Radebeuler Puppenbühne

Radebeuler Puppenbühne

Carl Schröder (* 19. Juni 1904 in Kötitz, heute Coswig (Sachsen); † 8. Januar 1997 in Radebeul) war ein deutscher Puppenspieler, Puppengestalter und Regisseur. Er gilt heute in Fachkreisen als einer der wichtigsten Wegbereiter des künstlerischen Figurentheaters und ein Pionier des Film- und Fernsehpuppenspiels.

Inhaltsverzeichnis

Leben

In Radebeul aufwachsend, erlernte Schröder zunächst das Schlosserhandwerk, absolvierte eine Technikerausbildung an der Staatlichen Maschinenbauschule in Chemnitz und arbeitete danach als Maschinenbautechniker. 1925 besuchte er das Werklehrerseminar in Berlin-Lichtenberg und arbeitete hernach als Erzieher in einem Berliner Kinderheim.

1928 begegnete Schröder bei einem Gastspiel der Hohnsteiner Puppenbühne von Puppenspieler Max Jacob der Kunst des Figurenspiels und bekam die lebenswegweisende Inspiration, sich selbst mit dem Puppenspiel zu beschäftigen. Nach einem Grafikstudium in Berlin bei Emil Orlik orientierte sich Schröder zunächst am Stil der Hohnsteiner Puppenbühne und an dem der Figuren des Holzbildhauers Theo Eggink, begab sich aber bald schon auf die Suche nach einer eigenen künstlerischen Handschrift. 1929 heiratete er Henny Quoadt, die ihm als Kostümbildnerin diente, und gründete mit ihr eine Wanderbühne mit Hohnsteiner Handpuppen. Ab 1930 lebte Schröder wieder in seinem Elternhaus in Radebeul.

Während des zweiten Weltkrieges war Schröder, der Leiter seiner eigenen Reisebühne namens Radebeuler Puppenbühne war, durch die NS-Freizeitorganisation Kraft durch Freude zur Frontbetreuung eingesetzt und war auch beim Volkssturm, während seine Frau Henny in einem Rüstungsbetrieb arbeiten musste. Nach der Zeit des Nationalsozialismus zog die Schröder-Bühne vornehmlich durch Sachsen und spielte sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. Während etliche seiner Kollegen, unter ihnen Max Jacob und Paul Hölzig, die DDR gen Westen verließen, blieb Schröder in Ostdeutschland und konnte sich mit den Repressalien des SED-Regimes arrangieren.

Schröder entwickelte sich schnell zu einem der beliebtesten Puppenspieler in der DDR, wenngleich er von zahlreichen seiner Kollegen aufgrund seiner herrischen Art und seiner unnachsichtigen Kritik gefürchtet war. Seine guten Beziehungen zu den DDR-Kulturinstitutionen ermöglichten ihm zahlreiche Auslandsgastspiele, auch im Westen Deutschlands durfte er auftreten.

1961 schloss er sein Tourneetheater und ging von 1962 bis 1965 als Regisseur für Puppentrickfilme zur DEFA. Dort zeichnete er auch für zahlreiche Ausstattungen verantwortlich, schuf sowohl die Figuren als auch die Bühnenbilder. Schröder zeichnete für insgesamt zehn DEFA-Produktionen verantwortlich, die teils märchenhaften, teils satirischen Inhalts waren.

1966 wurde er zum Intendanten des Puppentheaters Berlin ernannt, ein Amt, das er bis zum Rentenalter 1969 bekleidete. Ab 1970 war er freischaffend als Puppengestalter, Regisseur, Ausstatter, Berater und Fotograf tätig, arbeitete beispielsweise für die Puppentheater von Bautzen und Wittenberg, Karl-Marx-Stadt und Naumburg.

Schröders Puppen unterschieden sich wesentlich von denen des bekannten Hohnsteiner Stils. Die Handpuppenköpfe waren zumeist überlebensgroß und ließen sich nur durch einen Knauf im Puppenhals führen. Plakativ große Gesichter und eine naive Bemalung machten Schröders Puppen, die stets kaschiert oder modelliert waren, zu unverwechselbaren Figurentypen. Im Gegensatz zu anderen bekannten Puppengestaltern seiner Zeit wie etwa Eggink oder Till de Kock arbeitete er aber nie in Serie. Für seine Verdienste um die Puppenspielkunst wurde Schröder häufig ausgezeichnet.

Inszenierungen an Schröders Radebeuler Puppenbühne (Auswahl)

Für Kinder

Für Erwachsene

Filmographie (Regie und Ausstattung)

Sämtliche Filme waren Handpuppen-Produktionen der DEFA

  • Pinocchios Abenteuer (1959, Co-Regie mit Erich Günther)
  • Der Roßdieb zu Fünssing (1962)
  • Nur ein Märchen (1963)
  • Der eiserne Heinrich (1963)
  • Edelmarder (1993)
  • Die bunte Mütze (1964)
  • Der Teufel mit den drei goldenen Haaren (1964)
  • Klaus und der Maler (1965)
  • Das Geheimnis der großen Bärin (1965/66)
  • Die Streiche des Scapin (1966)

Auszeichnungen

Ausstellungen

Sammlungen

Literatur

  • Rolf Mäser (Red.): Puppentheater gestern und heute. Staatliche Kunstsammlung, Dresden 1976 (mit Biographie und Fotomaterial Carl Schröders)
  • Rolf Mäser (Red.): Altsächsische Marionetten. Leipzig 1977 (mit einem Vorwort und zahlreichen Fotographien von Carl Schröder)
  • Rolf Mäser (Red.): Carl Schröder. Puppenspieler – Gestalter – Regisseur. Staatliche Kunstsammlungen, Dresden 1981
  • Hans Purschke: Liebenswerte Puppenwelt. Hamburg 1962 (mit umfangreichem Fotomaterial der Figuren Schröders)
  • Rolf Schenk und Sabine Scholze (Red.): Die Trick-Fabrik. DEFA-Animationsfilme 1955-1990. Dresden 2003 (mit ausführlichen Informationen über die Filmarbeit Carl Schröders)
  • Olaf Bernstengel und Manfred Scholze: Dresdner Puppenspielmosaik. Erfurt, 2005 (mit einem Kapitel über Carl Schröder, Seiten 112ff.)
  • Deutsches Institut für Puppenspiel (Hrsg.): Meister des Puppenspiels 2: Der Handpuppenspieler Carl Schröder. Bochum, ohne Jahr
  • Gottfried Feustel: Prinzession und Spaßmacher. Eine Kulturgeschichte des Puppentheaters der Welt. Leipzig 1991 (mit Abbildungen von Figuren Carl Schröders)
  • UNIMA (Red.): Puppentheater der Welt. Berlin 1965 (mit Abbildungen von Figuren Carl Schröders)
  • Große Kreisstadt Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz, 2., leicht geänderte Auflage 2006, ISBN 3-938460-05-9

Weblinks


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