Plasmarc

Plasmarc

Der Plasmaofen "PLASMARC" im Zwischenlager Würenlingen AG (ZWILAG) im schweizerischen Würenlingen ist weltweit die erste Anlage, in der leicht radioaktive Abfälle mit einem Hochleistungs-Plasmabrenner bei einigen tausend Grad Celsius thermisch zersetzt oder aufgeschmolzen werden. Dem Abfall wird beim Schmelzvorgang Altglas zugeführt und somit werden die Reststoffe auslaugsicher immobilisiert. Mit dem Verfahren wird ein chemisch resistenter, schwer auslaugbarer Abfallkörper hergestellt, der für die spätere Lagerung in geologischen Formationen über gute Eigenschaften verfügt. Darüber hinaus kann das Abfallvolumen durchschnittlich um einen Faktor fünf bis 20 verkleinert werden.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

In der Schweiz sind die Verursacher radioaktiver Abfälle für deren Entsorgung verantwortlich. Das Gesetz schreibt die dauerhafte und sichere Entsorgung durch Endlagerung vor. Die Verarbeitung (Konditionierung) der Abfälle in eine endlagerfähige Form wird durch den Verursacher vorgenommen.

Dazu gründeten die vier Kernkraftwerks Betreiber (BKW, KKG, KKL, NOK) die ZWILAG.

Im ZZL wird unterschieden zwischen hochradioaktiven so wie mittel bis schwach radioaktiven Abfällen.

Das Lager für die hochradioaktiven Abfälle hat Platz für 200 Behälter zu je rund 100 Tonnen Gewicht. Derzeit enthält es 20 Behälter, 13 mit abgebrannten Brennelementen, 7 mit verglasten Abfällen aus der Wiederaufarbeitung im Ausland.

Neben dem hochaktiven Abfällen, fallen pro Jahr rund 300 Fässer schwach bis mittel aktiver Abfall aus den Kernkraftwerken, sowie aus Forschung und Medizin an. Zusätzlich besteht ein Lager für 1.000 Fässer leichtradioaktiv Abfall, das derzeit mit 600 Stück belegt ist.

Anlagenbeschreibung

Da die Schweiz noch nicht über ein Endlager verfügt, und die Kapazität im ZWILAG endlich ist, entschloss sich die Trägerschaft zum Bau einer Konditionierungsanlage sowie einer kombinierten Verbrennungs- und Schmelzanlage.

Nach einem sechs Jahre dauernden Bewilligungsverfahren konnte Ende August 1996 die Baubewilligung erteilt werden. Im Frühjahr 2000 wurde der erste Bauabschnitt abgeschlossen.

Am 6. März 2000 erteilte der damalige Bundespräsident Adolf Ogi die Betriebsbewilligung für die Konditionierungs- und V&S Anlage. Alles funktionierte praktisch auf Anhieb, nur das weltweit einzigartige High-Tech-Gerät erlitt eine Kinderkrankheit nach der anderen. Erst nach millionen-schweren Nachinvestitionen konnte der Plasmaofen in Betrieb genommen werden. Erschwerend wirkte sich aus, dass die Lieferfirma bankrott ging und die automatische Fassbeschickung komplett erneuert werden musste.

Im Folgenden konzentriert sich diese Arbeit nur noch auf die V&S Anlage.

Ziel der Anlage

Die Intention für den Bau und den Betrieb der Verbrennungs- und Schmelzanlage ist analog zu der einer konventionellen Müllverbrennungsanlage. Dabei handelt es sich um ein thermisches Verfahren, bei dem Müll verbrannt wird. Hierbei wird das Volumen des Abfalls stark reduziert. Weiterhin wird auch die Masse verringert, da ein nicht unwesentlicher Teil des Mülls als Abgas emittiert wird.

Bei der V&S-Anlage handelt es sich um eine Pyrolyse. Dazu kommt als primäre Energiequelle ein Plasmabrenner zum Einsatz. Da bei handelt es sich um einen „elektrisch stabilisierten Blitz“ in einer Gasatmosphäre der zwischen zwei Elektroden, von denen das eine das zu behandelnde Gut sein kann erzeugt.

Eine Plasmaflamme erreicht Temperaturen von 15.000 bis 20.000 °C. Der wassergekühlte 1200 kW Plasmabrenner erzeugt einen Lichtbogen, der von einer 5 bis 15 cm dicken Flamme mit einer Temperatur von ca. 5.000°C. umgeben ist. Als Plasmagas wird Stickstoff eingesetzt.

Nicht zu vergessen ist, dass man Radioaktivität nicht vernichten kann. Die anfallende Abfallasche bzw. Schlacke/Schmelze bleibt aktiv. Sie wird in der Glasmatrix immobilisiert und in Stahlkokillen abgegossen, welche dann in Endlagerfässer überführt wird.

Primär wird eine Volumenreduktion von bis zu 80 % erreicht. So wurden in der letzten Kampagne aus 191 Fässern nur noch 31 [B].

Die Verbrennungs- und Schmelzanlage wurde für eine Durchsatz von rund 200 kg/h brennbarer oder 300 kg/h schmelzbar Abfälle ausgelegt. Vorgesehen sind jährlich 2 Kampagnen à ca. 600 Stunden in vierschichtigem Betrieb. Das erwartete jährliche Abfallaufkommen beträgt ca. 150 t brennbare und 50 t schmelzbaren Abfalls.

Verfahren

Das Herz der PLASMARC® Verbrennungs- und Schmelzanlage ist ein Drehherdofen mit einem Plasmabrenner, sowie nachgeschalteter Abluftreinigungs-Anlage. Diese Ausführungsform erlaubt, in einer einzigen Anlage brennbare und flüssige Abfälle thermisch zu zersetzen, sowie Metalle einzuschmelzen. Der Ofen besteht aus einem 4 m hohen zylindrischen Gebilde von 3 m Durchmesser, mit den zwei Hauptbestandteilen Deckel und Drehherd.

Auf dem Deckel sind Öffnungen für die Beschickungseinrichtung, (Schleuse Fassdreheinrichtung), die Flussmittel-Beschickung, den Plasma-Brenner und den Hilfs Leichtöl-Brenner, den Putzlanzenmanipulators für die Abgussöffnung, die Kameras und die Sauerstoffjets angebracht. Eine zusätzliche Öffnung dient als Mannloch. Der Deckel wird mit einer Isolationsschicht aus Sinterkorund-Chromoxid-Hochbrandstein ausgekleidet um das Schmelzen oder Korrosion des Kessel zu verhindern.

Der Drehherd wird um seine Achse gedreht, um die Abfälle unter den stationären Plasmabrenner zu bringen, und um die Schmelze vor dem Abgiessen, von der zentral gelegenen Abgussöffnung, an die Zentrifugenwand hin zu verlagern.

Ofenbetrieb

Die Ofenanlage wird erst in Betrieb genommen, wenn auch die Rauchgasreinigung betriebsbereit ist. Der Ofen wird langsam mit dem Hilfsbrenner auf Temperatur gebracht, um die Auskleidung zu schonen. Nach dem Verschluss der zentralen Bodenöffnung werden die Zuschlagstoffe in den Ofen gebracht. Für die Verglasung der Verbrennungsrückstände werden die Zuschlagstoffe Siliciumdioxid und Calciumoxid in 200l Fässer durch die horizontale Fassbeschickung in den Drehherd eingebracht und mit dem Plasmabrenner geschmolzen. Als Flussmittel können geringe Mengen Natriumoxid zugesetzt werden, die Zudosierung erfolgt durch eine Zellenradschleuse

Ofenbeschickung

Anschließend werden die Fässer einzeln in die vertikale in Beschickungsschleuse eingebracht. Dort werden sie angestochen und anschließend in die Horizontale gedreht und in Richtung Ofen geschoben. Der Propanbrenner schneidet die Fässer in Scheiben, dies fällt mit ihrem Inhalt, Portionsweise in die sich drehende Glasschmelze. Die Abfälle gelangen so unter den Plasmabrenner. Die Abfälle zersetzen sich durch Pyrolyse und spalten sich dabei in Reststoff und Gas auf. Die Gase werden der Abluftbehandlungsanlage zugeführt.

Fässer mit flüssigem Inhalt werden außerhalb der Beschickungsschleuse an eine Pumpenvorrichtung angeschlossen und in den Drehherd eingespritzt. Mit dem leeren Fass wird genau gleich verfahren wie mit vollen Fässern.

Schmelze Entleerung

Sobald der Ofen einen Inhalt von 800-850 Litern erreicht hat wird das Abgießen eingeleitet. Die Drehzahl des Drehherds wird dafür stark erhöht und der Bodenverschluss geöffnet. Das Abfließen der Schmelze wird durch die Reduktion der Drehzahl eingeleitet und reguliert. Während die Schmelze durch die Kammer hindurch in die Kokille fliesst, werden die Pyrolsegase seitlich abgezogen und der Nachbrennkammer zugeführt. Die Abgusskammer hat wassergekühlte Doppelwände. Des Weiteren hat die Abgusskammer zwei Schleusen um beim Kokillenwechsel eine Kontamination zu verhindern. Wenn die Kokille voll ist (ca. 140 Liter) wird die Drehzahl erhöht und eine neue Kokille eingeschleust. Die gefüllte Kokille wird in der Ausgangsschleuse gebracht und nach einer gewissen Spülzeit, nachdem sich eine starre Schicht auf der Schmelze gebildet hat, in den abgeschirmten Kühltunnel transportiert. Nach einer Aufenthaltszeit von etwa 24 h im Tunnel ist die Temperatur des Abgusses durch Luftkühlung auf unter 50°C. abgesunken.

Nach dem Abkühlen werden die Kokillen aus dem Kühlgefäßen gezogen und in ein mit Beton ausgekleidete 200 Liter Endlagergebinde eingesetzt. In der Sandverfüllsation werden die restlichen Hohlräume im Endlagergebinde mit Sand aufgefüllt. Die Gebinde werden automatisch verschlossen und gelangen nach einer automatischen Dosisleistung- und Kontaminationsmessung zum Fassausganslager.

Rauchgasreinigung

Die Anlage zur Behandlung des Rauchgas ist vergleichbar mit jenen aus konventionellen Müllverbrennungsanlage

Die Rauchgase der Verbrennungsanlage werden zuerst in der Nachbrennerkammer vollständig oxidiert. Anschließend durchlaufen sie den Abhitzekessel, die dabei gewonnene Energie wird zur Aufheizung anderer Komponenten verwendet.

Quench

Der Quench besteht aus einem vertikal aufgestellten Stahlzylinder. Die heißen Rauchgase werden im oberen Bereich eingeleitet und mit zerstäubtem Wasser weiter gekühlt. Das Quench-Wasser nimmt aktive Stoffe wie Cäsium-, aber auch Schadstoffe wie Zn-, Cl- und F-Verbindungen auf.

Säurewäscher

Im Säurewäscher, einer FüllkörperKolonne, werden die Abgase im Gegenstrom eingeleitet, wo die säurelöslichen inaktiven und aktiven Schadstoffe abgeschieden werden.

Entstaubung

Im Elektrofilter werden Aerosole und Staubpartikel welche noch in den Abgasen vorhanden sind abgeschieden. Die feinsten Partikel, die noch den Nasselektrofilter durchströmen, werden in zwei HEPA-Filter abgeschieden. Nach diesen Reinigungstufen sollten -bis auf radioaktiven Kohlenstoff- keine radioaktiven Substanzen mehr in der Abluft vorhanden sein. Die nachfolgenden Komponenten sind gänzlich nur noch für die Abscheidung bzw. Umwandlung inaktiver Schadstoffe im Einsatz.

Entschwefelung

Schwefeldioxid wird im alkalischen Gaswäschern vom Abgas getrennt. Das Abgas wird im Gegenstrom durch eine Waschstufen, geführt. Das SO2 reagiert mit leicht basischem Wasser. Dieses Verfahren stellt ein Rauchgasentschwefelung dar. Die folgenden Gebläse erzeugen einen Unterdruck im Plasmaofen.

DeNOx

Nach dem Gebläse werden die Abgase in einem Rohrwärmeübertrager auf 320°C. erhitzt. Von dort gelangen die Abgase in eine Mischkammer, in welcher die Abgase mit Ammoniak versetzt werden. In der DeNOx-Anlage werden die Stickoxide in Anwesenheit des Ammoniak und eines Katalysators zu N2 reduziert. Das Abgas wird dann über einen 35m hohen Kamin ausgestoßen.

Abfallprodukte und Reststoffe

Die bei der Abluftbehandlung anfallenden radioaktiven Abwässer werden in einen Puffertank gesammelt. Dort wird durch Zugabe von Zeolithen ein Teil des Cäsiums gebunden. Die flüssige Phase wird in einen zweiten Puffertank gepumpt und mit NaOH neutralisiert. Beide Behälter sind mit Dosierungseinrichtungen ausgestattet um Schwermetalle zu fällen. Das Abwasser mit den Sedimenten und Schlämme wird nun filtriert. Der anfallende Filterkuchen wird der Verbrennung abgegeben. Das Filtrat wird über eine Ionentauscherkolonnen geführt und anschließend in einer Destillationskolonne eingedampft. Die beladenen Ionentauscherharze werden ebenfalls wieder in der V&S-Anlage behandelt. Das anfallende Destillat dient als Prozesswasser in der Verbrennungsanlage.

Die HEPA-Filterelemente werden in 200 Liter Fässer abgefüllt und der V&S-Anlage abgegeben.

Weiter fallen ca. 50 m3a-1 NaCl-Lösung an welche, nach erneuter Reinigung (Zentrifugierung, Eindampung), und radiologischer Kontrolle in der Konditionierungsanlage, via Vorfluter dem PSI-Abwassersystem der Umwelt abgegeben wird.

Radioaktive Stoffe werden nur in geringstem Masse in die Umwelt, via Luftpfad so wie Wasserpfad, emittiert. Dies in Form von Tritiumoxid, so wie 14C Kohlendioxid *[1].

Literatur

  • Vigfusson J. Dr.; HSK

Gutachten zum Gesuch der Zwilag Zwischenlager Würenlingen AG um Erteilung der Betriebsbewilligung für die Konditionierungsanlage sowie die Verbrennungs- und Schmelzanlage des Zentralen Zwischenlagers für radioaktive Abfälle in Würenlingen [HSK27/45] [KSA 27/99]; 1999

  • Der Schweizerische Bundesrat;

Verfügung betreffend die Betriebsbewilligung für die Konditionierungsanlage sowie der Verbrennungs- und Schmelzanlage des Zentralen Zwischenlagers für radioaktive Abfälle in Würenlingen; 6.März.2000

  • Lüthi H.; Mittelland Zeitung; So füllt man Strahlung in Fässer ab; S. 22; Samstag;16 April 2005

Weblinks


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