Politische Geografie

Politische Geografie

Geopolitik ist eine Mischung aus Geographie, Politik, Geschichte und Sozialwissenschaft.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Der Begriff „Geopolitik“ wurde zur Zeit des Ersten Weltkrieges durch den schwedischen Wissenschaftler Rudolf Kjellén (1864-1922) geprägt. Als geistigen Anreger seiner Überlegungen hierzu nannte Kjellen den deutschen Geographen Friedrich Ratzel, der 1897 sein Buch „Politische Geographie“ veröffentlicht hatte. Zu nennen wären hier z.B. auch die Theorien des US-amerikanischen Admirals Mahan über die Rolle der Seemacht in der Weltgeschichte. Die Geopolitik versucht die geographischen Gegebenheiten mit politischen Zusammenhängen zu verknüpfen und analysiert die Verbindung zwischen beiden Gegebenheiten (z. B. bei Grenzstreitigkeiten).

1. - 2. Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden Kjellens Gedanken und sein Begriff vor allem in Westeuropa und Deutschland von einer Anzahl Wissenschaftler aufgegriffen und erweitert. In Deutschland vor allem von Karl Haushofer, Erich Obst, Hermann Lautensach und Otto Maull. Für England sind Halford Mackinder mit der im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts maßgebenden Heartland-Theorie und James Fairgrieve, für Frankreich Paul Vidal de la Blache und Camille Vallaux zu nennen. In der Auseinandersetzung mit den Folgen des Krieges wurden z.B. in Geopolitischen Atlanten die Auswirkungen des Versailler Vertrages für das Deutsche Reich dargestellt. Karl Haushofer gründete 1924 die „Zeitschrift für Geopolitik“, die weltweit Ansehen und Beachtung fand. Diese wurde aber zu einem Propagandaorgan der Nationalsozialistischen Ideologien. Geopolitische Gedankengänge flossen seit den Zwanziger Jahren bis heute in die Handlungsweise eigenständige Welt- und Machtpolitik betreibender Staaten ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es einen Bruch in der geopolitischen Forschung in Deutschland. Carl Troll wies die Schuld an der nationalsozialistischen Verwendung und Instrumentalisierung geographischer Forschung komplett den "geopolitischem Sonderweg" Haushofer zu[1] und trennte diesen vom angeblich unbelasteten Begriff der Politischen Geographie.

Eine erste ernsthafte Wiederaufnahme geopolitischer Debatten in der deutschen Forschung wird hingegen mit dem Historikerstreit[2]konstatiert, der auch die Mittellage Deutschlands thematisierte. Nach 1989 stellt der Hamburger Geograph Jürgen Ossenbrügge[2] eine regelrechte Inflation des Begriffes in der deutschen Debatte und eine damit verbundene erneute Rezeption der fortgeführten geopolitischen Forschung im Ausland fest.

21. Jahrhundert

Im Ausland, insbesondere im angloamerikanischen Raum, Frankreich und Russland ist der Begriff Geopolitik weiterhin gebräuchlich. Gegenwärtig wird der Begriff insbesondere im angelsächsischen Raum dazu benutzt, um die (unterschiedlich konzeptualisierten) räumlichen Kontrollstrategien moderner Staaten zu beschreiben, ohne dass dabei eine direkte territoriale Kontrolle über die betroffenen Räume vorliegen muss.“[3]

Seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts kommt der Begriff Geopolitik auch in der deutschen Presse und Politikwissenschaft wieder häufiger vor (Heinz Brill, Heinrich Jordis von Lohausen u.a.). So wird der Begriff etwa als erweiterter Begriff von Imperialismus gefasst, indem nicht nur offene Gewalt zwischen Staaten, sondern auch Konfliktformen unterhalb eines offenen Gewaltaustrags Gegenstand der Untersuchung sind.[3]

Siehe auch:

Literatur

Bücher

  • Guy Ankerl, Coexisting contemporary civilizations. Arabo-muslim, bharati, chinese, and western, Genf: INPRESS, 2000. ISBN 2881550045.
  • Pepe Escobar: Globalistan: How the Globalized World Is Dissolving Into Liquid War. Ann Arbor, Michigan: Nimble Books, Januar 2007. - ISBN 0-97881-382-0 (10); ISBN 978-0978813826 (13) (eine Zusammenschau der aktuellen Krisen und Konflikte mit Schwerpunkt auf Eurasien, basierend auf Reportagen vor Ort; auch ein Atlas; Rezension der Asia Times Online: [2])
  • Zbigniew Brzezinski: Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft. 2002
  • Albrecht Haushofer: Allgemeine politische Geographie und Geopolitik. Band 1 (mehr nicht erschienen), Heidelberg 1951
  • Heinz Brill: Geopolitik heute - Deutschlands Chance? 1994
  • Heinz Brill: Geopolitische Analysen. 2005; 2. Auflage 2008
  • Karl Haushofer: Geopolitische Grundlagen. 1935
  • Karl Haushofer: Geopolitik des Pazifischen Ozeans. Studien über die Wechselbeziehungen zwischen Geographie und Geschichte., 1938
  • Henning Heske: Haushofers neue Epigonen. Eine Warnung vor der Rehabilitierung der deutschen Geopolitik. In: Geographie und Schule 17, Heft 93, 1995
  • Henry Kissinger: Diplomacy. 1995
  • Rudolf Kjellen: Der Staat als Lebensform. 1917
  • Krejčí, Oskar: "Geopolitics of the Central European Region. The view from Prague and Bratislava" Bratislava: Veda, 2005. 494 p. (Free download)
  • Kritische Geographie (Hrsg.): Geopolitik. Zur Ideologiekritik politischer Raumkonzepte. 2001.
  • Yves Lacoste: Geographie und politisches Handeln. Perspektiven einer neuen Geopolitik. 1990
  • Halford John Mackinder: Britain and the British Seas. 1904
  • Alfred T. Mahan: Der Einfluß der Seemacht auf die Geschichte. 1898/99 (2 Bände)
  • Otto Maull: Das Wesen der Geopolitik. 1941
  • Franz Neumann: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 1933-1944. Fischer Taschenbuch Verlag, 2004 (englische Originalausgabe 1942).
  • John O'Loughlin, Henning Heske: From 'Geopolitik' to 'Geopolitique': Converting a Discipline for War to a Discipline for Peace. In: Kliot, N. and Waterman, SS. (Hg.): The Political Geography of Conflict and Peace. London: Belhaven Press, 1991
  • Gearóid Ó Tuathail: Critical Geopolitics. 1996
  • Friedrich Ratzel: Politische Geographie oder die Geographie der Staaten, des Verkehres und des Krieges. 1897
  • Christian W. Spang: Karl Haushofer Re-examined – Geopolitics as a Factor within Japanese-German Rapprochement in the Inter-War Years?, in: C. W. Spang, R.-H. Wippich (eds.), Japanese-German Relations, 1895-1945. War, Diplomacy and Public Opinion. London, 2006, pp. 139-157.
  • David Criekemans: Geopolitiek, 'geografisch geweten' van de buitenlandse politiek?, Garant, Antwerpen/Apeldoorn, 2007.- 848 p.: ill..- ISBN 90-441-1969-9
  • Tobias ten Brink: Geopolitik - Geschichte und Gegenwart kapitalistischer Staatenkonkurrenz. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2008. ISBN 978-3-89691-123-0
  • Boris Shiryayev: Großmächte auf dem Weg zur neuen Konfrontation?. Das „Great Game“ am Kaspischen Meer: eine Untersuchung der neuen Konfliktlage am Beispiel Kasachstan. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8300-3749-1. 

Zeitschriften

  • African Geopolitics
  • Journal of Middle Eastern geopolitics
  • Revue française de géopolitique
  • Zeitschrift für Geopolitik

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kritik Der Geopolitik: Ein Deutscher Diskurs, 1914-1944 Von Rainer Sprengel Veröffentlicht von Akademie Verlag, 1996 ISBN 3050030127, vgl. auch den Originalartikel Trolls von 1947
  2. a b [1] Reader von J. Oßenbrügge, Die neue Geopolitik und ihre Raumordnung, abgerufen am 18.8.2008
  3. a b Tobias ten Brink: Geopolitik - Geschichte und Gegenwart kapitalistischer Staatenkonkurrenz. Westfälisches Dampfboot, Münster 2008, ISBN 978-3-89691-123-0, S. 307. , S. 16.

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