Ausbildungen und Befähigungszertifikate (Schifferscheine)

Ausbildungen und Befähigungszertifikate (Schifferscheine)

Unter Ausbildungs- und Befähigungszertifikaten versteht man in der Sportschifffahrt freiwillige Kenntnisnachweise zum Führen eines Sportbootes. Die meisten von ihnen bauen auf dem Sportbootführerschein See auf, der in Deutschland zum Führen eines Sportbootes auf See vorgeschrieben ist. Sie bescheinigen dem Inhaber weiterführende Kenntnisse und Fähigkeiten für Bereiche außerhalb des unmittelbaren Küstenmeeres, beispielsweise in den Bereichen Seemannschaft, Wetter, Seerecht und Navigation. Einige dieser Scheine sind für die private Nutzung von Sportbooten freiwillig, für die gewerbliche Nutzung aber vorgeschrieben. In der Schweiz und in Österreich gibt es analoge Scheine, die in den Artikeln Schiffsführerausweis bzw. Befähigungsausweis beschrieben sind. Der Artikel Yachtmaster behandelt die englischen Äquivalente.

Darüber hinaus gibt es Scheine, die zum Führen eines Traditionsschiffes berechtigen oder das Fahren auf bestimmten Grenzgewässern erlauben, beispielsweise auf dem Rhein und dem Bodensee.

Inhaltsverzeichnis

Sportküstenschifferschein (SKS)

SKS
Text im SKS
DSV BR-Schein – der Vorgänger des SKS

Der SKS ist ein weiterführendes Befähigungszeugnis (Zertifikat). Ausbildung und Prüfung ist abgestimmt auf das Führen von Yachten mit Motor und unter Segel in Küstengewässern (alle Meere bis 12 sm Abstand von der Festlandküste). Der Sportküstenschifferschein ist ein reiner Befähigungsnachweis und erweitert nicht die Berechtigungen, welche man mit dem Sportbootführerschein See erworben hat, d. h. für das gewerbliche Führen einer Yacht ist der SKS nicht ausreichend. Für das Chartern einer seegängigen Yacht genügt der Sportbootführerschein See, wobei jedoch einige Vercharterer abhängig vom Revier auf dem Nachweis von Kenntnissen auf dem Niveau des SKS bestehen. Außerdem kann der SKS als Befähigungsnachweis eine Rolle bei einem Seeunfall und der damit verbundenen Untersuchung durch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung und einem vielleicht folgenden gerichtlichen Prozess spielen.

Voraussetzungen und Erwerb

  • Allgemein
    • Lebensalter: mindestens 16 Jahre
    • Besitz des Sportbootführerscheins See
    • Nachweis von 300 sm auf Yachten in Küstengewässern
  • Prüfungen
    • Theorie: Navigation (auch Kartenaufgaben), Seemannschaft, Schifffahrtsrecht und Wetterkunde (Freitextlicher Fragebogen und ggf. mündliche Prüfung)
    • Praxis: Manöver, Knotenkunde u. a.

Der Prüfungsstoff des SKS ist deutlich umfangreicher als der des SBF See. Die theoretische Prüfung ist in zwei Teile gegliedert, einen theoretischen Fragenteil und einen Kartenteil, in welchem man umfangreiche navigatorische Kenntnisse anhand einer Seekartenaufgabe nachweisen muss. Auch Fragen zu Strom und Gezeiten werden hier gestellt. Bei dem Fragenteil sind die Fragen samt Musterantworten vorab bekannt und im Handel erhältlich. Der Kartenteil ist nicht veröffentlicht und daher nicht vorab bekannt. Allerdings sind vergleichbare Musteraufgaben im Handel erhältlich. Bei Nichterreichen einer bestimmten Punktzahl kann es auch eine mündliche Nachprüfung geben. Darüber hinaus werden in einer praktischen Prüfung umfangreichere Kenntnisse bzgl. der Führung einer seegängigen Yacht geprüft als beim SBF See. Zwischen der theoretischen und der praktischen Prüfung dürfen maximal 24 Monate liegen.

Der SKS ist alternativ auch in einer Variante nur unter Motor ausstellbar. In diesem Falle wird die Prüfung auf einem Motorboot und nicht auf einer Segelyacht abgenommen, und bei den Prüfungsfragen entfällt weiterhin der auf das Segeln bezogene Prüfungsteil. Die Variante „mit Motor und unter Segel“ ist jedoch die gebräuchlichere.

Der SKS entspricht dem englischen Coastal Skipper.

Literatur (SKS)

  • Rolf Dreyer: Sportküstenschifferschein + Sportbootführerschein See. Delius Klasing, Bielefeld 2006 (8. Aufl.). ISBN 3-7688-1137-9
  • Axel Bark: Sportküstenschifferschein + Sportbootführerschein See. Delius Klasing, Bielefeld 2006. ISBN 3-7688-1136-0

Sportseeschifferschein (SSS)

Der SSS ist ein weiterführendes Befähigungszeugnis (Zertifikat). Ausbildung und Prüfung ist abgestimmt auf das Führen von Yachten mit Motor und unter Segel in küstennahen Seegewässern (alle Meere bis 30 sm sowie die gesamte Ost- und Nordsee, Ärmelkanal, Bristolkanal, Irische und Schottische See, Mittelmeer und Schwarzes Meer). Dieser Führerschein ist zum Führen gewerblich genutzter Sportboote mit maximal 12 Mann Besatzung und von Traditionsschiffen mit 15 bis 25 m Rumpflänge und mehr als 25 Mann Besatzung in küstennaher Fahrt (bis 12 sm Küstenabstand) vorgeschrieben. Im Falle der nichtgewerblichen Nutzung eines Sportbootes ist der Schein freiwillig.

Voraussetzungen und Erwerb

  • Allgemein
    • Lebensalter mindestens 16 Jahre
    • Nachweis von 1.000 sm auf Yachten in küstennahen Seegewässern nach Erwerb des Sportbootführerscheins See als Wachführer oder dessen Vertreter nach Erwerb des SBF-See, davon vor der theoretischen Prüfung mindestens 500 Seemeilen.
    • Alternativ: Nachweis über mindestens 700 Seemeilen auf Yachten im Seebereich nach Erwerb des DSV-BR-Scheins oder des SKS.
  • Prüfungen
    • Theorie: Navigation, Seemannschaft, Schifffahrtsrecht, Wetterkunde (Freitextlicher Fragebogen und ggf. mündliche Prüfung)
    • Praxis: Manöver, Radar, Seemannschaft, u. a.

Der Prüfungsstoff des SSS ist nochmals deutlich umfangreicher als der des SKS.

Es findet eine theoretische Prüfung statt, bei der keinerlei Fragen vorher bekannt sind. Der Prüfling kann prinzipiell aus nahezu allen Bereichen des Schifffahrtsrechts, der Seemannschaft, der Navigation (außer astronomischer Navigation) und der Wetterkunde geprüft werden. Daher ist die Prüfung sehr umfangreich und die Vorbereitung entsprechend zeitaufwändig. Oft werden die theoretischen Teilprüfungen daher an verschiedenen Terminen abgelegt. Die vier einzelnen Teilprüfungen decken die Schwerpunkte Wetter, Recht, Navigation und Seemannschaft ab. Auch die wiederum auf einer seegängigen Yacht durchgeführte praktische Prüfung ist deutlich umfangreicher als die des SKS und umfasst neben dem Umgang mit dem Schiff auch Radar-Kenntnisse, Seemannschaft, Crewführung, Yachttechnik usw. Zwischen der theoretischen und der praktischen Prüfung dürfen maximal 36 Monate liegen. Auch der SSS ist alternativ in einer Variante nur unter Motor ausstellbar.

Der SSS ähnelt dem englischen Yachtmaster Offshore.

Literatur (SSS)

  • Dietrich von Haeften, Harald Schultz: Sportseeschifferschein. Delius Klasing, Bielefeld 2006. ISBN 3-7688-1165-4
Der SHS

Sporthochseeschifferschein (SHS)

Der SHS ist das amtliche Zertifikat und ein weiterführendes Befähigungszeugnis zum Führen von Yachten sowie Ausbildungs- und Traditionsschiffen „mit Antriebsmaschine“ oder „mit Antriebsmaschine und unter Segel“ in der weltweiten Fahrt (alle Meere). Der SHS ist für die gewerbliche Nutzung von Sportbooten im Fahrtbereich über 12 sm Küstenabstand vorgeschrieben. Im privaten Bereich ist der Erwerb freiwillig.

Voraussetzungen und Erwerb

  • Allgemein
    • Lebensalter mindestens 18 Jahre
    • Besitz des Sportseeschifferscheines
    • Nachweis von 1000 sm auf Yachten im Seebereich nach Erwerb des Sportseeschifferscheins als Skipper, Coskipper oder Wachführer (im Gegensatz zum SSS genügt stellvertretende Wachführung nicht). Die Prüfung darf bereits bei Nachweis von 500 sm abgelegt werden, die Scheinausstellung erfolgt dann bei Nachweis der noch fehlenden Meilen.
  • Prüfung
    • Theorie: Navigation (vor allem astronomische Navigation), Schifffahrtsrecht (u. a. internationales Seerecht), Wetterkunde (u. a. tropische Wirbelstürme)
    • Praxis: Handhabung des Sextanten (ca 10 Minuten, Erklärung/Überprüfung der drei gängigen Fehler und Durchführung einer Vertikal-Winkel-Messung)
    • Mündliche Prüfung: Handhabung von Yachten (organisatorische, technische und seemännische Aspekte der Führung von Yachten; Fahren in schwerem Wetter; Verhalten in wirbelsturmgefährdeten Gebieten). Dieser Prüfungsteil ist noch sehr neu, und der DSV ist noch dabei, Erfahrungen zu sammeln. Nach Angaben eines Prüfers soll hierbei hauptsächlich überprüft werden, ob der Kandidat überhaupt noch aktiv segelt.

Der SHS entspricht im Grundsatz dem britischen Yachtmaster Ocean.

Gültigkeit

Der SHS ist uneingeschränkt gültig für Sportboote, unabhängig von Länge, Verdrängung, Crewgröße, Motorisierung oder Besegelung, in weltweiter Fahrt. Hingegen dürfen maximal 12 Passagiere (zahlende Gäste) an Bord sein. Mehr als 12 Passagiere machen ein Schiff zum Passagierschiff, das nur von einem Kapitän mit Patent für große Fahrt gefahren werden darf.

Literatur (SHS)

  • Damm, Irminger, Schultz, Wand: Sporthochseeschifferschein. Delius Klasing, Bielefeld 2006. ISBN 3-7688-1820-9
  • Kumm, Lübbers, Schultz: Sporthochseeschifferschein. Delius Klasing, Bielefeld 2006. ISBN 3-7688-0809-2


Traditionsschifferschein (TSS)

Zusatzeintrag in den Sportseeschifferschein oder Sporthochseeschifferschein, welcher das Führen von Traditionsschiffen bis 55 m Rumpflänge mit mehr als 25 Mann Besatzung in den Fahrgebieten des SSS oder SHS erlaubt.

Die praktische Qualifizierung zum Traditionsschiffer erfolgt durch Borddienstzeiten oder Fahrzeiten auf Traditionssegelschiffen, welche durch das Führen eines Erfahrungsnachweises dokumentiert werden. Die Aufgaben des Erfahrungsnachweises müssen vollständig behandelt und die Ausführung mit Einzelnachweisen belegt werden. Die Ausführung der Aufgaben des Praxis-Trainingsnachweises soll nach vier Jahren abgeschlossen sein.

Internationales Zertifikat

Alle aktuell ausgestellten amtlichen Scheine beinhalten ein Internationales Zertifikat gemäß der Resolution Nr. 40 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen. Führer von Sportbooten können mit Hilfe dieses Nachweises ihre Qualifikation im Ausland belegen. Die Führerscheine wurden hierzu um eine dritte Innenseite erweitert.

Bodenseeschifferpatent (BSP)

Auf dem Bodensee ist eine eigene Berechtigung erforderlich, siehe Bodenseeschifferpatent.

Sportschifferzeugnis/Rheinsportschifferpatent

Will man auf Binnenschifffahrtsstraßen ein Fahrzeug mit einer Länge ü.A. von mehr als 15 m aber weniger als 25 m („Megayachten“) führen, benötigt man das Sportschifferzeugnis; speziell auf dem Rhein benötigt man das Rheinsportschifferpatent, für dessen Erwerb Streckenkenntnisse nachzuweisen sind.

Weblinks


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