Pruritus uraemicus

Pruritus uraemicus
Klassifikation nach ICD-10
L29 Pruritus
N18 Chronische Niereninsuffizienz
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Der urämische Pruritus (Pruritus uraemicus) ist ein chronischer Juckreiz der bei 50-90% aller Dialysepatienten auftritt und zu erheblichen Beeinträchtigungen von Schlaf und Arbeit führen kann. Der urämische Pruritus tritt bei Hämodialysepatienten häufiger auf als bei Peritonealdialysepatienten, ist häufiger bei Männern und bei höheren Harnstoffwerten.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Hautveränderungen bei chronischem Nierenversagen

Fast 100% aller Dialysepatienten leiden mindestens an einer Hauterkrankung. Viele Patienten mit chronischem Nierenversagen sind ebenfalls von Hautkrankheiten betroffen. Diese können zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität und unter Umständen zu schweren Erkrankungen führen.

Veränderungen der Hautfarbe reichen von Blässe infolge von Blutarmut (Anämie) bis hin zu vermehrter Pigmentierung (Hyperpigmentierung). Auch die Nägel können verfärbt sein. Eine Verminderung von Talg- und Schweißdrüsen führt zu trockener Haut (Xerosis cutis). Häufig kommt es zu einer beschleunigten Alterung der Haut. Die feingewebliche Untersuchung von Gewebeproben zeigt eine Verdickung der Basalmembran der Hautgefäße, eine Aktivierung der Endothelzellen sowie Zeichen einer chronischen Entzündung.

Pathogenese

Direkte Folgen der Nierenerkrankung wie trockene Haut (Xerosis cutis), Blutarmut (Anämie), erhöhtes Parathormon (sekundärer Hyperparathyreoidismus), sowie erhöhte Serumspiegel von Aluminium und Magnesium können zu Juckreiz führen. Der Juckreiz kann aber auch Folge von Begleiterkrankungen sein wie Diabetes mellitus, Hepatitis, Schilddrüsenunterfunktion oder Arzneimittelunverträglichkeiten.

Bei chronischer Niereninsuffizienz ist in der Haut die Anzahl der Mastzellen erhöht. Diese setzen Histamin frei, das Nervenendigungen stimuliert was vom Zentralnervensystem als Juckreiz wahrgenommen wird. Es besteht allerdings keine Beziehung zwischen Zahl der Mastzellen und Stärke des subjektiven Juckreizes.

Das Neuropeptid Substanz P ist bei chronischer Niereninsuffizienz erhöht. Substanz P stimuliert Opioidrezeptoren. Diese Stimulation kann als Juckreiz wahrgenommen werden.

Diagnose

Der Juckreiz tritt meist während der Dialyse auf, kann aber auch zwischen den Dialysebehandlungen auftreten. Voraussetzung für die Diagnose sind regelmäßiges Auftreten oder mindestens drei Episoden innerhalb von zwei Wochen, die mehrere Minuten anhalten. Die körperliche Untersuchung zeigt Kratzspuren (Exkoriationen). Die Entnahme einer Hautprobe ist in der Regel nicht erforderlich.

Differentialdiagnose

Bei chronischem Nierenversagen treten eine Vielzahl weiter Hauterkrankungen auf:

Erkrankungen, die zu chronischem Nierenversagen und zu Hautveränderungen führen können sind

Therapie

Eine definitive Heilung ist nur durch Nierentransplantation möglich. Durch Steigerung der Effektivität der Dialysebehandlung (Kt/V) kann eine Linderung erreicht werden.

Topische Behandlung

Die topische Behandlung erfolgt durch Reinigung mit milden Seifen, Hautcremes mit hohem Feuchtigkeitsgehalt und ggf. Capsaicin-haltigen Arzneimittelzubereitungen.

Physikalische Therapie

Phototherapie mit UV-B-Strahlung führt zu einer Linderung. Wirkmechanismus und Tumorisiko bei Langzeitanwendung sind bislang nicht geklärt. Wegen des erhöhten Risikos, nach einer Nierentransplantation an Hautkrebs zu erkranken, sollte die Ultraviolett-Bestrahlung bei Dialysepatienten, die zur Nierentransplantation gemeldet sind, vorsichtig und sparsam eingesetzt werden.

Operative Therapie

Bei Patienten mit Nebenschilddrüsenüberfunktion (sekundärem renalem Hyperparathyreoidismus) kann eine Entfernung der Nebenschilddrüsenkörperchen zu einer Besserung führen, wenn diese renale Folgekrankheit medikamentös nicht zu beherrschen ist.

Systemische Behandlung

Zur systemischen Behandlung wurde eine Vielzahl von Arzneimitteln mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt.

Quellen

  • Brewster U. C. et al.: „Dermatological Disease in Patients With CKD.“ American Journal of Kidney Diseases 2008; 51: S. 331-344  Artikel
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