- Quantenphänomen
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Quantenphänomene sind Effekte in der Quantenphysik, die durch Theorien der klassischen Physik nicht erklärt werden können. Die meisten Quantenphänomene zeigen sich nur unter speziellen Bedingungen und bei Messungen mit hoher Genauigkeit. Im alltäglichen Leben und ohne technische Hilfe sind sie nicht wahrnehmbar. Daher gibt es keine unmittelbar einleuchtende Anschaulichkeit, wie etwa die Parabel eines geworfenen Balls.
Inhaltsverzeichnis
Elementare Phänomene
Quantelung
Der Namensgeber der Quantenphysik ist das Quant. Ein Quant ist eine kleinste Portion z. B. einer Energie, eines Drehimpulses oder auch magnetischen Felds. In der klassischen Physik kann ein Objekt jede beliebige Energie aufnehmen oder abgeben. Als Beispiel kann man den Stoß einer Billardkugel mit einem Klumpen Knetgummi betrachten: Man kann der Kugel eine beliebige kinetische Energie geben (sie beliebig schnell machen) und auf den Klumpen Knetgummi übertragen. Er wird dabei verformt und beschleunigt. Nach klassischer Theorie sollte dies auch bei beliebig schwachem Stoß geschehen.
Bei genauerer experimenteller Untersuchung der Vorgänge in Atomen und Atomkernen stellt sich jedoch heraus, dass eine Übertragung beliebig sehr kleiner Energien nicht möglich ist. So können von Atomen in Kristallen nicht beliebig kleine Energie-Pakete angenommen werden. Ein Atom kann nur dann ein Photon absorbieren und seine Energie aufnehmen, wenn das Photon eine passende Energiemenge trägt. Photonen mit falscher Energie werden nicht absorbiert. Welche Energiemengen „passen“, hängt von der Atomsorte, seinem Zustand und sogar seiner Umgebung ab. Auf diese Weise ergeben sich Absorptionsspektren, die z. B. bei der Analyse von Luftverschmutzungen helfen.
Auch in umgekehrter Richtung wirkt sich beim Atom die Quantelung seiner Energie-Eigenzustände aus. Es kann nur Photonen aussenden, deren Energie der Differenz zweier Zustände entspricht. Dies ist der Hintergrund für das ungleichmäßige Emissionsspektrum von Leuchtstofflampen.
Heisenbergsche Unschärferelation
Die Heisenbergsche Unschärferelation besagt, dass man Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig beliebig genau messen kann und dass das Produkt aus Orts- und Impulsunschärfe immer größer als eine Konstante ist. Das bedeutet, wenn man den Aufenthaltsort eines Teilchens exakt kennt, kann man keinerlei Aussagen über seinen Impuls und seine Geschwindigkeit machen. Kennt man hingegen die Geschwindigkeit des Teilchens genau, weiß man nicht, wo es sich befindet.
Die Unschärferelation folgt aus der Quantentheorie, genauer gesagt aus der Werteaustauschbarkeit der dem Ort und dem Impuls zugeordneten Operatoren. Veranschaulichen kann man sich den Effekt wie folgt: Um den Ort eines Teilchens zu erfahren muss man eine Messung durchführen; eine Möglichkeit dafür ist, es mit Licht zu „betrachten“, das heißt, dass man es mit Photonen wechselwirken lässt. Da Photonen selber einen Impuls haben, wird der Zusammenstoß des Photons mit dem beobachteten Teilchen dessen Impuls ändern, so dass er nicht mehr genau messbar ist.
Die Tatsache, dass eine Messung das System beeinflusst und dass nicht-kommutierende Größen nicht gleichzeitig beliebig genau messbar sind, ist eine grundsätzliche Aussage der Quantentheorie und ein fundamentaler Unterschied zur klassischen Physik.
Welle-Teilchen-Dualismus
Teilchen in der Quantenphysik können sowohl als Welle und als Teilchen beschrieben werden. So führt z. B. eine Wellenbeschreibung des Lichtes auf die korrekte Beschreibung von Interferenzeffekten. Mit dieser kann allerdings die Schwarzkörperstrahlung nicht erklärt werden. Das schafft man allerdings, wenn man annimmt, dass Licht aus Teilchen (Lichtquanten, Photonen) besteht. Diese Annahme erklärt auch den Photoeffekt und den Comptoneffekt (weiter unten in diesem Artikel).
Analog gibt es auch Effekte mit Teilchen (z. B. Elektronen), die nur durch eine Wellennatur der Teilchen erklärt werden können (z. B. Interferenzexperimente mit Elektronen). Dies führt dazu, dass man Materie, von der man eigentlich erwartet, dass sie sich an einem Punkt befindet, eine Wellenlänge zuordnen kann (de-Broglie-Wellenlänge) und man auch mit Materie Überlagerung von Wellen sehen kann.
Tunneleffekt
In klassischen Systemen ist die Energie streng erhalten. Daher ist es einem Teilchen der Energie E, das sich in einem Potential V befindet, nicht möglich, einen Potentialwall zu überqueren, der höher als E ist. Anschauliches Beispiel: Eine Kugel in einer Schüssel kann die Schüssel nicht verlassen, wenn sie zu langsam ist um den Rand zu erreichen. Die Quantenmechanik kommt hingegen zu einem anderen Ergebnis. Es gibt eine von Null verschiedene Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Teilchen einen Potentialwall durchqueren kann, obwohl seine Energie klassisch betrachtet dazu nicht ausreicht. Es muss also den Potentialwall nicht überqueren, sondern durchquert ihn wie durch einen Tunnel, daher der Name Tunneleffekt.
Photoeffekt
Der Photoeffekt beschreibt das Herauslösen von Elektronen aus Metallen durch Einstrahlen von Licht. Klassisch, wenn man Licht als Welle betrachtet, würde man sich vorstellen, dass die Energie der herausgeschossenen Elektronen von der Intensität des Lichts und nicht von der Frequenz abhängt. Man beobachtet jedoch, dass die Energie der herausgelösten Elektronen mit der Frequenz des Lichts zunimmt, und dass Elektronen überhaupt erst ab einer bestimmten Grenzfrequenz aus dem Metall austreten. Mit der Vorstellung des Lichts als Welle kann man sich diesen Effekt nicht erklären.
Einstein nutzte die Lichtquantenhypothese zur Erklärung dieses Effekts. Danach wird Licht als Strom von Teilchen (Photonen) interpretiert. Die Teilchen haben eine frequenzabhängige Energie die mit der Frequenz steigt. Damit lässt sich die Beobachtung erklären: Erst ab einer bestimmten Grenzfrequenz reicht die Energie eines Photons aus, ein Elektron aus dem Metall zu lösen. Mit steigender Frequenz wird die überschüssige Energie in kinetische Energie der Elektronen umgewandelt.
Die Erklärung des Photoeffekts durch Albert Einstein war einer der Meilensteine in der Entwicklung der Quantenphysik.
Diskrete Spektren
Stellt man sich Atome klassisch vor, so hat man das Bild vom Sonnensystem im Kopf mit einem Zentralgestirn (Atomkern) und den Planeten (Elektronen). In solch einem klassischen System sind alle Bahnen möglich, da die Planeten in beliebigen Abstand von der Sonne kreisen können. Genauso sollten sich nach klassischer Vorstellung auch die Kerne und Elektronen verhalten. Der Abstand zwischen Kern und Elektron bestimmt dann auch die Energie, die das Elektron besitzt. (Beispiel: Ein Ball auf einem Meter Höhe über dem Erdboden hat weniger Energie als ein Ball 10 Meter über dem Erdboden: der zweite ist, wenn man ihn fallen lässt am Schluss einfach schneller).
Wenn beliebige Bahnen möglich wären, dann sollten auch beliebige Energien der Elektronen möglich sein. Dies ist allerdings nicht der Fall: die möglichen Bahnen von Elektronen im Atom sind also quantisiert. Dies sieht man z. B. wenn man ein Atom anregt, beispielsweise durch Wärme. Ein angeregtes Atom bzw. Elektron hat dann den „Wunsch“, wieder in einen niedrigeren Zustand zu fallen. Die Energie, die dabei frei wird, wird als Photon (Lichtteilchen) ausgesendet. Misst man die Wellenlänge des emittierten Lichts, so findet man nur diskrete Werte. Die Energie von Elektronen im Atom kann also nur bestimmte Werte annehmen.
Da das Spektrum jeden Elements anders ist, kann man durch die spektrale Analyse des Lichts von einem fernen Stern dessen genaue Zusammensetzung feststellen.
Das Spektrum des Wasserstoffatoms kann mit Hilfe der Quantenmechanik sehr exakt berechnet werden. Die Übereinstimmung von Theorie und Experiment beim Wasserstoffatom ist ein sicheres Zeichen für die Richtigkeit der Quantentheorie.
Comptoneffekt
Der Comptoneffekt tritt auf, wenn Gammastrahlung auf Hüllenelektronen von Atomen trifft. Misst man dann winkelabhängig die Frequenz bzw. Energie der gestreuten Strahlung, so kann die Verteilung durch einen klassischen Teilchenstoß beschrieben werden. Dieser Effekt ist also ein weiterer Anhaltspunkt für die Interpretation von Licht als Teilchenstrom.
Laser
Der Laser ist ein Gerät, dessen Funktion auf einem reinen Quanteneffekt beruht. Er besteht aus mindestens drei Teilen: dem laseraktiven Material, dem Resonator und der Laserpumpe. Im einfachsten Fall gibt es im aktiven Material zwei Energieniveaus, die besetzt werden können. Durch Energiezufuhr von außen durch Pumpen wird der Höhere dieser beiden Zustände öfter besetzt als der niedrigere Zustand (Besetzungsinversion). Fällt nun ein Elektron vom höheren in den niedrigeren Zustand (spontane Emission) so wird ein Lichtquant ausgesendet, dessen Energie dem Abstand der beiden Niveaus entspricht. Dieses Quant ist nun in der Lage, andere angeregte Elektronen in den niedrigeren Zustand zu befördern (stimulierte Emission). Das dabei entstehende Lichtquant hat dann die gleichen Eigenschaften, nämlich gleiche Phase und Wellenlänge, wie das auslösende Quant. Dieser Vorgang passiert millionenfach. Durch den Resonator (i. A. zwei Spiegel) werden Photonen, die aus dem Material ausgetreten sind wieder ins Material zurückgespiegelt. Dadurch ergibt sich dann eine enorme Verstärkung.
Einer der beiden Spiegel ist jedoch etwas durchlässig für das Licht, die hier austretenden Photonen haben alle gleiche Richtung, gleiche Phase und gleiche Wellenlänge: der Laserstrahl.
Spin
Elektronen und andere Elementarteilchen haben neben ihren Eigenschaften Masse und elektrische Ladung noch eine weitere Eigenschaft: den Spin. Klassisch kann man sich diese Eigenschaft als Eigendrehung oder Eigendrehimpuls vorstellen: das Teilchen rotiert wie die Erde um die eigene Achse. Diese Eigendrehung ist wie eine rotierende Ladung in der klassischen Physik mit einem magnetischen Moment verbunden: das Teilchen erzeugt durch die Bewegung ein Magnetfeld. In der klassischen Physik ist das entstehende Magnetfeld abhängig von Richtung (links oder rechts) und Geschwindigkeit der Rotation.
Misst man das Magnetfeld von Elementarteilchen (z. B. Elektronen) stellt man fest, dass es nur bestimmte, diskrete Werte gibt: die Eigendrehung ist gequantelt. Speziell bei Elektronen (sogenannte Spin--Teilchen) gibt es nur zwei mögliche Werte: Drehung nach links oder Drehung nach rechts (Spin-up oder Spin-down).
Der Spin ist eine fundamentale Eigenschaft von Teilchen und hat weitreichende Konsequenzen: sollte der Spin halbzahlig sein (z. B. Elektron, Proton, jeweils Spin nennt man die Teilchen Fermionen, ist er ganzzahlig (z. B. Photon) nennt man die Teilchen Bosonen. Fermionen haben die Eigenschaft, dass sie sich „nicht mögen“: Es ist nicht möglich, dass sich Elektronen, die in allen Eigenschaften (Spin, Impuls, Drehmoment) übereinstimmen, im selben Zustand befinden (Pauli-Prinzip). Bei Bosonen ist das allerdings möglich. Diese Eigenschaften führen u. a. zur Stabilität von Weißen Zwergen (Fermionen) oder zu Phänomenen wie die Suprafluidität von Helium (Bosonen).
Der Spin der Elektronen ist auch die Ursache für den Magnetismus z. B. von Eisen.
GMR/TMR-Effekt
Die Effekte GMR-Effekt (Giant Magneto Resistance) und TMR (Tunnel Magneto Resistance) sind Effekte, die den Spin von Elektronen ausnutzen (Beim TMR spielt zusätzlich der Tunneleffekt eine große Rolle). In ferromagnetischen Materialien wie Eisen gibt es Unterschiede in der Leitfähigkeit (bzw. dem elektrischen Widerstand), je nach dem in welche Richtung ein von außen angelegtes Magnetfeld zeigt. Man kann damit einen hochempfindlichen Magnetfeldsensor bauen: Je nach äußerem Magnetfeld (z. B. parallel oder antiparallel zur Stromrichtung) misst man einen anderen Strom.
Eine moderne Anwendung des GMR-Effekts findet man bei Leseköpfen von Festplatten, die damit die Magnetfeldrichtung der einzelnen Speicherbits auslesen. Die Entdeckung dieses Effekts hat hier zu einem Schub in der Speicherplatzdichte geführt, da GMR-Sensoren viel kleiner gebaut werden können, als die zuvor benutzten Sensoren.
Verschränkung
Die Verschränkung von Teilchen ist eines der Phänomene der Quantenphysik, für das man überhaupt kein klassisches Analogon finden kann. Sind zwei Teilchen verschränkt, so setzt die Messung des einen Teilchens den Zustand des anderen Teilchens fest. Beispiel: Man betrachtet zwei (in einem Spin-Singulett) verschränkte Elektronen. Misst man z. B. den Spin des ersten Elektrons (z. B. up), so weiß man gleichzeitig sofort, welchen Spin das zweite Elektron jetzt besitzen muss (z. B. down). Dies ist sogar unabhängig von der Entfernung der beiden Teilchen. Man könnte beispielsweise zwei Elektronen hier auf der Erde verschränken, eines der beiden auf der Erde im Labor belassen (natürlich ohne es zu messen) und das zweite nach Alpha Centauri bringen. Misst man das eine Teilchen, beeinflusst man sofort das zweite Teilchen – trotz einer Entfernung von vier Lichtjahren. Damit hätte man eine Art überlichtschneller Fernwirkung, was nach der Allgemeinen Relativitätstheorie ja verboten ist. Diese Fernwirkung wurde deswegen auch in den Anfangszeiten der Quantenmechanik spukhafte Fernwirkung genannt und wurde auch von Gegnern der Quantenmechanik als Argument gegen diese Theorie genutzt.
Eine überlichtschnelle Kommunikation ist allerdings nicht möglich, da dazu auch noch die Übertragung des Messergebnisses notwendig wäre, die dann wieder unterlichtschnell erfolgen müsste.
Es gibt jedoch Anwendungen für die Verschränkung, z. B. in der Quantenkryptographie und in Quantencomputern.
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