Prosopografie

Prosopografie

Als Prosopografie (auch: Prosopographie; v. gr. πρόσωπον prósopon „Gesicht“, γράφειν gráphein „schreiben“) bezeichnet man in der Geschichtswissenschaft die systematische Erforschung eines bestimmten Personenkreises. Die Auswahl der Personen erfolgt in der Regel in einer Kombination aus geographischen, zeitlichen und sozio-politischen Kriterien. Die Ergebnisse der Forschung z. B. in Hinblick auf Herkunft, Karrieren oder Familienverbindungen werden außer in Einzelstudien[1] oft in alphabetisch oder systematisch geordneten Verzeichnissen mit Quellenangaben veröffentlicht (z. B. Prosopographia Imperii Romani, Prosopography of the Later Roman Empire, Prosopographie der mittelbyzantinischen Zeit, Prosopographie chrétienne du Bas-Empire, Prosopographisches Lexikon der Palaiologenzeit). Derartige Verzeichnisse haben außer für die Sozialgeschichte auch für Personen- und Familiengeschichte eine große Bedeutung. Im weiteren Sinne ist auch jedes Ortsfamilienbuch eine Prosopografie.

Zu unterscheiden von der als Prosopographie im engeren Sinne bezeichneten Erstellung von Personenverzeichnissen, vor allem in der Alten und Mittelalterlichen Geschichte, ist die auch für die Neuere und Neueste Geschichte häufiger angewandte Methode der Kollektiven Biografie, die sich stärker vergleichend, z. B. im Hinblick auf Herkunft, Karrieren oder Familienverbindungen, mit dem zu untersuchenden Personen und ihrem sozialen Umfeld befasst. Verwechslungsgefahr besteht insbesondere durch die englischsprachige Verwendung des Begriffs Prosopography, die sich seit Lawrence Stone (1971) auf die Kollektivbiographie bezieht.

Literatur

  • Neithard Bulst, Jean-Philippe Genet: Medieval Lives and the Historian: Studies in Medieval Prosopography. (Proceedings of the First International Interdisciplinary Conference on Medieval Prosopography, University of Bielefeld, 3–5 December 1982). Medieval Inst. Publ., Kalamazoo, Mich. 1986, ISBN 0-918720-69-9.
  • Averil Cameron (Hrsg.): Fifty Years of Prosopography. The Later Roman Empire, Byzantium and Beyond (Proceedings of The British Academy 118). Oxford University Press, Oxford 2003, ISBN 0-19-726292-9.
  • Peter Csendes: Stadt und Prosopographie. Zur quellenmäßigen Erforschung von Personen und sozialen Gruppen in der Stadt des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Österreichischer Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, Linz 2002. (Forschungen zur Geschichte der Städte und Märkte Österreichs, 6) ISBN 3-900387-26-5
  • Werner Eck (Hrsg.): Prosopographie und Sozialgeschichte. Studien zur Methodik und Erkenntnismöglichkeit der kaiserzeitlichen Prosopographie. Kolloquium Köln 24.–26. November 1991. Böhlau, Köln 1993. ISBN 3-412-04393-1
  • Mark Häberlein und Wolfgang Reinhard: Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts. Prosopographie wirtschaftlicher und politischer Führungsgruppen 1500 - 1620. Akademie-Verlag, Berlin 1996. ISBN 3-05-002861-0 .
  • Lawrence Stone: Prosopography. In: Daedalus 100, 1971, S. 46–79.

Anmerkungen

  1. Beispiele aus der Alten Geschichte: Géza Alföldy: Konsulat und Senatorenstand unter den Antoninen, Bonn 1977; Ronald Syme: The Augustan aristocracy, Oxford 1986.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • prosopografie — PROSOPOGRAFÍE s.f. (lit.) Figură de compoziţie care constă în descrierea trăsăturilor exterioare, ţinutei unui om sau animal. [gen. iei. [< fr. prosopographie, cf. gr. prosopon – faţă, graphein – a scrie]. Trimis de LauraGellner, 06.08.2005.… …   Dicționar Român

  • Prosopografie — Pro|so|po|gra|phie, (auch:) Prosopografie, die; , n [zu griech. prósōpon = Person (eigtl. = Gesicht, Äußeres) u. ↑ graphie]: 1. <o. Pl.> Forschungsrichtung, die die allgemeinen Merkmale des Werdegangs einer bestimmten Personengruppe durch… …   Universal-Lexikon

  • Prosopografie — Pro|so|po|gra|fie, auch ...gra|phie die; , ...ien <zu ↑...grafie> nach der Buchstabenfolge geordnetes Verzeichnis aller einem bestimmten Lebenskreis angehörenden Personen mit Quellenangaben …   Das große Fremdwörterbuch

  • Darsow-Madonna — Meister der Darsow Madonna ist der Notname eines in Westfalen und Lübeck in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts tätigen Bildhauers. Der Meister erhielt seinen Notnamen nach einer Madonna des Weichen Stils[1], die im Jahr 1420 als Stiftung von… …   Deutsch Wikipedia

  • Geverdes — Andreas Geverdes (* wohl in Magdeburg; † 19. April 1477 in Lübeck) war Bürgermeister der Hansestadt Lübeck. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Stiftungen 3 Literatur 4 Belege …   Deutsch Wikipedia

  • Prosopographisch — Als Prosopografie (auch: Prosopographie; v. gr. πρόσωπον prósopon „Gesicht“, γράφειν gráphein „schreiben“) bezeichnet man in der Geschichtswissenschaft die systematische Erforschung eines bestimmten Personenkreises. Die Auswahl der Personen… …   Deutsch Wikipedia

  • Settipani — Christian Settipani (* 31. Januar 1961) ist technischer Direktor in der IT Branche in Paris. Als passionierter Genealoge hat er sich auf die Ahnenforschung des Mittelalters und früherer Perioden spezialisiert, bei der er vor allem versucht, die… …   Deutsch Wikipedia

  • -graphie — Das Grundwort (Determinatum) graphie bzw. grafie ( γραφή oder γραφία) stammt von dem griechischen Verb γράφειν gráfein „zeichnen, schreiben“. Hier wird immer etwas geschrieben, beschrieben, aufgezeichnet oder verzeichnet. Als Nomen bezeichnet… …   Deutsch Wikipedia

  • Alexander III. (Makedonien) — Alexander der Große. Hellenistisch, 2. bis 1. Jahrhundert v. Chr., griechischer Marmor. Alexander der Große (Ἀλέξανδρος ὁ Μέγας; Aléxandros ho Mégas) bzw. Alexander III. (* 20. Juli 356 v. Chr. in Pella (Makedonien); † …   Deutsch Wikipedia

  • Alexander der Grosse — Alexander der Große. Hellenistisch, 2. bis 1. Jahrhundert v. Chr., griechischer Marmor. Alexander der Große (Ἀλέξανδρος ὁ Μέγας; Aléxandros ho Mégas) bzw. Alexander III. (* 20. Juli 356 v. Chr. in Pella (Makedonien); † …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”