Pulskompressionsverfahren

Pulskompressionsverfahren

Das Pulskompressionsverfahren ist eine moderne Technologie bei Radargeräten, die meist durch die Verwendung von Halbleiterbauelementen im Radarsender bedingt wird. Bei der Pulskompression werden die energetischen Vorteile sehr langer Sendeimpulse mit den Vorteilen sehr kurzer Sendeimpulse kombiniert[1].

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsweise

Im Gegensatz zu dem Pulskompressionsverfahren sendet das klassische Impulsradar extrem kurze Impulse aus. Je größer deren Impulsleistung ist, desto größere Reichweiten können mit diesem Radar erzielt werden. Je kleiner die Dauer dieser Sendeimpulse ist, desto kleiner ist das Impulsvolumen und desto besseres Entfernungsauflösungsvermögen hat dieses Radar, das heißt, desto dichter können zwei als unterschiedlich erkannte Objekte liegen. In der Praxis bedeutet das riesige Impulsleistungen bei wenigen Mikrosekunden Sendedauer, was hohe Anforderungen an die jeweiligen Senderöhren stellt.

Klassisch kurzer Sendeimpuls (hellblau) und modulierter langer Sendeimpuls (grün).

Mit dem Einsatz von Verstärkermodulen in Halbleitertechnologie sind solche riesigen Impulsleistungen nicht oder nur sehr schwer zu erreichen. Deswegen werden längere Sendeimpulse generiert, die innerhalb der Sendeimpulsdauer moduliert sind. Durch diese Modulation ist ein Zeitbezug innerhalb des Sendeimpulses möglich, ähnlich wie es bei frequenzmodulierten Dauerstrichradargeräten (FMCW-Radar) durchgeführt wird. Es sind dabei mehrere Modulationsverfahren anwendbar. Es gibt Pulskompressionsverfahren

  • mit linearer Frequenzmodulation,
  • mit nicht-linearer Frequenzmodulation und
  • mit codierter Puls-Phasenmodulation.

Durch spezielle Pulskompressionsfilter wird der relativ lange modulierte Impuls komprimiert. Da das Rauschen immer breitbandig ist und der frequenzsynchrone Anteil des Rauschens im Vergleich zum Echosignal durch die statistische Verteilung eher gering ist, wird der Anteil des Rauschens durch die Filter derart verringert, dass noch ein Ausgangssignal erzielt wird, wenn das Eingangssignal so klein ist, dass es bei einem klassischen Radar schon längst im Rauschen untergegangen und für eine einfache Demodulation somit verloren wäre.

Vor- und Nachteile

Die Verringerung der Impulsleistung hat den für Luftraumaufklärungsradargeräte wesentlichen Vorteil, dass eine gegnerische Aufklärung des Radars erschwert wird und oft nur dann möglich ist, wenn das genaue Abbild der Modulation dem aufklärenden System bekannt ist. Deswegen wird oft von „Silent-Radar“, also von einem „stillen Radar“ gesprochen.

Wesentlicher Nachteil der Pulskompressionsmethode ist die Verschlechterung der minimalen Auffassungsentfernung, denn solang gesendet wird, kann nichts empfangen werden. Für die Dauer des Sendeimpulses ist das Radar also blind. Da dies gerade für Flugsicherungsradargeräte ein entscheidender Nachteil ist, arbeiten diese meist mit beiden Methoden. Zwischen den frequenzmodulierten Impulsen für große Reichweite werden kleine und sehr kurze Inpulse ausgesendet, die nur den Nahbereich abdecken müssen und keine so große Impulsleistung benötigen.

Pulskompression mit Frequenzmodulation

Lineare Frequenzmodulation

Einzelfrequenzen in einem Sendeimpuls.

Bei dieser Pulskompressionsmethode wird der Sendeimpuls linear frequenzmoduliert. Das hat den Vorteil, dass die Schaltung noch relativ einfach gehalten werden kann. Dabei wird der Sendeimpuls in eine Anzahl Zeitintervalle mit angenommen konstanter Frequenz eingeteilt. Spezielle Filter für genau die Frequenz in dem jeweiligen Zeitintervall ergeben je ein Ausgangssignal, das in einer Kaskade aus Verzögerungsleitungen und Summierstufen zu einem Ausgangsimpuls addiert wird.

Die lineare Frequenzmodulation hat den Nachteil, dass durch sogenannte „Sweeper“ relativ leicht Störungen erzeugt werden können. Als Beispiel für eine Anwendung der linearen Frequenzmodulation kann das RRP 117 genannt werden. Der Nachteil der Störanfälligkeit wird durch das Aussenden von zwei verschiedenen Trägerfrequenzen mit jeweils linearer Frequenzmodulation ausgeglichen.

Prinzipschaltbild eines Pulskompressionsfilters.

Im nebenstehenden Schaltungsbeispiel wird das Prinzip anhand von fünf im Sendeimpuls vorhandenen Frequenzen dargestellt. Der hohe Schaltungsaufwand ist mit der heutigen Integrationsmöglichkeit durchaus beherrschbar. Es gibt praktisch zwei prinzipielle Möglichkeiten, dieses Verfahren technisch zu realisieren:

  • eine prozessorgesteuerte Datenverarbeitung (nach einer A/D-Wandlung)
  • mit SAW- Filter.

AOW-Filter

AOW-Filter, auch SAW-Filter (engl. Surface Acoustic Wave) genannt, werden oft in Radarsystemen mit Pulskompression eingesetzt und komprimieren das frequenzmodulierte Echosignal auf analogem Wege. Sie arbeiten nach dem piezoelektrischen Prinzip.

Prinzip eines SAW-Filters.

Auf einem Piezokristall ist ein breitbandiger Wandler aufgedampft, der die elektrischen Schwingungen in mechanische Schwingungen im Kristall umwandelt. Diese mechanischen Schwingungen breiten sich jedoch mit sehr viel kleinerer Geschwindigkeit aus, als die elektrischen Signale auf einer Leitung. Deshalb werden relativ hohe Verzögerungszeiten erreicht. Ebenfalls auf dem gleichen Kristall werden frequenzabhängige Wandler aufgedampft, die die mechanische Energie wieder in elektrische Signale zurückwandeln.

Durch den zwangsläufig unterschiedlichen Abstand dieser verschiedenen Wandler zum Erregersystem erhalten die verschiedenen Frequenzanteile des Eingangssignals eine unterschiedliche zeitliche Verzögerung, so dass alle Frequenzanteile des Eingangssignals auf einen gleichen Zeitpunkt geschoben werden und somit vom Radargerät auf die gleiche Entfernung interpretiert werden. Die Summe der Verzögerung muss bei der Entfernungsberechnung berücksichtigt, also von der Gesamtlaufzeit abgezogen werden.

Time-Sidelobes

Da die frequenzabhängigen Wandler (wie jedes Filters) auch durch Oberwellen angeregt werden können, entstehen neben dem scharfen Ausgangsimpuls störende Nebenzipfel, sogenannte „Time-Sidelobes“, die oft durch aufwändige Verfahren kompensiert werden müssen.

Time-Sidelobes (Nebenzipfel)

Da sowohl der zeitliche, als auch der Amplitudenabstand konstant sind, können mit einer Wichtung der Signalamplituden diese Nebenzipfel auf einen akzeptablen Wert reduziert werden. Wenn diese Amplitudenwichtung nur auf dem Empfangsweg vorgenommen wird, verursacht sie aber auch eine Verschlechterung des Filters und verringert den Signal-Rausch-Abstand. Die Größe dieser Nebenzipfel sind ein wichtiges Qualitätskriterium beim Pulskompressionsverfahren und können durch diese Amplitudenwichtung auf einen Wert im Bereich von -30 dB abgesenkt werden.

Nicht-lineare Frequenzmodulation

Lineare (rot) und symmetrische nicht-lineare (blau) Frequenzmodulation.

Die Pulskompression mit nicht-linearer Frequenzmodulation weist einige deutliche Vorteile auf. So benötigt sie z.B. für die Unterdrückung der bei der Kompression entstehenden Time-Sidelobes keine Amplitudenwichtung mehr, da bereits durch die Form der Modulation die Funktion der sonst nötigen Amplitudenwichtung erfüllt wird. Somit wird ein Filterabgleich mit steileren Flanken möglich. Auf diese Art werden die sonst durch die Amplitudenwichtung auftretenden Verluste im Signal-Rausch-Verhältnis vermieden. Es gibt zwei Möglichkeiten der nicht-linearen Frequenzmodulation:

  • eine symmetrische Form, und
  • eine unsymmetrische Form.

Die symmetrische Form der Modulation hat während der ersten Hälfte der Sendeimpulsdauer eine aufsteigende (oder abfallende) Frequenzänderung und in der zweiten Hälfte eine fallende (oder aufsteigende) Frequenzänderung. Eine unsymmetrische Form der Modulation erhält man, wenn von der symmetrischen Form nur eine Hälfte verwendet wird.

Die Nachteile der Pulskompression mit nicht-linearer Frequenzmodulation sind:

  • ein sehr komplizierterer Schaltungsaufbau und
  • eine komplizierte Modulation, damit jeder Sendeimpuls die genau gleichen Eigenschaften bei der Amplitudenwichtung erhält.

Meist wird diese Art der Frequenzmodulation durch spezielle Waveform-Generatoren erzeugt, die eine prozessorgesteuerte Impulsform erzeugen.

Pulskompression mit Phasenmodulation

Phasenmodulation des Sendeimpulses.

Die phasenkodierte Impulsform unterscheidet sich von der frequenzmodulierten Impulsform darin, dass der lange Gesamtimpuls in kleinere Sub-Impulse gleicher Frequenz unterteilt ist. Diese Sub-Impulse repräsentieren immer die kleinste auflösbare Entfernung. Diese Sub-Impulse haben alle die gleiche Länge und innerhalb dieser Impulsdauer ist die Phase konstant. Zwischen den Sub-Impulsen kann ein Phasensprung programmiert werden. Meist wird dieser Phasensprung mit einem binären Code verknüpft. Bei einer Anzahl von 13 Sub-Impulsen im Sendeimpuls (wie in dem nebenstehenden Bild gezeigt) haben die Time-Sidelobes eine Größe von −23 dB. (Dieses Impulsmuster wurde auch von dem Radargerät AN/TPS-43 verwendet.)

Der binäre Code besteht aus einer Folge von logischen Zuständen. In Abhängigkeit dieses binären Codes wird die Phasenlage des Sendesignals zwischen 0 und 180° umgeschaltet. Im Gegensatz zum gezeigten und stark vereinfachten Bild ist die Sendefrequenz nicht unbedingt ein Vielfaches der Frequenz der Schaltimpulse. Die codierte Sendefrequenz wird an den Phasenumkehrpunkten generell disharmonisch umgeschaltet.

Referenz

  1. J. R. Klauder, A. C, Price, S. Darlington and W. J. Albersheim, ‘The Theory and Design of Chirp Radars,” Bell System Technical Journal 39, 745 (1960).

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