Rabbeinu Tam

Rabbeinu Tam

Rabbenu Tam (* um 1100 in Ramerupt; † 9. Juni 1171 in Troyes; eigentlich Jacob ben Meir Tam) war ein führender jüdischer Gelehrter im Frankreich des 12. Jahrhunderts und Verfasser von Tosafot, d. h. Kommentaren zum Talmud. Er ist ein Enkel von Raschi und Bruder von Samuel ben Meir.

Aus seinem persönlichen Leben ist wenig bekannt. Er lebte im nordfranzösischen Dorf Ramerupt, wo er seinen Lebensunterhalt mit Geldverleih und Weinbau verdiente. Diese Beschäftigungen waren für die dortigen Juden in jener Zeit typisch, und er wurde wohlhabend. Während des Zweiten Kreuzzugs wurde er von vorbeiziehenden Kreuzrittern angegriffen und entging 1146 knapp dem Tode. Nach dieser Erfahrung verließ er Ramerupt.

Tam wurde von sämtlichen Zeitgenossen als der bedeutendste Gelehrte seiner Generation angesehen. Aus Süditalien wurden ihm halachische Probleme vorgetragen, und von Böhmen und Russland kamen Schüler in sein Bet Midrasch (Lehrhaus). Er selbst hingegen unternahm keine Reisen außerhalb seines heimatlichen Nordfrankreich. In Fällen, wo seine halachische Autorität nicht akzeptiert wurde, schrieb Tam aggressive Reaktionen; den Anhängern von Meschullam ben Nathan aus Melun drohte er mit Exkommunikation. Eine ähnliche Korrespondenz führte er mit seinem früheren Schüler Efraim ben Isaak aus Regensburg.

Die Tosafot des Babylonischen Talmuds beruhen auf den Erklärungen, Glossen und Entscheidungen von Tam und enthalten zahlreiche Äußerungen von ihm. Daneben verfasste er zahlreiche und vielfältige Werke. Am bekanntesten ist sein Buch Sefer ha-Jaschar („Buch des Gerechten“), das 1811 in Wien herausgegeben wurde[1]. Es besteht aus zwei Teilen: Responsen und Novellen zum Talmud. Dieses Buch enthält jedoch nur einen kleinen Teil seiner Responsen, weitere sind in der ganzen halachischen Literatur und in zahlreichen Manuskripten verstreut.

Als erster französischer Jude verfasste Tam zahlreich gereimte Gedichte auf hebräisch, worin er zweifellos von den spanischen und provenzalischen Gelehrten beeinflusst wurde, mit denen er in Briefkontakt stand. Mit Abraham ibn Esra tauschte er Gedichte aus. Seine Pijjutim sind im französisch-deutschen Stil der Zeit geschrieben.

Literatur

Fussnote

  1. nicht zu verwechseln mit dem weitaus bekannteren anonymen hebräischen Volksbuch des Mittelalters (12. Jhdt.), das den gleichen Titel trägt; die einer Wiener Handschrift folgende, von Jacob-Schülern geordnete und herausgegebene Erst-Ausgabe 1811 ist voller Fehler, die zweite Ausgabe besorgte der Verein Mekize Nirdamim, mit Noten von Dr. Rosenthal, Berlin 1898

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Rabbeinu Tam — R. Tam redirects here. For the character in Firefly, see River Tam. Jacob ben Meir Tam, universally known as Rabbeinu Tam (c. 1100 ndash;c. 1171) (Hebrew: רבינו תם) was one of the Baalei Tosafos whose commentary appears in every edition of Talmud …   Wikipedia

  • Tefillin — A set of tefillin includes the arm tefillin (left) and the head tefillin Halakhic texts relating to this article: Torah: Exodus 13:9 • …   Wikipedia

  • Rashi — For the astrological concept, see Rāshi (Jyotiṣa). Rabbi Shlomo Yitzhaki, ( he. רבי שלמה יצחקי), better known by the acronym Rashi (Hebrew: rlm;רש י lrm;), (February 22, 1040 ndash; July 13, 1105), was a rabbi from France, famed as the author of… …   Wikipedia

  • Rashbam — (רשב ם) is a Hebrew acronym for רבי שמואל בן מאיר (Rabbi Shmuel son of Meir) (c.1085 c.1158). His father was Meir ben Shmuel and his mother was Yocheved, the daughter of Rashi. Like his grandfather Rashi, the Rashbam was a biblical commentator… …   Wikipedia

  • Samson ben Abraham of Sens — Samson ben Abraham (c. 1150 c. 1230), also known as the Rash of Sens (an acronym of his name) or the Prince of Sens , was one of the leading French Tosafists in the second half of the 12th and the beginning of the 13th centuries. He was the most… …   Wikipedia

  • Tosafists — were medieval rabbis who created critical and explanatory glosses on the Talmud. These were collectively called Tosafot.Alphabetical list of TosafistsOf the great number of tosafists only forty four are known by name. The following is an… …   Wikipedia

  • Tosafot — The Tosafot or Tosafos ( he. תוספות) are mediæval commentaries on the Talmud. They take the form of critical and explanatory glosses, printed, in almost all Talmud editions, on the outer margin and opposite Rashi s notes. The authors of the… …   Wikipedia

  • AGUNAH — (Heb. עֲגוּנָה; lit. tied, cf. Ruth 1:13), married woman who for whatsoever reason is separated from her husband and cannot remarry, either because she cannot obtain a divorce from him (see divorce ), or because it is unknown whether he is still… …   Encyclopedia of Judaism

  • Minyan — This article is about the term in Judaism. For other meanings, see Minyan (disambiguation). Minyan Halakhic texts relating to this article: Torah: Leviticus 22:32 Mishnah: Megillah 4:3 …   Wikipedia

  • Talmud — Rabbinic Literature Talmudic literature Mishnah • Tosefta Jerusalem Talmud • Babylonian Talmud Minor tractates Halakhic Midrash Mekhilta de Rabbi Yishmael (Exodus) Mekhilta de Rabbi Shimon (Exodus) Sifra (Leviticus) Sifre (Numbers Deuteronomy) …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”