- Ausbaustrecke Berlin-Leipzig
-
Die Bahnstrecke Berlin–Halle ist eine zweigleisige, elektrifizierte Hauptbahn in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt, welche ursprünglich von der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn-Gesellschaft erbaut und betrieben wurde.
Die auch als Anhalter Bahn bekannte Strecke verläuft von Berlin über Jüterbog und Wittenberg nach Halle (Saale). Sie ist Bestandteil der Eisenbahnachse Berlin–Palermo.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Siehe auch Hauptartikel: Berlin-Anhaltische Eisenbahn-Gesellschaft
Vorgeschichte und Bau
Die Berlin-Anhaltische Eisenbahn-Gesellschaft war im 19. Jahrhundert für mehr als vier Jahrzehnte eines der bedeutendsten Eisenbahnunternehmen Deutschlands. Neben der eigentlichen Anhalter Stammbahnstrecke schuf sie in dieser Zeit ein Netz von wichtigen Eisenbahnverbindungen zwischen Berlin und dem nördlichen Teil des Königreichs Sachsen, der preußischen Provinz Sachsen sowie dem Herzogtum Anhalt, das schließlich eine Länge von rund 430 Kilometern umfasste.
1840/1841 wurde in mehreren Etappen die Stammstrecke der BAE von Berlin Anhalter Bahnhof über Jüterbog, Wittenberg, Dessau nach Köthen eingeweiht. In Köthen bestand Anschluss über die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn nach Halle und Leipzig. Der Weg von Berlin in diese Städte konnte 1859 mit Inbetriebnahme der direkten Strecke von Wittenberg nach Bitterfeld und weiter nach Halle und Leipzig deutlich verkürzt werden.
Vor dem Ersten Weltkrieg
Die Anhalter Bahn gehörte nach ihrer Eröffnung zu den wichtigsten Fernbahnstrecken in Deutschland. Von hier aus fuhren die ersten Schnellzüge von Berlin nach Halle, Leipzig, Frankfurt am Main und München, sowie nach Dresden-Prag-Wien über Jüterbog-Röderau. Über die Anhalter Bahn war Berlin schließlich mit Wien, Rom und Athen verbunden.
Als Strecke der Deutschen Reichsbahn
Ab 1923 verkehrte als einer der ersten Fernschnellzüge ein FD-Zugpaar von Berlin über Halle, Erfurt, nach Frankfurt am Main. 1935 folgte in der gleichen Relation Schnelltriebwagen der Deutschen Reichsbahn.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Anlagen der Anhalter Bahn waren im Raum Berlin durch Kriegseinwirkung schwer beschädigt und nur notdürftig repariert worden. Als Folge der Berliner Teilung ließ die Reichsbahn viele Schnellzüge nach dem Krieg zu Bahnhöfen in Ost-Berlin fahren. Aus Richtung Halle/Leipzig war dies erst 1951, mit Fertigstellung der ersten Abschnitte des Berliner Außenrings, möglich. Die Verbindung über die Anhalter Bahn direkt nach Berlin und der im Krieg schwer zerstörte Anhalter Bahnhof in Berlin-Kreuzberg wurden am 18. Mai 1952 geschlossen. Die Fernzüge des DDR-Binnenverkehrs fuhren dann nach Ost-Berlin zu den Endpunkten Ostbahnhof, Lichtenberg oder Schöneweide. Die meisten Züge des Regionalverkehrs endeten bis zum Mauerbau in Teltow, von wo Anschluss zur S-Bahn auf der Anhalter Vorortbahn nach Berlin bestand.
Nach Mauerbau verblieb der Abschnitt nach Teltow als Stichstrecke. Einige Regionalzüge wurden von Ludwigsfelde kommend über den Außenring weiter nach Schönefeld und Schöneweide geführt, allerdings blieb das Angebot im Personenzugverkehr eher mäßig.
Im Fernverkehr zwischen Berlin und Halle/Leipzig gehörte die Strecke dagegen zu den frequentiertesten der DDR. Der Abschnitt Berlin-Bitterfeld wurde z.B. 1989 ganzjährig von mehr als 30 D- und Expresszugpaaren befahren, hinzu kamen noch eine Reihe von nur im Sommer verkehrenden Zügen und einige Wochenendverstärker. Gut die Hälfte von ihnen hielten in Bitterfeld und Lutherstadt Wittenberg, einige in Jüterbog und wenige in Luckenwalde. Es verkehrten Schnellzüge, von denen einige schon von der Ostseeküste kamen, über Halle und Erfurt bis nach Meiningen, über Leipzig nach Zwickau und Aue sowie nach Gera und Saalfeld. Über das Netz der Deutschen Reichsbahn hinaus fuhren Züge von Berlin nach Karlsbad und von Rostock nach München. Die meisten Transitzüge von Berlin in die Bundesrepublik fuhren über Dessau und erreichten erst in Bitterfeld die Strecke Berlin–Halle, nur in Ausnahmefällen bereits am Abzw. Dennewitz bei Jüterbog.
Ab 1976 wurde die Strecke vor allem auf dem Abschnitt Berlin–Bitterfeld mit dem neuen Städteexpress-Netz der Deutschen Reichsbahn eine wichtige Kernstrecke dieser Zuggattung.
Liste der Städte-Express-Züge (Ex) auf der Strecke (Stand: 31. Mai 1991)
- Ex 100/107 Elstertal Gera–Leipzig–Berlin
- Ex 160/167 Sachsenring Zwickau–Berlin
- Ex 150/157 Rennsteig Meiningen–Suhl–Erfurt–Berlin
- Ex 151/156 Berliner Bär Berlin–Leipzig–Erfurt
- Ex 162/163 Thomaner Leipzig–Berlin
- Ex 166/161 Lipsia Leipzig–Berlin
Am 19. Januar 1988 ereignete sich bei Forst Zinna (bei Jüterbog) ein schweres Zugunglück: Als ein Schnellzug mit 120 km/h ungebremst in einen sowjetischen Panzer fuhr, der auf den Gleisen stand, starben sechs Menschen, 33 wurden schwer verletzt. Siehe Katastrophen im Schienenverkehr zwischen 1981 und 1990.
Nach 1990
Mit der deutschen Wiedervereinigung verlor die Anhalter Bahn zunächst an Bedeutung. Die Transitzüge verloren mit dem Entfall der Grenzkontrollen zwischen den beiden deutschen Staaten ihren Sonderstatus, die Städteexpress-Züge waren am 31. Mai 1991 eingestellt worden. Die ersten Intercity- und Interregio-Zügepaare verkehrten in Tagesrandlagen und stellten zunächst noch keine Verbesserung dar, erst in den Folgejahren wurden Taktfahrpläne eingeführt.
Auf der Anhalter Bahn verkehrten nach der Wende folgende Linien:
- Linie 8 − Berlin–Leipzig–Nürnberg–München.
- IR-Linie − Berlin–Halle–Erfurt–Frankfurt am Main
Der Fernverkehr von Berlin nach Süden und Westen wurde ab 1998 über die Schnellfahrstrecke Hannover–Berlin und über die Neubaustrecke Hannover–Fulda nach Frankfurt am Main, München und Basel geleitet. Selbst die Bahnfahrt Berlin–München war über diese Strecken bis Ende Mai 2006 schneller.
1991 begann der Ausbau der Bahnstrecke von Berlin nach Halle und Leipzig als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit der Schiene Nr. 8.3. Bis Mitte der 1990er Jahre war der Ausbau soweit fortgeschritten, dass eine Streckenhöchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreicht wurde. Zum weiteren Ausbau (auf 200 km/h) fehlte insbesondere noch die Beseitigung zahlreicher Bahnübergänge. Nach Abschluss der Arbeiten, im Jahr 1999, sollten 3,5 Milliarden D-Mark investiert und die Reisezeit zwischen Halle/Leipzig und Berlin auf unter eine Stunde gesunken sein.[1] Dieser Ausbau zog sich letztlich bis 2006 hin.
Eine Wiederaufwertung der Anhalter Bahn brachte die Umstellung der IC-Linie 8 auf den Betrieb mit ICE-Neigetechnikzügen ab Dezember 2002. Nach der Entscheidung der Deutschen Bahn zusammen mit der Bundesrepublik Deutschland und dem Berliner Senat für das so genannte „Pilzkonzept“ wurden die Planungen und Baumaßnahmen zur Wiederherstellung der Anhalter Bahn im Berliner Stadtgebiet zügig aufgenommen. Über die südlichen Zulaufstrecken der Anhalter und Dresdner Bahn sollte der neue zentrale Berliner Hauptbahnhof angebunden werden. Dazu wurde in den Jahren 2005 und 2006 die Strecke Berlin–Leipzig für Schnellfahrten bis zu 200 km/h ertüchtigt. In den Ausbau der Strecke zwischen Halle, Leipzig und Berlin wurden bis Ende 2007 insgesamt 1,642 Milliarden Euro investiert[2]. Investitionen in Höhe von 6 Millionen Euro stehen noch aus.
Die am 28. Mai 2006 in Betrieb genommenen Fernbahngleise der Anhalter Bahn werden von ICE-Zügen in Richtung Leipzig, Nürnberg, und München befahren. Mehrere RegionalExpress-Linien verkehren auf der Strecke ebenfalls. Nach Angaben der Deutschen Bahn nahm die Zahl der ICE-Fahrgäste auf der Strecke zwischen Anfang 2005 und Mai 2007 um 45 Prozent zu[3]. Eine andere Presseinformation des Unternehmens nennt den Wert von 45 Prozent als Zunahme im Jahresvergleich der ersten vier Monate von 2006 und 2007.[4] Demnach gab es zwischen 2005 und 2006 keine nennenswerte Veränderung in den Fahrgastzahlen auf der Strecke.
Technische Ausrüstung
Der elektrische Betrieb begann auf der Anhalter Bahn schon früh. Nachdem der Abschnitt Bitterfeld–Dessau als Versuchsstrecke schon 1911 elektrifiziert worden war, würde am 5. Juni 1914 auch der Abschnitt Bitterfeld–Leipzig in Betrieb genommen. Schon am 1. August des gleichen Jahres wurde der elektrische Betrieb aber wieder eingestellt. 1922 wurde er erneut aufgenommen, der geplante Weiterbau nach Berlin unterblieb jedoch wegen des Zweiten Weltkrieges. Im März 1946 mussten die Fahrleitungsanlagen als Reparationsleistung wiederum abgebaut werden. Seit dem 9. Juli 1958 ist die Strecke Leipzig–Dessau wieder mit Elektrolokomotiven befahrbar. Erst 1976 wurden die Elektrifizierungsarbeiten fortgeführt, seit 1984 ist die Gesamtstrecke elektrifiziert.
Bei der Sicherungstechnik war die Zuständigkeit der Reichsbahndirektionen gut erkennbar. Während der in der Rbd Berlin gelegene Abschnitt Ludwigsfelde–Dennewitz um 1978 mit Spurplanstellwerken (darunter das erste Stellwerk der Bauart GsIIISp68 im Bahnhof Jüterbog) und automatischem Streckenblock mit signalisiertem Falschfahrbetrieb ausgerüstet wurde, blieb es in der Rbd Halle zwischen Niedergörsdorf und Leipzig bzw. Halle bei den herkömmlichen Anlagen. Im Zuge der Wiederausrüstung mit Punktförmiger Zugbeeinflussung wurden die restlichen Form- durch Lichtsignale ersetzt. Beim Ausbau auf 200 km/h wurde die gesamte Strecke zwischen 1992 und 1999 mit elektronischen Stellwerken ausgerüstet. Seitdem ist durchgehend Gleiswechselbetrieb möglich, es werden ausschließlich Ks-Signale eingesetzt. Beim Umbau erhielt der Bf Muldenstein zur besseren Führung im durchgehenden Bogen im Nordkopf Weichen mit beweglichen Herzstückspitzen. Außerdem mussten alle höhengleichen Bahnübergänge beseitigt werden sowie neue Brückenbauwerke errichtet werden. Dies waren unter anderem bei Muldenstein die Nördliche Muldeflutbrücke, die Muldebrücke und die Leinebrücke. Die drei neuen Balkenbrücken aus Spannbeton ersetzten Gewölbebrücken aus dem Jahr 1857.
Im Bahnhof Bitterfeld wurden im Januar 1998 die beiden damals längsten Weichen der Welt eingebaut. Die je 169,2 Meter langen Konstruktionen sind mit 220 km/h (im Regelbetrieb: bis 200 km/h) im abzweigenden Ast sicher befahrbar. Die Weiche im Nordkopf des Bahnhofs Bitterfeld erlaubt damit Zügen aus Leipzig Richtung Berlin, ohne Geschwindigkeitsreduzierung in die Bahnstrecke aus Halle einzufädeln. Die Weiche im Südkopf würde Zügen aus Wittenberg Richtung Halle erlauben, mit 220 km/h auszufädeln (die Strecke Richtung Halle erlaubt im Moment keine derart hohen Geschwindigkeiten). Die Weichen verfügen über jeweils acht Antriebe und wurden als Klothoidenweiche ausgeführt: Ihre Radien verkleinern sich von 16.000 m am Weichenanfang auf 6.100 m zur Mitte hin. Die Zungen sind jeweils 59 m lang und wogen, einschließlich Traverse beim Einbau, 120 t.[5]
Zur Anpassung des Sicherungssystems der Deutschen Bahn an den neu vereinbarten Europäischen Standard wurde erstmals in Deutschland auf einem Teil dieser Strecke ETCS Level 2 installiert. Dazu wurden rund 1200 Balisen installiert. Bis 26. Mai 2006 verkehrte das IC-Zugpaar 2418/2419 probeweise fahrplanmäßig mit ETCS, bei bis zu 200 km/h[6]. Am 17. Juni 2006 wurde, erstmals in Europa, der fahrplanmäßige Betrieb unter ETCS mit 200 km/h aufgenommen. Die Zugpaare IC 2418/2419 bzw. IC 2416/2417 sowie der EN 228/229 verkehrten ETCS-geführt.[7]
Weil das ETCS erst sehr viel später als geplant verfügbar wurde und die Geschwindigkeit von 200 km/h, die seit dem Beginn der Arbeiten 1992 als Ausbauziel feststand, deshalb nicht gefahren werden konnte, hätten Fördermittel an die Europäische Union zurückgezahlt werden müssen. Um dies zu vermeiden, wurde die Strecke zwischen Rackwitz (Km 72,3) und Berlin (Km 10,6) in den Jahren 2005 und 2006 mit Linienzugbeeinflussung (Typ LZB L72 CE II) mit CIR-ELKE II ausgerüstet. Nur die durchgehenden Hauptgleise und die Verbindungen zwischen ihnen sind mit Linienleitern versehen.
Zwischen den Streckenkilometern 12 in Berlin und 72 bei Leipzig kann die Strecke seit 28. Mai 2006 mit 200 km/h befahren werden. Lediglich im Bereich von Lutherstadt Wittenberg (Streckenkilometer 92 bis 98) liegt die planmäßig zulässige Höchstgeschwindigkeit bei 160 km/h (Stand: Mai 2007). Bei den Streckenkilometern 114 (Abschnitt Berlin–Bitterfeld) und 67 (Abschnitt Bitterfeld–Leipzig) sind Schutzstrecken in der Oberleitung eingerichtet.
siehe auch
Weblinks
- Anhalter Bahn auf bahnstrecken.de
- Bahnstrecken im Süden Berlins (u. a. Darstellung der Anhalter Bahn, historisch und aktuell)
Einzelnachweise
- ↑ ... und ab 1999 in einer Stunde von Berlin nach Halle/Leipzig. In: Eisenbahn-Kurier, Nr. 278, November 1998, ISSN 0170-5288, S. 21.
- ↑ Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Sachstandsbericht Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, Juli 2008
- ↑ Bahn ist mit neuem Verkehrskonzept erfolgreich. Presseinformation der Deutschen Bahn vom 15. Mai 2007
- ↑ Premiere: Neue ICE-Direktverbindung Leipzig-Rostock. Presseinformation der Deutschen Bahn vom 1. Juni 2007
- ↑ Super-Weiche erlaubt Tempo 200 im Bahnhof. In: Mitteldeutsche Zeitung, Bitterfeld, vom 11. Oktober 1997
- ↑ Wolfgang Feldwisch, Holger Schülke: Die Inbetriebnahme der Großprojekte der Bahn zur Fußballweltmeisterschaft 2006. In: Eisenbahntechnische Rundschau (55) 2006, Heft 5, S. 296
- ↑ Deutsche Bahn AG, DB Systemtechnik: Tätigkeitsbericht 2006 (PDF, 1,6 MB), S. 42
Berlin–Halle | Halle/Leipzig–Erfurt | Erfurt–Nürnberg | Nürnberg–München | München–Rosenheim | Rosenheim–Kufstein | Kufstein–Innsbruck | Umfahrung Innsbruck | Brennerbasistunnel | Franzensfeste–Verona | Mailand/Verona–Bologna | Bologna–Florenz | Florenz–Rom | Rom–Neapel | Neapel–Salerno | Salerno–Paola | Paola–Reggio Calabria | Brücke über die Straße von Messina | Messina–Palermo
Wikimedia Foundation.