Polyhydroxyfettsäuren

Polyhydroxyfettsäuren
Biosynthese von PHB durch Bakterien

Polyhydroxyalkanoate (PHA; Polyhydroxyfettsäuren) oder Polyhydroxyfettsäuren (PHF) sind natürlich vorkommende wasserunlösliche und lineare Polyester, die von vielen Bakterien als Reservestoffe für Kohlenstoff und Energie gebildet werden. In der Natur werden sie durch Gärung von Zucker oder Fetten hergestellt. Diese Biopolymere sind biologisch abbaubar und werden zur Herstellung von Biokunststoffen verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Biosynthese

Die Biosynthese von PHA wird meist durch bestimmte Mangelbedingungen (z.B. Mangel an den Makroelementen Phosphor, Stickstoff Mangel an Spurenelementen oder Sauerstoffmangel) bei gleichzeitigem Überangebot an Kohlenstoffquellen ausgelöst. Die Polyester werden in Form von stark lichtbrechenden Granula als Speicherstoffe in den Zellen abgelagert. Je nach Mikroorganismus und Kultivierungsbedingungen werden Homo- oder Copolyester mit unterschiedlichsten Hydroxyalkansäuren erzeugt.

Als Schlüsselenzyme der Biosynthese gelten PHA-Synthasen. Diese nutzen Coenzym A-Thioester der (R)-Hydroxyfettsäuren als Substrate. Die zwei Klassen von PHA-Synthasen unterscheiden sich durch die spezifische Nutzung von Hydroxyfettsäuren kurzer oder mittlerer Kettenlänge. Daraus ergeben sich zwei PHA-Typen:

  • Poly(HAKKL) aus Hydroxyfettsäuren mit kurzer Kettenlänge mit drei bis fünf Kohlenstoffatomen werden von zahlreichen Bakterien synthetisiert, darunter Cupriavidus necator und Alcaligenes latus (PHB).
  • Poly(HAMKL) aus Hydroxyfettsäuren mit mittlerer Kettenlänge mit sechs bis 14 Kohlenstoffatomen werden beispielsweise von Pseudomonas putida aufgebaut.

Einige wenige Bakterien, darunter Aeromonas hydrophila und Thiococcus pfennigii, synthetisieren Copolyester, die aus beiden genannten Typen von Hydroxyfettsäuren bestehen oder besitzen zumindest Enzyme, die zu diesem Aufbau in der Lage sind.

Eine weitere, auch großtechnisch mögliche, Synthese kann mit Hilfe von Bodenorganismen erfolgen. Bei Mangel an Stickstoff und Phosphor produzieren sie aus drei Kilogramm Zucker ein Kilogramm PHA.

Die einfachste und am häufigsten vorkommende Form der PHA ist das fermentativ hergestellte Poly(R-3-hydroxybutyrat) (Polyhydroxybuttersäure, PHB oder Poly(3HB)). Dieses besteht aus 1000 bis 30000 Hydroxyfettsäureeinheiten. Neben 3-Hydroxybuttersäure sind rund 150 weitere Hydroxyfettsäuren als PHA-Bausteine bekannt. Nach Abschluss der Biosynthese bestehen die Bakterien zu 80 Gewichtsprozent aus dem Polyester.

Eigenschaften

PHA-Polymere sind thermoplastisch auf konventionellen Anlagen verarbeitbar und sind je nach Zusammensetzung verformbar und mehr oder weniger elastisch. Je nach chemischer Zusammensetzung (Homo- oder Copolyester, enthaltene Hydroxyfettsäuren) unterscheiden sich ihre Eigenschaften. Sie sind UV-stabil, vertragen im Gegensatz zu anderen Biokunststoffen wie Polymeren aus Polymilchsäure teilweise Temperaturen bis ca. 180 °C[1] und zeigen eine geringe Permeation von Wasser. Der kristalline Anteil kann im Bereich von wenigen bis zu 70% liegen. Verarbeitbarkeit, Schlagfestigkeit und Flexibilität verbessern sich durch höhere Valeriat-Anteile im Material.

PHB ähnelt in seinen Materialeigenschaften dem Polypropylen (PP), weist eine gute Beständigkeit gegen Feuchtigkeit auf und hat Aroma-Barriereeigenschaften. Rein aus Polyhydroxybuttersäure synthetisiertes PHB ist relativ spröde und steif, PHB-Copolymere, die auch andere Fettsäuren wie z.B. Beta-Hydroxyvaleriansäure emthalten, können auch elastisch sein.[1]

Erzeugung und Verarbeitung

Bei der industriellen PHA-Erzeugung wird der Polyester durch Optimierung der Fermentationsbedingungen mikrobiell aus Zucker oder Glucose aus den Bakterien extrahiert und gereinigt. Das britische Chemieunternehmen Imperial Chemical Industries (ICI) entwickelte in den 1980er Jahren ein fermentativ erzeugtes Copolyester aus 3-Hydroxybuttersäure und 3-Hydroxyvaleriansäure, das unter dem Namen "Biopol" vertrieben und in den USA von den Firmen Monsanto und Metabolix weiter entwickelt wurde. Als Rohstoff für die Fermentation können Kohlenhydrate wie Glucose und Saccharose, aber auch Pflanzenöl oder Glycerin aus der Biodieselproduktion zum Einsatz kommen.[2] Die industrielle Forschung arbeitet an Verfahren, mit denen transgene Pflanzen entwickelt werden, die die PHA-Synthesewege aus Bakterien exprimieren und damit in ihren Geweben PHA als Energiespeicher produzieren. Verarbeitet werden PHA vor allem im Spritzguss, durch Extrusion und Extrusionsblasen zu Folien und Hohlkörpern.

Verwendung

Kunststoffe aus PHA finden als biologisch abbaubare Elastomere und Thermoplaste Verwendung, so zum Beispiel für Verpackungsmaterial, insbesondere für Lebensmittel. Sie werden auch im medizinischen Bereich eingesetzt, z.B. als vom Körper resorbierbare Materialien wie Nahtmaterialien, für Implantate und für pharmazeutische Depotpräparate. Technisch bedeutsam sind insbesondere Copolymere, die eine bessere Eigenschaftseinstellung ermöglichen. Der Marktanteil von PHA an allen Biokunststoffen in Westeuropa lag 2008 bei weniger als fünf Prozent.[3] Für die Zukunft wird ein starkes Marktwachstum erwartet.[4]

Literatur

Die Informationen dieses Artikels entstammen zum größten Teil den folgenden Quellen:

  • Inone-Kauffmann, Emilia: Polyhydroxyfettsäuren (PHF). In: Dominghaus, Hans: Die Kunststoffe und ihre Eigenschaften, 6. Aufl., S. 1451-1454, Springer Verlag, 1990, ISBN 3-540-21410-0.
  • Steinbüchel, Alexander: Nachwachsende Rohstoffe für die Weiße Biotechnologie - 6.1 Polyhydroxyalkanoate. In: Heiden, Stefanie, Zinke Holger (Hrsg.): Weiße Biotechnologie, S. 84-85 Biocom, Berlin, 2006, ISBN 3-928383-21-3.
  • Doi, Y.: Microbial Polyesters. VCH Publishers Inc., New York 1990.
  • W. Tänzer: Biologisch abbaubare Polymere. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Stuttgart 2000).
  • A. Steinbüchel: Perspectives for biotechnological production and utilization of biopolymers: Metabolic engineering of polyhydroxyalkanoate biosynthesis pathways as a successful example Macromol. Bioscience 1:1-24 (2001).

Weitere Fachliteratur zu Polyhydroxyalkanoaten:

  • Yoshiharu Doi and Alexander Steinbüchel (Hrsg.), 2002: Polyesters I-III (Biopolymers, Vol. 3a, 3b und 4). Wiley-VCH, ISBN 9783527302246, ISBN 9783527302192 und ISBN 9783527302253.

Einzelnachweise

  1. a b Quelle: Inone-Kauffmann, 2005. (siehe unter Literatur)
  2. Scherzer, Dietrich und Loos, Robert (BASF): Polyhydroxyalkanoate aus Glycerin - Technische und ökonomische Herausforderungen. (PDF) Vortragspräsentation für 10. Symposium Nachwachsende Rohstoffe für die Chemie in Oldenburg am 28.-29. März 2007, Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe.
  3. nova-Bericht: Globale Marktsituation der Biokunststoffe. www.nachwachsende-rohstoffe.info, 2008-03-06.
  4. Susanne Donner (2007): Öko-Kunststoffe aus Zucker sollen Polyethylen ersetzen. wiwo.de, 25.05.2007.

Weblinks


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