Pteromyinae

Pteromyinae
Gleithörnchen
Assapan (Glaucomys volans)

Assapan (Glaucomys volans)

Systematik
Überordnung: Euarchontoglires
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Unterordnung: Hörnchenverwandte (Sciuromorpha)
Familie: Hörnchen (Sciuridae)
Unterfamilie: Baum- und Gleithörnchen (Sciurinae)
Tribus: Gleithörnchen
Wissenschaftlicher Name
Pteromyini
Brandt 1855

Die Gleithörnchen (Pteromyini) sind ein Tribus der Hörnchen (Sciuridae). Zwischen ihren Vorder- und Hinterbeinen spannt sich eine Gleithaut, die wie ein Gleitschirm wirkt, wenn sie von einem Ast springen. Obwohl sie nicht wirklich fliegen können, werden sie auch Flughörnchen genannt.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Gleithaut wird an der Handwurzel von einem sichelförmigen Knochen gespannt; von hier reicht sie zum Fußgelenk des Hinterbeins. Der Schwanz ist immer lang, breit und buschig und dient als Steuer. Auf diese Weise können Gleithörnchen Strecken von bis zu 50 m zurücklegen. Bei den Riesengleithörnchen wurden im Einzelfall und unter günstigen Bedingungen sogar 450 m gemessen. Vor der Landung drehen Gleithörnchen ihre Körperachse, so dass sie senkrecht zum Boden stehen und mit Hilfe der weit gespreizten Gleithaut abbremsen. Mit weit gekrümmtem Körper und abstehendem Schwanz landen die Gleithörnchen mit allen Vieren auf der Unterlage, die ihr Ziel ist. Gleithörnchen können mit Hilfe ihres Schwanzes sogar im Flug die Richtung ändern.

Die Gleitfähigkeit hat sich unter den Säugetieren mehrmals unabhängig voneinander entwickelt. Es gibt weitere Gruppen gleitfähiger Tiere, die mit den Gleithörnchen nicht verwandt sind. Zu diesen Tieren, die in konvergenter Evolution ganz ähnliche Lebensweisen wie die Gleithörnchen entwickelt haben, zählen die Gleitbeutler, die Zwerggleitbeutler, die Riesengleitbeutler, die Riesengleiter und die Dornschwanzhörnchen.

Alle Gleithörnchen haben kräftige Krallen, die sie zum sicheren Klettern befähigen. Sie haben an den Vorderbeinen vier und an den Hinterbeinen fünf Zehen. Der Kopf ist rund und niemals spitz zulaufend. Die großen Augen zeugen von der nachtaktiven Lebensweise.

Lebensweise

Gleithörnchen sind Waldbewohner. Man trifft sie niemals in offenen Landschaften, da sie hier ihre Gleitfähigkeit nicht ausnutzen könnten. Meistens sind sie dämmerungs- und nachtaktiv. Sie klettern rasch in den Bäumen, können aber keine weiten Sprünge wie die Baumhörnchen vollführen; auch am Boden sind sie sehr ungelenk, da die Gleithaut bei den Bewegungen behindert. Die Nahrung besteht wie auch bei anderen Hörnchen aus Nüssen und Früchten, nebenbei werden auch Insekten gefressen.

Ein Nest wird meistens in einer Baumhöhle, gelegentlich auch im Geäst gebaut. In diesem Nest schlafen sie und ziehen ihre Jungen auf. Die Lebensdauer kann bei manchen Arten 13 Jahre betragen, ist aber meistens kürzer. Durch ihre Gleitfähigkeit gelingt es Gleithörnchen oft, baumbewohnenden Räubern wie Mardern zu entkommen, allerdings sind sie gegenüber Greifvögeln und Eulen im Nachteil. In Südostasien hat sich die Maskeneule regelrecht auf die Jagd auf Gleithörnchen spezialisiert.

Verbreitung

Obwohl Gleithörnchen auch in Nordamerika, Europa und Nordasien leben, liegt der Schwerpunkt ihres Verbreitungsgebiets eindeutig auf Ost- und Südostasien. Vor allem in der indonesischen Inselwelt gibt es einen bemerkenswerten Artenreichtum; viele dieser Arten sind kaum erforscht.

Systematik

Externe Systematik

Die Zugehörigkeit der Gleithörnchen zur Familie der Hörnchen ist unbestritten. In älteren Systematiken wurden sie als Unterfamilie geführt, in der sie allen anderen Hörnchen gegenübergestellt wurden, die als Sammelgruppe der „Erd- und Baumhörnchen“ (Sciurinae) vereint werden. Während selbst manche Kladistiker es lange für möglich hielten, dass beide Taxa monophyletische Schwestergruppen seien, wurde dies von anderen bezweifelt.

Steppan, Storz und Hoffmann kamen 2003 in ihren DNA-Analysen zu dem Schluss, dass die Erd- und Baumhörnchen ein paraphyletisches Taxon seien und die Gleithörnchen aus diesen hervorgegangen sein müssten. Gleithörnchen und Baumhörnchen (einschließlich der Rothörnchen) bilden ihren Untersuchungen zufolge eine gemeinsame Klade; hierin sind die Gleithörnchen die Schwestergruppe der Baumhörnchen. Die Monophylie der Gleithörnchen wurde in der Studie belegt.

Interne Systematik

Nördliches Gleithörnchen (Glaucomys sabrinus)

Die folgenden Gattungen werden unterschieden:

Die Beziehungen der Gattungen untereinander waren weitgehend unbekannt, bis Thorington, Pitassy und Jansa 2002 ihre umfangreichen phylogenetischen Analysen veröffentlichten. Nach dieser Untersuchung lassen sich die Gleithörnchen in vier Kladen gruppieren, die als Trogopterus-Gruppe, Petaurista-Gruppe, Hylopetes-Petinomys-Gruppe und Glaucomys-Gruppe benannt wurden. Das folgende Kladogramm stellt die Beziehungen zwischen den "Gruppen" und Gattungen dar:

Pteromyinae
 |-- N.N.
 |    |-- Trogopterus-Gruppe
 |    |    |-- Aeromys
 |    |    `-- N.N.
 |    |         |-- Pteromyscus
 |    |         `-- N.N.
 |    |              |-- Belomys
 |    |              `-- Trogopterus
 |    |
 |    `-- Petaurista-Gruppe
 |         |-- N.N.
 |         |    |-- Eupetaurus
 |         |    `-- Pteromys
 |         |
 |         `-- N.N.
 |              |-- Aeretes
 |              `-- Petaurista
 `-- N.N.
      |-- Hylopetes-Petinomys-Gruppe
      |    |-- Petinomys
      |    `-- Hylopetes
      |
      `-- Glaucomys-Gruppe
           |-- Iomys
           `-- N.N.
                |-- Petaurillus
                `-- N.N.
                     |-- Eoglaucomys
                     `-- Glaucomys

Die Gattung Biswamoyopterus wurde in die Untersuchungen nicht einbezogen, so dass ihre Stellung in diesem System unklar ist.

Fossilgeschichte

Die älteste fossile Gleithörnchen-Gattung Oligopetes lebte bereits im frühen Oligozän in Europa. Allerdings wurde dieser Fund nur aufgrund dentaler Merkmale den Gleithörnchen zugeordnet, so dass manche Paläontologen anzweifeln, ob es sich tatsächlich um ein echtes Gleithörnchen gehandelt hat.

Zweifelsfrei belegt sind Gleithörnchen seit dem Miozän aus Eurasien und Nordamerika. Ausgestorbene Gattungen der Gleithörnchen sind:

  • Petauristodon, Miozän, Nordamerika
  • Miopetaurista, Miozän bis Pliozän, Nordamerika und Eurasien
  • Aliveria, Miozän, Europa
  • Shuanggouia, Miozän, Asien
  • Blackia, Miozän bis Pliozän, Europa und Nordamerika
  • Forsythia, Miozän, Europa
  • Albanensis, Miozän, Eurasien
  • Meinia, Miozän, Asien
  • Pliopetaurista, Miozän bis Pleistozän, Eurasien
  • Pliosciuropterus, Miozän bis Pliozän, Europa
  • Parapetaurista, Miozän, Asien
  • Petauria, Pleistozän, Europa

Daneben sind auch manche der rezenten Gattungen fossil nachgewiesen. Die älteste der heute lebenden Gattungen scheint Hylopetes zu sein, die seit dem Miozän in Asien nachgewiesen ist. Die Gattung der Echten Gleithörnchen ist fossil seit dem Pliozän bekannt.

Nomenklatur

Der gültige wissenschaftliche Name der Gleithörnchen ist Pteromyini. Gelegentlich trifft man auch auf die Bezeichnung Petauristinae. Diese wurde in den 1940ern geprägt, als man Pteromys für ein Synonym von Petaurista hielt und so folgerichtig die ganze Gruppe umbenannte. Inzwischen besteht kein Zweifel mehr an der Gültigkeit des Namens Pteromys, so dass der von Johann Friedrich von Brandt geprägte Name Pteromyini verwendet werden sollte.

Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999. ISBN 0-8018-5789-9
  • Malcolm C. McKenna, Susan K. Bell: Classification of Mammals - Above the Species Level. Columbia University Press, New York 1997, 2000. ISBN 0-231-11013-8
  • Bernhard Grzimek: Grzimeks Tierleben. Bd 11. Säugetiere 2. Bechtermünz, Augsburg 2000. ISBN 3-8289-1603-1
  • Scott Steppan, Brian Storz, Robert Hoffmann: Nuclear DNA phylogeny of the squirrels (Mammalia: Rodentia) and the evolution of arboreality from c-myc and RAG1. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. Academic Press, San Diego CA 30.2004, 703–719. ISSN 1095-9513
  • Richard Thorington, Dian Pitassy, Sharon Jansa: Phylogenies of Flying Squirrels (Pteromyinae). In: Journal of Mammalian Evolution. Plenum Press, New York NY 9.2002, 1/2, 99-135. ISSN 1064-7554
  • Michael D. Carleton, Guy G. Musser: Order Rodentia. In: Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. 3. Ausgabe. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005, S. 745–1600, ISBN 0-8018-8221-4.

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