- Prinzip der Vorsicht
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Deutschland
Das Vorsichtsprinzip ist im deutschen Bilanzrecht ein dominierender Grundsatz. Es ist im § 252 HGB (Allgemeine Bewertungsgrundsätze) geregelt. Im Absatz 1 Nr. 4 steht:
- Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind.
Das Vorsichtsprinzip ist damit eines der wichtigsten Prinzipien der doppelten Buchführung nach dem HGB. Es fand sich bereits in der dynamischen Bilanztheorie, die von Eugen Schmalenbach Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Das Vorsichtsprinzip wird durch vier spezielle GoB konkretisiert:
Gewinne dürfen erst ausgewiesen werden, wenn sie durch den Umsatzvorgang bis zum Bilanzstichtag realisiert worden sind. So ist zum Beispiel eine Bewertung von Aktien zu einem über den Anschaffungskosten liegenden Kurswert nach deutschen HGB nicht zulässig. Nach dem Bilanzmodernisierungsgesesetztesentwurf wird dies allerdings unter dem Vorbehalt einer Ausschüttungssperre in Höhe der den Anschaffungskosten übersteigenden Anteil möglich sein. Hier folgt eine Annäherung an die Tageswertbilanz.
- Niederstwertprinzip -> auf der Aktivseite
Anlagevermögen: gemildertes NWP (Stehen mehrere Werte zur Verfügung kann entschieden werden welcher Wert angesetzt wird; Obergrenze sind die Anschaffungskosten.) Umlaufvermögen: strenges NWP (Stehen mehrere Werte zur Verfügung, ist immer der niedrigste der Vergleichswerte heranzuziehen. Vorräte können bspw. nach den Einkaufspreisen oder nach dem Tageswert bewertet werden.)
Dementsprechend gilt das Höchstwertprinzip für die Passivseite der Bilanz
Während Gewinne erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie durch Umsatz realisiert worden sind, müssen Verluste dagegen schon ausgewiesen werden, wenn deren Eintritt wahrscheinlich ist. Steigt der Kurswert für Wertpapiere über den Buchwert, darf dieser nicht angepasst werden; es entstehen stille Reserven. Sollte der Kurswert jedoch unter den Buchwert sinken, so sind die Wertpapiere abzuschreiben.
Verluste (entstanden bis zum Abschlussstichtag) sind auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind.
Common Law
Im Common law tritt das Vorsichtsprinzip gegenüber dem Wunsch, ein realistisches (d. h. auch nicht zu pessimistisches) Bild der Lage des Unternehmens zu zeigen, in den Hintergrund. Während nach deutschem HGB der Gläubigerschutzgedanke sehr wichtig ist, dominiert in den IFRS und in den US-GAAP der Informationscharakter für den Kapitalmarkt.
Dennoch kennen auch die IFRS bzw. US-GAAP ein Prinzip der prudence, das einige Gemeinsamkeiten mit dem Vorsichtsprinzip des deutschen HGB aufweist. Im Rahmenkonzept (framework) der IFRS wird dieses Prinzip als ein Unterpunkt des Grundsatzes der Verlässlichkeit (reliability) geführt (F.37). Demnach dient der Grundsatz der prudence dazu, mit der Bilanzierung einhergehende Unsicherheiten zu berücksichtigen und Vermögenswert nicht zu hoch, Schulden nicht zu niedrig zu bewerten. Anders als in der deutschen handelsrechtlichen Rechnungslegung ist jedoch die bewusste Bildung stiller Reserven ausdrücklich untersagt. Insgesamt hat das Prinzip der prudence somit in der Rechnungslegung einen wesentlich geringeren Stellenwert als das Vorsichtsprinzip in Deutschland.
Siehe auch: Grundsätze ordnungsmäßiger BuchführungBitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!
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