Qualzucht

Qualzucht
Beispiel für eine Qualzucht: Squitten oder Känguruhkatze mit verkürzten Vorderbeinen

Als Qualzucht bezeichnet man bei der Züchtung von Tieren die Duldung oder Förderung von Merkmalen, die mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen für die Tiere verbunden sind.

Inhaltsverzeichnis

Situation in der Schweiz

Nach Artikel 10 des Schweizer Tierschutzgesetzes kann die Zucht, das Halten und Erzeugen von Tieren mit bestimmten Merkmalen durch den Bundesrat verboten werden. Dabei sind laut Absatz (1) insbesondere Züchtungen verboten, bei denen mit „durch das Zuchtziel bedingte[n] oder damit verbundene[n] Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen“ gerechnet werden muss.[1] Ausgenommen sind davon Tierversuche, im von Artikel 17 angegebenen Rahmen. Der Begriff "Qualzucht" wird im Gesetz nicht verwendet.

Situation in Österreich

In Österreich verbietet § 5 Abs. 2 des Bundestierschutzgesetzes Züchtungen, „die für das Tier oder dessen Nachkommen mit starken Schmerzen, Leiden, Schäden oder mit schwerer Angst verbunden sind. (Qualzüchtungen),“ Dabei ist sowohl die Zucht als auch der Import, Erwerb, die Weitergabe und die Ausstellung verboten.[2][3] Im Gesetz sind die folgenden Merkmale zur Erkennung untersagter Züchtungen genannt:

  • Atemnot
  • Bewegungsanomalien
  • Lahmheiten
  • Entzündungen der Haut
  • Haarlosigkeit
  • Entzündungen der Lidbindehaut und/oder der Hornhaut
  • Blindheit
  • Exophthalmus
  • Taubheit
  • Neurologische Symptome
  • Fehlbildungen des Gebisses
  • Missbildungen der Schädeldecke
  • Körperformen, bei denen mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden muss, dass natürliche Geburten nicht möglich sind

Situation in Deutschland

Die Qualzucht ist für Wirbeltiere in Deutschland nach § 11b Tierschutzgesetz – außer für wissenschaftliche Zwecke – verboten. Ein Beispiel für eine Ausnahme ist die als Modellorganismus vielfach verwendete Nacktmaus (athymische Maus).

Gutachten zum Verbot von Qualzüchtungen

Hauptartikel: Liste der betroffenen Merkmale des Gutachtens zur Auslegung des Verbotes von Qualzüchtungen

Das am 2. Juni 1999 im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft veröffentlichte Gutachten zur Auslegung von § 11b TierSchG (Verbot von Qualzüchtungen) „soll insbesondere allen Züchtern von Heimtieren helfen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Vorschriften des Tierschutzgesetzes, welche die Züchtung betreffen, in vollem Umfang zu beachten. Ziel ist das vitale, gesunde, schmerz- und leidensfreie Tier.“

Laut einer darin enthaltenen Definition ist die Qualzüchtung gegeben, wenn „... bei Wirbeltieren die durch Zucht geförderten oder die geduldeten Merkmalsausprägungen (Form-, Farb-, Leistungs- und Verhaltensmerkmale) zu Minderleistungen bezüglich Selbstaufbau, Selbsterhaltung und Fortpflanzung führen und sich in züchtungsbedingten morphologischen und/oder physiologischen Veränderungen oder Verhaltensstörungen äußern, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind“.

Das Gutachten beschäftigt sich vor allem mit Hunden und Katzen [4], berührt aber auch Kaninchen, Fische und Vögel. Es enthält eine Liste von Merkmalen, die nach Meinung der Gutachter zu einem Zuchtausschluss von Merkmalsträgern führen soll.

Literatur

  • Bartels, Th. und Wegner, W.: Fehlentwicklungen in der Haustierzucht, Ferdinand Enke Verlag, 1998, ISBN 3-432-28131-5
  • Peyer, N.: Die Beurteilung zuchtbedingter Defekte bei Rassehunden in tierschützerischer Hinsicht. Diss. med. vet., Bern 1997
  • Sambraus, H.H. und Steiger, A.: Das Buch vom Tierschutz, Ferdinand Enke Verlag, 1997, ISBN 343229431X
  • Ritter, A.: Der Begriff der „Qualzucht“ bei Zierfischen (am Beispiel des Goldfisches und seiner Hochzucht) - Teil 1: Rechtliche Grundlagen, Fischheilpraktiker/Fischheilpraxis 01/2009, 10 S., ISSN 1867-206X
  • Irene Sommerfeld-Stur: Qualzucht Literaturreview bis 2003; Aufsatz auf der Basis eines Gutachtens für den ÖKV

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tierschutzgesetz (TSchG) bei den Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft
  2. Irene Sommerfeld-Stur: Qualzucht im österreichischen Tierschutzgesetz
  3. Bundesgesetz über den Schutz der Tiere §5
  4. Relevante Zuchtziele; Katzen
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Qualzucht — Qual|zucht, die (Fachspr.): ↑ Zucht (1 a) von Tieren, bei der deren Schmerzen, Fehlbildungen u. a. gesundheitliche Schäden aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf genommen werden …   Universal-Lexikon

  • Qualzucht — Qual|zucht (Fachsprache Zucht von Tieren, bei der Abnormitäten und gesundheitliche Schäden aus wirtschaftlichen Gründen in Kauf genommen werden) …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Papageienbuntbarsch — Männlicher Papageienbuntbarsch Der Papageienbuntbarsch, Red Parrot (Bloodparrot, Bloody Parrot), Parrot cichlide, manchmal auch Papageienbarsch genannt, ist ein rundlicher, hochrückiger deformierter Fisch mit einem eigenartig fast schnabelartig… …   Deutsch Wikipedia

  • Kaulschwänzigkeit — Brachyurie bei einem Stumper Als Brachyurie (von griech. ουρά „Schwanz“; nicht zu verwechseln mit ούρα „Harn“) wird eine angeborene Verkürzung des Schwanzes bei Wirbeltieren bezeichnet. Die vollständige Abwesenheit des Schwanzes wird als… …   Deutsch Wikipedia

  • Schwanzlosigkeit — Brachyurie bei einem Stumper Als Brachyurie (von griech. ουρά „Schwanz“; nicht zu verwechseln mit ούρα „Harn“) wird eine angeborene Verkürzung des Schwanzes bei Wirbeltieren bezeichnet. Die vollständige Abwesenheit des Schwanzes wird als… …   Deutsch Wikipedia

  • Stummelrute — Brachyurie bei einem Stumper Als Brachyurie (von griech. ουρά „Schwanz“; nicht zu verwechseln mit ούρα „Harn“) wird eine angeborene Verkürzung des Schwanzes bei Wirbeltieren bezeichnet. Die vollständige Abwesenheit des Schwanzes wird als… …   Deutsch Wikipedia

  • Stummelschwanz — Brachyurie bei einem Stumper Als Brachyurie (von griech. ουρά „Schwanz“; nicht zu verwechseln mit ούρα „Harn“) wird eine angeborene Verkürzung des Schwanzes bei Wirbeltieren bezeichnet. Die vollständige Abwesenheit des Schwanzes wird als… …   Deutsch Wikipedia

  • Brachycephalie — bei einem Petit Brabançon …   Deutsch Wikipedia

  • Brachyzephalie — In diesem Artikel oder Abschnitt fehlen folgende wichtige Informationen: Brachycephalie kommt bei allen Lebewesen vor, auch bei Menschen. Du kannst Wikipedia helfen, indem du sie recherchierst und einfügst …   Deutsch Wikipedia

  • Hauskatze — Systematik Überfamilie: Katzenartige (Feloidea) Familie: Katzen (Feli …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”