Pinkassynagoge

Pinkassynagoge
Eingang in der Široká 3
Westfassade

Die Pinkas-Synagoge (tschechisch Pinkasova synagoga) ist eine ehemalige Synagoge in der Široká 3 im Prager Stadtteil Josefstadt. Sie ist dem Alten jüdischen Friedhof benachbart.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Unter dem heutigen Bauwerk wurden Gewölbe und eine Mikwe aus dem späten 15. Jahrhundert gefunden. 1492 ist ein privates Bethaus der Familie Horowitz nachgewiesen, das zum Wohnhaus U Erbů gehörte. Dieses Bethaus kam 1519 in den Besitz des angesehenen jüdischen Bürgers Aron Meschullam Zalman Horowitz, der seinem Status gemäß 1535 die heutige größere Synagoge errichten ließ. Wahrscheinlich seit dem Ende des 16. Jahrhunderts wurde die Synagoge nach dem früheren Hausbesitzer Israel Pinkas Pinkasschul genannt. 1607 bis 1625 errichtete Juda Tzoref de Herz einen Anbau im Stil der Spätrenaissance, der das Frauenschiff, die Empore und ein geräumiges Vestibül enthielt.

Jahrhundertelang befanden sich in der Pinkas-Synagoge die Reliquien des messianistischen Märtyrers Salomon Molcho, der 1532 in Mantua verbrannt worden war. Es waren dies der Wimpel und das Gewand Molchos. Einige Mitglieder der Familie Horowitz, denen die Synagoge weiterhin gehörte, befassten sich mit Kabbalistik und Mystik, wie Sabbatai Scheftel ben Akiva Horowitz, der die Schrift Schefa Tal (Die Flut der Tautropfen, 1612) verfasste, oder Jesaja ben Abraham ha-Levi Horowitz, der das kabbalistische Buch Schne Luchot ha-Brit (Die zwei Tafeln des Bundes, 1649), schrieb.

Durch ihre tiefe Lage wurde die Pinkas-Synagoge mehrmals überflutet und beschädigt. Nach dem Hochwasser von 1758 und 1771 wurden Thoraschrein und Bima barock erneuert. 1860 wurde das Gebäude stark verändert, indem man das Fußbodenniveau um 1,5 Meter anhob und die Inneneinrichtung modernisierte. Diese unbefriedigende Lösung wollte man bereits in den 1920er Jahren wieder rückgängig machen, was aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg möglich wurde. 1950-1954 beseitigte man die Aufschüttung wieder, Toraschrein, Bima und Portal wurden restauriert und ursprüngliche Verputzschichten freigelegt. Anschließend wurde die Synagoge 1954-1959 in eine Gedenkstätte für die jüdischen Bürger der Tschechoslowakei umgewandelt, die während des Zweiten Weltkrieges umgekommen sind. Jiři John und Václav Boštik gestalteten sie dergestalt, dass an den Wänden der Räume die Namen von fast 78000 Menschen, alphabetisch nach Familien und Orten geordnet, aufgeschrieben wurden. 1960-1968 war sie so der Öffentlichkeit zugänglich, bis erneut eindringende Feuchtigkeit Schäden verursachte und die Synagoge geschlossen wurde. Erst 1989 wurden die Reparaturarbeiten fertig und 1992-1995 die Inschriften an den Wänden wiederhergestellt. Seither ist die Pinkas-Synagoge als Teil des Jüdischen Museums wieder zu besichtigen.

Baubeschreibung

Es handelt sich bei der Pinkas-Synagoge um einen länglichen, einschiffigen Raum mit spätgotischem Netzgewölbe, das mit Renaissancedekor bemalt ist, und Maßwerkfenstern. Bedeutend ist vor allem das Eingangsportal, das in ungewöhnlich reinen Frührenaissanceformen gestaltet ist. Der barocke Toraschrein besitzt Doppelsäulen an den Seiten und stammt wahrscheinlich vom Ende des 17. Jahrhunderts. Die ursprünglich gotische Bima wurde 1775 durch roten Marmorstuck verändert und 1793 mit einem Rokokogitter aus Schmiedeeisen versehen. Sonst befinden sich keine Einrichtungsgegenstände mehr im Gebäude. Ursprünglich waren die Bänke, wie in der Altneu-Synagoge entlang den Wänden mit Blick zur Bima aufgestellt gewesen. Heute sind überall an den Wänden die Namen der umgekommenen tschechischen Juden aufgeschrieben.

Im Vestibül befindet sich eine Steinplatte mit Inschrift aus dem Jahr 1535, die an den Bauherrn und dessen Gattin erinnert.

Literatur

  • Arno Pařík: Das jüdische Prag. Jüdisches Museum, Prag 2005 3. Auflage
  • Arno Pařík: Prager Synagogen. Jüdisches Museum, Prag 2005

Weblinks


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