Puucstil

Puucstil
Mosaik-Stil in Labná
Später Uxmal-Stil in Uxmal

Puuc oder Puuc-Stil ist ein Architekturstil der Maya im präkolumbischen Mesoamerika.

Der Name Puuc (übersetzt: Hügelland) stammt von einer Maya-Bezeichnung für eine Hügelkette im Südosten von Yucatán (Sierrita de Ticul) südlich von Merida. Die Region südlich dieser Hügel wird aufgrund ihres gemeinsamen Architekturstils auch als Puuc-Region bezeichnet. Man vermutet, dass in der Puuc-Region mehrere hundert kleinere und große Städte existierten, in denen insgesamt etwa 500.000 Menschen gelebt haben könnten. Die bekanntesten Maya-Ruinen im Puuc-Stil sind Uxmal, Sayil, Kabah, Labná und Oxkintoc.

Die Puuc-Region wird in archäologischer Hinsicht durch den sogenannten Puuc-Stil definiert, wobei es fließende Übergänge zu den Randgebieten gibt. In diesem Sinn ist das Puuc-Gebiet ungefähr ein Viereck mit den folgenden modernen Orten als Eckpunkten: Maxcanú, Tekax, Hopelchen und Tenabo. Es gibt aber außerhalb dieses Gebietes noch Fundorte mit Architektur, die den Puuc-Stil imitiert, so in Culubá östlich von Tizimin und in Yaxuná südlich von Chichén Itzá. Vermutlich reichte der Puuc-Stil bis in die Gegend der heutigen Hauptstadt Mérida, doch ist der Nachweis wegen der weitgehenden Zerstörung der Bauten nicht mehr möglich. Im Süden schließt an das Puuc-Gebiet eine Übergangszone zum Chenes-Gebiet an, das wiederum enge Beziehungen stilistischer Art zur Rio Bec-Region aufweist.

Die steinernen Bauten des Puuc-Stils weisen eine (allerdings keineswegs exakte) Rechteckigkeit auf. An der Längsseite der Innenräume befindet sich der Eingang. Üblicherweise wurden Räume in ungerader Zahl in einer Reihe angeordnet, oft finden sich zwei parallele Reihen, die von einer oder beiden Seiten zugänglich waren. Komplexere Formen mit quer verlaufenden Räumen an den Enden sind häufig. Die Räume waren mit einem steinernen Gewölbe gedeckt, wobei es sich nicht um ein echtes Gewölbe mit einem Druck ableitenden Schlußstein handelt, sondern letztlich um zwei sich immer mehr an einander annähernde Mauerscheiben, die durch einen Deckstein (ohne Kraftschluß) verbunden waren. Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung der in der klassischen Mayakultur weit verbreiteten Kraggewölbe.

Wichtige Ruinenstätten des Puuc-Stils (schwarz), des Chenes-Stils (grün) und des Puuc-Chenes-Stils (blau)

Kennzeichnend für alle Phasen den Puuc-Stiles ist die prinzipiell gleichartige Gliederung der Fassade der Steingebäude, die von unten nach oben aus den folgenden Teilen besteht, die um das gesamte Gebäude herumlaufen, auch wenn sie an der Hauptfassade, den Seiten und der Rückseite des Gebäudes unterschiedlich gestaltet sein können:

  • Der Sockel, der um das ganze Gebäude herumläuft und der zugleich das Niveau der außeren Innenräume vorgibt (Innenräume, die aus einem vorderen Raum zu betreten sind, liegen in der Regel um mindestens eine Stufe höher),
  • die untere Wandfläche von ungefähr 2 m Höhe, die zugleich der Höhe der Eingangstüren entspricht,
  • das mittlere Gesims, das sich oberhalb der Türbalken befindet,
  • die obere Wandfläche, die in ihrer Höhe dem Gewölbe der Innenräume entspricht
  • das obere Gesims, dessen Oberkante mit dem flachen, gemauerten Dach gleich hoch ist.

Nach der Bautechnik, der Qualität der Steinbearbeitung und dem Dekor der Außenwände lassen sich nach dem amerikanischen Architekten und Archäologen George F. Andrews sechs Stilphasen unterscheiden: Frühes Oxkintoc (Early Oxkintoc), Proto-Puuc, Frühes Puuc (Early Puuc), Säulchen-Stil (Colonette Style), Mosaik-Stil (Mosaic Style) und schließlich der nur auf die Stadt Uxmal beschränkte Späte Uxmal-Stil (Late Uxmal Style)[1]. Die Einteilung der Stile durch Andrews baut auf der Gliederung durch Harry E. D. Pollock[2] auf und erweiterte diese.

George F. Andrews ordnet die Stilphasen in folgende Zeitabschnitte:

  • Proto-Puuc ab 550 n. Chr.
  • Frühes Puuc ab 670 n. Chr.
  • Säulchen-Stil ab 770 n. Chr.
  • Gleichzeitigkeit von Säulchen- und Mosaik-Stil ab 830 n. Chr.
  • Später Uxmal-Stil ab 1000 n.Chr.

Problematisch ist vor allem der Ansatz des Späten Uxmal-Stils, weil ein Gewölbe-Deckstein aus dem östlichen Gebäude des Nonnenvierecks in Uxmal, das diesem Stil zuzuordnen ist, ein Datum des Jahres 906 trägt. Datierungen von Bauten des Puuc-Stils mittels der Radiocarbonmethode haben bisher nicht zu einer Präzisierung beitragen können, da bisher zu wenig Analysen vorliegen und der Vertrauensbereich (2 sigma) auch bei neuen Messungen um 100 Jahre liegt. Insgesamt dürften die Ansätze von George F.Andrews jedoch um bis zu 100 Jahre zu spät liegen.

In einem Umkreis von mindestens 70 km um Uxmal finden sich an vielen Orten Bauten mit den bautechnischen Charakteristika des Späten Uxmal-Stils, die (im Gegensatz zu Uxmal) sämtlich nicht fertiggestellt wurden. Dieser Sachverhalt wird von einzelnen Autoren als Hinweis auf eine politische Umwälzung mit Zusammenbruch der lokalen Herrschaften im Umland von Uxmal interpretiert.[3] Allerdings gibt es auch in Uxmal selbst einige wenige unfertige Bauten (Gebäude auf der Spitze der Pyramide der Alten Frau, Gebäude im Komplex des Phallus-Tempels).

Kennzeichen der Phasen des Puuc-Stils

Architektonisches Element
Proto Puuc
Frühes Puuc
Säulchenstil
Mosaikstil
Spätes Uxmal
Sockel 1 Band
+
+
(+)
2 Bänder: glatt und schräg
(+)
3 Bänder, Mitte: Säulchenreihe
+
+
3 Bänder, Mitte: Säulchenreihe unterbrochen
+
+
3 Bänder, Mitte: Greques
(+)
3 Bänder sehr hoch: Mitte: Säulchenreihe unterbrochen
+
Untere Wandfläche glatt
+
+
+
+
+
Säulchen
+
Säulchen in Gruppen
+
+
Stufenmäander
+
anderes
+
(+)
Eingänge (außen) 1 pro Raum
+
+
+
+
+
> 1 pro Raum, dazwischen Wand
+
+
Türen breit
+
+
Tür mit Pfeilern
(+)
Tür mit Säulen
+
(+)
Tür mit Säulen und Kapitellen
+
+
+
Türelemente mit figürlichem Relief
+
Portikus
+
Türpfosten > 1 Stein / Wanddicke
+
+
1 Stein / Wanddicke
+
+
+
+
Rahmen um Außeneingänge
+
Türbalken Stein
+
+
+
+
+
Holz
+
+
Mittleres Gesims 1 Steinreihe vorkragend
+
1 Band
+
1 Band über Eingang hochspringend
+
Dekorelemente über Tür
+
2 Bänder
+
3 Bänder glatt, mittleres springt vor
+
3 Bänder: schräg, glatt, schräg
+
+
+
3 Bänder: glatt, Säulchenreihe, glatt
+
+
Mit Kugeln
(+)
3 Bänder: Mitte chimez in zick-zack
+
3 Bänder: Mitte Rasselstab
Mit Rosetten
(+)
+
4 Bänder
(+)
+
+
5 Bänder
(+)
Obere Wandfläche vor unterer Wand, glatt
+
unverkleidet (rohe Steine mit Stuck)
+
glatt
+
glatt mit Steinzapfen (Stuckverkleidung)
+
glatt mit vertieften Feldern
+
+
glatt mit Stuck
glatt, springt vor, schräg nach innen
+
Säulchen kontinuierlich
+
Säulchen in Feldern /Gruppen
+
+
Säulchen mit Bindung
+
+
diagonale Gitter
+
+
chimez Gitter
+
+
Mäander / Stufenmäander
+
+
Wand einwärts geneigt
+
(+)
(+)
Masken über Eingängen
(+)
+
an den Ecken
(+)
+
Häuser
+
+
Figuren
+
+
Schlangen
+
Oberes Gesims fehlt
+
2 Bänder: glatt
+
2 Bänder: glatt und schräg
+
+
3 Bänder: schräg, glatt, schräg
+
Mit Rosetten
+
3 Bänder: schräg, Säulchenreihe, schräg
+
+
+
4 Bänder
(+)
Ecken mit 1 Säule
+
Mit 3 Säulen
+
Schlangenköpf aus mittl. / ob.Gesims
+
Mauertechnik: tragende Wandsteine
+
+
Verkleidungssteine über Mauerkern
+
+
+
+
Kleine Steine, quadratisch / rechteckig
+
Mittelgroße Steine
+
+
+
Sehr große Steine
+
Gewölbe niedrig (< 1,5m)
+
+
Gewölbe normal (1,5 – 2,5 m)
+
+
Gewölbe hoch (> 2,5 m)
+
Vorsprung unter Deckstein
+
+
+
+
Fußsteine im Gewölbebereich
+
Gewölbetechnik Kraggewölbe Steinplatten
+
+
kombiniert mit Verkleidungssteinen
+
Verkleidungssteine unregelmäßig
+
Verkleidungssteine gut, keilförmig
+
+
Verkleidungssteine gut. schuhförmig
(+)
(+)
+
Dachkamm auf Hinterwand
(+)
(+)
Auf Mittelwand
+
+
 ::Auf Vorderwand
+
+

Einzelnachweise

  1. George F.Andrews: Los estilos arquitectónicos del Puuc, una nueva apreciación. Instituto Nacional de Antropología e Historia, México, D.F. 1986
  2. H. E. D. Pollock: The Puuc.An architectural survey of the hill country of Yucatan and northern Campeche, Mexico. Peabody Museums of Archaeology and Ethnology, Cambridge, Mass. 1980, ISBN 0-87365-693-8.
  3. Hanns J. Prem: Un escenario del Clásico Terminal en Yucatán. In: Culturas en Movimiento, hrsg. v. Wiltrud Dressler et al. Universidad Autónoma de México, México 2007, ISBN 978-970-32-4452-2. S. 131-161.

Siehe auch


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