- Proportionsschlüssel (Architektur)
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In der Architektur ist die Proportion das Verhältnis der Längen-, Breiten- und Höhenmaße eines Bauwerks, einer Fassade oder eines Bauteils. Architekten aller Epochen nutzten unterschiedliche Proportionssysteme. Die Theoretische Auseinandersetzung mit Proportionen in der Architektur wird auch als Proportionslehre bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Zahlenverhältnisse
Die Pythagoreer entdeckten, dass musikalische Harmonien einfachen Zahlenverhältnissen entsprachen, gemessen aus der Länge einer Tonsaite wird eine Oktave bei Verdoppelung (bzw. 1 : 2 ) einer Saite erzeugt, die Quinte entspricht dem Verhältnis 2 : 3 und die Quart 3 : 4. Die auf diese Weise produzierte Musik betrachtete man als "Sphärenmusik" der kosmischen Ordnung. Die Griechen und Römer übertrugen diese Ideen auf ihre Baukunst. Nach Vitruv setzt Harmonie die Wiederholung eines Moduls voraus, so dass alle Teile eines Gebäudes auf einfache Weise darauf reduziert werden konnten.
Mittelalter
Lange Zeit hatte man angenommen, die herausragenden Bauten das Mittelalters beruhten auf einem geometrischen Proportionsschlüssel. Aus einer grundlegenden geometrischen Figur sollten sich die Maßverhältnisse eines Bauwerkes ableiten lassen. Als Proportionsschlüssel nahm man für die Romanik vor Allem Quadrat (vgl. Quadratischer Schematismus) und Kreis, für Gotik unter Anderem auch das gleichseitige Dreieck, Achteck (auch Sechsort, Achtort und Achterstern) an.
Diese Annahme kann jedoch heute als widerlegt gelten, da es keinen einzigen gesicherten Nachweis über die Anwendung eines solchen Verfahrens, sowohl für die Romanik, als auch für die Gotik gibt. Es ist im Gegenteil anzunehmen, dass mittelalterliche Architekten die Größenverhältnisse ihrer Bauten mittels der ganzzahligen Vervielfachung eines gegebenen Ortsmaßes bestimmt haben.
Goldener Schnitt
→Hauptartikel: Goldener Schnitt
Viele Werke der griechischen Antike werden als Beispiele für die Verwendung des Goldenen Schnittes angesehen wie beispielsweise die Vorderfront des 447–432 v. Chr. unter Perikles erbauten Parthenon-Tempels auf der Athener Akropolis. Da zu diesen Werken keine Pläne überliefert sind, ist nicht bekannt, ob diese Proportionen bewusst oder intuitiv gewählt wurden.
Auch in späteren Epochen finden sich zahlreiche Beispiele für die goldene Proportion, wie etwa die Fassade der Torhalle in Lorsch (770 n. Chr.)
Menschliche Proportion
Vitruv, Leonardo da Vinci und Le Corbusier fanden die Grundlagen ihrer Proportionssysteme in der menschlichen Gestalt. Hier wurden alle Größen (und Teilgrößen) aufeinander bezogen. Le Corbusier entwickelte ab 1940 ein einheitliches Maßsystem basierend auf den menschlichen Maßen und dem Goldenen Schnitt. Er veröffentlichte es 1949 in seiner Schrift Der Modulor, die zu den bedeutendsten Schriften der Architekturgeschichte beziehungsweise -theorie gezählt wird.
Literatur
- Andreas Gormans: Geometria et ars memorativa: Studien zur Bedeutung von Kreis und Quadrat als Bestandteile mittelalterlicher Mnemonik und ihrer Wirkungsgeschichte an ausgewählten Beispielen, Diss.phil., Aachen 1999.
- Konrad Hecht: Zahl und Mass in der gotischen Baukunst, Hildesheim 1979.
- Paul von Naredi-Rainer, Architektur und Harmonie. Zahl, Maß und Proportion in der abendländischen Baukunst. 6.Auflage, Köln 1999.
- Stefan Gerlach: Proportionen in der Gotik? Zum Stand der Dinge, in: Architectura 2/2006 (2007), S. 131-150.
Weblinks
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