- Privatklageverfahren
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Die Privatklage ist ein weitgehend überkommenes Verfahren im deutschen Strafprozessrecht. Die Privatklage ist in den §§ 374–394 StPO geregelt. Im übrigen gelten die Vorschriften der StPO entsprechend, sofern in den §§ 374–394 StPO nichts besonderes geregelt ist. Mit der Privatklage besteht keine Bindung an das Legalitätsprinzip mehr. Es steht dem Verletzten frei, ob er Klage erhebt. In den RiStBV ist in Nr. 87 Näheres zur Verweisung auf die Privatklage durch den Staatsanwalt geregelt.
Inhaltsverzeichnis
Zulässigkeit
Die Privatklage kann ohne Mitwirkung der Staatsanwaltschaft durch den Verletzten einer Straftat betrieben werden. Die Privatklage ist aber nur für eine begrenzte Zahl (Enumerationsprinzip) von Straftaten statthaft. Diese Straftaten dürfen nicht in Tatmehrheit oder Tateinheit (oder in Gesetzeskonkurrenz) mit einem Offizialdelikt stehen. Die einschlägigen Straftaten sind nach § 374 StPO:
- Hausfriedensbruch (§ 123 StGB)
- Beleidigungsdelikte (§§ 185–189 StGB)
- Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB)
- einfache vorsätzliche oder fahrlässige Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB)
- Nachstellung (238 Abs. 1 StGB) und Bedrohung (§ 241 StGB)
- Bestechlichkeit bzw. Bestechung im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB)
- Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
- Vollrausch (§ 323a StGB), wenn die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten ist
- Straftaten nach dem UWG (§§ 16–19 UWG)
- weitere Straftaten aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts.
Klageberechtigt ist stets nur der Verletzte oder derjenige, auf den das Antragsrecht nach § 77 Abs. 2 StGB übergegangen ist. Der Kläger muss jedoch prozessfähig sein. Fehlt diese Eigenschaft, so kann nur der gesetzliche Vertreter (Eltern bzw. Betreuer) Privatklage erheben. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutz sind auch gewerbliche Interessenverbände klageberechtigt. Bei bestimmten Antragsdelikten sind nur die Dienstvorgesetzten zur Erhebung der Klage berechtigt.
Unzulässig ist die Privatklage gegen Personen, die zur Tatzeit Jugendliche waren (§ 80 Abs. 1 JGG). Außerdem ist eine Privatklage nicht gegen Exterritoriale (§§ 18–20 GVG), sowie gegen Mitglieder des Land- oder Bundestags möglich, wenn keine Erlaubnis des Parlaments besteht. Zulässig ist die Prozessvertretung durch Rechtsanwälte. Der Angeklagte im Privatklageverfahren kann einen Verteidiger hinzuziehen.
Schiedsamt
Für die Delikte nach §§ 123, 185–189, 202, 223, 229, 241 und 303 StGB (vgl. oben) ist vor Erhebung der Klage noch der Versuch der Sühne vor einer Vergleichsstelle erforderlich. Erst wenn der Sühneversuch gescheitert ist, kann dann die Privatklage erhoben werden. Die Vergleichsstellen sind in der Regel die Schiedsämter.
Die Privatklage muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei Gericht eingelegt werden. Die Klage muss den Sachverhalt und den Täter bezeichnen.
Verfahren
Das Verfahren wird ähnlich einem adversatorischen Prozess betrieben. Der Privatkläger kann jedoch nicht Zeuge in eigener Sache sein. Sind mehrere zur Klage berechtigt, so können sie dies unabhängig von einander tun (§ 375 StPO). Nach Erhebung der Privatklage durch einen Berechtigten können die übrigen Berechtigten der Klage beitreten. Die Staatsanwaltschaft ist zur Mitwirkung in dem Privatklageverfahren nicht verpflichtet. Sie kann jedoch (auch durch Vorlage der Akten des Gerichts) das Verfahren jederzeit bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils übernehmen (§ 377 StPO).
Kosten
Es erwachsen die üblichen Kosten. Auch im Privatklageverfahren kann Prozesskostenhilfe beantragt werden. Ein Gerichtskostenvorschuss wird ebenfalls fällig.
Besonderheiten
Im Privatklageverfahren ist die Widerklage (§ 388 StPO) zulässig. Dann muss wechselseitig ein Privatklagedelikt begangen worden sein. Auch für die Widerklage gelten die Vorschriften der Privatklage.
Das Gericht kann ferner die Sache bei geringer Schuld einstellen, was in der Praxis der regelmäßige Ausgang von Privatklagesachen ist. Stellt das Gericht fest, dass es sich um ein Offizialdelikt handelt, so wird die Sache ebenfalls eingestellt. Die Akten werden zuvor der Staatsanwaltschaft vorgelegt.
Rechtsfolgen
Die Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Rechtsfolgen der betroffenen Delikte. Zwar können sämtliche Sanktionen verhängt werden, Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen jedoch nach § 384 StPO nicht verhängt werden.
Rechtsmittel
Gegen die Urteile und Entscheidungen stehen dem Privatkläger die Rechtsmittel, die üblicherweise der Staatsanwaltschaft zustehen, zu. Rechtsmittel können jedoch nicht zugunsten des Angeklagten eingelegt werden. Er kann ferner die Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Angeklagten beantragen.
Möglich sind schließlich noch die Klagerücknahme und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach der Rücknahme der Klage darf sie jedoch nicht erneut erhoben werden.
Form
Die Privatklage muss in der Form einer Anklageschrift erhoben werden; dabei müssen die Gerichtskosten vorgeschossen werden. Ein Anwalt ist hierfür nicht notwendig. Die Geschäftsstelle bzw. Rechtsantragsstelle beim zuständigen Amtsgericht hilft bei der Formulierung.
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