Pseudo-Kallisthenes

Pseudo-Kallisthenes

Kallisthenes von Olynth (griechisch Καλλισθενης; * um 370 v. Chr.; † um 327 v. Chr.) war ein makedonischer Geschichtsschreiber. Sein Werk über Alexander den Großen hatte maßgeblichen Einfluss auf das Alexanderbild der nachfolgenden Historiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kallisthenes, Neffe und Schüler des berühmten Philosophen Aristoteles, wurde von diesem zeitweise zusammen mit Alexander dem Großen unterrichtet und freundete sich mit ihm an. Später wird er als offizieller Historiograph des Asienfeldzuges Alexanders mitgenommen.

Wahrscheinlich aufgrund der persönlichen Bewunderung Alexanders für Homer und aufgrund politisch-propagandistischer Überlegungen wurde die Verbreitung und Idealisierung der Taten Alexanders (so auch der Titel des Werkes von Kallisthenes) durch Kallisthenes in homerisierendem Stil in der hellenischen Welt verbreitet.

Kallisthenes fiel im Sommer 327 v. Chr. bei Alexander in Ungnade, da er sich gegen die geplante Einführung der Proskynese durch Alexander wandte: Nach Kallisthenes’ persönlicher Weigerung, die (vorher von einigen anderen vorgemachte) Proskynese Alexander gegenüber auszuführen, weigerten sich auch die anderen anwesenden Makedonen. Kallisthenes führte in seiner Kritik hauptsächlich religiöse Argumente gegen diese Unterwürfigkeitsgeste ins Treffen: Ein Makedone mache einen Kniefall nur vor einem Gott. Alexander musste, was diesen Punkt betraf, bis zu einem gewissen Grad einlenken (nur Perser mussten zukünftig die Proskynese ihm gegenüber leisten). Gerade weil Kallisthenes bis dahin immer ein mythisch umranktes Alexanderbild propagiert hatte, betrachtete Alexander dessen Haltung offenbar als persönlichen Verrat.

Als Ausbilder der basilikoi paides wurde Kallisthenes im Rahmen der sogenannten Pagenverschwörung aufgrund des Verdachts der Beteiligung an der Verschwörung verhaftet. Vermutlich wurde er daraufhin direkt gefoltert und hingerichtet (so Ptolemaios FGrHist Nr. 138). Die Parallelüberlieferung bei Aristobulos von Kassandria (FGrHist Nr. 139) und Chares von Mytilene (FGrHist Nr. 125), die vom Tod des Kallisthenes in Gefangenschaft berichten, ist wohl als ein Entlastungsversuch zugunsten Alexanders zu sehen.

Werk

In den Berichten Kallisthenes’ wurde Alexander verherrlicht, was sich unter anderem in folgenden Darstellungen zeigte:

  • Alexander stamme von Herakles und Achilleus ab. Diesen Mythos hat Alexander schon vor dem Asienfeldzug angenommen, vielleicht sogar selbst geglaubt.
  • Alexander sei ein großer Verfechter des panhellenischen Gedankens.
  • In Lykien soll das Meer vor Alexander zur Seite gewichen sein.
  • Das Orakel des Zeus Ammon in der ägyptischen Oase Siwa habe Alexander zum Sohn des Zeus Amun erklärt, dadurch wurde Alexander auf die Ebene der Götter gehoben.

Die Berichte Kallisthenes wurden in dem Werk Praxeis Alexandrou (Taten Alexanders) zusammengefasst. Diese zeitgenössischen Quellen sind jedoch nur noch in wenigen Fragmenten erhalten. Felix Jacoby hat die Fragmente der Griechischen Historiker katalogisiert und diejenigen von Kallisthenes unter FGrHist Nr. 124 zusammengefasst.

Das Werk wurde aber von verschiedenen nachfolgenden Alexanderhistorikern benutzt und hatte großen Einfluss auf das Alexanderbild der nachfolgenden Generationen und Geschichtsschreiber.

Daneben verfasste Kallisthenes bereits vor dem Beginn des Alexanderzugs eine Hellenika („griechische Geschichte“) in zehn Büchern sowie ein Werk über den „heiligen Krieg“ gegen die Phoker, die beide nicht erhalten sind.

Pseudo-Kallisthenes

Von Kallisthenes von Olynth zu unterscheiden ist der so genannte Pseudo-Kallisthenes, ein Autor des 3. nachchristlichen Jahrhunderts, der sagenhafte Stoffe in seinem Werk verarbeitete (siehe Alexanderroman). Lange Zeit galt Kallisthenes auch als Verfasser eines solchen Werks, wahrscheinlich diente sein Geschichtswerk aber mit als Grundlage (Lexikon des Hellenismus, S. 224).

Literatur

  • Hatto H. Schmitt, Ernst Vogt (Hrsg.): Kleines Lexikon des Hellenismus. Studienausgabe, Wiesbaden 2003, vor allem S. 223 f. (weiterführende Literatur).

Weblinks


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