passivierungsschichten können je nach Verfahren die Farben (schwach)blau, gelb, schwarz, oliv oder transparent haben. Je nach Verfahren können die Passivierungsschichten giftiges Chrom(VI) enthalten. In den letzten Jahren wurden auch Chrom(VI)-freie Passivierungen entwickelt, welche aber z. T. nicht die gleiche Korrosionsbeständigkeit erreichen, wie die Chrom(VI)-haltigen Verfahren. Durch die neue Gesetzgebung in der EU ist die Passivierung mit Chrom(VI) für die Anwendung im Automobilbau (PKW < 3,5 t) und bei Hausgeräten verboten worden [1], [2].

Moderne Ersatzverfahren verwenden Chrom(III) oder sind gänzlich chromfrei. Bei chromfreien Verfahren werden beispielsweise Behandlungslösungen verwendet, die komplexe Zirkonium- oder Titanfluoride enthalten. Daraus entsteht dann eine Passivierungsschicht aus Titan- bzw. Zirkoniumoxid.

Das relativ neue Verfahren der Dickschichtpassivierung von Zinkschichten verbindet die Vorteile der Chrom(VI)-Freiheit und einer guten bis sehr guten Korrosionsbeständigkeit.

Einzelnachweise

  1. Richtlinie 2000/53/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über Altfahrzeuge - Erklärung der Kommission. In: Amtsblatt des Europäischen Parlaments und des Rates. L 269, 21. September 2000, S. 34-43 ([1] ; Stand: 2008-02-10). 
  2. Richtlinie 2002/95/EG Des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 2003 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. In: Amtsblatt des Europäischen Parlaments und des Rates. L 037, 13. Januar 2003, S. 19–23 ([2] ; Stand: 2008-02-10). 

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • passivieren — pas|si|vie|ren 〈 [ vi: ] V.〉 1. Posten passivieren vom Haben einer Bilanz auf das Soll setzen 2. 〈Chemie〉 Metalle passivieren Metallen die Eigenschaft der Passivität (2) verleihen …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • passivieren — inaktivieren; ausschalten; abschalten; stilllegen; deaktivieren * * * pas|si|vie|ren 〈[ vi: ] V. tr.; hat〉 Posten passivieren vom Haben einer Bilanz auf das Soll setzen * * * pas|si|vie|ren <sw. V.; hat: 1. (Kauf …   Universal-Lexikon

  • passivieren — pas|si|vie|ren [...v...] <zu ↑...ieren>: 1. Verbindlichkeiten aller Art in der Bilanz erfassen u. ausweisen; Ggs. ↑aktivieren 2. unedle Metalle in den Zustand der Passivität (2) überführen (Chem.) …   Das große Fremdwörterbuch

  • passivieren — pas|si|vie|ren ([Verbindlichkeiten] in der Bilanz erfassen und ausweisen; Chemie Metalle auf [elektro]chemischem Wege korrosionsbeständig machen) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • inaktivieren — passivieren; ausschalten; abschalten; stilllegen; deaktivieren * * * in|ak|ti|vie|ren 〈[ vi: ] V. tr.; hat〉 unwirksam machen; Ggs aktivieren (1) * * * in|ak|ti|vie|ren <sw. V.; hat …   Universal-Lexikon

  • Rückstellung — Im Rechnungswesen sind Rückstellungen Passivpositionen in der Bilanz, die hinsichtlich ihres Bestehens oder der Höhe ungewiss sind, aber mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit erwartet werden. Rückstellungen dürfen nicht mit Rücklagen… …   Deutsch Wikipedia

  • Elektronenmigration — Unter Elektromigration (EM) versteht man einen Materialtransport durch allmähliche Bewegung von Ionen in einem festen Leiter, der durch den elektrischen Strom verursacht wird. Kollisionen von Elektronen mit den Ionen und in geringerem Maß auch… …   Deutsch Wikipedia

  • Anschaffungskosten — Mit dem Begriff Anschaffungskosten bezeichnet man in der Rechnungslegung einen ursprünglichen Bewertungsmaßstab für erworbene Vermögensgegenstände und Wirtschaftsgüter. Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen… …   Deutsch Wikipedia

  • Aqua regia — Wikipedia:Redaktion Chemie/ausgeblendete Strukturformel Allgemeines Name Königswasser Andere Namen Königssäure Aqua regis Aqua regia Summenformel nicht zutreffend CAS Nummer …   Deutsch Wikipedia

  • Debitor — ist im deutschen Rechnungswesen der Begriff für den Schuldner von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Dabei handelt es sich um Lieferantenkredite oder sonstige Warenkredite aus der Geschäftsverbindung mit Kreditoren. Komplementärbegriff… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”